Lb. Herr Grell, Sie beschreiben zweifellos den ethisch, moralischen Mainstream. Dennoch eine Anmerkungen: Die “Goldene Regel” gilt nicht nur für Menschen, sondern in allen gesellschaftlich organisierten Lebensgemeinschaften, Ameisen, Bienen, Schimpansen, etc. - ein Naturgesetz, sozusagen. Beim Menschen gilt sie von Natur aus lediglich für die kleinste Einheit, die sich als Gesellschaft von Gleichen versteht, nach Platon selbst für eine Räuberbande. Es war ein religiös, philosophisch bedingter , keinesfalls zwangsläufiger, sondern ein mit Waffen durchgesetzter Fortschritt, die auf der Goldenen Regel basierenden Menschenrechte auf alle Menschen aus zu dehnen. Denken Sie sich eine Welt aus, in der nationalsozialistische Rassisten den Sieg davon getragen hätten. Ihr Begründung , nur Menschen könnten/würden eine entsprechende Übereinkunft formulieren, ist ein theoretisches/hypothetisches Konstrukt. Es begründet aber im Kern die Formulierung eines positiven, d.h. gesetzten Rechts und keineswegs eine moralische Zwangsläufigkeit. Unter dem Aspekt, dass es sich um eine positive Rechtssetzung handelt, besteht kein logischer Zwang zur Eingrenzung des Begriffs der Goldene Regel auf Menschen.
Ich habe die “Krone der Schöpfung” immer so aufgefasst, dass wir Könige sind, aber gütige und vor allem vernünftige Könige, und die sorgen dafür, dass es ihren Untertanen gut geht. Die einen geben uns ihre Arbeitskraft und Steuern, die anderen Fleisch, Milch und Fell. Und wie Sie schon schrieben, das können sie nur, wenn man anständig für sie sorgt und sie vor totaler Ausbeutung schützt. Es wäre wünschenswert, wenn in Deutschland der “Steuerzahlerschutz”(wieder) einen so hohen Stellenwert wie der Tierschutz hätte.
Hallo Herr Grell, gute Idee, den Leserkommentar als Aufhanger fuer einen neuen Beitrag zu nehmen. Ich fand den Kommentar auch bemerkenswert. Nicht weil er so weit ab vom Schuss waere - ich glaube, er stellt die komplett unreflektierte politische Mehrheitsmeinung dar. Ich fand ihn interessant, weil er von einem Achse-Leser gemacht wurde. Achse-Leser sind normalerweise reflektiert und bloeken nicht einfach die politische Mehrheitsmeinung. Ausser ein paar verwirrten Koepfen (Singer) wuerde niemand auf die Idee kommen, Ethik ohne Vernunft machen zu wollen und genau das ist ja eine Ethik, die nicht zwischen Mensch und Tier unterscheidet. Das verstehen die meisten Progressiven nicht, ebenso wenig wie sie Ihren (und meinen) logischen Einwand gegen ein tiefes und aggressives Gefuehl verstehen. Fuer die Emotivisten ist es naemlich unmenschlich Vernunft walten zu lassen. Dass Ethik ohne Logik ganz schnell unethisch wird, ist so einfach wie unverstanden. Man muss nicht in die Bibel schauen, um gegen Tierquaelerei zu sein: Respekt ist das Anerkenntnis des Menschseins in sich selbst und im anderen Menschen. Der Respekt gegenueber der eigenen Menschlichkeit gebietet es, Natur behutsam zu nutzen. Das kann man recht gut aus Kant und Hegel ableiten. Und: ich mag Schweineschnitzel auch lieber als Pommes. Wenn auch nur knapp!
Ein Vertrag unter Menschen beruht auf Gegenseitigkeit. Und wenn die Machtbalance einigermaßen ausgeglichen ist, gilt der alte moralische Imperativ: Pacta sunt servanda – Verträge müssen eingehalten werden. Das hat das Überleben unserer Spezies nachhaltig befördert, was man durchaus auch als biologischen Vorteil im darwin´schen Sinne im Kampf der vielen Spezies untereinander sehen kann. Die moralisch begründete Selbstverpflichtung, ins Grundgesetz zu schreiben, dass gentechnisch uns nahestehende Arten vom Speiseplan der Individuen zu verschwinden zu haben, die an der Spitze der Nahrungskette stehen, kann nicht nachhaltig sein. Auch wenn Schmidt-Salomon Handschlagvertäge mit Gorillas abschließen will. Um bei Bertold Brechts Dreigroschenoper zu bleiben: Erst kommt das Fressen, dann die Moral.
Wunder schön! Exakte Beschreibung! Merkel und ihre Ferkel, sie sitzen in den Ästen und täglich sägen sie.
“Kern dieser Verhaltensweise ist die Gegenseitigkeit. Deswegen kann sie nur auf menschliche Gemeinschaften bezogen und beschränkt sein. Gegenüber anderen Spezies wäre sie vollkommen wirkungslos, weil kein einziges Lebewesen außer dem Menschen entsprechende Übereinkommen treffen könnte.” Geht es hier um eine vertragliche Vereinbarung? Menschliche Übereinkommen sind mindestens genauso wirklungslos. Und ein bisschen viel von anderen Säugern verlangt, Lukas, Matthäus, Konfuzius, dem hinduistischen Mahabharata, Buddha, dem Talmud oder gar dem Schächter Mohammed oder sonst irgendwelchen Irrationalismen zu folgen. Wenn der Mensch (...falls dieser individuell überhaupt dazu fähig ist…) doch im Spiegel des eigenen Ichs begreift, das Leid vermeidbar ist, müsste er auch begreifen, dass das schlichte Nichtvorhandensein dieser Gabe nicht davon entbindet, ein moralisches Wesen zu sein.
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