Erst fordern und verhindern – kapieren kommt später

Das Erwachen aus der Naivität möchte ich als „WTTC“-Effekt bezeichnen – vom Englischen „Welcome to the Club!“, sinngemäß übersetzt „Hast Du’s jetzt auch kapiert?“ Ein ganz dickes WTTC hat unsere Grünen ereilt, die unbestrittenen Weltmeister im Fordern und Verhindern.

Die Geschichte lehrt uns, dass nach erfolgten Revolutionen nicht selten Regimes herrschen, die noch grausamer sind als die vorherigen. Dabei hatten die Revolutionäre dem Volk doch den Himmel auf Erden versprochen, und einige von ihnen hatten selbst daran geglaubt. Als sie dann aber an der Macht waren, merkten sie, dass es einfacher ist, Forderungen zu stellen, als Forderungen zu erfüllen. Ich möchte dieses Erwachen aus der Naivität als „WTTC“-Effekt bezeichnen – vom Englischen „Welcome to the Club!“, sinngemäß übersetzt „Hast Du’s jetzt auch kapiert?“. Dieser Effekt tritt keineswegs nur in blutigen Revolutionen auf, er gehört zum Alltag der heutigen Politik auf allen Ebenen.

Nehmen Sie eine Bürgerbewegung, welche fordert, man solle das Waschen von Autos verbieten, um dem weltweiten Mangel an Trinkwasser zu begegnen. Man verbreitet Bilder von durstigen afrikanischen Kindern, die sich um einen verrosteten Wasserhahn drängen; im Hintergrund liegen welke Plantagen auf verdorrtem Boden. Die Kampagne ist erfolgreich, und die Bürgermeisterin der Stadt erlässt unter dem Slogan „Zero Car-Wash“ ein striktes Waschverbot. Bald aber werden Fragen laut: Gilt das Verbot auch für Krankenwagen und Taxis? Sind auch Innenraum und Fenster betroffen?

Und dann klagen die Betreiber von Waschstraßen gegen die Vorschrift, welche ihre Investitionen von einem Tag auf den anderen vernichtet. Der WTTC-Effekt schlägt zu, und die Bürgermeisterin erkennt, dass das Ganze keine gute Idee war. Ihre Forderung war unrealistisch. Um das Gesicht nicht ganz zu verlieren reduziert sie das Waschverbot auf SUVs an Feiertagen – „um ein Zeichen zu setzen“.

Nicht nur Plakate malen

Es ist unvermeidlich und vielleicht auch legitim, dass eine Opposition – sei es auf der Straße oder im Parlament – ihren Forderungen Ausdruck gibt, ohne deren praktische Realisierbarkeit durchdacht zu haben. Mitglieder der Regierung aber müssen ganz anders handeln. Sie haben ja Verantwortung, sie haben geschworen, ihre „Kraft dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen, seinen Nutzen zu mehren, Schaden von ihm zu wenden…“ Sie müssen jetzt liefern, statt zu fordern.

Dazu aber muss man willens und in der Lage sein, alle Aspekte und Konsequenzen einer Maßnahme zu analysieren. Wie will man sonst Schaden vom deutschen Volk abwenden?  Deswegen liegt in dem mühelosen Übergang eines Politikers aus der Opposition in die Regierung ein großes Risiko. Die Person mag ja durchaus Routine besitzen, wenn es darum geht zu kritisieren, sich zu empören, zu verhindern oder Zeichen zu setzen. Diese Qualifikationen reichen aber nicht aus, um verantwortungsvoll Entscheidungen zu treffen, die in das Leben von Millionen von Menschen eingreifen. Das erfordert kognitive Fähigkeiten, Kompetenzen und Erfahrungen, die weit über das Malen von Plakaten, das Blockieren von Verkehrswegen und das Skandieren von Parolen hinausgehen.

Die Weltmeister im Fordern und Verhindern

Auf einer Demo gegen den Krieg in der Ukraine mag ein Demonstrant den Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen mit Russland „für immer“ fordern. Kommt solch eine Forderung aber aus dem Außenministerium, dann wird sie vielleicht ernst genommen. Das ist dann nicht nur peinlich, sondern auch gefährlich, und zwar nicht nur für die Person, die sich so geäußert hat, sondern auch für besagtes deutsches Volk. Ein ganz dickes WTTC hat unsere Grünen ereilt, die unbestrittenen Weltmeister im Fordern und Verhindern. Jetzt, in der Regierungsverantwortung für Wirtschaft und Energie, müssen sie plötzlich feststellen, dass der Abriss von Atom- und Kohlekraftwerken wenig nützlich für die zuverlässige Stromversorgung Deutschlands ist.

Bei dem Eiertanz zwischen Realität und grünem Dogma sind ihnen jetzt die Hände gebunden. Die einzig vernünftige Lösung wäre ein sofortiger Stopp der Energiewende und die Rettung bzw. Reanimierung der verbliebenen konventionellen Infrastruktur. Damit aber würde die Partei ihre Raison d’être verraten. Und weil ihnen die Rechthaberei wichtiger ist als Deutschland, so flüchten sie sich in LNG. Das ist eine dilettantische Alternative, die das Problem kaum lösen wird. Man kann dann aber später behaupten, alles versucht zu haben, um den Blackout zu verhindern, nur seien Bevölkerung und Industrie der Forderung nach Stromsparen nicht nachgekommen. Es ist aber nicht die Aufgabe einer Regierung, etwas zu versuchen, zu fordern oder sich zu rechtfertigen; sie hat den Auftrag, Ergebnisse zu liefern, die dem Wohle des deutschen Volkes dienen. Falls ein Politiker nicht dazu willens oder in der Lage ist, sollte er die Finger vom Regieren lassen.

Ein unausgesprochenes Einverständnis

Demokratien funktionieren auf dem unausgesprochenen Einverständnis, dass die Parteien nur solche Kandidaten für ein Amt vorschlagen, die dafür ausreichend qualifiziert sind. Das Wirtschaftswunder und die Renaissance von Wissenschaft und Technik in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik konnten nur auf dieser Basis gelingen. Heute aber ist Qualifikation gänzlich irrelevant. Was zählt, sind Haltung und Gender.

Das reicht nicht aus, um die von vorherigen Generationen ererbten Werte wie Freiheit und Wohlstand zu wahren, geschweige denn zu vervollkommnen. Aber das will man und frau derzeit auch gar nicht. Für die neue Generation von Politikern stehen Selbstverwirklichung und ideologische Rechthaberei im Vordergrund. Zur geschworenen Pflichterfüllung gegenüber der Bevölkerung ist man weder willens noch in der Lage, denn die moderne Politiker*in wird nicht von ihrer Liebe zu Deutschland angetrieben, sondern von ihren Ressentiments.

Dieser Artikel erschien zuerst im Blog des Autors Think-Again. Sein Bestseller „Grün und Dumm“ ist bei Amazon erhältlich.

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Leserpost

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Thorsten Gutmann / 09.06.2022

Ein besonderer Ausdruck von Leistung, Qualität, Anerkennung, Wertschätzung sind üblicherweise die vier Sterne, z.B. - aber nicht nur - bei Hotels. Die hier sind schon beglückt, daß sie wenigstens einen - den Einen - auf die Reihe bekommen haben. You know? Mehr muß man zu dieser Rasselbande nicht sagen.

Ludwig Luhmann / 09.06.2022

“(...) denn die moderne Politiker*in wird nicht von ihrer Liebe zu Deutschland angetrieben, sondern von ihren Ressentiments.” - Und wer hat denen die Ressentiments warum in die Köpfe gesteckt?

Bernd Michalski / 09.06.2022

It’s not a bug, it’s a feature.——- Werter Herr Hofmann-Reinecke, Sie haben ja in vieler Hinsicht recht, aber ganz tief im Grunde unterliegen Sie doch dem verständlichen Bedürfnis, die Augen zumindest ein wenig verschlossen zu halten angesichts des Grauens, das sich Ihnen darbietet. +++ Freiheit und Wohlstand stehen für diese verkommenen Typen, und ich drücke mich noch freundlich aus, nicht etwa nur zweitrangig hinter persönlichen Eitelkeiten. Vielmehr ist es ihr eigentliches Ziel: Freiheit, Demokratie und Wohlstand in den westlichen Ländern zu zerstören. +++ Und plötzlich macht alles viel mehr “Sinn”, wenn auch auf eine ziemlich perverse Art. Die Grünlinken in Deutschland sind exakt wie die “Demokraten” in Amerika: Sie können gar nicht dermaßen dumm sein. Sie zerstören das Land mit Absicht, und offensichtlich rasend schnell erfolgreich. +++ Das ändert natürlich nichts daran, dass die meisten Politfunktionäre (charakterlich und in echtem Können) ungebildete, aufgeblasene Deppen sind, und zwar je höher, desto schlimmer. Akademische Klugschwätzer, aber blind gegenüber der Realität. Und natürlich die qualifizierten Koryphäen aus Callcentern und dem Rockmusik-Management. +++ Ein halbtalentierter Schauspieler kann ja auch zum “Kriegshelden” werden, gerade weil er ziemlich gut darin ist, SEIN Land in Grund und Boden zu regieren. Aber da sind wir natürlich dafür, gell. Zerstörung scheint gerade echt ganz groß im Kommen zu sein.

Christof Beilharz / 09.06.2022

Und wo wird es enden?

Bernhard Freiling / 09.06.2022

Wäre es doch nur Deutschland. Ist es aber nicht. Die ganze Welt scheint linksvergrünt, sprich: völlig durchgeknallt, zu sein. # Los ging die Misère mit dem CoR 1972. Obwohl sich dessen Prophezeihungen als unhaltbar erwiesen, begann “die Welt” 1997 in Kyoto den “Algorithmus-Fetischisten” zu folgen. Die allen Ernstes behaupteten, mittels immer weiter ausufernden Algorithmen das Chaos vorhersagen und beherrschen zu können. Nur linksvergrünte Spinner konnten sich hinter denen versammeln, deren Hirnriß ernst nehmen und eine weltweite Katastrophe herauf beschwören. # Das Ergebnis sehen wir heute. Eine linksvergrünte Klimakirche hat das Kommando über die Welt übernommen. So wie die Christen unfähig sind ihre Erlöser-Theorie über Bord zu werfen, wie die Moslems unfähig sind, ihren Alleinvertretungsanspruch aufzugeben, so sind die Klima-Äbte unfähig zuzugeben, sie seien den verkehrten Propheten gefolgt. Statt dessen werden sie bedenkenlos Menschen opfern - so wie alle Tiefgläubigen.

Patrick Meiser / 09.06.2022

Zutreffender kann man die Unfähigkeit dieser infantilen Truppe nicht auf den Punkt bringen. Da unterschreibe ich Ihnen jedes Wort, Herr Hofmann-Reinecke.

Hans Max Meier / 09.06.2022

Des „Rätsels Lösung, wenn alles diametral gegen Logik anstinkt“ und ins seht teure Chaos sinkt, ist die Absicht, dadurch reicher und mächtiger zu werden. Wer auf einer „Kapitalpyramide thront, und semmeliert, wie er die Untertanen grundsätzlich ver@rschen, sich deren Vermögen, anzueignen, und deren Willen, zu 0,0 unwirksam werden zu lassen“ der lebt mit mir im gleichen „windowsfenster“ um hier mal zu gucken was geht. Wir haben unseren „Ärger mit diesen Arschgeigen, die mit voller Absicht“ alles so arrangieren lassen, damit sie reicher und wir ärmer und abhängiger werden. „Mann tut gut diese prinzipielle Denke einer Finanzeltite so zu deklinieren, dass Mann sie ständig erkennen kann. Wenn z. B. „Röschen als EU-Blondchen ne Billion Euronen an Onkel György, wegen Klima an überweisen wird, dann macht das ja Wichtigkeit“ und alle im GEZ, „nässen sich vor Jubelgeschrei die Höschen ein“, wegen „Sonderprovisione“. Ich denke, wir sollten uns alle mehr zu trauen, mal so richtig feste, „nich nur auf den Putz“ sondern auf die „Halunken zu zu gehen um ihnen eine? warum nicht täglich eine Tracht Prügel zu verabreichen. Schaden würden das garantiert nich anrichten, eher das bessere befördern.

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