Nachtrag, Beispiel: “Wie findest du diese Lampe?” Ohne das ich das Schatten-Muster an der Wand im Dunkeln gesehen habe, kann ich spontan dazu gar nichts sagen, denn die Form und Farbe der Lampe selbst ist bei mir eher zweitrangig.
Manchmal steht einem einfach die Logik im Weg und blockiert die Spontanität. Meine ich… MFG
Ich lese Ihre Beiträge immer wieder sehr gerne, Herr Quencher. Dass einem erst nach Gesprächen und Diskussionen die tollsten Gedanken kommen und vor allem die besten Argumente - das kenne ich aus eigener Erfahrung nur zu gut. Diejenigen, die da fix sind, sind nicht zufälligerweise auch die großen Auswendiglerner. Die kramen das alles aus ihrem “Speicher” aus. Die hatten ähnliche Diskussionen. Da sagte irgendwer was Schlaues und das haben sie sich gemerkt. Als ich das kapierte, habe ich mir auch so ein paar “Fundstücke” abgespeichert. Zum Beispiel sage ich bei Jüngeren immer gerne: “Schnellfertig ist die Jugend mit dem Wort, das sich schwer handhaben lässt wie des Messers Schneide.” Das sage ich natürlich nur, wenn mehrere junge Leute da sind und nie gezielt gegen jemand Bestimmtes, sondern mal so allgemein mit einem einleitenden “Tja”. Das macht bei den jungen Leuten immer riesenhaft Eindruck und die finden einen schon allein deswegen interessant und irgendwie “cool”, weil das so schön altmodisch klingt. Das Tollste, was das Auswendiglernen und zu viel Ehrgeiz betrifft, habe ich in der Jesuitenhochschule St. Georgen in Frankfurt erlebt. Einer der Professoren sagte doch tatsächlich vor anstehender mündlicher Prüfung: Alle die, die bei der letzten mündlichen Prüfung eine Eins oder Zwei hatten, lässt er diesmal durchfallen, wenn sie wieder so viel gelernt haben, da das sowieso nur auswendig gelerntes Zeug ist. Man sollte diesbezüglich nicht so viel Ehrgeiz entwickeln. Und tatsächlich: Alle die, die wieder viel gelernt hatten, fielen durch. Sie waren fürchterlich sauer danach, weil der Prof ständig auf irgendwas “rumhackte”, was sie gerade nicht konnten. Nur diejenigen, die nicht so viel lernten und auch bei der letzten Prüfung nur eine Drei hatten, bekamen diesmal wieder eine Drei. Sie hatten also zwei erfolgreiche Prüfungen. Der Prof begründete seine “merkwürdige” Prüfungsart damit, dass man nicht seine ganze Zeit mit Lernen verbringen sollte.
@ Max Kellner, da haben Sie wohl recht. Als Beispiel könnte man exemplarisch Helmut Schmidt nennen. Der konnte erzählen, wie er einen Topf Wasser kocht und die Nation hing ihm an den Lippen, als hätte er gerade die allgemeine Relativitätstheorie neu entwickelt. Rhetorik und Inhalt, wer von letzterem keine Ahnung hat, muss sich letztere erarbeiten, oder glauben oder fühlen.
Streit ist Creator Spiritus aller Dinge.
Die beste Methode, um Vorgefasstes, Erlerntes, Reflexhaftes von wahrer Erkenntnis zu unterscheiden, scheint mir die “Hebammenkunst” des Sokrates zu sei. Man fragt das Gegenüber einfach. Aus den Antworten ergeben sich weitere Fragen, wenn geht, so einfach wie irgend möglich formuliert. Schritt für Schritt. Aber klar: Dazu braucht es Zeit und die Bereitschaft des Gegenüber, da auch mit zu machen. Also ein Ansatz für folgende Gespräche. Bricht eine/r das Gespräch, den Kontakt vollends ab, so kann man zumindest erahnen: Es nagt an ihm, an ihr. Das ist ein Ansatzpunkt. Insgesamt geht das aber nur, wenn das Gegenüber keine Macht hat, dich einfach zu vernichten, mundtot zu machen, zu verurteilen. Kurz: Dir endgültig das Maul, das freche zu stopfen. Hier gilt dann: Praise the Lord and pass the ammunition. Amen. Sokrates selbst hat seine zu freche Klappe mit dem Leben bezahlt. Porca miseria.
Die Fernsehserie übertreibt. Zu Wallace: Nachdem Wallace 1862 nach England zurückgekehrt war, wurde er zu einem der entschiedensten Verfechter von Darwins “On the Origin of Species”. Bei einem Vorfall im Jahr 1863, der Darwin besonders gefiel, veröffentlichte Wallace die kurze Abhandlung “Remarks on the Rev. S. Haughton’s Paper on the Bee’s Cell, And on the Origin of Species” (Bemerkungen zu Rev. S. Haughtons Abhandlung über die Bienenzelle und über die Entstehung der Arten), um eine Abhandlung eines Geologieprofessors der Universität Dublin zu widerlegen, der Darwins Ausführungen in der Origin scharf kritisiert hatte, wonach sechseckige Honigbienenzellen durch natürliche Auslese entstanden sein könnten. Eine noch längere Verteidigung war ein Artikel aus dem Jahr 1867 im Quarterly Journal of Science mit dem Titel “Creation by Law”. Darin wurde das Buch The Reign of Law von George Campbell, dem 8. Duke of Argyll, rezensiert, das die natürliche Auslese widerlegen sollte. Nach einer Sitzung der British Science Association im Jahr 1870 schrieb Wallace an Darwin und beklagte sich darüber, dass es “keine Gegner mehr gibt, die etwas von Naturgeschichte verstehen, so dass es keine der guten Diskussionen mehr gibt, die wir früher geführt haben.”
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