Energiewahrheiten im Streckbetrieb

Bundesumweltministerin Lemke und Wirtschaftsminister Habeck räumen ein, dass ein Streckbetrieb der Kernkraftwerke möglich ist, stellen aber den Sachverhalt eines Streckbetriebes völlig falsch dar.

Im März haben Bundesumweltministerin Lemke und Wirtschaftsminister Habeck einen Prüfvermerk zum Weiterbetrieb von Kernkraftwerken aufgrund möglicher Einschränkungen der Gasversorgung wegen des Ukraine-Krieges veröffentlicht. Sie räumten ein, dass ein Streckbetrieb der Kernkraftwerke möglich ist, stellen aber den Sachverhalt eines Streckbetriebes völlig falsch dar. Zitat

„Die Atomkraftwerke würden dann im Sommer 2022 weniger Strom produzieren, um über den 31.12.2022 hinaus im ersten Quartal 2023 noch Strom produzieren zu können. Insgesamt würde zwischen heute und Ende März 2023 netto nicht mehr Strom produziert."

Entweder haben die Minister keine Ahnung oder versuchen, uns hinter die Fichte zu führen.

Streckbetrieb bedeutet längere und insgesamt höhere Ausnutzung von Brennstoff über das geplante Zyklusende hinaus und damit die Produktion zusätzlicher Strommengen. Die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit GRS, eine gemeinnützige Geselllschaft der Bundesrepublik Deutschland und der TÜVs, erklärt den Streckbetrieb :

„Am natürlichen Zyklusende kann der Reaktor nicht mehr 100 % Leistung erzeugen. Das wirkt sich dahingehend aus, dass in den Dampferzeugern nicht mehr ausreichend Dampf erzeugt wird. Dadurch fällt der Druck des Dampfes auch entsprechend ab. Mit dem fallenden Druck des Frischdampfes fallen auch dessen Temperatur und durch die Kopplung im Dampferzeuger die Temperatur des Kühlmittels im Reaktor. Das führt wiederum dazu, dass die potenzielle Leistung eines Reaktorblocks langsamer abnimmt. Dieser Prozess läuft ohne menschliche Eingriffe ab... Der Streckbetrieb ist für deutsche Kernkraftwerke genehmigt und auch schon mehrfach (in unterschiedlichen Längen) durchgeführt worden. Ein solcher Betrieb ist für mindestens 80 Tage realisierbar. Da ein Reaktorblock im Streckbetrieb täglich ca. 0,5% seiner Leistung einbüßt, wäre er nach 80 Tagen noch bei ca. 60% seiner ausgelegten Leistung." 

Also würden bis zum 31. Dezember 2022 volle Leistung und danach leicht abfallend bis auf 60 Prozent Ende März 2023 erzeugt.

Die Aussage der Minister ist objektiv falsch, und zwar in einer Frage, in der es um die existenzielle Versorgung der Bürger in Deutschland mit Energie geht. In der es um Stromabschaltungen, Betriebsschließungen und Kostenexplosion geht. Kann man da zur Tagesordnung übergehen? Haben politische Falschaussagen keine Konsequenzen mehr?
Weiter erklären die Minister im Prüfvermerk vom März:

Die Beschaffung, Herstellung und atomrechtliche Freigabe zur Herstellung neuer Brennelemente für einen funktionsfähigen Reaktorkern dauert im Regelfall 18–24 Monate. Ggf. ist eine Beschleunigung auf ca. 12–15 Monate möglich."

Das Fenster einer Lieferung im Frühjahr schließt sich jetzt

Der US-Hersteller Westinghouse, der zu den etablierten Lieferanten auch deutscher Atomkraftwerksbetreiber zählt, bekam nach eigenen Angaben kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine eine Anfrage der Bundesregierung, ob man kurzfristig Brennstäbe liefern könne, um die Laufzeiten der drei AKW zu verlängern. So berichtet es das Handelsblatt. Die Firma habe das bejaht und gesagt, sie sei in der Lage, bis zum Jahresende Brennstäbe zu liefern. Das wäre eine Lieferzeit von neun Monaten.

Auch hier haben die grüne Umweltministerin und der grüne Wirtschaftsminister nicht die Wahrheit gesagt. Und die gesamte Bundesregierung sieht zu, wie das Volk hingehalten wird, um die grüne Ideologie aufrechtzuerhalten. Das Fenster einer Lieferung im nächsten Frühjahr schließt sich jetzt. Die Hinhaltetaktik funktioniert. Der Bundestag ist im Urlaub.

Umweltministerin und Wirtschaftminister erklärten weiter, dass für einen Weiterbetrieb der drei bereits zum 31. Dezember 2021 abgeschalteten Anlagen Brokdorf, Gundremmingen und Grohnde rechtlich Maßnahmen erforderlich wären, die einer „Neugenehmigung“  gleichkämen. Dazu schreibt der Verband Kerntechnik: „Solange die Genehmigung für den Rückbau nicht bei den Aufsichtsbehörden eingegangen ist, gilt weiterhin ausschließlich die bestehende Betriebsgenehmigung. Gemäß Atomgesetz erlischt mit den in §7 Abs 1a gesetzten Fristen nur die Berechtigung zum Leistungsbetrieb, die Betriebsgenehmigung indes ist davon nicht berührt. Tatsächlich sind die Genehmigungen aus verwaltungsrechtlicher Sicht immer noch wirksam, da das Gesetz sie nicht aussetzt. Es sollte ausreichend sein, die Enddaten des vorgenannten §7 1a zu ändern und auf die Festlegung von Reststrommengen zu verzichten."

Dann wären auch die Kernkraftwerke Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen weiterbetreibbar.

In Wirklichkeit muss die politische Debatte nicht um „Streckbetrieb" geführt werden, sondern um den Dauerbetrieb von sechs Kernkraftwerken. Das würde die Strommärkte und ihre Preisbildung sofort entspannen.

Zweierlei Maß bei Gas

Wie bei der Kernenergie, so blockt Minister Habeck auch alle Versuche beim Gas ab, durch eigene Erdgasaufschlüsse die Importabhängigkeit zu reduzieren. Die Hälfte der Gasimporte aus Russland könnte durch Fracking des über 1.000 m tief liegenden Schiefergesteins gefördert werden. Axel Bojanowski in der Welt:

„​​​​​​​Gutachten deutscher Forschungsinstitute belegen, dass Fracking im Prinzip unbedenklich ist. Trotzdem hat die Politik die Technologie verboten. Dabei lagern unter Deutschland riesige Erdgas-Vorräte, die jetzt aus der Energie-Krise führen könnten."

Zum entsprechenden Vorstoß fiel Bundeswirtschaftminister Habeck nur ein: „Die Debatte über Fracking nützt uns jetzt in dieser Zeit überhaupt nichts. Es dauert Jahre, wenn man es überhaupt machen will, um solche Vorkommen zu erschließen." Bei Wind- und Solarenergie hatte der gleiche Minister durchgesetzt, dass „der Ausbau der erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse ist und der öffentlichen Sicherheit dient", um die Verfahren zu beschleunigen. Selbst Naturschutzziele wurden gekippt.

Warum wird die Gasförderung in Deutschland nicht zum nationalen Interesse erklärt, anstatt in Katar zu betteln und sich auf Fracking-Gas aus den USA zu verlassen? Der Bundeskanzler muss hier eingreifen. Er kann sich ein Beispiel nehmen an den beiden Tory-Spitzenkandidaten für den nächsten Premierminister, Liz Truss und Rishi Sunak, die sich für die Aufhebung des unter Boris Johnson verfügten Fracking-Verbots in Großbritannien ausgesprochen haben. Und er kann hier sehen, wie sich weiteres ideologisch bedingtes Zögern in Verlust von Arbeitsplätzen niederschlägt. Sehen Sie sich dazu auch die Datenbank Deindustrialisierung Deutschlands an.

 

Hören Sie Sonntag früh ab 6.00 Uhr Indubio: Gerd Buurmann spricht mit Sven Parthum über die Vorbereitungen für den Ernstfall. Was, wenn der Strom für längere Zeit ausbleibt? Wie kann man sich für den Blackout vorbereiten? Später im Gespräch kommt noch der Achse-Autor Manfred Haferburg hinzu und beantwortet unter anderem ein paar weitere Hörerfragen bezüglich der letzten Folge rund um den Atomausstieg.

Foto: Volker Debus/Deutsche Wildtier Stiftung CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Klaus Schmid / 04.08.2022

Zitat: “Die Aussage der Minister ist objektiv falsch,” Im besten Deutschland aller Zeiten spielt das ab er keine Rolle, denn a) hat man alle Medien soweit gebrieft dass keiner auf so etwas aufmerksam macht, und b) auch wenn die Leute erfahren dass sie angeschwindelt werden kann nichts passieren, denn die Faeser Nancy, der Haldenwang Thomas und der Harbart Stephan sorgen schon dafür dass alles gut geht ...

Winston Schmitt / 04.08.2022

Wie könnte man bei diesen Politikern á la Habeck und Co auch nur im geringsten davon ausgehen, dass sie ihren Amtseid “Schaden vom deutschen Volk abzuwenden” wahrnehmen würden. Und wenn im Herbst die Lichter hier ausgehen sollten, dann werden Querdenker und Impfskeptiker wohl daran Schuld sein, weil sie aus notorischem Ungehorsam heraus zu lange und zu warm geduscht haben. Gebe es Gott, dass sich diese “Mandatsträger*_innen”  einmal für ihre Unfähigkeit werden verantworten müssen. PS: Wendehälse wie Söder gehören selbstredend in die gleiche Kategorie. PPS: Ich war nie ein großer Fan von Schröder aber der Mann hat einfach recht. Nordstream 2 nutzen und der Spuk hat ein Ende! Politiker wie ihn, der das Rückgrat hatte, sich im Irak Krieg nicht in die Pharlanx der Willigen zwingen zu lassen sucht man bei der heutigen SPD vergebens. Wäre alles für die biegsamen Gestalten heute undenkbar.

Udo Kemmerling / 04.08.2022

“Der Bundeskanzler muss hier eingreifen.” Herr Vahrenholt, wollen Sie wirklich, dass ich das ganze Ausmaß Ihrer Naivität beim vollen Namen nenne? Der Kanzler, das Schicksal gebe ihm eine kurze Amtszeit, steht für Cum-Ex, Warburg Bank, brennendes Hamburg und vorsätzlich hintertriebene Panzerlieferungen an ein von größenwahnsinnigen Ostblocknostalgikern überfallenes Land. Er wird sicher eingreifen, ganz bestimmt. Er wird wieder lügen und weiterhin die Interressen Deutschlands mit Füßen treten. Und ab und zu eine Turbine besichtigen…

Jan Sobieski / 04.08.2022

Man muss den Lügnern und Betrügern endlich das Handwerk legen. Der Deutsche lässt alles mit sich machen.  Warum das so ist, hat mit der grenzenlosen Selbstverachtung zu tun. Die ist dringend behandlungsbedürftig. Vielleicht haben wir 80 Millionen Psychologen frei, die sich damit beschäftigen können.

Dietmar Herrmann / 04.08.2022

Ein bischen Lügen wird doch wohl erlaubt sein , wenn es um die gute Sache geht ...., ääh, welche war das gleich noch,  zumindest nichts mit CO2 . Aah, jetzt hab ich es wieder : es war die ungelöste Endlagerfrage (die ergab sich überraschend, nachdem wir die deutsche Wiederaufbereitung kaputtsabotiert haben). Daran ändert sich durch Streckbetrieb zwar nichts , aber es ist ein schönes Gefühl , daß die eigene Anhängerschft dem differenzierten Denken eher abhold ist und man nicht argumentieren muß. Deshalb vorwärts mit dem Schlachtruf : wir haben kein Strom- , sondern ein Gasproblem (auch hier bitte keine weiteren Nachfragen, einfach gendern und dann raus mit der Parole).

Bernd Michalski / 04.08.2022

Man könnte fast auf die Idee kommen, wüsste man es nicht besser, dass der grüne Superminister auch wieder nur verlogen und/oder vollständig inkompetent ist. Andauernder Weiterbetrieb von sechs AKW, und dann auch noch eigenes Gas, also bitte. Damit würden wir ja fast in Richtung Versorgungssicherheit gehen und die ganze schöne Krise wäre im Eimer. Spielverderber!

Friedrich Richter / 04.08.2022

Wenn die Grünen es schaffen, mit ihrer Verschleppungstaktik die rechtzeitige Beschaffung von Brennstäben für Deutsche Kernkraftwerke zu verhindern und damit dann das europäische Netz zu destabilisieren, dann gnade ihnen Gott. Dann dürften der Zusammenhalt der Koalition oder ihr Dogma ihre geringste Sorge sein.

Michael Lorenz / 04.08.2022

Kleiner Hinweis wg. Indubio: “Wie kann man sich für den Blackout vorbereiten?” - Ich wage bereits jetzt vorauszusagen, dass wiederum nur Tipps für einen Blackout Marke “Ist-nicht-so-schlimm” kommen werden. Bisschen Wasser, Medikamente, Reis und Holzscheite lagern und dann geht das schon irgendwie. Nein, geht es nicht. Weil immer folgende Frage ausgeklammert wird: Was, wenn u. a. die rund 2 Millionen Rundumversorgten aus Ländern mit hoher Gewaltneigung plötzlich GAR NICHTS mehr erhalten, weil auch die Migrationsindustrie zusammengebrochen ist? Was, wenn die vor der Tür stehen und das eigene Überleben zugleich davon abhängt, den Sack Reis nicht auszuhändigen (da sonst Hungertod) UND auszuhändigen (da sonst Messer durch die Kehle)? Fazit: das Dringendste, was zur Vorbereitung auf die Situation, dass NIEMAND dir helfen wird, nötig ist, ist in Deutschland verboten! Und nun?

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Fritz Vahrenholt, Gastautor / 15.05.2024 / 16:00 / 38

Das Märchen vom günstigen Solarstrom

Der Mythos, Solarenergie sei hierzulande besonders preisgünstig wird wieder besseres Wissen gepflegt. Man greift zu faulen Tricks und lässt die Kosten für die Backup-Stromlieferanten weg,…/ mehr

Fritz Vahrenholt, Gastautor / 10.04.2024 / 13:30 / 31

USA reaktivieren Atomkraftwerk, Deutschland die Steinzeit

Die USA reaktivieren das erste Kernkraftwerk, weil der boomende Einsatz von KI-Rechenzentren extrem zuverlässige Stromquellen erfordert – mit Erneuerbaren ist das nicht zu machen. Der…/ mehr

Fritz Vahrenholt, Gastautor / 06.11.2023 / 12:50 / 50

Strompreise: Habecks Brücke ins Nichts

Der Wahnsinn der deutschen Energiepolitik wird immer offenkundiger: Behauptete Robert Habeck noch bis vor kurzem „Wir haben kein Stromproblem“, heißt es jetzt: „Für zahlreiche Betriebe…/ mehr

Fritz Vahrenholt, Gastautor / 05.10.2023 / 06:00 / 46

Mehr Windenergie wird nicht billiger, sondern noch teurer

Der Windkraftausbau macht die Windkraft nicht billiger, sondern teurer. Diese „Brücke“ führt ins Nirgendwo. Lässt sich schon die Offshore-Windkraft nicht auf Dauer runtersubventionieren, so gilt…/ mehr

Fritz Vahrenholt, Gastautor / 10.08.2023 / 10:00 / 56

Der pädagogisch unerwünschte Ausbruch des Hunga-Tonga

Der Ausbruch des Unterwasser-Vulkans Hunga-Tonga beförderte 2022 gigantische Mengen von Wasserdampf in die Atmosphäre – das mit Abstand wichtigste Treibhausgas des Planeten. Das wirkt sich…/ mehr

Fritz Vahrenholt, Gastautor / 11.05.2023 / 16:00 / 78

100-mal billiger als Wärmepumpe! Habeck nicht interessiert

Der Habecksche Monsterplan mit den Wärmepumpen wäre für einen Bruchteil der Kosten viel einfacher zu erreichen. Eine CO2-Abscheidung für die Braunkohlekraftwerke würde für den gleichen…/ mehr

Fritz Vahrenholt, Gastautor / 06.04.2023 / 10:30 / 94

Das Wärmepumpen-Desaster

Woher die Bundesregierung einen zukünftigen Kostenvorteil für Wärmepumpen ableitet, bleibt schleierhaft, denn sie betreibt ja eine Politik der Stromverknappung. Daher hat die Bundesnetzagentur Anschlüsse von…/ mehr

Fritz Vahrenholt, Gastautor / 08.03.2023 / 11:30 / 70

Trotz drohender Stromknappheit setzt Regierung auf mehr Verbrauch

Die Strompreise bleiben viermal so hoch wie vor 2021. Im April gehen zusätzlich drei Kernkraftwerke vom Netz, ein Jahr später sollen Kohlekraftwerke mit 7.000 Megawatt…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com