Cora Stephan / 14.10.2019 / 12:00 / 36 / Seite ausdrucken

Die Türen schließen

Man rühme und lobe Türen, feste, solide, geschlossene Türen. Sie haben dafür gesorgt, dass ein Massaker in einer Synagoge in Halle an der Saale ausblieb. Sie schützten Gläubige, die Jom Kippur feierten, den heiligsten Tag des jüdischen Kalenders, vor der Mordlust eines Irrsinnigen, den offenbar nicht nur Hass auf Juden antrieb. Quälend lange Minuten mussten sie um ihr Leben fürchten, bis die Polizei kam. Eine vor der Synagoge zufällig vorbeikommende Frau sowie der Kunde einer Dönerbude aber mussten ihr Leben lassen. Ein Alptraum. Nein, die Wirklichkeit. 

Manch einem fehlen da die Worte, der politischen Klasse natürlich nicht. Trauer, Wut, Betroffenheit: Wir kennen die Floskeln, aber immerhin zeigte man Solidarität mit der jüdischen Gemeinde, selbst die sonst so zurückhaltende Bundeskanzlerin ließ sich blicken. Um die beiden Ermordeten aber trauerten zuerst die Betenden der Synagoge. 

Wie wäre es mit ein wenig mehr Zurückhaltung auf Politikerseite oder wenigstens eine Zeit der Besinnung vor der allfälligen „Einordnung“? Denn während ansonsten gern gewarnt wird vor „Instrumentalisierung“ eines „Einzelfalls“, ist man diesmal mit Generalverdacht und Ausdeuten der „geistigen Brandstifter“ schnell dabei. Gemeint ist, natürlich, der politische Gegner: die AfD. 

Prima, wenn man derart von eigenen Versäumnissen ablenken kann. Springer-Chef Matthias Döpfner nennt das „Verharmlosung“ und sogar „Systemversagen“: Wenn in Limburg ein „Allah“ rufender Mann einen LKW stiehlt und damit acht Menschen verletzt, sprechen Politiker von einem verwirrten Einzeltäter. Ein Syrer, der die Absperrung einer Synagoge überwindet und „Allahu Akbar“ ruft, während er ein Messer zieht, wird einen Tag später freigelassen. Was für ein Zeichen an Nachahmungstäter. Und als Kuwait Airways sich weigerte, jüdische Passagiere zu befördern, kam hierzulande niemand auf die Idee, der Airline die Lande- und Startgenehmigung zu verweigern. Wie war das noch mit der „besonderen deutschen Verantwortung“?

Unter dem Radar unserer Politiker

Auch jene „geistigen Brandstifter“, die mit antisemitischen Parolen durch Berlin ziehen, wie Palästinenser und Islamisten zum Al-Quds-Marsch am 1. Juni in Berlin, laufen offenbar unter dem Radar unserer Politiker, ebenso der importierte Antisemitismus vieler muslimischer Migranten, denen der Judenhass seit Kindesbeinen eingetrichtert worden ist. Da aber fragt niemand nach den gesellschaftlichen Ursachen oder den geistigen Brandstiftern oder dem ziemlich globalen Netzwerk, das diesen Antisemitismus stützt.

Völlig klar: Es gibt Antisemitismus in Deutschland, wie überall auf der Welt – ein Wunder, wenn es anders wäre. Es gibt ohne Zweifel Rechtsextremisten in Deutschland. Und es gibt Menschen, die ihren Wahn gewalttätig ausleben. Nach allem, was man über den Täter von Halle weiß, worüber er selbst in einer Art Manifest und per Video Auskunft gibt, handelt es sich um einen psychisch extrem derangierten Mann. Ist er nun der Beweis dafür, dass es „dunkel wird in Deutschland“, wie die „Welt“ titelte, ja, dass ganz Deutschland „in großer Gefahr“ ist? Muss man ihn als Teil einer rechtsextremistischen Verschwörung sehen, steht hinter ihm ein national agierendes Netzwerk? 

Ehrlich gesagt: Daran darf man zweifeln, wenn man sich das selbst gebastelte Waffenarsenal vor Augen führt. 

Doch wäre es nicht bequemer, wenn er Teil von etwas Größerem wäre? Denn ein rechtsextremes Netzwerk könnte man womöglich aufspüren und ausschalten, ein deutsches Netzwerk zumal brächte einen nicht in Konflikt mit den eigenen Idealen namens „bunt und vielfältig“. Das, so scheint mir, steckt hinter der Suche nach den „gesellschaftlichen Ursachen“: Man möchte den Hebel finden, mit dem man all diesen Schrecken verhindern kann. Doch das kann nicht gelingen – es sei denn, man setzt auf Gedankenpolizei und Überwachungsstaat.

Denn man wird kaum jemanden daran hindern können, seine Vorbilder bei anderen Wahnwitzigen zu suchen. Ebenso wenig kann man übrigens jemanden daran hindern, aus dem Koran die Aufforderung zu gewalttätigem Menschenhass herauszulesen. 

Was hilft? Keine Lichterketten, keine Demonstrationen und Betroffenheitsrituale. Manchmal solide Türen, noch solidere als die der Synagoge in Halle. Vor allem Polizeischutz und die Anwendung geltender Gesetze.

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Leserpost

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Hans Ludwig Jacoby / 14.10.2019

Danke für diese Betrachtungen. Und dann? Steinmeier und Seehofer legen Kränze an einer angeschossenen Tür ab (falscher Ort), der Rechtsradikalismus samt AfD wird bis ins Mark verdammt , Frau Merkel steht mit Frau Chebli (Palästinensischer Migrationshintergrund) in einer Berliner Synagoge (Halle ist nicht soo sehr weit entfernt), über die eigentlichen Opfer wird anfänglich so gut wie nichts berichtet, Limburg ist vergessen und Deutschland geht mal wieder schlafen.

Tobias Kramer / 14.10.2019

Solange die politische Heuchelei in diesem Land nicht aufhört und man sich doppelter Maßstäbe bedient, wird sich gar nichts ändern. Das subjektive und tatsächliche Sicherheitsempfinden der Menschen in diesem Land geht längst nicht mehr konform mit dem, was uns diese Politik ständig verkauft. Man kann nicht einerseits offensichtliche linke und teils auch importierte Gewalt verharmlosen und andererseits ein imaginäres Schreckgespenst malen. Das kaufen die Menschen niemandem mehr ab. Die haben gänzlich andere Erfahrungen. Das nennt man Realität.

Dr. Klaus Rocholl / 14.10.2019

Stimmt, Frau Stephan - solide Türen scheinen das einzige zu sein, das in diesem land noch hilft - vor allem gegen die Bretter, die die “Gutmeinenden” - vor allem “usere” Politiker vor den Köpfen haben!

elke popken / 14.10.2019

“Die Türen Schliessen” Da wir die Türen (grenzen) nicht schliessen, Schliessen wir immer mehr einzelbereiche in unserer Gesellschaft. Merkel und ihre Handlanger, die zum Eigenschutz geschlossene grenzen ablehnen, schaffen vielfältige dauerhafte grenzen in unserer deutschen gesellschaft :strassen- grenzen der clans, getrennte Stadtbezirke der muslimischen und deutschen bevoelkerung, private und Öffentliche multi-kulti- inklusionsschulen, Getrennte Rechtstaatlichkeit gegenüber der eigenen und der muslimischen Bevölkerung, Grenzen der Meinungsfreiheit und der sprache! Wenn man jetzt beobachtet, wie verzweifelt gegen das eigene Fehlverhalten (und die Bevölkerung)  gerudert wird, Die spd als reine lachnummer und dieser “sie kann es nicht” - Akk-merkelklon, die afd im Nacken, die sie nur noch durch verbot wegbekommen, ja, da bleibt die nackte Fratze der jaemmerlichkeit Zurück. Baustelle an baustelle, blinkende notfallknoepfe Überall. Hier kann akut nur noch Superman helfen. Dieses “so vertuschen und wegsehen” kann zur Eskalation in der Bevölkerung führen, der soziale Frieden ist jetzt schon dahin!

Wilhelm Rommel / 14.10.2019

Danke, verehrte Frau Stephan, für diesen hervorragenden Beitrag, dem nicht ein einziges Wort hinzuzufügen ist! W. Rommel

Hjalmar Kreutzer / 14.10.2019

Ich hege keinen Hass gegen Leute außerhalb meines Landes, meiner Stadt, meines Hauses, meiner Wohnung. Ich liebe meine Nächsten, meine Familie, meine Mitbürger, meine Landsleute „drinnen“ und möchte sie geschützt wissen. Deshalb haben Wohnungen und Häuser Türen und deshalb sollen Staaten Grenzen haben.

Emmanuel Precht / 14.10.2019

Was half den Leuten in Halle? ABSCHOTTUNG! Wohlan…

Andreas Rühl / 14.10.2019

Nun ist es ja nicht so, dass die AfD rein zufällig in den Fokus gerät. Klar gehts dabei auch um Bashing des politischen Gegners. Aber eben nicht ausschließlich. Ohne jeden Zweifel spielen Höcke und Gauland mit dem Feuer - und dies ganz bewusst, eine Protestpartei benutzt den Tabubruch, um sich zu profilieren. Halle her, Halle hin: Die AfD hat ein Problem mit Radikalen in den eigenen Reihen, das sie nicht lösen kann. Das sehen ja auch wohl Teile innerhalb der AfD so. Solche Taten wären Anlass genug für eine seriöse Partei, sich ihres völkischen Balasts zu entledigen. Solange dies nicht geschieht, wird man die AfD mit derartigen Taten in Verbindung bringen und dies auch durchaus mit Recht. Es gibt ohne Frage revanchistische Tendenzen und Parolen auch von Spitzenleuten der AfD. Revanchismus in Bezug auf den “Fliegenschiss” der Nazi-Zeit bedeutet eben auch - in letzter Konsequenz - den Holocaust als eine Art “Betriebsunfall” der deutschen Geschichte zu verharmlosen. Was denn sonst, bitte schön? Solange die AfD sich dieser Gestalten nicht entledigt, darf sie sich nicht wundern, der geistigen Brandstifterschaft bezichtigt zu werden, so falsch dies auch in dem konkreten Fall sein mag. Die AfD vergiftet das Klima in diesem Land nicht mehr, aber auch nicht weniger als all diejenigen, die, wie erneut ein ehemaligen Außenminister aus den Reihen der SPD, den politischen Gegner als “Pack” bezeichnen. Das Niveau der politischen Debatte ist kaum noch zu unterbieten und wohin dies auf Dauer führt, sehen wir in den USA. Den passiven Schutz für Synagogen zu verbessern, dürfte indes kurzfristig zielführend sein, immerhin hat er sich bewährt.

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