Cora Stephan / 25.03.2021 / 11:00 / Foto: Pixabay / 32 / Seite ausdrucken

Die Stimme der Provinz: Rettet die Stadt!

Ja, es gibt ihn, den Gegensatz zwischen Stadt und Land. Spannung. Gegensatz. Oft auch Feindschaft. Entfremdung, die wächst, je multikultureller das Leben wird. Es ist bekanntlich weit anstrengender, in einer „bunten, weltoffenen, vielfältigen“ Welt zu leben als in unserer bekanntlich furchtbar stieseligen und muffeligen Dorfidylle, wo wir alle, sofern eine Kneipe offen ist, am Stammtisch sitzen, den Humpen auf den Tisch knallen und mit erhitzten Gesichtern fremdenfeindliche Sprüche brüllen.

Kleiner Scherz. Tun wir natürlich nicht. Oder sind deshalb alle Kneipen derzeit zu? Man weiß es nicht.

Die Idylle ist keine, wissen wir ja. Man muss hier ja auch mit Menschen zusammenleben, die man vielleicht nicht so richtig mag. In einer Stadt ist zwar vieles unerträglich, aber es gibt mehr Platz zum Ausweichen. (Nicht immer genug, um den Kohorten radikaler Radfahrer ausweichen zu können.) Andererseits: Wer nur im eigenen städtischen Kiez haust, dem entgeht genau das, was er öffentlich verteidigt: die Begegnung mit dem, was fremd ist.

Apropos Radfahrer: die haben wir neuerdings, dank Corona, in aller Fülle. Vor Jahrzehnten waren höchstens ein paar Landfrauen mit geschulterter Harke auf schwankenden Drahteseln unterwegs, heute müssen die schon etwas älteren Frauen gar nicht mehr treten, dank E-Bike. Doch das Größte sind die Damen und Herren in den eng anliegenden bunten Klamotten, die mit elektrisch gepowerter Mordsgeschwindigkeit vorbeiflitzen, Kinder, Katzen und Hühner gefährdend, was die Dorfgeräusche um einen ganz neuen Sound ergänzt, der fast an das Dieseln eines Traktors heranlangt. Es gibt also immer mal was Neues hier in der stieseligen Provinz.

Ich will die Stadt zurück

Wo war ich stehengeblieben?

Ach so: wir hier bei der Stimme der Provinz sind natürlich vorbildlich tolerant, doch wir neigen dazu, das Dörfliche zu verteidigen gegen allerhand Mutmaßungen, wie sie auch hier in diesem durchaus hörenswerten Gespräch angestellt werden – dass auf dem Dorf rechtsradikal zusammengehockt wird, also zumindest im Osten, also in Dunkeldeutschland. Nun, ich kenne diese Orte nicht und neige nicht zum Diffamieren ganzer Landstriche. Weshalb ich auch nichts gegen die Stadt an und für sich habe.

Ganz im Gegenteil: Seit diesem himmelschreienden Wahnsinn, in den uns eine unfähige Regierung tiefer und tiefer hineintreibt, entwickele ich wieder Sehnsucht nach der Stadt, (fast) egal welcher, es darf selbst Frankfurt am Main sein. Ich würde mich sogar wieder freudig durchs Gedränge schieben, plappernden Frauen ausweichen und bei Rüpeln zurückrüpeln. Ich möchte Haushaltswarengeschäfte oder Edelboutiquen oder das legendäre Frankfurter Kurzwarenfachgeschäft Wächtersbacher durchstöbern (Doch! Das ist sehr interessant, selbst wenn man sich, so wie ich, nicht aufs Handarbeiten und Nähen versteht!).

Mir die beste Fleischwurst in der Markthalle reinziehen oder in der Fressgass draußen am Stehtisch Frikadellen mit Kartoffelsalat essen. Und mich ganz zum Schluss mit Freunden in der schönsten Äbbelwoikneipe der Stadt treffen und den überfälligen Aufstand planen. Und danach selig lächelnd wieder auf dem Dorf eintreffen, wie nach einem Abenteuerurlaub, den man ja auch nicht alle Tage haben will.

Die Stadt braucht die Provinz – aber wir brauchen auch die Stadt, allein ihres rebellischen Potenzials wegen. Ich wiederhole mich, ich weiß, aber das ist eine der besonderen Tücken dieser Panikpandemie: Wo soll sich das Volk noch zusammenrotten und sich gegen die Regierung verschwören, wenn in den Gaststätten selbst die Hinterzimmer geschlossen bleiben? Doch vor allem: Was wird noch übrig sein von der Stadt, wenn sie endlich wieder aufatmen darf? Nicht, dass es mich sonderlich stört, wenn die Klamottenläden mit den immer gleichen Plünnen schließen. Oder die Kaufhäuser, die sind schon lange am Ende.

Doch es geht ja nicht nur der Landwirtschaft an den Kragen, auch am Städtesterben wird fleißig gearbeitet. Bürgerliche Öffentlichkeit blutet aus, Geselligkeit wird im Keim erstickt, und Orte des geistigen Austauschs wie die Universitäten haben sich bereits selbst gecancelt.

Ich will die Stadt zurück. Ganz und gar aus Eigennutz. Schon, damit die Städter auch dort bleiben wollen.

Foto: Pixabay

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A. Ostrovsky / 25.03.2021

@Sabine Heinrich: “Aber - wie ist es heute?”. Heute muss der schon länger Lebende auf Meinsstadt.de nachschauen, ob man ihm dort das Gestammel der Politiker in menschliche Sprache übersetzt. Falls nicht, ist er am Ende, dann darf er nur noch bis zum Fenster oder bis in die Mitte des Balkons, bis 22 Uhr selbstverständlich nur. Der Untergang der USA beschleunigte sich, als sie einen Schauspieler zum Präsidenten gewählt hatten. Bei uns in Bayern ist der Untergang seit dem Schmierenkomödianten nicht mehr aufzuhalten. Aber zum Glück hat ja Deutschland noch eine Füsickerin im Amt und einen Uhu im Schloss, so wie die Queen die Raben oben im Tower hat. Wehe, wenn die ausfliegen. Wehe uns, wenn die Füsickerin abdankt. Dann erkennen wir das ganze Ausmaß.

A. Ostrovsky / 25.03.2021

Wenn man den Städtern den Strom abstellt, funktioniert die Toilettenspülung nicht mehr. Begriffen? Wisst Ihr eigentlich, wie das stinkt`? Auch der kleine Lüfter im fensterlosen Bad wird schweigen.

H.Milde / 25.03.2021

Sehr geehrte Frau Stephan. Ich komme gerade aus meiner Heimatstadt Frankfurt/M zurück. Ich kann leider nur noch sagen:  vade retro! Möglicherweise/wahrscheinlich wird RRG die MAcht übernehmen zu einem Berlin 2.0 Sozialexperiment, sieht man ua. ad Verwahrlosung, anstieg der Droeg-Kriminalität, massenweise Geschäftsaufgaben und Leerstände, dafür eine progrediente hemmende “Verkehrspolitik”, zB extrabreite rote, aber bei Nässe sehr rutschige Fahradspuren, die Handel und Wandel der ehem. Messestadt zusehmend zusetzen, genauso wie es AWO-Peter schon md IAA gemacht hat. Übrigens die berühmte “Grüne Soße”, die Vitaminbombe schlechthin im Frühjahr!!!!  -> Rezepte, ua. von Aja Textor-Goethe! - ist in Ffm bei gleichgeblieben Preisen dtl. volumen-und gewichtsreduziert, mindestens -30%!. Gleiches wird wohl mit der Gref-Völsing, dem Musiker, Äppler Leckereien geschehen?

Fred Burig / 25.03.2021

Es liegt wahrscheinlich in der Natur vieler Menschen, immer auf das zu schauen, was der andere gerade hat. Oft entsteht daraus Unzufriedenheit. Vielleicht sollte man sich deshalb öfter mal an das “Märchen vom Fischer und seiner Frau” erinnern und schauen, ob’s dann besser wird. Da fällt mir doch plötzlich auf, dass gewisse “Rollen” häufig besetzt waren…... böse Hexe, böse Fischersfrau, Bundeskanzlerin, ehem. SPD-Chef*in, Verteidigungsminister*innen, Präsidentin der EU- Kommission, Präsidentin der EU Zentralbank, u.s.w.. Trotzdem soll die Frauenquote noch nicht erreicht sein ? Das sieht aber schon sehr nach Matriarchat aus! MfG

Claudius Pappe / 25.03.2021

Bin gerade mal durch die City meiner 50 000 er Stadt gefahren. Die Kopftücher und Bärte sind nicht zu übersehen. Nein Danke, Bei Lidl und Aldi konnte ich das slawische Sprachgewirr nicht von arabischen und afrikanischen Lauten unterscheiden-bei Rewe hier im Vorort-da spricht man deutsch und man sieht auch so aus. Fürchte meine deutsche Exklave ( Migru Anteil unter 0,1 % ) wird bald erobert werden.

wolf Tembourgk / 25.03.2021

Liebe Fr.Stephan Mich wuerde interessieren in welchem ruralem Raum sie leben.Ich lebe seit 35 Jahren in der allerweltabgeschiedesten Pampa in Frankreich mit ein bis zweimal im Jahr 3 Tagen Abenteuerurlaub in Frankfurt. ich kann nur konstatieren dass die Menschen in meinem Umfeld vom alteingesessenen Bauer bis zum Permakultur betreibenden Neohippie wesentlich kritischer, rebellischen,freiheitsliebender,mental staerker sind als der angepasste Frankfurter Bürger, sei er grün, rot oder sonst irgendwas,

Sabine Heinrich / 25.03.2021

Liebe Frau Stephan, Sie haben das kunstvoll ausgedrückt, was ich in die Welt hinausschreien möchte: “Ich will mein Leben zurück - egal wo! Stadt - Dorf - alle sollen bitte wieder leben!!! “ Ich frage: Lebt es sich in dieser Zeit, wo nahezu alle menschlichen Kontakte von einer sadistischen - pardon - fürsorglichen Politikerin mit Hilfe ihrer schleimspurrutschenden Höflinge unterbunden werden, nahezu jedes kulturelle Leben verboten wird - nicht vielleicht auf dem Dorf besser als in der Stadt, wo die Polizei schnell vor Ort sein kann, um rodelnde Kinder von der Piste/Schlittschuhläufer vom Eis zu holen; neidische (worauf auch immer) Denunzianten dafür sorgen, dass der Frisör, der verzagten Frauen die nötige Portion Farbe verpasst, damit sie sich besser fühlen, eine gepfefferte Anzeige bekommt? Wo sich vielleicht doch noch nicht nur in einem Hinterzimmer mit abgedunkelten Fensterscheiben wie zu Zeiten der Bombennächte mehr Menschen aus verschiedenen Haushalten zusammenfinden, um fröhlich zu feiern? Das ist eine echte Frage, weil ich nicht (mehr) weiß, wie die Mehrheit der Dorfbewohner heutzutage tickt, da die Gehirnwäsche durch die Medien noch den letzten einsamen Eremiten im Dithmarscher vogel-/insektenschreddernden Windmühlenwald mit seinen Betonwurzelklumpfüßen erreicht. Früher - vor einer Ewigkeit - hatte ich als damalige “Dorfpflanze” immer das Gefühl, dass sich die Eingeborenen - pardon - die “Schon-länger- dort- Lebenden” so weit es möglich war - einen feuchten Kehricht darum scherten, was z.B. in der Weltstadt Kiel, geschweige denn, in der Metropole Bonn beschlossen wurde. Aber - wie ist es heute?

A. Ostrovsky / 25.03.2021

Hier wird die These aufgestellt, Frankfurt wäre eine Stadt ... Frankfurt ist der Gegenbeweis zu der Behauptung, dass Geld nicht stinkt. Nein, liebe Wahl-Hessen*Innen, der Städter will schon länger nicht dort bleiben, wo er schläft, es treibt ihn hinaus, selbst wenn er den halben Vormittag im Stau auf der Autobahn zubringen muss, nächste Woche drängt es ihn wieder. Und Stadt ist nicht das selbe wie Stadt. Kleinstadt ist klein und Großstadt ist groß und so ist auch das Denken der Leute. Aber es gibt keine 1:1-Zuordnung. Wenn die Kleinstadt am Rande der Großen Stadt liegt, denken die Kleinstädter nochmal größer als die Großstädter. Und bei denen ist es schon oft zu groß. Wenn man ihnen den Strom abstellt, werden sie alle verhungern. Sie haben dann kein Wasser, kein Benzin, kein Licht, keine S- und U-Bahn, kein Radio und kein Internet und wenn nicht ein mitleidiger Bauer aus dem Umland auf einen der Vorstadt-Märkte gefahren kommt, haben sie noch nicht einmal Brot oder Gurken, keine Butter und kein Mineralwasser, denn die Türen vom Rewe oder Aldi gehen nur elektrisch auf, die Kassiererinnen kommen entweder aus der Türkei oder wenigstens mit dem Zug aus Garmisch und niemand kann das verstehen, warum sie sich das antun. Da gibt es Versicherungen gegen Hagelschaden und Meteoriten-Fall, aber wenn der Strom ausfällt, schauen die allen nur blöd, wie die Kühe auf dem Bio-Bauernhof. Niemand garantiert dem Städter den Strom, er begreift es nur nicht. Die ganze städtische Kultur ist nicht deutsch, nicht multibunt, sondern elektrisch! Da sitzen die mit Maske zitternd zu Hause, weil im Altersheim eine Omi mit Corona verstorben sein soll, am Schliersee (...), aber gegen die wirklichen Gefahren sind sie hilflos. Und Frankfurt die Stadt von Geld, Schecks und Versicherungen, hat noch nicht einmal die Versicherung gegen Stromausfall erfunden, an der man das Handy laden kann. Was will man auch mit einem geladenen Handy, wenn das Netz down ist. Die Stadt ist labil, vor dem Kippen.

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