Claudia Kemfert verteufelt die Kernenergie und rechnet sich die Zukunft mit Erneuerbaren schön. Jetzt räumt das Buch eines Experten mit den Energiewende-Märchen auf.
Claudia Kemfert ist eine deutsche Wirtschaftswissenschaftlerin und die Energiewende-Märchenerzählerin der Nation. Nebenberuflich ist sie die Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sowie Professorin an der Leuphana Universität Lüneburg. Frau Professorin Kemfert ist nicht nur eine medial gefragte Expertin zur Klimapolitik, sondern auch politisch einflussreich. Was Herr Lauterbach für Corona ist, ist Frau Kemfert für die Energiewende. Sie wurde mit abstrusen Behauptungen und surrealen Berechnungen zum grünen Energiewende-Star, zur Schönrechnerin der Nation.
In einem Artikel für die renommierte Zeitschrift „Capital“ Energiewende – Mythen reloaded – Capital.de behauptete sie gar:
„Erneuerbare Energien wirken kostensenkend an der Strombörse, dadurch konnten die Stromkosten gesenkt werden. Dass die Preise für dich und mich trotzdem gestiegen sind, liegt nicht an den Erneuerbaren Energien, sondern daran dass die Stromversorger die günstigen Börsenpreise nicht an uns Verbraucher weitergegeben haben… Wenn man dann noch die vermiedenen CO2-Emissionen und die damit unterbundenen Schäden (180 Euro je Tonne CO2 laut Umweltbundesamt) hinzurechnet, ergeben sich auf der Plus-Seite insgesamt 327 Mrd. Euro seit 2005 und sogar 435 Mrd. Euro eingesparte Klimaschäden seit 1990“.
Kemfert: Die Energiewende kostet nichts, sondern spart den Verbrauchern Geld, stabilisiert die Stromversorgung, schafft hunderttausende Arbeitsplätze, Kohlekraftwerke verstopfen das Netz, und es gibt mehr Speicher, als benötigt werden.
Das haarsträubende Fazit ihres Beitrages: Statt eine halbe Billion futsch, eine halbe Billion gewonnen. Nur, wo ist die Kohle?
Dabei spielt Claudia Kemfert sehr geschickt auf der Klaviatur der verwirrenden Zahlendreherei. Auf den ersten Blick erscheinen ihre Berechnungen nicht fehlerhaft, ihre Zahlen stimmen weitgehend – auch wenn sie bei den Kosten der gegnerischen Energien und der Produktionszahlen ihrer Lieblingsenergien gerne kräftig aufrundet.
Absurde Behauptungen
Die Manipulation liegt auf einer völlig anderen Ebene: Die bösen Energien werden mit horrenden sozialen Kosten behängt und bei den guten Energien werden die Backup-Kosten genauso wenig berücksichtigt wie die zweifellos auch vorhandenen sozialen Kosten.
Oder meint jemand, dass die gigantischen Betonfundamente der Windräder (Durchmesser 20–30 Meter, 4 Meter Tiefe, 1.300 Kubikmeter Beton und 180 Tonnen Stahl), die sich beim Ausbau der geplanten 65.000 Windenergieanlagen auf etwa 250 Millionen Tonnen Stahlbeton aufsummieren, nicht irgendwie aus irdischem Zement und Eisen gemacht sind, bei dessen Produktion jede Menge CO2 anfällt und die bei Rückbau der Anlage nicht doch irgendwann wieder ausgebuddelt und zerkleinert werden müssen? Solche Erkenntnisse klammert Frau Kemfert konsequent aus.
Natürlich ist Frau Kemfert auch vehement gegen Kernenergie. Die ist nach einer ihrer Mondzahlenrechnungen viel zu teuer, um mit dem billigen Wind- und Sonnenstrom mithalten zu können. Frau Kemfert rechnete schon mal mit einem Erzeugerpreis 15 Ct/kWh Atomstrom, der deshalb nicht gebraucht wird:
„Heute produzieren die erneuerbaren Energien bereits 50 Prozent des Stroms in Deutschland und damit mehr Energie, als Atomkraftwerke je beigesteuert haben. Atomenergie wurde komplett durch Erneuerbare ersetzt und die größte Volkswirtschaft Europas dadurch nicht zurück ins Mittelalter katapultiert. Im Gegenteil: Die Vollversorgung mit erneuerbaren Energien ist – ganz ohne De-Industrialisierung – nicht nur technisch möglich, sondern auch ökonomisch lohnend“.
Sie vergisst dabei, dass es Tage und Wochen gibt, an denen die vielgepriesenen Erneuerbaren nur 10 Prozent des Stroms erzeugen können und dann die bösen Atom- und Kohlekraftwerke einspringen müssen. Dass sie überhaupt einspringen müssen, ist sehr verwunderlich, weil es doch laut Frau Kemfert längst genug Speicher gibt.
Im österreichischen Pragmaticus Schadet Atomkraft dem Klima? – Der Pragmaticus legt Frau Kemfert eine weitere absurde Behauptung nach:
„Atomkraftwerke produzieren kontinuierlich Energie und sind für dezentrale flexible Netze und eine nachfrageoptimierte Energieversorgung „just-in-time“ nicht geeignet. Energie aus Atomkraft kann daher nicht mit Energie aus erneuerbaren Quellen kombiniert werden. Atomkraft eignet sich daher auch nicht als Übergangstechnologie. Wind, Sonne oder Wasserkraft sind kostengünstiger und mit weniger Risiken verbunden“.
Mondzahlen als „wissenschaftliche“ Fakten
Frau Kemfert behauptet, dass eine Vollversorgung Deutschlands mit erneuerbarer Energie demnächst möglich ist, wenn man nur die Ökoenergie noch ein klein bisschen mehr fördert.
Noch nie hat man von Frau Kemfert gehört, dass Windenergie gerade mal 2,5 Prozent und Sonnenenergie gerade mal 1,5 Prozent zum Primärenergiebedarf Deutschlands beitragen. Wo soll dann z.B. die angeblich „überschüssige“ Windenergie für die Herstellung „grünen Wasserstoffes“ herkommen? Ein aktuelles Beispiel gefällig? Am 21.11.2021 trug die Windkraft in Deutschland ganze 3,2 Prozent zur Stromerzeugung bei – deckte also weniger als ein Prozent des Primärenergiebedarfs.
Einen Überschuss erneuerbarer Energie gibt es auch dann nicht, wenn alle erneuerbaren Energien – Wind, Sonne, Wasser und Biomasse – zusammengezählt werden. Sie decken dann auch erst 5,6% des gesamten Bedarfs.
In Deutschland gibt es bereits heute mehr als 30.000 Windräder. Wieviel Windräder werden benötigt, um die restlichen 94% des Primär-Energiebedarfs auch noch „nachhaltig“ bereitstellen zu können? Eine überschlägige Berechnung ergibt, dass dafür ungefähr auf jeden einzelnen Quadratkilometer Deutschlands ein Windrad aufgestellt werden muss. Und dann gibt es immer noch keine Speicher – bei Flaute erzeugen leider auch 360.000 Windräder mal Null Wind gleich Null Megawatt.
Kemferts Märchen-Methode funktioniert einfach und effizient. Rechne damit, dass die Zuhörer wenig von Energiesystemen verstehen, aber gerne gute Nachrichten über Nachhaltigkeit hören wollen. Rechne dann mit irgendwelchen Mondzahlen den größten Unfug aus, behaupte die unrichtigen Resultate immer wieder aufs Neue als „wissenschaftliche“ Fakten – wie sagte Frau Baerbock so schön: „Das ist alles ausgerechnet“. Sei dir dabei sicher, dass die Journalisten deine Behauptungen weder kritisch hinterfragen können noch wollen. Und wenn deine Vorhersagen total danebenliegen, setze auf die Vergesslichkeit der Leute. (Frau Kemfert bewies schon 2009 in einem wissenschaftlichen Gutachten, dass die EEG-Umlage nie über 3,59 Ct/kWh steigen könnte. In Wahrheit stieg sie auf über weit 6 Ct/kWh. Das ist schon vergleichbar schräg wie Trittins berühmte Eiskugel.).
So wird der höchste Strompreis der Welt zum positiven Resultat einer immer erfolgreicheren Energiewende umgedeutet. Und wenn es schiefgeht, wird die Schuld am Stromsozialismus oder dem verheerenden Blackout mit der gleichen Methode den Energieversorgern in die Schuhe geschoben.
Entscheidung im alten Säugetierhirn
Soweit die Geschichte über die böse Energiewende-Märchentante. Doch in jedes Märchen gehört ein tapferer Prinz, der auf einem weißen Pferd daherkommt und die Geschichte gut ausgehen lässt. Unser Prinz heißt Professor Dr. André D. Thess, (Lehrstuhl für Energiespeicherung Universität Stuttgart). Er kommt nicht mit einem blanken Schwert dahergeritten, sondern schwingt ein blaues Buch mit dem Titel „Sieben Energiewende-Märchen?“ Sieben Energiewendemärchen?: Eine Vorlesungsreihe für Unzufriedene : Thess, André D.: Amazon.de: Bücher. Und wie jeder Märchenprinz verfügt unser Prinz André über eine zauberhafte Fähigkeit: Er kann komplizierte Zusammenhänge verständlich und sehr unterhaltsam erklären. Die scharfen Klingen seines Buches sind seine Kapitel:
Prolog: Das Gleichnis von den vielfältigen Bratpfannen
1. Der böse Verbrennungsmotor
2. Die kluge Denkfabrik
3. Das gute Elektroauto
4. Der einfältige Klimaforscher
5. Das genügsame Haus
6. Die billige Energiewende
7. Das stubenreine Flugzeug
Epilog: Die Hypothese von der unsichtbaren Hand
Anhang: Die Kaffeebechervermeidungskostenformel
Im Kapitel 6 „Die billige Energiewende“ fragt Professor Thess: „Wenn Kohle- und Atomstrom soziale Kosten erzeugen, warum nicht auch Ökostrom? Er entlarvt in kurzweiliger Sprache den Mechanismus der Schönrechnerei. Auch ich kenne das von mir: Wenn ich etwas gerne haben will, fallen mir alle möglichen Argumente ein, warum das „günstig“ und letztendlich für mich vorteilhaft ist, während ich damit verbundene Risiken komplett ausblende. Neurologen wissen, wie das funktioniert: Die Entscheidung wird im alten Säugetierhirn auf rein emotionaler Basis getroffen und auf dem Weg ins menschliche Logikhirn, den Neokortex, mit Argumenten bestückt. Wir sind nun mal emotionale Wesen. Auch bei Politikern und „Experten“ ist das so.
„Der Blackout der Energiewendeleugner“
Bei unserem Prinzen André hört sich das viel wissenschaftlich-nüchterner an, wenn er die Ursachen für immer wieder scheiternde Großprojekte der Politik – man denke nur an den BER – analysiert:
„Für die weit verbreitete Ignoranz gegenüber finanziellen Risiken bei Verkehrsprojekten können wir auf der Basis des von Flyvbjerg gesammelten Datenmaterials zwei Ursachen identifizieren.
Dabei handelt es sich zum einen um die einseitige Fokussierung auf Best-Case-Szenarien und zum anderen auf Interessenkonflikte bei der Kostenberechnung. Bei der Planung von Megaprojekten lassen sich Geldgeber und Planer oft von der Annahme eines bestmöglichen Projektverlaufs leiten. Anstatt einen weiten Korridor an Möglichkeiten zwischen einem günstigsten Fall, dem Best-Case-Szenario, und einem ungünstigsten Fall, dem Worst-Case-Szenario zu betrachten, geben sich Planer in ihren Analysen oft mit dem Ersteren zufrieden. So wird in zahlreichen Projekten das EGAP-Prinzip (everything goes as planned) zugrunde gelegt.
Eine zweite Ursache für die Ignoranz gegenüber finanziellen Risiken von Megaprojekten liegt darin, dass Personen und Institutionen, die Megaprojekte initiieren und planen, in der Regel ein hohes Eigeninteresse an einer tatsächlichen Umsetzung besitzen. Sie neigen deshalb dazu, die Kosten gegenüber den Geldgebern systematisch kleinzurechnen und den Nutzeffekt zu überhöhen. Dies ist umso mehr der Fall, wenn die Treiber keine persönliche Verantwortung für Erfolg oder Misserfolg des Projekts tragen. Wären beispielsweise die Altersbezüge des Bürgermeisters von El Hierro an die Erfüllung des Versprechens einer hundertprozentigen Dekarbonisierung der Insel gekoppelt gewesen, hätte das Projekt Gorona del Viento mit hoher Wahrscheinlichkeit niemals das Licht der Welt erblickt“.
Wer nun wissen will, warum und wie ein vielbejubeltes Projekt der Versorgung der Kanareninsel El Hierro mit erneuerbarer Energie nach dem Versenken von 80 Millionen Euro Steuergeld still und leise komplett scheiterte, der sollte sich das Buch antun.
Huuu, da zittert die Märchentante in ihrem DIW-Märchenschloss. Wobei sie das gar nicht brauchte – ihr Sieg ist gewiss. Unbeirrt von jeglicher Realität setzt die neue deutsche Ampel-Regierung ihren Weg in die Sackgasse der Energiewende mit gleichzeitigem Atom- und Kohleausstieg fort und spendet ihr Ohr nur den Schönrechnern. Und selbst wenn es krachend schiefgeht, weiß ich heute schon, dass sich genügend Sündenböcke finden lassen werden, denen man die Schuld zuschieben kann: „Der Blackout der Energiewendeleugner“ wird es sein.