Muss man sich um die Zukunft des Liberalismus und des Kapitalismus Sorgen machen?
Diese Frage wurde im idyllischen österreichischen Schwarzenberg von 15 Liberalen aus verschiedenen Parteien auf Einladung der Progress- Foundation, die in Zusammenarbeit mit der Avenir Suisse das Kolloquium organisiert hatte, heftig diskutiert.
In der gegenwärtigen Währungskrise erodiert nicht nur das Vertrauen in das Finanzsystem, sondern auch das in die politischen Institutionen. Die Gefahr wird jeden Tag größer, dass die westliche Demokratie in den Strudel des Krisen- Tsunamis gerät. Scheinbar orientierungslos agieren die europäischen Politiker , um eine Krise in den Griff zu kriegen, die sie zum großen Teil selbst verursacht haben.
Schon die Analyse der Ursachen der gegenwärtigen Misere ist alles andere als leicht. Den Wenigsten ist klar, dass die Banken dieses mal nicht in schwere Fahrwasser geraten sind, weil sie sich „verzockt“ haben, sondern weil sie scheinbar sichere Staatsanleihen halten, die sich nun als faul erweisen.
Seit Jahren haben Wirtschaftswissenschaftler auf die Gefährlichkeit einer Politik des unbekümmerten Schuldenmachens hingewiesen, ohne Gehör zu finden. Im Gegenteil! Es fanden sich immer genug Ökonomen, die der Meinung waren, ein Staat könne gar nicht genug Schulden machen, um „Konjunkturprogramme“ und das immer weiter werdende soziale Netz zu finanzieren. Als die Einheitswährung für Europa beschlossen wurde, ging die Politik von der irrigen Annahme aus, dass eine Währung um so erfolgreicher sein müsse, je mehr Staaten sich an ihr beteiligten. So wurde auch Griechenland in die Union aufgenommen, obwohl es die elementarsten Kriterien für eine Mitgliedschaft nicht erfüllte. Verleitet durch die niedrigen Euro-Zinsen, die sich an der Bonität Deutschlands und Frankreichs orientierten, häufte der griechische Staat Schulden auf, die das Land jetzt nicht mehr zurückzahlen kann. Damit hat Griechenland nicht nur sich, sondern den Euro in Gefahr gebracht. Die „Rettungsmaßnahmen“ der Politik orientieren sich aber nicht an den Prinzipien der Marktwirtschaft, die Europa neben den USA zur erfolgreichsten Wohlstandsregion der Welt gemacht hat, sondern sind staatsdirigistischer Natur, die den Rezepten des untergegangenen Sozialismus fatal gleichen.
Warum ist das so, wollten die Einlader wissen. Warum wird marktwirtschaftlichen Mechanismen misstraut, obwohl sie nicht die Ursache für die Krise sind? Warum wird so leicht die Freiheit beschnitten, obwohl empirische Untersuchungen nachgewiesen haben, dass je freiheitlicher eine Gesellschaft ist, desto höher ihr Wohlstand?
Liberalismus ist die einzige Idee, die sich nicht an eine bestimmte Klasse oder Klientel richtet, sondern für alle da ist. In einer Zeit, in der dringend liberale Konzepte gebraucht würden, ist der Liberalismus scheinbar diskreditiert und am Boden. Damit sind nicht die wohlverdienten katastrophalen Umfragewerte der deutschen FDP gemeint, deren Führung bis heute die Ursachen ihres Absturzes nicht begriffen hat. Gemeint ist die Marginalisierung des liberalen Denkens in unserer Gesellschaft und die Renaissance des Staatsdirigismus. Die Idee der Machtbeschränkung, ein Kernstück des Liberalismus, ist Politikern und anderen Staatsapologeten natürlich suspekt. Aber warum steht die Zivilgesellschaft einer Theorie gleichgültig gegenüber, die doch für sie wie keine andere geschaffen ist?
In Zeiten ungeheurer Machtkonzentration, wie sie von den Politikern in Gestalt des „Europäischen Stabilitätsmechanismus“, hinter der sich eine Einheitsregierung für die EU verbirgt, die von der Bevölkerung mehrheitlich abgelehnt wird, muss die Zivilgesellschaft alle Möglichkeiten der Machtbeschränkung nutzen.
Am Schluss waren sich alle Teilnehmer einig: Europa braucht mehr Transparenz in den Entscheidungen, die getroffen werden. Europa braucht ein Bewusstsein darüber, dass Umverteilung und die durch sie genährte Bürokratie entfremdet. Europa braucht mehr politische Partizipation, besonders in der sensiblen Frage, ob ein vereintes Europa ein Einheitsstaat werden oder ein Europa der Vaterländer bleiben soll.
Wenn diese Prinzipien allgemein durchgesetzt werden, hat der Liberalismus in Europa eine Zukunft.