Cora Stephan / 21.10.2021 / 12:00 / Foto: Pixabay / 28 / Seite ausdrucken

Die Stimme der Provinz: Berlin – eine toxische Beziehung

Was tun, wenn der Partner lügt und betrügt, sich nicht wäscht, seinen Mist überall rumliegen lässt, „Eigentum schändet“ sagt und einem das Fahrrad klaut, Gewalt prima findet, wenn sie „die richtigen“ trifft, also womöglich auch diejenige, die ihm seine stinkenden Socken wäscht? Genau. Man nennt derlei „toxische Beziehung“ und jeder Paartherapeut rät zur Trennung. 

Warum nur, warum, gilt das nicht auch für die toxische Beziehung zwischen der Verwaltung einer Stadt wie Berlin, der ihr ehemaliger Bürgermeister Klaus Wowereit „kollektive Verantwortungslosigkeit“ attestiert, und den Menschen, die hinter ihr her räumen müssen, fragt Don Alphonso, der Zeitgeistflaneur? 

Sind wir und speziell die Berliner Masochisten? Hilflose Frauen, die an der Beziehung festhalten, weil sie glauben, nichts Besseres verdient zu haben? Ängstliche, die sich ungern auf etwas Neues einlassen, an das Schlechte haben sie sich längst gewöhnt? Oder ewig darauf Hoffende, dass es diesmal, nur dieses eine Mal nicht ganz so schlimm kommt?

Doch siehe: es kam schlimmer. 

Und deshalb verspüren wir da draußen im Lande und an den Rundfunkgeräten den immer dringlicher werdenden Wunsch, Berlin von der Zugmaschine abzutrennen und solo ins Nirvana dümpeln zu lassen. Nehmt sie alle mit, die schon seit Jahrzehnten im Coronalockdown sind, wo sie die Büroklammern von einer Seite des Schreibtischs auf die andere schieben. Lasst sie von dannen ziehen, all jene, die bereits in der DDR gelernt haben, wie man demokratische Wahlen richtig interpretiert, damit sie auf geschätzte hundertprozentige Zustimmung hinauslaufen. Ohne Berlin kann man auch den nach der Stadt benannten Flughafen dicht machen, der noch immer nicht funktioniert, denn was soll man eine ins Nirvana abgedriftete Hauptstadt noch anfliegen? Wer weg will, nehme die Autobahn, solange das Benzin noch bezahlbar ist.

Wir möchten keine frustrierten Berliner beherbergen

Doch wohin? Wir, die wir gern da wohnen, wo Berlin nicht ist, raten aus reinem Eigennutz von massenhaftem Zuzug ab. Wir möchten keine frustrierten Berliner beherbergen. Andererseits wäre Deutschland ohne Berlin um ein paar Milliönchen wohlhabender, die wir gut gebrauchen könnten. Man weiß ja: Während Griechenland ohne Athen beinahe 20 Prozent seines BIP verlieren würde, täte Deutschland ohne die Hauptstadt 0,2 Prozent gewinnen

Bei uns wäre die Kohle gut angelegt. Wir hier in der Provinz sind immerhin Standort des Rückgrats der deutschen Wirtschaft – der mittelständischen Betriebe. Auch in meiner bescheidenen Ecke muss nicht jeder nach Frankfurt pendeln, wir haben selbst einiges zu bieten. 

Doch der Mittelstand klagt, dass der ländliche Raum vernachlässigt werde, obwohl sich dort die Mehrzahl seiner Arbeitsplätze befindet. „Die Lage im ländlichen Raum wird zunehmend zum Standortnachteil für Mittelstand und Familienunternehmen“, sagt der Präsident des BDI, Siegfried Russwurm. Dabei sei der industrielle Mittelstand ein „wesentlicher Erfolgsfaktor und gesellschaftlicher Stabilisator in ländlichen Räumen“. „Die Politik sollte die Großstadtbrille abnehmen und den ländlichen Raum attraktiver machen für Investitionen, Beschäftigung, Wohnen und Leben“, fordert Russwurm. „Notwendig ist ein Dreiklang aus flächendeckend modernsten Digital-, Bildungs- und Verkehrsinfrastrukturen, schnelleren Planungs- und Genehmigungsverfahren und weniger Bürokratie.“

Mehr muss man gar nicht fordern. Der Mann hat den Trend der Zeit erkannt. Doch bei uns baut nicht die Telekom das Glasfasernetz aus, sondern eine Firma aus Göttingen. Die ist flexibler.

Also Leinen los, Berlin. Fahr dahin, wo sich niemand an deinen Eigenheiten stört. Im Nirvana muss nichts funktionieren. Zünd dir einen Joint an und genieß das Nichtstun. Und ja, auch die Socken dürfen liegenbleiben. 

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Horst Jungsbluth / 21.10.2021

Ich habe mich damals gefreut, dass der Bundestag Berlin wieder zur Hauptstadt bestimmt hat, aber nicht etwa aus Lokalpatriotismus, sondern weil ich -sicherlich etwas naiv-. dachte, dass man dann die spätestens 1989 mit dem Start des SPD/AL-Senats durch Politik, Verwaltung, Justiz und Medien bewusst kreierten schlimmen Verwerfungen erkennen und bekämpfen wird. Ich habe mich getäuscht, denn diese werden in ihrer Entstehung und ihrem Verlauf bis heute nicht einmal wahrgenommen, wobei davon ausgegangen werden kann, dass nicht alle Politiker, leitende Beamte, Juristen oder Journalisten Vollblutidioten sind, sondern dass es sehr viel schlimmer ist. Wenn der ehemalige Partymeister von kollektiver Verantwortungslosigkeit faselt, dann sollte er sich an die eigene Nase fassen, hat er doch ausgerechnet die Partei, die im eigenen Staat außer zu Verbrechen zu nichts fähig war und die das damalige Westberlin militärisch überfallen wollte, um sich dortige Vermögen anzueignen, freuderstrahlend ins Koalitionsbett geholt hat. Und da bleiben sie nun ganz einfach, bis wieder einmal alles zerstört ist. Berlin ist verseucht und es ist genau da verseucht, wo auch das Deutsche Reich und die DDR verseucht waren: Ganz oben!

Reinmar von Bielau / 21.10.2021

Berlin könnte man mit Billionen von Euro zukleistern, die wären am nächsten Morgen einfach verschwunden, weg! Berlin ist ein korrupter Sumpf, “regiert” durch RotRotGrün. Ganze Parks sind rechtsfreie Zonen und im Zweifel holt man lieber noch zwei Sozialarbeiter mehr ins ohnehin volle Boot, anstatt der Polizei endlich mal wieder den Rücken zu stärken, beim Kampf gegen islamische Klankriminalität. Und das Schönste: die Wahl hat letztlich fast dieselbe Konstellation für den Bund ergeben. Um zum Shithole Europas zu werden gebe ich Deutschland noch maximal 3 Legislaturperioden.

Wolfgang Heinrich Scharff / 21.10.2021

Ich möchte wirklich nicht in Berlin wohnen, ja nicht einmal dort als Tourist ein Musical besuchen. Don Alphonso, für dessen Artikel ich gerne Geld bezahle, hat vor einigen Jahren die mutmaßlichen Dealer im Görlitzer Park fotografiert, heimlich, aus dem Auto heraus. Das finde ich mutig, da so die Welt erfährt, wie es da aussieht. Ich lebe gerne in der Provinz, da weiß ich, was ich habe. Für alles andere habe ich Internet und Seiten wie die “Achse”.

Frances Johnson / 21.10.2021

Sehr lustig, Frau Stephan. Nur wundert es mich, dass zwei plötzliche Adlati von AM aus Bayern kommen, einem ländlichen Bundesland in weiten Teilen. Don Alphonso beschreibt es regelmäßig gut genug im Raum Ingolstadt. Das wären Wendehals Seehofer, der wegen Kritik an der Corona-Politik einen Mitarbeiter entlassen hat und Wunschmilitär Söder, der uns Zügel anlegen will und wegen Kritik an derselben C-P mutmaßlich dafür verantwortlich ist, dass der Leiter eines Augsburger (?) Gesundheitsamts entlassen wurde, und der auch den gemäßigten Aiwanger absolut schwach angeredet hat. Somit ist klar: Was wir Bürger wünschen, ist irrelevant. Relevant war bisher, was AM über MS und HS oder auch schon vG wusste. Mehr war nicht relevant. Ein Land, über den Kopf der Bürger hinweg regiert von erpressbaren Seilschaften. Gut, vielleicht ist das auch ein Aluhut, aber weit weg liegt er nicht. Wichtiger ist im Moment, dass die drei AKW nicht abgeschaltet werden. Ich habe keinen Bock auf den teuren Atomstrom aus Frankreich.

Nikolaus Szczepanski / 21.10.2021

Berlin: Anus Germania. Der künstliche Notausgang am Rhein hat wenigstens noch funktioniert. Merke: Nicht die Heilung verkünden, bevor die OP gelungen.

Mathias Bieler / 21.10.2021

Sehr geehrte Frau Stephan, ihre ständigen “Liebesbezeugungen” gegenüber Berlin bzw. den Grossstädten generell langweilen mit der Zeit. Wenn sie sich morgens zu Gesprächen mit den Eichhörnchen am Waldesrand und Schmetterlingen auf Feld und Flur aufmachen, sind hunderttausende Pendler unterwegs in die Städte, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Handwerker der Provinz treibt es in die Städte wegen mangelnder Aufträge in Selbiger. Vielleicht liegt es u. a. daran, dass der Elektrikermeister der Firma A bei Bekannten und Verwandten die Leitungen am Wochenende für “ein kleines Geld” verlegt. Somit hat der Elektrikermeister der Firma B ein paar Dörfer weiter keine Chance, an einen Auftrag in der Provinz zu kommen. Wenn sich Bürger vom Lande gegen den Ausbau von Landstrassen und Autobahnen wehren, wird sich z.B. nie ein Gewerbegebiet ansiedeln. Und das sie den Worten des Präsidenten des BDI Glauben schenken, obwohl sich sein Hauptsitz im Moloch Berlin befindet, ist, mit Verlaub, sehr seltam.

Fred Burig / 21.10.2021

@Andrej Stoltz: “...Zitat “Frankreich soll an Polen grenzen”....” Mein Traum wäre eher, dass Thüringen, Sachsen und Bayern sich an Österreich anschließen und von einem Bundeskanzler Kickl regiert werden. Dann könnte man alle kriminellen “Goldstücke” und die schon länger hier Lebenden mit L-R-G -Gesinnung - samt bayrischem Södolf - in die Berliner Ecke verfrachten, wo sie dann ihre Fantasien frei ausleben könnten. Die neue Bundesrepublik “Groß- Österreich” sollte sich dann natürlich auch aus der Zwangsjacke der EU befreien! ....... Schade, war nur ein “Tagtraum” ! MfG

Gisela Rückert / 21.10.2021

Ich schlage ein Volksbegehren im eben beschriebenen Sinne vor.

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