Peter Grimm / 19.04.2020 / 16:00 / Foto: Pixabay / 21 / Seite ausdrucken

Fantasie-Steuer für Schutzschirm-Pläne

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat ein 50-Milliarden-Sofortprogramm der Europäischen Union zur Stabilisierung von Entwicklungsländern in der Coronakrise gefordert, meldet dernewsticker.de. "Das EU-Hilfspaket umfasst 500 Milliarden Euro, ist aber nur nach innen gerichtet", habe der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe gesagt. "Wir müssen den Schutzschirm auch auf unsere Nachbarregionen in Afrika und im Krisenbogen um Syrien ausweiten." Auch vom Preis des Schutzschirms hat Müller klare Vorstellungen: "Insgesamt sollte die EU dafür 50 Milliarden Euro an Stabilisierungskrediten und Nothilfen bereitstellen". 50 Milliarden mögen für den Laien nach viel Geld klingen, doch Minister Müller sieht das in einer ganz anderen Relation: "Das entspricht nur zehn Prozent des Hilfspaktes für die EU selbst. Das muss uns die Bekämpfung der Krise auch im eigenen Interesse wert sein."

Interessant wäre sicher eine Antwort auf die Frage gewesen, wer denn vor Ort sicherstellen solle, dass die zusätzlichen Milliarden wenigstens größtenteils in Projekte fließen, die dem vorgeblichen Ziel dienlich sind. Aber diese Frage ist Minister Müller offenbar nicht gestellt worden. Dafür erfahren wir aber immerhin – das ist schließlich nicht bei jeder der vielen versprochenen Milliardengaben, die die Schäden europäischer Lockdown-Politik mindern sollen, der Fall – woher das Geld kommen soll: "Mit einer wirksamen europäischen Finanztransaktionssteuer würden wir die internationalen Spekulanten an den Kosten der Pandemie beteiligen", wird Müller zitiert. "Wenn wir einen Steuersatz von 0,01 Prozent auf hochspekulative Finanzprodukte erheben, haben wir in der EU zusätzliche Einnahmen von 60 Milliarden Euro pro Jahr."

Super Idee! Aber sollte nicht mit den Erlösen einer Finanztransaktionssteuer schon die Grundrente finanziert werden? Noch ist nicht abzusehen, wann sich die EU-Staaten auf die Ausgestaltung einer solchen Steuer im Detail einigen können. Doch es beschleicht einen angesichts solcher Träume vom Welt-Rettungsschirm der Verdacht, dass mancher großzügige Minister nicht so recht weiß, dass die gleichen Milliarden, die er ausgeben will, schon anderswo verplant sind. Immerhin würde das die zum Teil schwindelerregenden Fantastilliarden-Beträge erklären, die plötzlich im rhetorischen Politik-Angebot sind, wenn es darum geht, zwangsstillgelegten Wirtschaftsteilnehmern quasi Ruhestandsbezüge zum Überleben zu versprechen.  

Aber vielleicht ist das auch alles ganz seriös durchgerechnet. Möglicherweise ist in Brüssel im Corona-Modus längst eilig ein Finanztransaktionssteuermodell ausgehandelt worden, weil Afrika unbestritten einen Schutzschirm braucht. Und vielleicht ist die Grundrente längst Geschichte, nur die SPD-Amtsträger haben noch nicht entschieden, wer den betroffenen Rentnern die schlechte Nachricht mitteilt. Vielleicht kann man ja auch ihnen zum Trost einen Schutzschirm anbieten.

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Leserpost

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Jörg Themlitz / 19.04.2020

Aktuell und in den nächsten Monaten wird weniger gearbeitet, sprich erarbeitet. Aber wir haben mehr zum Ausgeben, Verteilen und Verschenken? Diese pseudolinken Auffassungen, die nicht einmal der Ökonom Karl Marx verstehen würde, sind in der CSU angekommen. Geld drucken würde helfen! Sinnvoll auf essbarem Papier. Wenn ich die eine Milliarde Banknote nicht einlösen kann, da ein Brötchen von jetzt auf gleich zwei Milliarden kostet, kann ich immerhin die Banknote aufessen. Interessant, wenn ich gesättigt bin, hat die eine Milliarde den Wert von zweien gehabt.

Gottfried Meier / 19.04.2020

Gerd Müller, also nicht unser Weltmeister und Rekordtorschütze, streitet mit Svenja Schulze und Dobrind um den Titel des/r unfähigste/n Ministers*in.

Karl Dreher / 19.04.2020

Der Finanzierungsvorschlag ist natürlich Unfug. Aber das Anliegen des Entwicklungshilfeministers an sich, in diesen armen Ländern zu helfen, nicht nur wg. Corona, sondern um allgemein Fluchtursachen zu beseitigen und den Menschen dort eine Bleibeperspektive, Zukunftsaussichten zu eröffnen, ist absolut richtig. Anders als “irrlichternde Moral-Gestalten” wie Bedford-Strohm meinen kann man in Europa nämlich nicht alle Menschen (Migranten) aufnehmen. Stattdessen ist es gut und richtig, diesen Menschen in ihren Kulturkreisen vor Ort bzw. in sicheren Nachbarregionen zu helfen - natürlich auch deren Gastländern! Das erfordert nicht nur viel Geld, sondern benötigt werden z.B. auch (ggf. geförderte) Ausbildungs- und Arbeitsplätze, medizinische Versorgung. Dies nachhaltig und zuverlässig dauerhaft umgesetzt wäre eine sicherlich recht anspruchsvolle, aber auch sehr gute, sinnvolle Maßnahme.

Dr. Joachim Lucas / 19.04.2020

Was, nur 50 000.000.000 €? Juweliere, Schweizer Banken, Yachtenbauer, Louis Vuitton und VW/Bugatti et al. wollen doch auch leben. Da kommt bei der Summe für den einzelnen Diktator und seine Sippe in Afrika aber nicht genug zusammen. Das sollte dem Deutschen Michel doch statt einer Kugel 5 Kugeln Eis wert sein. Am besten rechnet man in D nur noch in Eiskugeln, 1 Kugel = 10 Mrd.

Ridley Banks / 19.04.2020

Da wuerden sich die afrikanischen Regierungen freuen, koennten sie doch so ihre Fuhrparks mit Unmengen an Benz’, Audi und BMW erneuern. Eine wahrhaft krachende Idee, Mueller-Milch fuer einige!!!

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