Quentin Quencher / 11.09.2016 / 16:07 / 3 / Seite ausdrucken

Die Arbeitswelt derer, die mit ihren Händen Geld verdienen

Knapp eine Million Leiharbeiter gibts zur Zeit in Deutschland, wie aus der Antwort auf eine kleine Anfrage der LINKE hervor geht. Auf der Achse wurde auch berichtet, wie viele Flüchtlinge von besonders großen DAX-Konzernen eingestellt worden sind. Es sind nicht einmal hundert. Was haben diese beiden Aussagen miteinander zu tun? Mehr als es auf den ersten Blick scheint. Würden die Firmen genötigt, mehr Flüchtlinge einzustellen, ginge das logischerweise zu Lasten der Leiharbeiter, von denen sich fast jeder Hoffnung auf eine Festanstellung im Ausleihbetrieb macht. Die Chancen auf Übernahme wären noch geringer als ohnehin schon. Dass solche schlichten Zusammenhänge von Die LINKE oder auch von der SPD nicht wenigstens einmal angesprochen werden, zeigt nur, wie weit sie sich von den Leuten entfernt haben, deren Rechte sie zu verteidigen vorgeben. Oder denen sie erzählen, sie würden versuchen, deren Situationen zu verbessern.

Warum fragen die LINKE und die SPD nicht auch mal nach, wie viele Flüchtlinge bei Leiharbeitsfirmen eingestellt wurden? Und vor allem, wie lange sie es dort ausgehalten haben?  Statt dessen zeigen sie mit Hilfe der Medien auf die großen Firmen, damit die mehr Flüchtlinge einstellen. Dem Druck dem die Arbeiter in Leiharbeitsfirmen ausgesetzt sind, wollen sie ihr neues Klientel wohl nicht aussetzen. Prekäre Jobs überlässt man lieber den andern, den Einheimischen.

Und dann wundert man sich über die Wahlergebnisse wie sie sind. Es betrifft ja schließlich nicht nur die Leiharbeiter, sondern auch alle anderen. Große DAX-Konzerne sind begehrte Arbeitgeber, jeder Hilfsarbeiter dort verdient mehr als eine gelernte Friseuseoder ein Bäckereigeselle. Zumindest wenn man Dinge wie Weihnachts- und Urlaubsgeld hinzurechnet. Von den Prämien ganz zu schweigen. Von Porsche wurde berichtet, dass die für 2015 jeden Tarifangestellten einen Bonus von knapp neuntausend Euro gezahlt haben.

Das allgemeine Gerechtigkeitsempfinden wird berührt

Solche Zahlen hört natürlich der gemeine Arbeitnehmer im Handwerk. Selbst wenn er sich nicht vorstellen kann seinen Beruf zu wechseln, um sich beim Daimler ans Band zu stellen, schwillt ihm der Kamm, wenn er hört, wie heiß begehrte Stellen an eine bestimmte Klientel vermittelt werden sollen. Solidarität hin oder her, es berührt das allgemeine Gerechtigkeitsempfinden. Von den Empfindungen derjenigen zu schweigen, die in direkter Konkurrenz stehen.

Freilich ist es diesbezüglich einstweilen nur ein unangenehmes Gefühl, das sich breit macht. Bislang treten die Flüchtlinge ja auf dem Arbeitsmarkt oder beim Kampf um die begehrten Stellen kaum in Erscheinung. Die entsprechenden Qualifikationen sind einfach nicht vorhanden. Diese werden auch kaum erlangt werden können, denn, fehlende Bildung ist zwar jederzeit kompensierbar, fehlende Disziplin bedeutet aber einen nie mehr gutzumachenden Mangel (So jedenfalls Kant in seinen anthropologischen Schriften).

Disziplin! Oh Gott, was für ein schreckliches Wort, das kommt ja gleich nach Autobahn. Wann erlernt man Disziplin - natürlich in der Kindheit. Wer sie als Kind nicht vorgelebt bekommt, lernt sie nicht mehr. Es ist eine kulturelle Frage, welche Gesellschaften diszipliniert sind und welche eher weniger. Die letzteren, die mit weniger Disziplin, benötigen dafür um so strengere Autoritäten um zu funktionieren. Das heißt umgekehrt, nur durch die in Deutschland vorherrschende Disziplin, mehr noch, durch die vorherrschende Selbstdisziplin, können wir uns in Gesellschaft und Wirtschaft solche flache Hierarchien erlauben wie wir sie haben. Dies steht nun zur Disposition, kann nicht aufrecht erhalten bleiben, will man Menschen aus eher autoritär geprägten Gesellschaften integrieren.

„Deutschland wird Deutschland bleiben,“ behauptet Angela Merkel, „mit allem, was uns daran lieb und teuer ist.“ Ich weiß nicht was Merkel lieb und teuer ist, ich weiß eigentlich gar nicht was sie für ein Mensch ist, was sie antreibt und welche Überzeugungen sie hat. Dass Deutschland nicht so bleibt, mit allem was mir daran lieb und teuer ist, sehe ich in in jeder Ecke in die ich schaue. Heute habe ich mal in die Arbeitswelt geschaut. Die wird rauer werden, keine Frage.

Zuerst erschienen auf Quentin Quenchers Blog Glitzerwasser hier

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Leserpost

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Eberhard Franzke / 12.09.2016

Von Beginn der neuerlichen Massenzuwanderung an wurde immer betont, “wir” müßten nun alle Anstrengungen unternehmen, die Neubürger rasch zu integrieren, was vor allem auch über die Eingliederung in den Arbeitsmarkt vonstatten gehen müsse. Gleich damals habe ich mich gefragt, wie das funktionieren soll, möchte man nicht für die Einheimischen massive Konkurrenz um die vorhandenen Arbeitsmöglichkeiten inkauf nehmen - gerade am unteren Ende des Beschäftigungsmarktes. Und hat man sich mit kleinen Selbstständigen/Freiberuflern unterhalten, stieß man auch mehr als auf Skepsis. Das beschworene Jobwunder im Zuge eines zweiten Wirtschaftswunders darf schließlich nicht selbstreferenziell sein, denn dann müßten die bereits Steuern zahlenden Bürger zusätzlich diese Löhne über den Umweg von Steuern und Abgaben aufbringen. Man denke an die vielen (Sprach-)Lehrer, Sozialarbeiter, Ärzte,.. Wer in den letzten Jahren die jeweiligen Armutsberichte verfolgt hat, weiß, daß ein zunehmend größerer Teil der Deutschen in prekären Verhältnissen leben muß. Dem neuesten Bericht zufolge lebt aktuell nahezu jedes fünfte Kind in Armut. In vielerlei Hinsicht wird unsere Gesellschaft weiter auseinandergerissen - das Gegenteil von dem, was ich mir unter einer positiven Zukunftsgestaltung immer vorgestellt hatte.

Wolfgang Richter / 12.09.2016

Es sind nicht nur die Leiharbeiter. arbeitswilligen unter den Langzeitarbeitslosen und mit Zeitverträgen und Praktikantenstellen “kurz” gehaltenen Einheimischen, die sich nicht mehr von ihren Volksvertretern ernst genommen fühlen. Es gibt in den Südländern der EU plus Frankreich bei den unter 30jährigen teils Arbeitslosenquoten bis zu 50 %, insgesamt bis zu 25 Millionen junge Leute, die in ihren Ländern keinerlei Perspektive auf einen Job, damit auch keine für den Aufbau einer eigen finanzierten Existenz mit Familie und eigener Wohnung haben bis hin zu einem fehlenden Grundstock für eine eigene Altersversorgung. Außer den bekannten Sprüchen seitens der Wirtschaft zu angeblich fehlenden Fachkräften, haben weder die EU-Granden, noch die Berliner Regierung oder die sog. Wirtschaftskapitäne wirksame Maßnahmen unternommen, an diesem Zustand etwas zu ändern, dies seit Jahren. Und auf einmal will man der Bevölkerung weis machen, daß die in der Masse eher bildungsfernen, zumindest funktional analphabetischen sog. Flüchtlinge die gesuchten Fachkräfte seien, auf die man gewartet habe u. die nach einem kurzen Deutschkurs in den Arbeitsmarkt einzugliedern seien. Das kann doch ernst- haft niemand glauben, der wie Wirklichkeit im Arbeitsleben kennt.

Karla Kuhn / 11.09.2016

Frau Merkel und die meisten Politiker in Deutschland haben die Bodenhaftung verloren, sie sind völlig abgehoben. Die arbeitende Bevölkerung, dazu gehören auch die Leiharbeiter, dürfen gnädigst mit ihren Steuern diese Herrschaften alimentieren. Das Geld wird auch zum Teil mit sinnlosen Projekten u. a. die von IM Victoria geleitete Stiftung, zum Fenster rausgeschmissen. Flüchtlinge werden hofiert, plötzlich werden Milliarden für den Wohnungsbau locker gemacht. Einheimische Bürger warten zum Teil jahrelang auf eine Wohnung und die Leiharbeiter sind wirklich nicht zu beneiden.  Dabei wäre alles ganz einfach. Die Regierung stellt sich voll und ganz hinter ihre Bevölkerung. Eine Bevölkerung, die den Regierenden ein sehr angenehmes Leben ermöglicht. Ich hoffe ja, dass das Thema Leiharbeit beim Wahlkampf 2017 auch eine Rolle spielen wird.

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