Sehr geehrter Herr Lech, vielen dank für den sachlichen Bericht und die Anfrage. Ich an Ihrer Stelle würde das Rad nicht neu erfinden, sondern mich an einen der vielen grossen Ladenetzbetreiber wenden. Oder sogar an mehrere gleichzeitig. Die haben Erfahrungen damit. Allen voran Tesla. Deren Konzepte sehen eine Kombination von Wall-Boxen (also Batterie-Speicher) in denen z.B. günstiger Strom nachts zwischen gespeichert wird und Strom-Management-Systeme vor die den Strom sinnvoll und effizient auf die “gerade” angeschlossenen Autos verteilt. Die anderen Ladenetzbetreiber haben ähnliche Software-/Hardware - Lösungen. Denn bei solchen Lösungen wird praktisch nie das Maximum von x kw mal Anzahl Fahrzeuge erreicht. Bei guter Management-Software wird ermittelt wie voll die Batterie des jeweiligen Fahrzeugs ist und es wird je nach Ladestand nachgeladen. So wird eine volle Batterie weniger stark beladen als eine ganz leere. Ausserdem wird berücksichtigt wann sich jemand an den Strang gehängt hat. Da wird der, der zu erst da war, begünstigt damit er möglichst schnell z.B. auf 80 % Kapazität kommt. Damit dann ab da andere danach mit höherer Leistung geladen werden können. Ausserdem schliesse ich mich da einigen Vorrednern an. Das Ladeverhalten wird sich auf viele kleine Situationen verteilen. Lidl plant den Umbau seiner Parkplätze mit Ladestationen, da kann man in der halben Stunde in der man einkauft 50 % aufladen. IKEA ebenso. Und das sogar meist kostenlos. Für viele Unternehmen gilt es als zukünftige Marketing-Strategie das seinen Kunden anzubieten um sie zu sich als Kunde zu locken. Der Strom kommt dann z.T. aus den eigene Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach, der auch in Wallboxen zwischen gespeichert wird. Weiter werden in vielen Ländern sogenannte Super-Grids geplant, die Autos, Wallboxe, andere Speicher zusammen schalten und entweder Strom abgeben oder nachladen. Das setzt natürlich eine entsprechende Steuerung per Software voraus. Wieso geht das in den USA, Australien!
Vorab, ich bin zwar Naturwissenschaftler, habe aber von Elektrik oder Elektrotechnik keine Ahnung und einen Heidenrespekt. Schon das Laden einer Autobatterie bekomme ich zwar hin, lese aber lieber 25mal in Handbuch und Internet nach. Zur Elektromobilität: Sollte es wirklich machbar sein, genügend Batterien auch für individuelle Autos herzustellen, kann das gerade im Mieterland Deutschland nur mit einem Umtausch- oder Pfandsystem funktionieren, indem man an einer “Tankstelle” (“Ladestelle”) den Satz leerer Batterien gegen volle tauscht. Dann würde auch unterwegs das Nachladen in angemessener Zeit funktionieren. Allerdings braucht man dazu natürlich trotzdem geeignete Lade-Infrastruktur mit ausreichend Kapazität, das aber wenigstens nicht mehr in jedem Haus. Ob so ein Tausch-/Pfand-System praktikabel ist? Man dürfte nur noch genormte Batterien/Akkus verwenden. Schwer wären sie sicherlich trotzdem, sodass man wieder “Tank”-bzw. “Ladewarte” bräuchte.
Sehr geehrter Herr Lech, ich habe Maschinenbau / Nukleare und regenerative Energietechnik studiert und finde die Thematik der Energiewende ungeheuer spannend. Spannend, weil wir in Deutschland von Kern- und Kohlekraft Abschied nehmen und unseren Komfort nicht aufgeben wollen. Sie beschreiben die Thematik der Stellplätze und der Ladesäulen treffend. Der Investor will ein Gebäude mit etlichen Wohneinheiten errichten. Er baut jetzt und will die Infrastruktur so aufstellen, dass sie in der Zukunft tragfähig ist. Aktuell deutet vieles darauf hin, dass die Politik allein auf den Elektroantrieb setzt. Bei 100 Wohneinheiten würde ich also eher 50 Ladesäulen vorsehen. Zu Hause werden keine Schnellladesäulen benötigt, 10 kW pro Ladesäule reichen da locker. Bei einem Gleichzeitigkeitsfaktor von 10% (nicht alle Fahrzeuge müssen geladen werden, der Füllstand wird unterschiedlich sein, intelligente Zähler werden zur Steuerung eingesetzt) reichen aus meiner Sicht also auch 50 kW für die 50 Ladesäulen. Ich würde dem Investor also raten, für die Zukunft Trassen vorzusehen, damit Ladekabel nachgezogen werden können. Die 20 Ladesäulen reichen für die nächsten Jahre, danach vielleicht nicht mehr. Wir kommen ganz schnell an die Kapazitätsgrenze, wenn mehrere Schnellladesäulen nebeneinander gerade an den Autobahnen gebaut werden. Oder wenn Ladesäulen bei Bestandsgebäuden nachgerüstet werden. Im Neubau sehe ich es entspannt.
Das sind die Folgen, wenn ideologische Wunschvorstellungen auf die harte, physikalische Realität treffen. Das Wollen ist immer schön und gut, wenn aber die Thermodynamik sagt “Is nich!”, dann gilt “Is nich!”. Da kann man sich noch so sehr auf die Hinterbeine stellen, da kann man einfach nichts machen. Sieht man aber auch wunderbar bei der Umsetzung der “Energiewende”. Im Norden wird alles verspargelt, aber im Süden wird die Energie benötigt, nur notwendige Überlandleitung werden verteufelt. Funktioniert so einfach nicht.
Vor lauter Strom haben Sie die hohe Brandgefahr vergessen, welche von solchen Elektrohobeln ausgeht. Es gab schon mehrere Spontanentzündungen von Elektrofahrzeugen. Nach Gasfahrzeugen sollten auch E-Autos nicht in Großgaragen abgestellt werden. Da sich solche Brände schlecht bis garnicht löschen lassen, sollte im Notfall eine Flutung der Garage möglich sein. Wahrscheinlich bedarf es erst eines Unglücks mit vielen Toten, damit die Legislative ein entsprechendes Verbot erläßt. Übrigens konkurriert bei der Ladestromversorgung der ÖPNV mit den Privaten. In Berlin und Hamburg stellt man die Busflotte auf Elektroantrieb um. Und das hat dann Vorrang. Und was sind das eigentlich für Luxuswohnungen OHNE Klimaanlage, wo es doch angeblich viel wärmer werden soll? Auch hier entsteht künftig hoher Strombedarf. Die Lösung: Damit die Reichen ihrem Wohlfühlökologismus mit Tesla unter der Luxuswohnung frönen können, müssen die Armen eben ohne Licht und Kühlschrank auskommen und die Fertigspeisen kalt verzehren. Künftig wird die Nachfrage “gesteuert”, also der Strom rationiert. Hier bieten sich smarte Lösungen an. Grünwähler mit Tesla bekommt 24/7 Strom, Otto nur noch 8 Stunden am Tag und AfD-Wähler mit Diesel 1 nur noch 30 Minuten am Tag Strom für eine 5-Watt-Glühlampe, damit er sich anziehen und rasieren kann.
Ich leite Wohnungsbau Projekte in Auckland, Neuseeland. Wir haben genau dieselben Probleme hier. Bei, im Schnitt, 120 Apartments pro Komplex, und gewünschter Ladeleistung von min. 12kW, kommen sehr schnell astronomische Kapazitäten zusammen, die Transformatoren im MW Bereich verlangen. Dabei ist die Frage der Diversifizierung schwierig zu beantworten. Denn die meisten Leute kommen gegen 18:00 nachhause und wollen dann den Wagen laden. Loadshedding ist eine Alternative aber wie langsam darf es sein? Das nächste Problem ist das Metering. Klar kann man das machen aber die Kosten einer solchen Anlage lassen sich schwer auf den Kaufpreis umlegen, denn auch hier geht die Denke in Richtung „Strom kommt aus der Wand“. Hinzu kommt, dass Trafo Upgrades wegen des Vulkanischen Untergrundes schnell extreme Kosten hinsichtlich Grabungsarbeiten und Straßensperren verursachen. Die Rot-Grüne Regierung in Neuseeland will auch aus der Kohle raus. Aber es gibt nur ein Baseload Kraftwerk, dass seit der Teilprivatisierungen der Stromanbieter nur noch minimal instand gehalten wird. Von ehemals 1,4 GW sind nur noch 500MW am Netz. Der Rest ist Wasser und Wind. Die Wind Anlagen sind öfter außer Betrieb als im Betrieb, denn die Windstärken überschreiten regelmäßig die Materialmaxima der Siemens Turbienen. Wasser ist auch nicht permanent verfügbar, denn entweder ist zu wenig da oder Zuviel, was dann Stromabwärts Überflutungen auslösen würde. An Kernkraft will hier keiner ran, obwohl sub-kritische Thoriumreaktoren hier ideal wären und selbst von lokalen Unis gepuscht werden (Neuseelands schwarze Westströnde sind voll davon). Wir haben viel über Photovoltaik nachgedacht aber der Output ist zu gering- und zu variabel übers Jahr. Die Amortisierungszeiten liegen im Schnitt bei 15 Jahren, was in etwa der Lebenszeit entspricht. Staatlich gefördert wird in Deutschland aber nur noch Wind. Denn Wasserkraft braucht Einschneide Veränderungen der Flussläufe. Dafür bekommt man aber keine Genehmigung mehr.
Ich fahre seit mehr als 2 Jahren rein elektrisch (erst Zoe Z.E.40, jetzt Tesla M3 LR AWD) und habe für unsere Kommune 6 Ladepunkte geplant und mit Fördergeldern gebaut; kenne mich als Ingenieurs-Kollege mit der Thematik sowohl aus Anwendersicht als auch aus Ladesstations-Planungssicht etwas aus. 1. Es laden nie alle gleichzeitig, alle Feldversuche (z. B. ENBW Ostfildern) haben gezeigt, dass es eine recht gute Ladelast-Verteilung gibt. 2. Die Fahrzeug-Akkus sind so üppig, dass bei der heute üblichen Fahrstrecke von 40-60km / Tag i. d. R. nur 1-2 mal / Woche überhaupt geladen wird, wer Langstrecke fährt, lädt unterwegs 3. Fahrzeuge mit 22kW AC-Ladeleistung werden rar, außer Zoe und Tesla’s mit 22kW Option gibt es aktuell keine 22kW AC-Lader 4. 11kW AC-Ladeleistung ist völlig ausreichend, da zumeist über Nacht geladen wird 5. Die Ladeleistung nimmt > 80% SOC (State of Charge / z. B. bei der Zoe) deutlich ab 6. Schnellladung ist jederzeit via DC öffentlich möglich Wenn man die Bauherren / Bauträger vernünftig und fundiert über diese Fakten informiert, dann wird man zum Ergebnis kommen, dass 20 Stück 11kW Ladepunkte mit Last-Management (z. B. auf max. 70 kW in Summe) so gut im Alltag funktionieren, dass immerhin 6 Fahrzeug exakt zur selben Zeit 11kW beziehen könnten. Dieser Fall wird in der Praxis aber nur sehr selten eintreten.
Hallo Herr Lech, auch heute schon sind die elektrischen Netze unterdimensioniert, zumindest im Verhältnis zur installierten Leistung der Verbraucher. Wenn wir alle gleichzeitig den Herd und den Durchlauferhitzer nutzen würden wäre Deutschland sofort dunkel! Mit diesem Zustand leben wir glücklich seit Anbeginn der Nutzung der Elektrizität. Machen Sie den Bauherren klar, dass “alle gleichzeitig mit voller Pulle” in der Praxis sehr selten vorkommt. Wenn doch wird einfach nur die Leistung gedrosselt, der Strom fällt nicht aus! Ich rate also zu Neugier und Gelassenheit im Umgang mit dieser neuen Herausforderung, besonders vor dem Hintergrund Ihrer umfangreichen Berufserfahrung. Für Ihre Fragen stehe ich gerne zur Verfügung unter info@ladesystemtechnik.de. Ein schönes Wochenende wünscht Henning Bettermann
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