Thilo Sarrazin / 08.01.2024 / 12:00 / Foto: Achgut.com / 93 / Seite ausdrucken

Die SPD im Panik-Modus

Mit der SPD geht es abwärts. Bundesweit liegt sie bei 14 bis 15 Prozent, in den Ost-Ländern noch tiefer, in Sachsen ist sie auf drei Prozent abgestürzt. Olaf Scholz scheint das nichts auszumachen, Saskia Esken hält tapfer Kurs in Richtung Konkurs.

Die SPD hat es derzeit schwer. Der wortkarge Bundeskanzler Olaf Scholz ist aktuell unbeliebter als jeder Bundeskanzler vor ihm, in den bundesweiten Umfragen liegt seine Partei derzeit bei 14–15 Prozent. Mit 32 Prozent ist ihr die CDU/CSU unter Friedrich Merz gegenwärtig weit enteilt. Die Wirtschaft stagniert, die Arbeitslosigkeit steigt, der Bundeshaushalt für 2024 ist noch nicht wirksam beschlossen, und bei den geplanten Einsparungen zur Einhaltung der Schuldenbremse hat sich die Regierung gehörig verheddert: Kaufprämien für E-Autos wird es nicht mehr geben, die Finanzierung der Schieneninfrastruktur hängt in der Luft, und die Bauern machen mit Traktoren vor dem Brandenburger Tor mobil gegen die Kürzung der Dieselbeihilfen. Das alles könnte man mit viel gutem Willen noch als halbwegs normales Regierungsgeschäft in schwieriger Zeit betrachten. 

Der eigentliche Albtraum, der die SPD stärker bedroht als jede andere Partei, ist dagegen der anscheinend unaufhaltsame und nach der Bundestagswahl 2021 auch ganz unerwartete Aufstieg der AfD. Sie bleibt nicht in einem Zehn-Prozent-Turm eingesperrt, wie viele erhofft hatten, auch eine Haltelinie bei rund 20 Prozent der Wählerstimmen scheint es nicht ohne Weiteres zu geben. In nahezu allen bundesweiten Umfragen liegt sie gegenwärtig bei 21 bis 23 Prozent, und für die drei ostdeutschen Landtagswahlen, die im Herbst 2024 anstehen, pendeln die aktuellen Wahlabsichten zwischen 27 Prozent (Brandenburg) und 35 Prozent (Sachsen).

Es ist zwar bis jetzt weitgehend gelungen, eine politisch-moralische Brandmauer rund um die AfD zu ziehen. So wird der AfD-Fraktion immer noch ein Vizepräsidentenamt im Deutschen Bundestag verweigert, während die jüngst aufgelöste Fraktion der Linkspartei weiterhin durch Petra Pau im Bundestagspräsidium vertreten ist. Das sind aber kleinliche Pyrrhussiege der politischen Korrektheit. Es gelingt nämlich immer weniger, auch eine politische Brandmauer um jene Themen zu ziehen, mit denen die AfD Zustimmung gewinnt. Das sind vor allem die Fragen von Migration, Asyl, Islam, Überdehnung des Sozialstaats und Kriminalität unter Zuwanderern.

Zu Zeiten von Angela Merkel hatte die Union an dieser Tabuisierung von Themen noch kräftig mitgearbeitet. Bezeichnend war der Ausspruch der Bundeskanzlerin Merkel von September 2015, mit dem sie ganz Deutschland moralisch unter Druck setzte: „Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land." Sie unterband damit weitgehend erfolgreich jede abwägende Diskussion über die Folgen und Nebenwirkungen ihrer Flüchtlingspolitik. Und genau dies möchte jetzt die SPD-Vorsitzende Saskia Esken auch dem CDU-Chef Friedrich Merz vorschreiben, indem sie ihm Begriffe wie „kleine Paschas“ oder „Sozialtourismus“ als moralische Fehlgriffe und „brandgefährliche“ Anbiederung an AfD-Themen ankreidet. 

Weitsichtige Führungspersonen in der Union wissen natürlich: Wenn es der CDU/CSU nicht gelingt, in großem Umfang Wähler von der AfD zurückzugewinnen, dann werden parlamentarische Mehrheiten in Deutschland, die die AfD ausgrenzen, immer nur gemeinsam mit SPD oder Grünen möglich sein. Die Union als Regierungspartei wäre so auf unabsehbare Zeit in der babylonischen Gefangenschaft von linken Parteien. Und genau dort möchten SPD und Grüne sie platzieren. Für die CDU/CSU könnte dies zu einer lebensgefährlichen Falle werden. Sie kann ihr nur entrinnen, wenn sie selbst in Sachen Migration und Zuwanderung zu einer Positionierung gelangt, die realistisch und zukunftsoffen ist und tatsächlich unerwünschte Migration wirksam steuert und begrenzt. So – und nur so – könnte es ihr auch gelingen, in größerem Umfang Wähler von der AfD zurückzugewinnen.

Die SPD dagegen steuert, wenn sie dem fatalen Kurs von Saskia Esken weiter folgt, neue, noch unbekannte Desaster in der Wahlkabine an: Deutschland überfordert sich materiell und moralisch. Multikulti ist gescheitert, und die fortschreitende Islamisierung ganzer Stadtviertel wird zu einer wachsenden Gefahr. Verhältnisse wie in Frankreich oder Schweden lassen grüßen, wenn die Politik nicht energisch umsteuert. Es bleibt zu hoffen, dass sich diese Erkenntnisse in der gegenwärtigen Führung der Union noch stärker verankern und auch praktische Konsequenzen bewirken. 

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche.

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Knut Wuchtig / 08.01.2024

Wer wiedergewählt werden möchte, verhält sich nicht wie die Ampelregierung! Denen scheint das völlig egal zu sein. Offensichtlich bereiten sie die Diktatur schon vor, die ihnen auf ewig die Macht sichern soll ohne lästiges Wahlvolk!

Robert Schleif / 08.01.2024

@ Fred Burig: Meinte ich rein spekulativ: FALLS was Echtes gefunden werden sollte. Und nein, nix gegen Herrn Höcke!

Michael Hinz / 08.01.2024

#Multikulti ist gescheitert,...# Nein, ist es nicht. (Die multi-ethnische Gesellschaft ist gescheitert, so wie überall, wo sie vorfindbar war und ist.) #Multikulti# ist ein radikales Spaltungswerkzeug für die Gesellschaft, und diese Spaltung beabsichtigt herzustellen ist nicht gescheitert, im Gegenteil.

Manfred Hildebrandt / 08.01.2024

Der Islam gehört nicht zu Deutschland. ______ Der Artikel: Nichts Neues unter der Sonn e. Und über Ihren letzten Satz müssen Sie, Herr Sarrazin, wohl selber lachen.

Roland Völlmer / 08.01.2024

Warum soll ich CDU wählen, wenn ich damit SPD kriege?

Steffen Lindner / 08.01.2024

Ständig wird von der „ Brandmauer „ gegenüber der AfD geschrieben, ohne zu hinterfragen,weshalb diese überhaupt besteht. Warum kann und darf! seitens der Blockparteien nicht mit der AfD zusammengearbeitet werden, obwohl diese im Wesentlichen das Parteiprogramm der CDU von 2002 vertritt?Der Unterschied ist: Die AfD hat deutlich gemacht, dass sie als einzige Partei die Interessen Deutschlands und des deutschen Volkes vertreten wird- und genau d a s darf nach dem Willen des transatlantischen Hegemons niemals passieren. Schon zwei Bundeskanzler ( Schröder und Schmidt) haben die Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit erkennen und ihre Abwahl hinnehmen müssen: Schmidt, weil er seinerzeit mit der SPD keine Gewähr mehr bot, die Stationierung von amerikanischen Pershing- Raketen auf deutschem Boden durchzusetzen; und Schröder, weil er sich weigerte, die USA im Irak- Krieg zu unterstützen. Die seinerzeit von den Medien aufgeblasenen Ablenkungsballons( Lambsdorff- Papier der FDP 1982 sowie Hartz - IV - Gesetze 2004) dienten nur zur Verschleierung der wahren Ursachen, waren aber hilfreich bei der medialen Wählermanipulation. Warum wohl konnte sich Merkel so lange halten? Auch Scholz wird ungeachtet seiner „ Erfolge“ bei der Fortsetzung des Merkel‘ schen Zerstörungswerks bald durch Kriegsminister Pistorius ersetzt werden, wenn auf Grund drohender juristischer Probleme die Postion als Kanzler und damit die vorbehaltlose Unterstützung der geopolitischen Strategie der USA gefährdet sein könnten.

Detlef Rogge / 08.01.2024

Heute mal versucht, eine bestimmte Berliner Behörde zu erreichen. Seit etwa fünf Jahren geht dort niemand mehr ans Telefon. Personalmangel. Es mangelt Berlin nicht etwa an jungen Leuten, einst ins Land geholt, um fehlenden eigenen Nachwuchs zu ersetzen, ergänzt durch mindestens hunderttausend Schutzsuchende, alles junge Männer. Bewerbern derartiger Provenienz fehlt es mehrheitlich, trotz gesenkter Anforderungen, an nötiger Qualifikation und kulturellen Mindeststandarts. Arztpraxen, Hausverwaltungen sind auch nicht telefonisch erreichbar, einen Termin in der Autowerkstatt erst in drei Monaten. Keine bezahlbaren Wohnungen, ÖPNV (BVG) unter aller Kanone, Berliner Polizei und Justiz unfähig, dazu steigende Energiepreise, Inflation, Staatsverschuldung ohne Ende, Klima- und Genderwahn, Lockführerstreik, Bauernblockaden, ausufernde Migrantenkriminalität bei weiter offenstehenden Grenzen. Kein Wunder, daß die AfD vor der Tür steht. Ich meine, es zerbricht die alte Ordnung, es zerbricht, was nicht zerbrechen darf. Das Ancien régime und seine sie tragende Gesellschaft scheinen in den letzten Zügen zu liegen, gleich ob die AfD noch ein paar Prozente zulegt oder nicht. Die Stimmung hat sich grundsätzlich gewandelt, die links-grüne Wokenes hat überzogen, das Pendel schlägt unbarmherzig zurück. Die Bürger spüren die Ergebnisse der Experimentalpolitik in allen Bereichen. Man hat genug von Habeck und seiner Ökobourgeoisie, von den SPD-Parteibuchdilettanten. CDU und SPD täten gut daran, ihre politische Ausrichtung glaubhaft zu korrigieren, sonst ist es aus mit ihnen; die SPD scheint das nicht zu begreifen, während die Union sich immerhin bemüht. Wohin geht die Reise? Mit dem Sonderzug zur Endstation?

Th. Stoppel / 08.01.2024

Der Todesstoß für diese rot-grünen Sektenfanatiker dürfte die Verabschiedung des “Sparpaktes” sein. Wer mal wissen möchte, wohin die deutschen Euros fließen, dann mal die Drucksache 20/9176 der Bundesregierung aufrufen.-Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU– Drucksache 20/9176- Vor dem lesen dieses Pamplets bitte hinsetzen, ansonsten könnte ein Wutanfall zu unkontrollierten Bewegungen führen. Soweit zum sparen.

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