Es wächst zusammen, was zusammen gehört. Das Zensur-Gesetz von Heiko Maas, euphemistisch "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" genannt, findet bei Geistesverwandten in Moskau großen Anklang. Reporter ohne Grenzen meldet: „Das russische Parlament diskutiert ein neues Gesetz, um Inhalte in sozialen Netzwerken stärker zu kontrollieren, und orientiert sich dabei ausdrücklich an dem Ende Juni in Deutschland verabschiedeten Gesetz gegen Hassbotschaften im Internet.“
Dank des deutschen Justizministers sind wir jetzt auch Exportweltmeister für Methoden des Freiheits-Entzuges. Heikos „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ musste zwangsläufig in Diktaturen, Despotien und Auto- und Kleptokratien Anklang finden. Der einschlägig beleumundete weißrussische Diktator Alexander Lukaschenko hatte das als erster erkannt und den Gesetzentwurf unseres Justizministers als Blaupause für eine Gesetzgebung in Weißrussland gelobt, die geeignet sei, die Opposition in seinem Land wirksam zu bekämpfen.
Doch alleine schon die Art wie das deutsche Gesetz verabschiedet wurde, ist so recht nach dem Geschmack der Lukaschenkos, Putins und Erdogans. Es wurde stur durch den Bundestag gepeitscht – obwohl unter anderem der wissenschaftliche Dienst des Bundestags ihm bescheinigte, gegen die Verfassung zu verstoßen und selbst die Vereinten Nationen das Vorhaben kritisierten. 90 Prozent der Abgeordenten des hohen Hauses hatten sich zur Abstimmung vorsichtshalber verpisst, damit niemand später behaupten kann, sie seien dabei gewesen. Auch die Autoren der Achse des Guten hatten immer wieder vor diesem Gesetz gewarnt, siehe beispielsweise hier und hier.
Am 12. Juli reichten nun Abgeordnete der Duma-Fraktion „Einiges Russland“ einen Gesetzentwurf ein, der Betreibern sozialer Netzwerke ebenfalls hohe Strafen androht, wenn sie rechtswidrige Inhalte nicht innerhalb von 24 Stunden löschen. In ihrer Begründung beziehen sich die Initiatoren ausdrücklich auf das vom deutschen Bundestag verabschiedete Netzwerkdurchsetzungsgesetz, aus dem sie zahlreiche Punkte kopiert haben.
Sämtliche Befürchtungen im Vorfeld des deutschen Zensurgesetzes bewahrheiten sich jetzt. „Reporter ohne Grenzen" schreibt: „Unsere schlimmsten Befürchtungen werden wahr: Das deutsche Gesetz gegen Hassbotschaften im Internet dient undemokratischen Staaten nun als Vorlage, um gesellschaftliche Debatten im Internet einzuschränken“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Auch in Russland sollen in Zukunft Mitarbeiter sozialer Netzwerke unter hohem Zeitdruck darüber entscheiden, welche Informationen gelöscht werden. In einem Land ohne unabhängige Gerichte, die den Schutz der Meinungsfreiheit durchsetzen könnten, ist das eine verheerende Entwicklung.“
In dem Gesetzentwurf, der im Januar 2018 in Kraft treten soll, wird nicht nur auf das deutsche Gesetz als Vorbild verwiesen, sondern es wurden direkt auch einzelne Passagen übernommen. Ich gratuliere Heiko Maas zu dieser informellen Kooperation mit Wladimir Putin und seinen Getreuen. Das ist doch mal ein Anfang, um die deutsch-russischen Beziehungen wieder auf eine fruchtbare Basis zu stellen, vieles spricht für einen künftigen engen Austausch deutscher und russicher Zensurvorhaben. So schreibt Heise online über ein weiteres russiches Knebelgesetz-Vorhaben: „Ein anderer Gesetzentwurf, der wiederum Deutschland zum Vorbild werden kann, will aushebeln, dass anonym über Messengerdienste wie WhatsApp und Telegram kommuniziert werden kann. Die Betreiber müssen die Nutzer identifizieren und auf Anweisung von Behörden Botschaften blockieren.“