Roger Letsch / 18.06.2022 / 06:15 / Foto: Infrogmation / 112 / Seite ausdrucken

Drei Millionen Deutsche zahlen keine GEZ

Die Pflicht zur Zahlung der GEZ-Gebühren existiert noch, aber wir werden erleben, dass sich das Gesetz immer weniger wird durchsetzen lassen. Schon deshalb, weil die Kosten der Rechtsdurchsetzung immer weiter steigen.

Seit fast einem Jahr kostet das allabendliche „Hier ist das erste deutsche Fernsehen mit der Tagesschau“ nun schon 86 Cent mehr im Monat, und die Verwaltungsgemeinschaft Beitragsservice, die den zackigen und dringlicher klingenden Namen GEZ gerne los würde, öffnet wieder mal ihre Bücher, um der Presse einen Blick auf die Zahlen zu gewähren. Wer nur oberflächlich sucht, stößt schnell auf eine dpa-Meldung, die fast überall gleichlautend verwendet wird.

Gut war das Jahr 2021 für die GEZ, so lesen wir dort. 311 Millionen Euro Mehreinnahmen im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt wurde die schlanke Summe von 8,42 Milliarden Euro an ARD, ZDF und Deutschlandfunk verteilt. Auch die Presseerklärung auf Rundfunkbeitrag.de strotzt vor Selbstbewusstsein. Und man ist darauf bedacht, dass alle Haushalte erfasst sind. „Durch den Ende 2022 startenden bundesweiten Meldedatenabgleich werden wir sehen, ob tatsächlich alle beitragspflichtigen Wohnungen in unserem Bestand erfasst wurden.“

Ein Schelm, wer da an die gerade stattfindende kleine Volkszählung und die statistische Erfassung aller Immobilien im Land denkt. Lauter positive Nachrichten also für die Öffentlich-Rechtlichen, nur leider hat man vergessen, den eigentlichen Jahresbericht gleich im Text zu verlinken. Aber auf den kommen wir gleich noch.

Denn wenn auch die FAZ meldet, die „Bürger zahlen brav den Rundfunkbeitrag“, tun sie dies offenbar gerade nicht. Weder brav noch freiwillig. Viele werden von spektakulären Fällen von Verweigerung gehört haben, wie dem des Georg Thiel, der seit Monaten in Beugehaft sitzt, weil er Beitragszahlung und Vermögensauskunft verweigert. Bestrafe einen, erziehen hundert, wusste schon Mao, und spektakuläre Fälle wie der Thiels oder die kürzlich erfolglos in letzter Instanz zu Ende gegangene Klage von Norbert Häring, der die Gebühren mit dem einzigen gesetzlichen Zahlungsmittel – also mit Bargeld – bezahlen wollte, sollen zeigen, dass die GEZ nicht mit sich spaßen lässt und am Ende immer gewinnt. Seit die GEZ keine eigenen Fahnder mehr losschickt, sondern Gerichtsvollzieher in Marsch gesetzt werden, ist die Zahlungswilligkeit der Bürger jedoch nicht gestiegen. Schon 2016 wurde gemeldet, dass 2,2 Millionen Vollstreckungsersuchen vorlägen. Das waren also schon 2016 etwa fünf Prozent der beitragspflichtigen Haushalte.

„Erst bestrafen sie dich, dann ignorieren sie dich, und am Ende gewinnst du“

Nun wird es aber Zeit, in den tatsächlichen aktuellen Jahresbericht zu gucken. Den finden wir hier und erfahren dort auf Seite 9, dass die Anzahl der Beitragskonten in einer Mahnstufe oder in der Vollstreckung aktuell bei 3.005.151 liegt. Kurz: mehr als drei Millionen Haushalte verweigern die Zahlung ihrer Rundfunkgebühren. Doch auch hier meldet man einen Trend in die positive Richtung. Nur 1,11 Millionen Vollstreckungsersuche gab es 2021, verglichen mit 2016 scheint sich die Lage also gebessert zu haben, oder?

Die kleine Borkener Zeitung berichtete am 14.6.2022 Neues vom renitenten GEZ-Verweigerer Georg Thiel. Der WDR stellt die Vollstreckung ein, ohne freilich auf seine Forderungen generell zu verzichten. Anzahl der Vollstreckungsgesuche: minus eins. Und das dürfte kein Einzelfall sein. Angesichts der gar nicht so seltenen Weigerung der Bürger, „brav“ ihren Rundfunkbeitrag zu zahlen, dürfte das die neue Methode sein, die Schule machen wird. Erst bestrafen sie dich, dann ignorieren sie dich und dann gewinnst du. Denn während die FAZ noch verächtlich die Nase rümpft und von „populistische Forderungen für eine weitgehende Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks machen die Runde“ spricht, würde ich diesen Trend nicht populistisch nennen, sondern populär.

Die britische BBC wird langsam aber kontinuierlich abgewickelt und wird sich künftig über ein Abo-Modell ernähren müssen. Auch in Deutschland wird sich die Zwangsgebühr auf Dauer nicht halten, weshalb man in der Tagesschau schon mal mit dem französischen Weg kokettiert: 

„Dabei gäbe es durchaus auch Argumente für ein solche Finanzierung: Beispielsweise könne so eine gewisse Belastungsgerechtigkeit hergestellt werden. Denn der Beitrag ist momentan nicht an das Einkommen gekoppelt, alle Haushalte zahlen gleich viel.“

Da ist nichts mehr zu hören von Demokratieabgabe und Beitragsgerechtigkeit, die gern zur Verteidigung des Rundfunkbeitrags angeführt werden. Es ist den Sendern nämlich ziemlich egal, woher die Gelder für ihren Pensionsfonds mit angeschlossener Sendeanstalt kommt, solange sie nur regelmäßig, reichlich und leistungsunabhängig fließen. Steuern statt Gebühren? Der ARD gefällt das.

Die üppigen Jahresgehälter einer ganzen Schar von Intendanten

Dem Beitragszahler gefällt es hingegen schon lange nicht mehr, die üppigen Jahresgehälter einer ganzen Schar von Intendanten zu zahlen oder für die unbestellte und unwillkommene politische Erziehung aufzukommen, die als schwer verdauliche Sättigungsbeilage allem beigemischt ist. Von woken Ablegern wie dem Fäkalakrobatik-Format „Funk“ ganz zu schweigen. „Bitte, kann man ja machen. Aber warum muss ich für diesen Mist bezahlen?“ fragen sich immer mehr Menschen in Deutschland. Den Franzosen sind 3 Milliarden im Jahr zu viel, unwahrscheinlich, dass sich die deutschen Gebührenzahler achteinhalb Milliarden (im Jahr 2022 kommen wir näher an die Neun heran) auf Dauer gefallen lassen.

Mit dem Slogan „No taxation without representation“ landeten 1773 drei Schiffsladungen Tee im Hafenbecken von Boston. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat in Deutschland ein vergleichbares Repräsentationsproblem, weite Teile der Bevölkerung finden ihre Interessen in ARD und ZDF längst nicht mehr angemessen repräsentiert. Kaum jemand, der nicht der Meinung ist, es müsse sich grundsätzlich etwas ändern an der Art der Finanzierung dieser großen und ineffizienten Senderfamilie.

Die Pflicht zur Zahlung existiert noch, aber wir werden erleben, dass sich das Gesetz immer weniger wird durchsetzen lassen. Schon deshalb, weil die Kosten der Rechtsdurchsetzung immer weiter steigen. Und genau hier liegt das Problem. Gesetze, wenn sie gut und gut gemacht sind, sind Kultur und Sitte nachgelagert, so dass ihre Anwendung in der Praxis kaum des Zwangs bedarf. Recht, das mit Gewalt oder zumindest deren Androhung durchgesetzt werden muss, treibt die sozialen Kosten so in die Höhe, dass es letztlich undurchsetzbar wird. Diesen Weg gehen ARD und ZDF. Wir sollten sie nicht aufhalten.

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A.Kaltenhauser / 18.06.2022

8,42 Milliarden Euro im Jahr bedeuten fast 1 Million pro Stunde! Die (Zwangs-)Beitragsabgabe wird auch nicht als Steuer (an)erkannt, sondern als sog. Vorzugslast. Solche sind aber Kausalabgaben, die einen wirtschaftlichen Sondervorteil erzeugen sollen (Strassenbau/Kanalisation). Vorin dieser “Mehrwert” beim ÖRR bestehen soll erschließt sich mir nicht.

rolf schwarz / 18.06.2022

Die Milliarden an Zwangsgebühren sind Peanuts gegenüber dem unschätzbaren Schaden den diese Institutionen durch ihr totales Versagen verursachen. Wie soll man auch die aktive Teilnahme an der Hinrichtung einer Demokratie materiell bewerten?

Klaus jürgen Bremm / 18.06.2022

Nur mal etwas gegen den Strom. Man braucht ja als Zwangsgebührenzahler nicht die Tagesschau oder Erziehungsdokus zu schauen. Das würde mich auch ekeln. Aber auf den Mediatheken der Sender finden sich regelmäßig hervorragende Serien: Tod von Freunden, Sloborn, die Toten von Marnow , Euer Ehren, Honigmädchen und so weiter. Ob ich mir nun für 18 Euro eine DVD hole oder im Monat 18 Euro und irgendwas an die gute alte GEZ abdrücke. Es gibt tatsächlich einen Gegenwert und das sollte man fairerweise nicht unter den Tisch fallen lassen.

Gerhard Doerin / 18.06.2022

Nennt es wie ihr wollt es ist Unrecht. Das solidar Prinzip kann doch eigentlich nur für anderes gelten, aber nicht für Fernsehprogramme. Ich schaue kein Fernsehen und bezahle bereits genug in andere Töpfe. Sollen sie doch die Leute wenigstens in Ruhe lassen die das nicht schauen. Oder aber ein neues 100 Milliarden Sondervermögen auflegen mit dem Oberbegriff ” Weapons in the time”. PS: selbst mein Einkaufsverhalten habe ich so angelegt dass ich nie zur vollen Stunde im Markt anwesend bin, so vermeide ich es Zwangsnachrichten über mich ergehen zu lassen.

Hans Kloss / 18.06.2022

Schon wäre es. Wenn jemand arbeitet, der wird schon zahlen irgendwie. Mindestens wird so einer wie ich ein Spiel mit Bürokratie führen. Jedes Schriftstück muss abgeheftet und beantwortet werden. Ich hasse es. Die Herrscher erlauben aber keinen Hass. Das ist ja Nazi. Meine Nachbarn und Familie verstehen gar nicht warum ich mich so über diesen Zwang aufrege. Ich glaube auch nicht dass man in Deutschland das abschaffen wird. Eher wird das als Steuer gestaltet und von Einkommen abhängig gemacht.

Marco Schulz / 18.06.2022

Übrigens - ausgerechnet jetzt, wo es um Krieg und Frieden geht, hat sich das BVerfGE, nach vielen Jahren, dem Gang durch die Instanzen - um die Vorlage zu ermöglichen, der Entscheidung entzogen, ob Mensch aus Gewissensgründen die Zahlung des sogenannten Rundfunkbeitrages verweigern kann, Härtefallregelung. Die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 652/19 wurde “nicht zur Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht angenommen”, Entscheidung vom 07.02.2022 Das durfte nicht sein. // Mir ist so manche Protestbewegung suspekt. Ich denke die Gegenseite hat da teilweise die Finger drin, wenn etwa empfohlen wird, auf die Mahnung hin zu zahlen. Nur wenn sie den Gerichtsvollzieher schicken müssen, tut es weh. Bis dahin ist alles automatisiert. Ich habe den Überblick verloren, ich glaub ich bin vor der 5. Ladung oder so… // Die galoppierende Inflation macht nunmehr eine neue Finanzierung notwendig, die Erhöhungen zur Anpassung sind nicht vermittelbar. // Der Rundfunk wurde der Gestaltung des Gesetzgebers entzogen, durch Rechtsprechung oben genannten Gerichts. Man wird es aber schon drehen, es ist sicherlich alles längst geplant.

dina weis / 18.06.2022

“Bestrafe einen, erziehen hundert, wusste schon Mao”, darum geht es auch bei anderen Sachen , wenn VIELE sich weigerten, dann verlieren sie die Macht. Mittlerweile ist es eine Zumutung was im TV geboten wird, aber scheinbar spiegelt es genau das Niveau der Bevölkerung. Für diesen Mist will man auch noch so viel Geld. Bei “Leuchtturm ARD” schauen wie es geht.

Klaus Meyer / 18.06.2022

Ich habe für diesen Mist noch nie gezahlt und ich werde für diesen Mist auch nie zahlen. Das Schlimme ist jedoch, daß unsere Staatspropaganda-Schleudern immer noch viel zu vielen Bürgern das Gehirn waschen und blank polieren können. Es bleibt leider immer etwas von den bewußt gestreuten und dauernd wiederholten Lügen in den Gehirnen hängen.

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