Alexander Wendt / 18.06.2014 / 20:09 / 10 / Seite ausdrucken

Ein Schurkenstaat am Mittelmeer

Israel steht vor allem in Deutschland weltweit am Pranger, weil drei jüdische Jugendliche bei Hebron entführt wurden. Israelische Polizei- und Armeeeinheiten suchen nach ihnen; gleichzeitig bombardiert Israels Luftwaffe Hamas-Raketenstellungen im Gazastreifen, obwohl das alles bekanntlich nur die Endlös…, beziehungsweise den ohnehin brüchigen Weltfrieden gefährdet.

Der Deutschlandfunk-Redakteur Dirk Müller nahm deshalb wenigstens einen Weltbrandstifter ins Verhör,dessen er habhaft werden konnte, nämlich den israelischen Botschafter Yakov Hadas-Handelsmann: „Herr Hadas-Handelsman, führen Sie Krieg?“ Noch blitzkriegsgescheiter wäre es natürlich gewesen, wenn er gleich nachgeschoben hätte: „Aber die Nürnberger Prozesse kennen Sie schon?“

Als Hadas-Handelsman rhetorisch zurückfragte, was Israel denn tun solle angesichts der Tatsache, dass seine Bürger entführt oder mit Raketen terrorisiert würden, machte Müller deutlich, dass er beim Deutschlandfunk nicht auf der Judenschul ist: „Herr Hadas-Handelsman, meine Aufgabe ist hier zu fragen. Sie antworten.“

Auch ein Leserkommentator auf SpOn kann für sich in Anspruch nehmen, das auszudrücken, was viele in diesem Land meinen, ob sie nun dem Deutschlandfunk zuhören oder Ken Jebsen:

„Wenn die Menschen auf diesen Siedlungen ihre Kinder aufziehen, dann machen sie sich zu einem gewissen Grad mitschuldig, wenn diesen Kindern etwas zustößt. Ich habe kein Verständnis für Leute, die ihre eigenen Kinder opfern, nur um irgendwelche nationalen oder religiösen Anschauungen beweisen zu müssen. Warum leben sie nicht mit ihren Kindern in Tel Aviv?“

Das schmiegt sich stilistisch perfekt an einen Satz an, der nach 1945 bis weit in die späteren Jahrzehnte zu hören war: „Ich verstehe gar nicht, warum die ganzen Juden 1933 nicht ausgewandert sind.“

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Leserpost

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Markus Weber / 20.06.2014

@ Otto Sundt Vielen Dank für Ihre Rückmeldung/Bezugnahme; offenbar habe ich einen wunden Punkt getroffen - sonst hätten Sie nicht so verächtlich gebellt. Oder ist es ins Verniedlichende changierende Gönnerhaftigkeit? Auch gut. Herrn Snowdens Auslieferung nach den USA mit auf den Weg zu bringen, fehlen mir die Möglichkeiten.  Wem hat er eigentlich geschadet? Aber Sie haben natürlich recht: Wer sich mit einem windigen Glenn Greenwald zusammentut, der sich wiederum an einen schwerreichen Gierhals Jeff Bezos ranwanzt, der ist auf keinen Fall ganz koscher. Bei der Sorge um die Sicherheit der USA geht es mir weniger darum, jeden möglichen Schaden von diesem Land abzuwenden (wozu ich, wie geschildert, ja auch kaum etwas beitragen kann, und für etwas ist die beste Armee der Welt ja schliesslich auch noch da), sondern um Verwunderung darüber, wie der mächtigste Staat der Erde sich bei Angriffen durch Israelis ohne jede Gegenwehr seinem Schicksal ergibt wie ein Schaf, das sich zur Schlachtbank führen lässt. OK, vielleicht ist ja Niederlage nur einfach Sieg, und ich bin noch zu wenig Orwell’sch gepolt. Jedenfalls hatte damals Lyndon B. Johnson die bereits auf den Weg zur Verteidigung der USS Liberty geschickten Flugzeuge wieder zurückbeordert, und ich frage mich, was Regierungen mächtiger Staaten dazu bringen kann, offenen Verrat an ihren Wehrleuten zu begehen. Mir macht das Angst, weil ich davon ausgehe, dass in einem vergleichbaren Fall jede europäische Regierung noch viel weniger Gegenwehr leisten würde. Entschuldigung, aber gibt es einen Betrachtungswinkel, unter dem das noch richtig sein kann? Wenn Sie einen wissen, teilen Sie ihn doch hier mit. Vielleicht kann ich dann etwas lernen. Man kann leicht sagen: “Leute, gewöhnt euch dran: Länder haben keine Freunde, Landesregierungen haben Interessen - manchmal in Übereinstimmung mit den Interesen anderer Regierungen.” Welches Interesse, frage ich Sie, Herr Sundt, kann eine US-Regierung daran haben, dass die damals knapp dem Tode entronnenen Seeleute bis heute keine unbefangenen Interviews geben dürfen? Wenn Sie hier ins Grübeln geraten, haben Sie wenigstens verstanden, was ich gemeint habe. Wenn Sie wider Erwarten eine schlanke Antwort parat haben, dann, bitte, her damit! Ich höre, bzw. ich lese.

Hartmut Wirks / 20.06.2014

@Paul Harding v.  19.06.2014 Entschuldigen Sie, Herr Harding, wer “stammelt” denn wirklich im genannten Interview? Ich persönlich halte Herrn Müller für einen sehr guten Journalisten, der unter den schwierigen Umständen des Hörfunk-Interviews sehr gute Gespräche führt. Eine Vergleich mit einem Fernsehjournalisten wie Hans Joachim Friedrichs halte ich für unangebracht. Ich frage mich sowieso, aus welcher Zeit mir Begriffe wie “vom Schlage” und die Abkürzung “HaJo” für Hans-Joachim so bekannt vorkommen…

Angelika Máté / 19.06.2014

Wenn einem in Israel lebenden plästinensischen Kind so etwas zustößt, könnte man dann sagen: “Was lebt es denn in Tel Aviv (o.ä.), das ist doch unverantwortlich von den Eltern. Soll es doch in Ramallah leben.” Wie scheinheilig kann man noch sein???

Otto Sundt / 19.06.2014

@ Markus Weber Ist ja richtig rührend wie Sie um die Sicherheit der USA besorgt sind und das schon seit 1948. Sicher werden Sie jetzt auch die Auslieferung E. Snowdens an die USA auf den Weg bringen.

Paul Harding / 19.06.2014

Der Interviewer stand von Anfang an ‘unter Strom’ - deutlich zu erkennen am ‘Abfeuern’ seiner impertinenten Fragen und an seiner wiederholten Stammelei beim Namen des Botschafters. Der Hörer erkannte sofort, dass Herr Hadas-Handelsmann mit rhetorischen Fragen auf unverschämte Verhörtechnik reagierte. Des Interviewers “...ich frage, Sie antworten…” entlarvte diesen endgültig als Nichtskönner in seinem Metier. Oh, wie vermisse ich Journalisten vom Schlage eines HaJo Friedrichs….

Daniel Briner / 19.06.2014

Das vorstehend Beschriebene erklärt Kurt W. Zimmermann in der aktuellen Weltwoche in der Medien-Kolumne mit “Das Fairnessprinzip”; hervorstechendes Merkmal an dieser journalistischen Technik ist “Die Kunst des fairen Fertigmachens”.

Markus Weber / 18.06.2014

Sehr geehrter Herr Wendt, sein Heimatland als Schurkenstaat an den Pranger gestellt zu wissen, tut jedem Menschen weh, und die zynischen Ratschlage, den Staat Israel hätte man ja letztlich doch besser in Uganda gründen oder es gleich mit ihm seinlassen können, sind jederzeit verzichtbar. “Was sollen wir denn tun? Uns abschaffen, klein beigeben?” Nein, natürlich nicht. Ratschläge sind eben auch nur Schläge. Wer länger mitdiskutiert lernt: Vieles von dem, das die israelische Führung anleiert und ihre Soldaten und Polizisten vor Ort tun lässt, hat ihr auch nie als ideal vorgeschwebt, der Gegner zwingt sie aber leider dazu, wenn sie ihr Land nicht seinen Feinden zum Frass vorwerfen will. Also: Die Härten und Grenzwertigkeiten, über die der in Watte gepackte Europäer so gern und so oft die Nase rümpft, folgen zwingend aus dem Primat der Existenzsicherung. Ja, schön ist das alles nicht, aber wat mutt dat mutt. Ist es so? Dann, bitte, nehmen Sie sich einmal die Zeit zum Verfassen eines Artikels, der erklärt, in welcher Weise die folgenden Aktionen zur Existenzssicherung Israels etwas Positives beigetragen haben: 1) gezielte Tötung des Grafen Folkke Bernadotte 2) Angriff auf die USS Liberty (falls mehr als ein Irrtum) 3) Schmuggel von Nuklearzündern aus den USA durch Arnon Milkan 4) Nuklearspionage und Verrat an die UdSSR durch Jonathan Pollard 5) Mediale Vertuschung der Hintergründe zu 9/11, wenn nicht sogar Beteiligung 6) Breitgestreute Spionage gegen die USA wie neulich in Newsweek berichtet In meinen Augen hat kein Staat der Erde so grossen Einsatz zur Existenzsicherung und zur Stärkung Israels geleistet wie die USA. Oft wird gesagt, die beiden Staaten seien Verbündete, ja sogar Freunde. Wenn Sie mir also, Herr Wendt, das Verhalten der israelischen Führung gegenüber seinen Freunden nachvollziehbar erklären können, will ich gerne beitragen, die Kritik am Verhalten gegen die Feinde zum Verstummen zu bringen. Ich vermute allerdings eher, dass wer solche Freunde hat, keine Feinde mehr braucht.

Jörg Paul Jonas / 18.06.2014

Der Jude hat schwach zu sein, damit er von dem guten neuen Deutschen ein bisschen beschützt werden kann. Er wird aber nur vor Nazis beschützt, damit der neue gute Deutsche sich wie ein Widerstandskämpfer gegen die Nazis fühlen kann ohne sich auch nur ein bisschen anzustrengen. Dafür muss der Jude dankbar sein und sich wohl verhalten. Hinweise und Tips, wie er sich zu verhalten hat, bekommt der Jude gratis dazu. Islamischer Antisemitismus könnte Ärger geben und ist nicht zu thematisieren. Der unverschämte israelische Jude entzieht sich schon allein durch die Existenz Israels von jeglicher guter neuer deutscher freundschaftlicher Einflussnahme und Israelis benutzen Waffen, um sich zu verteidigen und bauen in Israel Häuser, einfach so!

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