In London sollen nur noch reiche Leute Auto fahren. Eine ultrastrenge Emissionszone verbannt ältere Autos, sonst wird eine für Normalbürger unbezahlbare Maut fällig. Wissenschaftler, die die Wirkung als marginal entlarvten, wurden zum Schweigen gebracht. Der Bürgermeister wollte es so. Wetten: Das kommt auch bei uns.
Im Jahr 2019 gelang es dem Lungenfacharzt Prof. Dr. Dieter Köhler, eine Debatte um die Schadstoff-Grenzwerte zu entfachen, die er als zu niedrig angesetzt kritisierte, womit sie unnötige Fahrverbote begründen. Damit gab es wissenschaftlich-fundierte Kritik, der sich 137 Fachkollegen anschlossen, an den EU-Richtlinien. Daran änderte auch nichts, dass man Köhler in kleinkarierter Manier einen Fehler nachweisen könnte, denn dieser berührte überhaupt nicht die Triftigkeit des ursprünglichen Arguments. Köhler verneinte etwa, dass die zahlreichen Krankheits- und Todesfälle, mit denen in WHO-Studien hantiert wird, „wirklich durch Feinstaub verursacht werden“. Auf diesen Studien basiert die EU-weite Festlegung der Grenzwerte.
Wie in vielen anderen Bereichen gibt es beim Thema Schadstoff-Grenzwerte wissenschaftliche Gegenpositionen zu jener Wissenschaft, auf die sich die Politik beruft. Weil Politik Wissenschaft zur Selbst-Legitimierung benötigt, nimmt Politik Einfluss auf Wissenschaft. Vor diesem Hintergrund blicken wir nun ins Ausland. Was dort passiert, muss man auch hierzulande befürchten.
In Großbritannien ist dahingehend nun ein besonders skandalöser Vorgang bekannt geworden, bei dem es um eine Studie des Imperial College London geht, deren Ergebnisse die Verkehrspolitik der Stadt infrage stellen. Im Großraum London dürfen Fahrzeuge ab bestimmten Emissionswerten nur gegen Entgelte fahren, so will es die „(Ultra) Low Emission Zone“ (ULEZ), zu Deutsch: Ultraniedrig-Emissionszone. Forscher des Imperial London College kamen 2021 jedoch zu dem Ergebnis, dass die extrem-strenge Politik kaum etwas bringe. So reduziere die ULEZ „die Stickstoffdioxid-Belastung nur um 3 Prozent und hatte nur unbedeutende Effekte auf die Belastung mit Feinstaub und Ozon“, wie der Telegraph schreibt. Er titelt aktuell: „Sadiq Khan versuchte Wissenschaftler, die behaupteten, ULEZ hätte nur wenig Einfluss auf die Luftverschmutzung, zum Schweigen zu bringen.“
Eine „wissenschaftliche“ 180-Grad-Wende
Der Zeitung vorliegende E-Mails zeigen nun eine direkte Einflussnahme des Londoner Bürgermeisters Sadiq Khan (Labour): Die Vize-Bürgermeisterin für den Bereich Umwelt und Energie, Shirley Rodrigues, hatte dem Imperial College mitgeteilt, „sehr enttäuscht“ über die Publikation von Ergebnissen zu sein, welche die Wirksamkeit von ULEZ in Zweifel ziehen. In der Folge veröffentlichte die Hochschule einen Bericht, der das Gegenteil des früheren Studienergebnisses behauptete: Die ULEZ hätte die Luftverschmutzung sogar „dramatisch reduziert“.
Dabei handelt es sich um nicht weniger als eine politisch veranlasste 180-Grad-Wende. In der Studie von 2021, erschienen in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Environmental Letters, resümierten die Forscher wörtlich:
„Wir stellen fest, dass die ULEZ nur geringe (!) Verbesserungen der Luftqualität bewirkt hat (…) Während andere Städte die Einführung ähnlicher Regelungen in Erwägung ziehen, deutet diese Studie darauf hin, dass die ULEZ für sich genommen keine wirksame Strategie (!) darstellt (…)“.
2023 wird nun in einem Bericht, den die Regierung selbst erstellt hat und vom Imperial College begutachten („peer-review“) ließ, verkündet:
„Die Ausweitung der ULEZ in der Londoner Innenstadt führt zu einer erheblichen (!) Verringerung der Emissionen und der Luftverschmutzung; es besteht jedoch noch weiterer Handlungsbedarf, da mehr als die Hälfte der durch Luftverschmutzung bedingten Todesfälle (!) in den Außenbezirken Londons zu verzeichnen sind.“
800.000 Pfund vom Bürgermeister
Was 2021 noch kaum Wirkung hatte, soll 2023 eine lebensrettende, „Emissionstote“ verhindernde Maßnahme sein. Dabei wurden die ursprünglichen Ergebnisse nicht einmal widerlegt, sondern schlicht ersetzt.
Noch mal: Kritische Wissenschaftler kommen zu einem Ergebnis, das Londons repressive Autopolitik delegitimiert. Daraufhin erstellt das Bürgermeisteramt eine eigene Studie und lässt sie von der zunächst unter Druck gesetzten Institution absegnen. Die Politik verletzt offen die Wissenschaftsfreiheit, um ihre Ziele durchzusetzen und gewünschte Ergebnisse zu erhalten.
Bei alldem spielen auch finanzielle Abhängigkeiten eine Rolle: Über 800.000 Pfund (ca. 940.00 Euro) hat die Hochschule laut Telegraph seit 2021 mindestens an finanziellen Zuwendungen bekommen. „Spenden“ in Millionenhöhe erhält das Imperial College übrigens auch von der pharmafreundlichen Bill und Melina Gates Stiftung. Im August 2022 waren es 5,3 Millionen Pfund, angegebener Zweck: „Vaccine Delivery“. 2018 gab es einen „14,5-Millionen- Dollar-Zuschuss der Gates-Stiftung zur Verbesserung der weltweiten Gesundheitsversorgung“.
Der Vorsitzende der „London Conservatives“ im Rathaus, Peter Fortune, beschuldigt den Londoner Bürgermeister nun, „geheime Absprachen getroffen zu haben, um Forschungen über die Umweltzone zu unterdrücken“, wie bbc.com berichtet. Weiter kritisiert er: „Sadiq Khan hat behauptet, dass er nur der Wissenschaft folgt, aber er hat wissenschaftliche Berater benutzt, um seine eigenen Interessen zu schützen. Die Wissenschaft ist auf eine offene, transparente Debatte angewiesen."
Klassenkampf von oben
Interessant an dieser Geschichte ist auch, dass sie zunächst einmal zeigt: Auch 2021 war noch unabhängige, kritische Forschung am Imperial College of Science, Technology and Medicine möglich – ein Jahr nachdem die Institution 2020 mit „Lockdown-Professor“ Neil Fergusons hanebüchenen Horror-Modellierungen Stimmung für Lockdowns gemacht hatte. Und auch 2022 fiel das Imperial College erneut negativ auf, indem Forscher – erneut via Modellierung und finanziert von WHO und Gates‘ Stiftung – die verheerenden Corona-Impfkampagnen in eine Erfolgsgeschichte umdichteten.
Nun sehen wir, wie noch bestehende kritische Wissenschaftsenklaven regierungsamtlich gezähmt und auf Linie gebracht werden. Die vom Londoner Rathaus gemaßregelten Studienautoren erklärten zwar, dass sie „zu 100 Prozent“ zu ihren Forschungen stünden, doch laut Informationen des Telegraphs „sind sie aufgrund der Folgen nicht mehr bereit, weitere Arbeiten zu diesem Thema zu veröffentlichen“.
Die Einschüchterung und Instrumentalisierung der Wissenschaft steht im Dienst der Reichen. Die ultraniedrige Emissionszone bedeutet faktisch ein Fahrverbot für Arme und geht mit überwachungsstaatlichen Tendenzen einher, worauf der Journalist Norbert Häring hinwies:
„Bei Benzinern sind Autos betroffen, die 2005 oder früher gebaut wurden. Wer mit einem dieser alten Autos fahren will, muss 12,50 Pfund (14,50 Euro) pro Tag bezahlen. Wer in die Innenstadt fahren will und kein Elektroauto hat, für den wird zusätzlich die City-Maut von 15 Pfund fällig. Wer nicht genug Geld hat, um sein altes Auto zum Weiterbetrieb in weniger umweltbewussten Ländern abzustoßen und sich ein neues zu kaufen, kann sich dann das Autofahren kaum noch leisten. Überwacht wird das Ganze automatisiert von einer Unmenge Kameras. Weil empörte Bürger diese massenhaft nachts abmontieren oder zerstören, wird deren Aussehen immer martialischer.“
Makaber ist, dass Sadiq Khan diesen grünen Klassenkampf von oben als Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit betrachtet. Diese Anregung wird man hierzulande sicherlich gerne aufgreifen.
Felix Perrefort ist Redakteur und Autor der Achse des Guten.