Gastautor / 13.04.2024 / 06:00 / Foto: Pixabay / 56 / Seite ausdrucken

Phobiker, nichts als Phobiker!

Von Wolfgang Sofsky.

Wer die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung kritisiert, wird als Phobiker abgestempelt. So werden Verbotszonen errichtet und die Grenzen des Sagbaren festgesteckt.

Zu den aktuellen Techniken der politischen und sozialen Ächtung gehört die Stigmatisierung als „phobisch“ oder „feindlich“. Wer an der Tatsache festhält, dass es biologisch lediglich zwei Geschlechter gibt, es aber mancherlei sexuelle Orientierungen und Desorientierungen gibt, gilt als „trans“- oder „queerphob“. Wer andere, ihm unbekannte oder fremde Personen nicht als seine Freunde betrachtet und seine Feinde sogar als Feinde erkennt, gilt als „xenophob“. Wer Anhänger Allahs für leichtgläubig oder bigott hält und die Millionen radikaler Muslime weltweit nicht zu seinen besten Freunden zählt, gilt als „islamophob“.

Wer die miserablen Zustände in einigen Ländern des Südens auch nach vielen Jahrzehnten nicht für das Ergebnis des europäischen Imperialismus hält, gilt als „Spätkolonialist“ oder „Rassist“. Wer nicht alle Flüchtlinge dieser Welt im eigenen Land aufzunehmen wünscht, gilt gleichfalls als xenophob, rassistisch oder „unmenschlich“. Wer etliche Subjekte, welche zurzeit die Straßen, Plätze, Bühnen und Bildschirme bevölkern, nicht für die klügsten Exemplare der Tierart Mensch hält, gilt generell als „menschenverachtend“.

Die Diskreditierung benutzt stets dieselbe Methode: Sie stigmatisiert denjenigen, der nicht der eigenen Meinung oder Gesinnung folgt, als psychisch, moralisch oder politisch krank. Er ist ein Extremist, ein Faschist, ein Nazi (was im Übrigen nicht dasselbe ist), jedenfalls ein Feind der Demokratie. Nur wer der eigenen Gesinnung entspricht – und die eigene Partei wählt, ist ein wahrer Demokrat. Alle anderen sind es nicht. Sie gehören beobachtet, notiert, geächtet, eingesperrt.

„Phobie“ als politisches und soziales Stigma

Der Vorwurf der Phobie entspringt vollständiger Ahnungslosigkeit. Phobien sind bekanntlich unbegründete und unberechtigte Ängste vor bestimmten Objekten oder Situationen. Dies können offene oder geschlossene Räume, weite Flächen oder steile Abgründe sein, es können Plätze, Brücken, Gassen, Flugzeuge oder Eisenbahnen, leere Orte oder dichte Menschenansammlungen sein, Tiere aller Art, seien es Schlangen, Spinnen, Käfer oder Eichhörnchen. Phobien können einer Konditionierung entspringen, einem einmaligen Trauma oder einer unbewussten Verschiebung des Angstobjekts. Sie können limitiert sein oder die Seele überschwemmen und das Leben massiv einschränken. Im besten Falle tut die Zuschreibung einer Phobie nur so, als fürchte der Betreffende eine völlig harmlose Sache.

Abgesehen davon, dass sich unter Fremden auch Feinde oder Kriminelle befinden, unter Muslimen auch Islamisten, unter sexuell Desorientierten auch Pädophile oder sadistische Gewalttäter. Doch in Wahrheit dient der pseudoklinische Begriff der „Phobie“ als politisches und soziales Stigma. Es soll den Betreffenden als unzurechnungsfähig, idiotisch, bösartig, hass- und hetzerfüllt an den Pranger stellen und für die allgemeine Empörung und Verfolgung freigeben.     

Es ist nicht überraschend, dass bei der Ächtung und Verfolgung psychiatrische Zuschreibungen eine wichtige Rolle spielen. Abweichende Meinungen als Ausgeburt des Wahnsinns zu klassifizieren und unliebsame Dissidenten in psychiatrische Anstalten wegzusperren, war schon immer eine bevorzugte Taktik totalitärer Repression. So errichtet man Verbotszonen, eliminiert das freie Denken und erzeugt einen Zwangskonsens, der alles überdeckt, vor allem aber die gefährliche Illusion der Harmonie nährt. Diese Illusion kann nämlich ziemlich rabiat werden. Nur der geringste „Misston“ ruiniert die Fantasie des heiligen Gleichklangs. Er ruft sofort Entrüstung, Wut, ja Hass hervor.

Indoktrination

Es ist nicht nur so, dass die politische Herrschaftsform der Demokratie hier mit der sozialen, emotionalen und habituellen Gleichförmigkeit gestützt werden soll. Vielmehr soll das Regime einer Minderheit durchgesetzt werden. Dadurch verwandelt sich die Demokratie in eine Gesinnungsdiktatur. Ihr größter Vorteil, die Schurken gewaltlos durch Wahlen wieder loswerden zu können, ist dahin. Gesittung und Seele werden Gegenstände der Überwachung, Moral zu einer Waffe der Macht.

Nicht umsonst sind die staatlich verfassten Erziehungsanstalten Schwerpunkte der Indoktrination. Dies liegt keineswegs nur an der Verwechslung von Wahrheit und Rechthaberei. Von der Kita bis zur Akademie reicht das Feld der ideologischen Macht. Wie auch sonst geht es in den Systemen der Kultur um Posten, Pfründe und Pensionen, um Geld und Macht. Zuletzt will man alle Einrichtungen zu moralisch-politischen „Erziehungsanstalten“ umwandeln: das Theater, die Sprache, die Musik, die bildenden Künste, den Film, den Sport, die Show, die Vereine, Redaktionen, Behörden, Parteien und Parlamente.

Wie einstmals die Kleriker der Kirche in alle gesellschaftlichen Bereiche einzudringen suchten, um das christliche Weltbild mit leeren Versprechen, Drohung, Zwang oder Gewalt durchzusetzen, so sind gegenwärtig unzählige staatliche, parastaatliche und private selbsternannte Aufpasser am Werke. Höchste Zeit, sie alle in ihre Schranken zu weisen und den Trägern, Zuträgern, Claqueuren und Duckmäusern der Diffamierung und Denunziation mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten.  

 

Wolfgang Sofsky ist ein deutscher SoziologeAutor und Essayist.

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Leserpost

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Irene Luh / 13.04.2024

@Lutz Liebzeit, die Nazis haben diese Methoden von den deutschen Sozialisten übernommen. Diese wiederum die Idee, anhand der atheistischen Wissenschaft die Gesellschaft umzuformen, nach deren erträumten Weltbild, von der französischen Kaderschmiede ENA. Dort war ein gewisser Saint-Simon, der die moderne Idee der mehrjährigen Planung (vgl. Planwirtschaft) mit in die Welt setzen half. Dieser Saint-Simon soll folgendes gesagt haben, Zitat: “[...] The first of modern planners, Saint-Simon, predicted that those who did not obey his proposed planning boards would be ‘treated as cattle’. [...]” ++ Sinng. Übersetzung: Saint-Simon, einer der ersten modernen Planer, sagte voraus, dass diejenigen, die dem [/seinem] Plan [und Vorstand] nicht gehorchen wollten, behandelt würden wie Rindviecher [Vieh, usw.]. ++ Man ist sich also im Rassimus treu geblieben, diese verdammten Sozis. Und hielt später millionenfach Wort. Die Leichenberge waren dann der Beweis. ++ Es ist immer von Vorteil, zu wissen, woher bestimmte bösartige Ideen wirklich stammen. Für “Rindviecher” ist immer die Schlachtbank vorgesehen. Fast immer.

A. Ostrovsky / 13.04.2024

@A. Ostrovsky : >>Ein Volk, das unfähig ist, einen offensichtlich gestörten Minister aus dem Amt zu bekommen - äh, einen? Ganz viele! - hat nicht Angst, es ist verrückt, moralisch degeneriert, zuspätrömisch-dekadent.<< ## Wenn man die Irren erst viel zu spät weg bekommt, nachdem sie eine irreparable Zerstörung gestiftet haben, ist es auch zu spät. Dann darf man wenigstens die elektronische Fußfessel nicht vergessen, wenn man schon vor öffentlichen Verhaftungen zurückschreckt. Das betrifft auch andere Länder. Die haben auch ihre Kandidat:Innen für den IGH.

Lutz Liebezeit / 13.04.2024

In seiner ersten Rede, im März 1933, vor den Rundfunkintendanten erklärte Goebbels, daß er den Rundfunk für das allerwichtigste “Massenbeeinflussungsinstrument” halte, “das es überhaupt gibt”. Bis 1933 war Hadamovsky Leiter des Reichsrundfunks im Ministerium. Er hatte mit dafür gesorgt, den Rundfunk in den Dienst der Gemeinschaftsbildung zu stellen. Nicht die am Volkshochschulideal orientierte Volksbildung war gefragt, sondern “Volkbildung”. Man wollte den “tieferen Sinn” hinter der bloßen Erscheinungswelt der Dinge offenbaren und diese “Metaphysik des Rundfunks” suchte nach grenzenlosem Ausdruck. So scheute sich Hadamovsky nicht, den Rundfunk nicht nur im “physikalisch-technischen”, sondern im geistigen Sinne “Sendung” zu nennen. Alles klar? Dasselbe Prinzip ist unter Merkel angewandt worden, auch die wollte ein Volk bilden, den Unions-Bürger. Goebbels nannte alle, die den neuen Entwürfen kritisch gegenüberstanden, “Miesmacher”. Gegen Schwurbler, Querdenker, Nazis, Leugner, Phobiker klingt der “Miesmacher” geradezu harmlos? Das Debattenniveau wird vom Bodensatz bestimmt, dem es ganz offensichtlich an Argumenten mangelt. Entweder läuft man weg, oder man läuft weg und wirft einen “Nazi” hinterher. / Mittlerweile sprechen wohl nur noch 10% der Anwesenden Deutsch. Daß sich darunter Aylanten befinden, ist eine glatte Lüge. Das sieht man schon an der Saturiertheit, mit der die ihre Bärte und Umhänge tragen, mit ihrer albernen Gebetskette herumfummeln und die Frauen sich freiwillig vollverschleiern.  Zudem finden hier regelmäßig Islamistentreffs oder Demos statt. Wurden die “politisch” in ihrem Heimatland verfolgt, oder wollte die Regierung die wegen fortgesetztem Aufruhrs und Terrorismus hinter Schloß und Riegel bringen?

Karl Napp / 13.04.2024

Horst Eberhard Richter soll einst gemeint haben, dass Neurotiker feine Sensoren dafür sind, wo in der Welt Unrecht geschieht. Möglicherweise werden heute woke und zeitangepasst „Neurotiker“ als „Phobiker” etikettiert.

Gerard Döring / 13.04.2024

Nun gut,ich will es euch sagen.Da die klugen Köpfe stets weniger werden und langsam aussterben,müssen die Frauen die dummen Männer nehmen.Es fällt Frauen naturbedingt nicht so einfach zwischen karismatischen Männern und Schürzenjägern zu unterscheiden,da Liebe sie blind macht.(Umgekehrt handeln Frauen in diesem einen Punkt, mit ihrem innewohnenden Egoismus, gnadenlos rationell.) Schaut euch doch nur um. Um das nun abzukürzen komme ich zu meiner Aussage: Wer als vernunftbegabter Mensch nicht spätestens im reiferen Alter verrückt geworden ist,der ist ein erfolgreicher Dummkopf und sollte sich,entsprechend des Laufes der Welt, eine junge Frau suchen,sofern ihm das finanziell möglich ist und keine Phobie ihm dagegen hilft.

Harry Bär / 13.04.2024

Auslassung eines Generalsekretärs der CDU gestern bei Welt, der enorme Druck unter dem der CDU Kandidat steht muss man ihm auch einige Momente der Ruhe gönnen. Es ist nicht zu fassen, Björn H. steht seit Monaten unter dem Beschuss des ÖRR und zeigt trotzdem Rückgrat dem pausenlose Dauerfeuer vom ÖRR standzuhalten. Als Lacher, da es ja auch schon anderen aufgefallen sein muss, Deutschland ist wohl das einzige, in der zivilisierten Welt, in dem man die Einwohner nicht gendern kann.

Lisa Deetz / 13.04.2024

Darf ich Menschen, die meinen, meine Wahrnehmung des Er-Lebens um mich herum sei falsch, als Realitätsphobiker bezeichnen?

Dieter Rose / 13.04.2024

“Wer unten was hängen hat, ist für mich ein Mann. Punktum.” Deswegen Umoperation vor Umbezeichnung. Punktum

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