Joachim Nikolaus Steinhöfel / 14.11.2019 / 11:01 / Foto: Achgut.com / 38 / Seite ausdrucken

Facebook gesteht vor Gericht maschinellen Eingriff in Grundrechte seiner Nutzer

Stefan Klinkigt, Mitstreiter bei “Achgut.com“, wollte am 10.08.2019 einen Beitrag ("Libyscher Ministerpräsident warnt vor IS-Kämpfern auf Flüchtlingsbooten")  aus dem Nachrichtenmagazin “Focus” auf Facebook teilen. Facebook blockierte die Verbreitung des Artikels “um die Sicherheit von Facebook zu gewährleisten”.

Damit greift Facebook nicht nur in die Rechte des Nutzers ein, sondern verletzt darüber hinaus die Pressefreiheit. Wir rufen das zuständige Landgericht mit dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an.

Der Fonds „Meinungsfreiheit im Netz“ hat das Kostenrisiko für die Sache übernommen und ich habe beim LG Dresden am 23.08.2019 eine einstweilige Verfügung gegen Facebook erwirkt, mit der dem Unternehmen verboten wurde „den Antragsteller daran zu hindern („Facebook Blockierungen“), einen Link zu dem am 10.08.2016 unter (es folgt dieser Link) veröffentlichten Text „Libyscher Ministerpräsident warnt vor IS-Kämpfern auf Flüchtlingsbooten“ des Nachrichtenmagazins „Focus“ auf der Plattform der Antragsgegnerin zu verbreiten.“

Mit Schriftsatz vom 31.10.2019 legte Facebook Widerspruch ein. In der Randnummer 1 des Widerspruchs schreiben die anwaltlichen Vertreter von Facebook:

„Am 10. August 2019 versuchte der Antragsteller einen Link zu einem Artikel in dem Magazin ‚Focus‘ mit dem Titel ‚Libyscher Ministerpräsident warnt vor IS-Kämpfern auf Flüchtlingsbooten‘ zu teilen. Der Antragsteller wurde daran automatisch von Facebook Ireland gehindert.“

Klinkigt war nicht als Einziger betroffen. Auch dies räumt Facebook, ohne jede Begründung in der Sache ein:

„Das angerufene Gericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung am 23. August 2019. In der Zwischenzeit ermöglichte Facebook Ireland dem Antragsteller (und allen anderen Nutzern des Facebook-Dienstes) den Link zu dem am 10. August 2016 veröffentlichten Artikel zu teilen.“

Facebook „ermöglichte“ in der „Zwischenzeit“ seinen Nutzern, den Artikel aus einem Nachrichtenmagazin zu teilen. Danke für diesen Gnadenakt. Welch Arroganz. Tatsächlich ist es die elementare Vertragspflicht von Facebook, dies zu ermöglichen. Es ist rechtswidrig, dies zu verhindern.

Digitale Massenvernichtung freier Rede

Der eigentliche Skandal ist jedoch, dass das Unternehmen hier maschinell in die Grundrechte seiner Nutzer eingreift und automatisch Artikel zu einem Nachrichtenmagazin an der Verbreitung hindert und löscht. Dies tangiert nicht nur die Meinungsfreiheit der Nutzer, es verletzt auch die Presse- und Informationsfreiheit. Ich habe schon vor fast zwei Jahren von der „digitalen Massenvernichtung freier Rede“ gesprochen. Die Wirklichkeit bestätigt diese These.

In einem Verfahren, das YouTube (also Google) rechtskräftig in der zweiten Instanz verlor, sprachen dessen Anwälte einmal von einem „berücksichtigungsfähigen Rationalisierungsinteresse“ bei der Löschung von Inhalten. Meinungsfreiheit verkommt so zum Kollateralschaden der wirtschaftlichen Interessen der Internet-Giganten.

In dem Dresdner Verfahren stellt sich Facebook weiter auf den Standpunkt, die einstweilige Verfügung sei aufzuheben, weil „das Teilen eines Artikels, der mehr als drei Jahre alt ist, … keinen erheblichen Beitrag zu einem aktuell umstrittenen Thema darstellt.“ Wer erklärt diesen Leuten, dass die Meinungsfreiheit nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts nicht unter Akualitätsvorbehalt steht. Sondern dass man wann und wo sagen kann, was immer man will, soweit man damit nicht gegen Gesetze verstößt.

Foto: Achgut.com

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Daniel Gildenhorn / 14.11.2019

Ich stelle fest, der Kampf gegen das Meinungskartell findet nur auf der untersten Ebene statt. Aber auch da nur in den Einzelfällen und unter Einsatz von so prominenten Anwälten, wie Herr Steinhöfel es nun Mal ist. Die grosse Politik dagegen ist mit der gegenwärtigen Lage absolut zufrieden. Das bestätigen konkludent auch die entsprechend ergebnislosen Treffen zwischen den Regierungschefs und den grossen Internet-Konzernen. Ihr Kampf ist edel, Herrn Steinhöfel. Allerdings sehe ich keine Chancen in der Sache auf der breiten Front.

Wilfried Cremer / 14.11.2019

Das ist der vorauseilende Gehorsam von Facebook gegenüber einer Politik, die den Import von Terroristen systematisch zu verheimlichen sucht, also ein Aspekt des Merkelismus.

Kathrin Zimmer / 14.11.2019

Herr Steinhöfel, vielen Dank, daß Sie sich so für das Medienrecht in Deutschland einsetzen. Mittlerweile bekommt man den Eindruck, daß  bei Facebook nur noch der kommentieren darf, der “auf der richtigen Seite” steht. Habe auch Ihr Interview mit dem Youtuber Niki gesehen. Man kann nur sagen: “Wehret den Anfängen!”, sonst haben wir hier bald wieder Verhältnisse wie in der DDR….

Thomas Taterka / 14.11.2019

Allerspätestens seit dem Beitrag von Stefan Frank gestern hier auf der Achse hat man eine deutliche Ahnung, wer maßgeblich daran beteiligt ist, die Erkenntniswege zur Aufklärung zu versperren. Daß das von einer deutschen Regierung der Nachkriegszeit überhaupt zugelassen wird, ist ein echter Bruch in der Geschichte der Bundesrepublik. Der wo vereinbart wurde im Einvernehmen mit den Wählern?

Dr. Klaus Rocholl / 14.11.2019

Kurz und prägnant auf den Punkt: Wer noch bei Facebook ist, ist doof!

Marc Blenk / 14.11.2019

Lieber Herr Steínhöfel, das wurde Facebook ja von Herrn Maas beigebracht. Ich weiß nicht, wer schlimmer ist. Die Berliner Demokatieabrissbirnen der Nation oder die digitalen Vollstrecker aus Dublin. Sie jedenfalls, Herr Steinhöfel, machen sich mal wieder um unsere Demokratie verdient.

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