Henryk M. Broder / 29.05.2014 / 04:51 / 6 / Seite ausdrucken

Die Logik der Sozen

Kurz vor dem Ende des Europawahlkamps, sozusagen auf der Zielgeraden, haben die deutschen Sozialdemokraten ihren inneren Schweinehund von der Leine gelassen. „Nur wenn Sie Martin Schulz und die SPD wählen, kann ein Deutscher Präsident der EU-Kommission werden“, plakatierten sie bundesweit.

Nun kämpfen die „Sozen“, wie sie liebevoll von ihren Gegnern genannt werden, seit über 100 Jahren gegen den Vorwurf „vaterlandslose Gesellen“ zu sein. Die Begriffe „Sozialdemokrat“ und „Landesverräter“ wurden noch in den 60er Jahren als Synonyme benutzt. Und bevor Willy Brandt Bundeskanzler wurde, hat man ihm übel angekreidet, dass er lieber ins Exil gegangen ist, statt mit der Waffen-SS in den Krieg zu ziehen.

Mit einer solchen Erblast zu leben, ist nicht einfach. Die Sozialdemokraten wollen immer wieder beweisen, dass sie gute Deutsche sind. Und darüber hinaus auch gute Europäer und Weltbürger. SPD-Politiker fangen ihre Reden gerne mit den Worten „gerade wir als Deutsche…“ an, um dann zu erklären, warum die Freiheit auch am Hindukusch verteidigt werden muss, warum „wir“ uns an internationalen Einsätzen beteiligen oder von ihnen fernhalten sollten.

Warum aber sollte ausgerechnet ein Deutscher Präsident der EU-Kommission werden? Hat man uns nicht seit Jahr und Tag versprochen, Europa werde nicht germanisiert, sondern Deutschland europäisiert werden? Was ist es, das Martin Schulz für den Job qualifiziert? Dass er seine politische Karriere als Bürgermeister der Gemeinde Würselen bei Aachen begann? Dass er ein Deutscher ist? Wäre ein Pole, ein Italiener, ein Däne von Hause aus weniger geeignet?

Nein, so weit würden die Sozialdemokraten nicht gehen. Sie sagen nur, dass es gut wäre, wenn ein Deutscher Präsident der Europa-Kommission würde. Was wie ein Widerspruch daherkommt, ist die Neue Deutsche Logik – NDL. Man schwört dem Deutschsein mit der einen Hand ab, bedient es aber mit der anderen.

Die Deutschen sollen Martin Schulz und die SPD wählen, „damit ein Deutscher Präsident der EU-Kommission werden kann“. Denn der Nationalismus ist eine viel zu ernste Sache, als dass man ihn den „Rechtspopulisten“ überlassen könnte. Da müssen wieder die „Sozen“ ran.

Zuerst erschienen in der Weltwoche vom 29.5.14

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Leserpost

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Gunnar Dieling / 30.05.2014

In dieses Bild passt auch der folgende Artikel in der Thüringer Allgemeinen: “Ausländerbeauftragte gegen Ausländer - Die Ausländerbeauftragte des Freistaats Thüringen, Petra Heß (SPD) wendet sich gegen ein Asylbewerberheim in ihrem Heimatdorf: http://www.thueringer-allgemeine.de/startseite/detail/-/specific/Auslaenderbeauftragte-gegen-Auslaender-587934590

Mona Rieboldt / 30.05.2014

Ein Deutscher soll Präsident der EU-Kommission werden. Ja, so habe ich mir den europäischen Gedanken vorgestellt. Das ganze europäische Gerede und nichts dahinter, wenn es um die Macht geht.

Jürgen Düker / 29.05.2014

Womit die Sozen tatkräftig unter Beweis stellen, selber rechtspopolistich zu sein. Es ist wie mit dem Dieb, der sich ertappt fühlt und laut schreit “haltet den Dieb” um von sich abzulenken! Da haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen Herr Broder.

Daniel Briner / 29.05.2014

Einfach das “S” weglassen ... dann wird’s Logisch.

Michael Geier / 29.05.2014

Darum kann ich mit den HEUTIGEN “Sozen” nix anfangen! Sie sind die deutschesten Deutschen, die ich kenne, wollen sich überall einbringen, halten sich für moderne Weltenbürger, strahlen jedoch stets das Gegenteil aus. Insofern fügt sich ja auch mal wieder diese widerliche “Schulz’sche Deutschkiste” nahtlos in die kosmopolitische Aura der “Sozen” ein. Und das wollen/sollen dann die Figuren sein, die Europa in das unbekannte Gefilde einer “transnationalen Demokratie” führen werden? Sorry, nur echt deutsche “Sozen” können sich so etwas auf Dauer einreden!

Martin Wessner / 29.05.2014

Ja, so demokratisch geht’s bei uns zu. Im Rahmen der Europawahl hat man in der Fridtjof-Nansen Realschule in Gronau bei den 10. Klässlern eine “Juniorwahl” durchführen lassen. Diese Chance nutzten die pubertierenden Demokratieprobanten dann auch gleich ausgiebig, um ihren Birkenstock und Cordhosen tragenden, “Die Zeit” und “Die Süddeutsche” lesenden Oberlehrern mal gebührend den Stinkefinger zu zeigen, indem sie vollkommen politisch unkorrekt zu 25% die NPD wählten. Natürlich respektiert man -nach eigenen Bekunden- auf dieser äußerst formidablen “Europaschule” selbstverständlich die Meinungs- und Wahlfreiheit, nichtsdestotrotz wurde anschließend gleich sofort eine anfallende Tagesfahrt in ein Freizeitpark gecancelt, um ein “Zeichen gegen Rechts” zu setzen. Tja, hätten diese renitenten Jugendlichen mal stattdessen die Maoisten oder anderweitige Linksradikale gewählt, dann wäre das sicher nicht nur als ein neckischer Streich hormonverwirrter Pennäler abgetan, sondern vielleicht auch noch mit einem Erlebniswochenende zum 1. Mai nach Berlin belohnt worden. So aber müssen in Deutschland im Jahre 2014 schon die Heranwachsenden lernen, dass wer sich weltanschaulich nicht ordentlich und gestreng in Reih und Glied fügt, mit ernsten Konsequenzen rechnen muss, auf dass er nicht das abschreckende Schicksal eines Sarrazin erleidet. Soviel wohlmeinender pädagogischer Fingerzeig muss schon noch möglich sein dürfen. Welche Sanktionen sich indes die “demokratischen Parteien” ausdenken, um nach der aktuellen Europawahl ein “Zeichen gegen Rechts” zu setzen, steht noch in den Sternen. Mutmaßlich wird man wohl -als Strafmaßnahme- Gesetze erlassen, die die Diäten ihrer Politiker verdoppeln und ihre Möglichkeit in Pension zu gehen, von 50 Jahren auf 30 Jahre runtersetzen. Denn am Portemonnaie spürt der widerspenstige Bürger den Schmerz der Züchtigung bekanntermaßen am schnellsten und auch am heftigsten.

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