Cora Stephan / 18.02.2021 / 10:00 / Foto: Goldlocki / 34 / Seite ausdrucken

Die Stimme der Provinz: Natur oder Kultur?

Wisset: Mutter Natur ist gut!

Wer sich gegen sie vergeht, den straft sie – etwa mit einem besonders ekligen Virus. Also bitte! Die Natur rächt sich und schlägt zurück, wenn der Mensch ihr etwas antut. Das ist das Basiswissen aller gut und recht denkenden Menschen unschuldigen Gemüts, die ihre Lebensmittel gern genfrei hätten. Wir haben uns Covid-19 verdient mit unserer menschlichen Hybris. Manch einer hätte der Menschheit sogar eine ordentliche Pest an den Hals gewünscht, so als natürliche Regelung der Überbevölkerung.

Jetzt bitte nicht überlegen lächeln! Das lernen sie doch schon im Kindergarten, dass „genmanipuliert“ den feigen Eingriff finsterer Frankensteins bedeutet. Nichts als Natur soll in unseren Lebensmitteln sein!

Der reine Naturzustand ist allerdings schwer herzustellen, es sei denn, man stellt sich wieder auf ein Leben als Sammler und Jäger ein. Landwirtschaft manipuliert seit Jahrtausenden – vom Urkorn bis zum heutigen Weizen ist ein weiter Weg der Zuchterfolge. Haus- und Nutztiere würden in der mütterlichen Natur schlicht zugrundegehen. Zurück zur Natur heißt auf in den Limbus.

Borkenkäfer sind nur im Kindergarten lieb und putzig

Ich weiß, ich weiß, das muss man Achgut.com-Lesern nicht groß erklären, die vom Dengeln und Vorderladern mehr verstehen als ich. Außerhalb unserer Städte sucht man vergeblich nach „Natur“ in ihrer unberührten Form, und was nach Urwald aussieht, ist einfach nur ein unaufgeräumter Wald, sonst nichts. Und in dem herrscht nicht die uneingeschränkte Mutterliebe der Natur, sondern der Borkenkäfer.

Der ist nur im Kindergarten lieb und putzig. Im Nationalpark Harz fanden das augenscheinlich auch Erwachsene. Dort durfte Berti Borkenkäfer auf bunten Schildern „Ich schaffe Wildnis“ verkünden. Nach geharnischten Protesten verzichtet man auf die Werbung mit ihm – er könne „Gefühle verletzen“. Schlimm! Doch bis es soweit kommt, verletzt er Bäume, und zwar nicht nur die eh schon Geschwächten (die ja nicht an, sondern nur mit Berti verenden), sondern auch völlig gesunde Waldbestände. Was hülfe? Der Einsatz eines zugelassenen Pflanzenschutzmittels ... Armer Berti!

Ja, der Wald, immer ein schönes Objekt der Mythenbildung, insbesondere, was seine „Wildnis“ betrifft. Die hiesigen Wälder sind im Schnitt zwischen 120 und 150 Jahren alt, heute ist Deutschland weit waldreicher als noch im 19. Jahrhundert. Die Monokulturen der Nadelbäume sind jünger und haben sich als besonders anfällig für Wind und Dürre erwiesen. Die meisten Versuche, Wälder durch zugelassene Wildnis „naturnäher“ zu machen, haben sich als Flop erwiesen: nur der Borkenkäfer und andere Schädlinge freuten sich.

So schnell kann Naturschutz das Gegenteil bewirken

Dass an vermehrten und verheerenderen Waldbränden der Mensch schuld ist, stimmt allerdings auch wieder. Man kann auch schuldig werden, indem man etwas unterlässt: in Australien haben Wildnisfreunde dafür gesorgt, dass die alte Sitte der Aborigines, das Unterholz regelmäßig kontrolliert abzubrennen, aus der Mode kam. Der Verzicht auf die Weisheit der Vorfahren aber hat, wenn anhaltende Dürre dazukam, aus jedem Feuer eine flächendeckende Feuersbrunst gemacht.

So schnell kann Naturschutz das Gegenteil bewirken. Ab wann hat das Gutgemeinte eigentlich die Vorherrschaft über jahrhundertealte Erfahrung und menschliche Vernunft gewonnen?

Und seit wann ist die Landwirtschaft der Prügelknabe für alles, was grünerseits als ökologisch bedenklich gilt? Gewiss doch: man kann mit Kulturlandschaft erheblich schonenender umgehen als es im Zuge der Industrialisierung der Agrarwirtschaft geschehen ist. Die nachhaltigste Bodenverdichtung durch schweres Gerät auf großen Ackerflächen aber ist nicht der Landwirtschaft anzulasten. Den Leuchttürmen der Klimafreunde verdanken wir Bodenversiegelung in bislang unbekanntem Ausmaß.

Bei mir um die Ecke, am Rande Vogelsberg, gibt es kaum noch einen unverstellten Blick auf den Horizont, überall recken sich die Windmühlen wie mahnende Zeigefinger. Viele stehen mitten im Wald. Jede Mühle braucht ein Stahlbetonfundament, das bis zu dreieinhalbtausend Tonnen wiegen kann. Hinzu kommt das Gewicht des Turms, des Maschinenhauses und der Rotorblätter, zusammen etwa 3.500 Tonnen. Dafür und für den Zugangsweg muss der Boden nicht nur gerodet, sondern massiv verdichtet werden.

Was tut man nicht alles fürs Gute und Richtige!

Ein paar Haken hat die Sache bekanntlich. Die Lebenszeit der Mühlen ist weit geringer, als man gedacht hatte. Rückbaupflicht? Einschließlich der Fundamente? Wer’s glaubt. Und wir haben noch nicht über geschredderte Vögel geredet. Über Insektentod an den Rotorblättern. Darüber, dass sich Wild in der Nähe der Dinger nicht mehr blicken lässt. Über die Entsorgung der Rotorblätter. Oder gar über den Einfluss einer ganzen Windradrotte auf Windströmung, Bodenerwärmung und Dürre.

Doch bis wir darüber reden, reden wir lieber über die wahren Umweltschädlinge: die Bauern. Gut so?

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Fred Burig / 18.02.2021

Es liegt ” in der Natur der Natur” immer nach Gleichgewicht zu streben. Wenn das kleine Menschlein glaubt, ( sinngemäß der biblischen Aussage ) sich die “Erde untertan machen” zu müssen und dabei in seinem evolutionären Veränderungsdrang immer wieder in natürliche Prozess eingreift, ohne über ausreichendes Wissen zu verfügen, dann wird er an seine Grenzen stoßen. Besonders mit Dummheit und Verbohrtheit geschlagene grüne Öko-Terroristen leisten da nicht wirklich einen Beitrag zur “Abhilfe”. Ihre eigensinnig interpretierten Theorien zur menschengemachten Klimakatastrophe durch CO² Emissionen oder die notwendige Ablösung konventioneller Energieerzeugung durch “grünen Strom” sind realitätsfremd und führen auf einen “Holzweg”. Da bieten “zu viel Glauben und zu wenig Wissen” keine solide Grundlage. MfG

Jörg Themlitz / 18.02.2021

Danke. Wieder gern gelesen. So ist es nun mal. Der Städter kommt aufs Land und verklagt den Bauern, weil der Hahn 4.00 Uhr kräht, die Frösche quaken und die Kühe beim Austrieb auf die grüne Wiese, den Wanderweg zuscheißen. Bei uns haben die im “Urwald” Vogelhäuschen aufgehängt. Ich unterstelle mal aus sibirischem Lärchenholz vom Baumarkt. Okay. Der Fairness halber muss jetzt jemand die Sicht der Städter darlegen. Das Grundproblem kann aber nicht gelöst werden. Der Landmann denkt und handelt in und für Generationen. (Der immer mehr verschwindende Familienbetrieb in der Stadt auch.) Der Städter nicht! Er unterliegt, erliegt schnell wechselnden Modeerscheinungen. Der Landmann Bismarck hat schon vor 140 Jahren versucht, den überwiegenden Städtern im deutschen Reichstag, in diesem Fall auf das gesamte Deutschland bezogen, das zu verdeutlichen und zum Denken und zum Handeln in langfristigen Kategorien aufgefordert. In dem er die Weisheit an einem Forsthaus zitierte: “Wir ernten was andere gesät haben und säen was andere ernten werden.”

Peter Meyer / 18.02.2021

Die Studie über die Windradrotte wurde schon bei ScienceFiles rezipiert, aber die verlinkte Seite “agrarheute” ist noch viel zu sehr klimawandel- und CO2-gläubig, denn zB die mit dem Abbau der notwendigen seltenen Erden verbundenen Naturschädigung bleiben vollkommen unberücksichtigt. Selbst wenn man immer noch an das CO2-Märchen glaubt, kann ein WKA mit viel Glück [15 Jahre x 2.000 Betriebsstunden x 1,2 MW Peak; alles Durchschnittswerte] 36.000.000 kWh oder 36 GWh erzeugen. Der Bruttoeinspareffekt soll laut Windkraftlobby bei 10.000 t CO2 /Jahr liegen, also bei 150.000 t. Im Jahr 1990, also vor dem Windkraft- und Solarwahn, lag der CO2-Wert pro erzeugter kWh bei 764 gr, 36 GWh würden bei Null Eigenemission 27.504.000 kg oder 27.504 t einsparen, also weniger als 1/5 des Lobbywertes. Pro WKA werden aber jeweils mehrere hundert Kilo Neodym (186 kg pro MW Windstrom) und Dysprosium benötigt, die in China abgebaut werden. In einer Studie des Öko-Instituts e.V. zu Elektroautos werden ca. 660.000 t CO2-Aufwand für die Erzeugung von ca. 18.000 t Neodym zu Grunde gelegt, in unserem Fall fallen also rund 36t x 186 x 1,2 = 8.035 t CO2 alleine für das Neodym an. Da ist noch keine Tonne Beton drin, noch kein Verbundstoff-Flügel, kein Schwerlasttransport,... Ich bezweifele sehr stark, daß bei einer Vollkostenrechnung überhaupt eine CO2.Einsparung übrig bleibt. Ganz abgesehen von den vereisten Rotoren!

H. Krautner / 18.02.2021

Treffe ich beim Wandern auf eine junge oder auch nicht mehr so ganz junge Familie und höre dabei zufällig, welchen Unsinn die Eltern ihren Kindern über die Natur und die Landwirtschaft erzählen, dann bin jedes Mal wieder total entsetzt darüber, dass es so viel Dummheit unter meinen Mitmenschen gibt.    -  Insbesondere die Stadtmenschen haben ein total gestörtes Verhältnis zur Natur.    -    Ausgelöst wird dieses gestörte Verhältnis zur Natur dadurch, dass diese Menschen nicht mehr selber denken, sondern ihr Gehirn vollständig dem betreuten und geführtem Denken übergeben haben.  -  Die Jüngsten können nicht mehr selber denken, weil sie so etwas in der Schule nicht mehr beigebracht bekommen, die Älteren haben das selber denken abgegeben, weil das so viel bequemer ist.

T. Schneegaß / 18.02.2021

Bitte bleiben Sie poitisch und sprachlich korrekt, Frau Stephan. Es heißt Kindertagesstätte und Kindertagesstättenkinder.

Mathias Rudek / 18.02.2021

Der klare Blick mit reichhaltigem, traditionellem Vorwissen über unsere Natur bzw. Landwirtschaft begann mit dem Aufkommen der urbanen, landwirtschaftsfeindlichen Grünen und der politischen Übernahme durch die Links-Identitären. Diese herbeifabulierte Haltungs-Phalanx läßt inzwischen keine anderen Inhalte und kompetentes Wissen mehr zu, kein Papier paßt mehr dazwischen. Es bleibt nur die knallharte politische Auseinandersetzung, dieses Netzwerk an Inkompetenz aufzubrechen, um wieder fähige Entscheider hineinzubekommen. Aber über Jahrzehnte ist hier sehr viel Inkompetenz eingezogen, es wird eine lange Zeit brauchen diese Ställe wieder auszumisten.

Bernd Hoenig / 18.02.2021

“Wisset: Mutter Natur ist gut!” Ignorantentum vom Feinsten, das ist wohl neben ihrem Hang zu Führerfiguren, die vorgeben für ihre Interessen einzutreten, der Deutschen großes Manko. Zitat: “Der Illusion zur Errichtung idealer Gesellschaften neigen immer wieder mal labile oder besessene Geister in einer Krisensituation zu und derart Verblendete verstehen dann keinen Spaß mehr. Und bald kommt dann die Zeit, in der komödiantisch erscheinende Überhebungen in die Tragik der (Selbst-) Zerstörung münden. Sobald sich diese Leute nach einer persönlichen Offenbarung, oder auch psychischen Störung, in ihrer Weltanschauung festlegen, sind sie als bekehrte Ideologen geneigt, die Realität und den Rest der Welt um sich herum zu ignorieren [...] Westliche Illusionisten, die im Frieden aufwuchsen und die neben ihren Ambitionen zu besseren Positionen im Staatsdienst keinerlei ernsthafte Herausforderungen des Lebens mehr kennen, beweisen eine recht naive Ignoranz real bedrohlicher Szenarien, die ihre Vorfahren noch zu bewältigen hatten.”

Max Rieger / 18.02.2021

Von den Windrädern sind wir hier in Bayern noch längst nicht so betroffen wie andere Teile Deutschlands, bei mir im Landkreis Traunstein stehen bisher ganze fünf von den Dingern, seit mehr als 15 Jahren ist kein neues dazugekommen. Aber auch hier wird der politische Druck stärker, endlich die restriktive bayrische 10H-Abstandsregel zu streichen, um auch uns mit großflächigen Windparks zu beglücken und die einmalig schönen Landschaften des Alpenvorlandes zu verschandeln. Was in einem relativ windarmen Binnenland wie Bayern natürlich ein kompletter Blödsinn ist, kein Windrad würde sich rentieren ohne üppige Subventionen. Wälder naturnäher zu machen durch Verzicht auf forstwirtschaftliche Maßnahmen, das kann allerdings durchaus erfolgversprechend sein, da muss ich der geschätzten Cora Stephan etwas widersprechen. Im Nationalpark Bayrischer Wald hat man auf die Bekämpfung des Borkenkäfers verzichtet, in der Folge fielen die von Menschen gepflanzten Fichtenmonokulturen großflächig dem Borkenkäfer zum Opfer. In den 90er Jahren führte das zu heftigsten Auseinandersetzungen, es war ja auch wirklich ein trauriges Bild, quadratkilometerweise auf abgestorbene Waldflächen blicken zu müssen. Mittlerweile jedoch bildet sich dort durch Naturverjüngung ein artenreicher Mischwald, der wesentlich resistenter gegen Schädlingsbefall ist als die früheren Monokulturen.

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