Dirk Maxeiner / 22.07.2018 / 06:25 / Foto: Achim R. Schloeffel / 31 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Spurensuche im Solar Valley

An der A9 zwischen Leipzig und Dessau steht, ein wenig verloren, das schöne Hinweisschild „Solar Valley“. Erinnert an „Silicon Valley“. Soll es wohl auch, sehr englisch und irgendwie Zukunft verheißend. Aber auch ein bisschen großmäulig. Kein Wunder, denn Politiker glaubten hier, was sie immer glauben, nämlich ganz viele „Arbeitsplätze schaffen“ zu können. 

Dafür machten sie einen Plan. Und griffen tief in die Staatskasse, um die deutsche Solarzellenindustrie zu kreieren. Eine leuchtende Bastion politisch korrekter Wertschöpfung im Herzen des bösen Braunkohletagebau-Gebietes. Dafür nahmen Sie hunderte Millionen Euro von braven Steuerzahlern, um sie weniger braven Steuerzahlern hinterher zu werfen. 142 Millionen in Brandenburg, 120 Millionen in Sachsen-Anhalt und 143 Millionen Euro in Thüringen flossen aus den Fördertöpfen der „Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ vor allem in die Solarindustrie. 

Inzwischen ist die Kohle weg – nur die gute alte Braunkohle liegt noch in der Gegend rum. Death Valley statt Solar Valley. Die Solar-Windbeutel haben sich aus dem Staub gemacht, von den versprochenen Arbeitsplätzen ist kaum noch einer vorhanden. Ganz einfach, weil sie in China Solarzellen viel billiger bauen können. Auf dem Umweg über Energiewende-Subventionen schuf der deutsche Steuerzahler durchaus Arbeitsplätze, aber nicht, wie geplant, in Bitterfeld, sondern in so schönen Städten wie Guangzhou, Hangzhou oder Xi’an. Wie sagt Bert Brecht in der Ballade „Von der Unzulänglichkeit menschlichen Planens“:

 Ja, mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch ’nen zweiten Plan. Gehn tun sie beide nicht.

Fahren wir ab morgen rückwärts?

Nun ist der Mensch nach einer solchen Pleite meist klüger. Allerdings nicht unbedingt in Deutschland. Und schon gar nicht, wenn es sich um Amtsinhaber handelt. So hat der niedersächsische Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (SPD) der FAZ gestern ein Interview gegeben, in dem es um die Zukunft der Autoindustrie geht. Weil meint zunächst mal, man möge es mit verschärften Abgas-Grenzwerten nicht übertreiben, weil Volkswagen & Co sonst aus der Kurve getragen werden könnten. Das klingt eigentlich ganz vernünftig, schließlich lebt Niedersachsen nicht zuletzt von Steuerzahlungen, die von Volkswagen oder seinen Mitarbeitern geleistet werden.

Wer das Interview liest, muss sich aber dennoch sehr wundern. Denn da stehen sehr merkwürdige Sätze drin, von denen ich einige mal zitieren möchte. Zum Beispiel:

„Wir müssen mit der Verkehrswende ambitioniert weiter machen. Dazu gehört vor allem auch eine Transformation der Automobilindustrie“.

Wen meint der Mann mit „Wir“? (Mich kann er jedenfalls nicht in sein Gebet mit einbeziehen). Und was meint der Mann mit Verkehrswende? Fahren wir ab morgen rückwärts? Und was heißt „ambitioniert weitermachen?“ Ambitioniert rückwärts fahren? Was haben wir unter einer „Transformation der Autoindustrie“ zu verstehen? Fahrräder können die Chinesen doch billiger. Oder denkt er etwa an die „Große Transformation“, also eine Lichterscheinung, die nur Ökopäpste sehen können, während alle anderen merken, dass es dunkel wird. Und vor allem: Wie kommt ein Politiker darauf, einer florierenden Industrie eine Transformation verpassen zu wollen? Hat er nichts wichtigeres zu tun? Gibt’s sonst nix zu transformieren? 

Offenbar nein, denn Stephan-"Wir"-Weil sagt: „Wir müssen diese Industrie auf dem Weg in eine umweltgerechte Zukunft begleiten“. Begleiten ist wirklich ein sehr schönes Wort. So wie er das sagt, muss man aber davon ausgehen, dass die Autoindustrie demnächst ins Hospiz wechselt, zwecks verständnisvoller Sterbebegleitung durch Stephan Weil. Denn „die Autos sind zwar effizenter geworden, aber es gibt mehr Autos und sie sind größer geworden. Das wird sich ändern müssen“. Also weniger Autos, na gut. Und kleine Autos. Auch ne prima Idee, mit denen kann man nämlich kein Geld verdienen. Einfach gesagt: Die Autoindustrie muss schlicht aufhören, die Autos zu bauen, die die Bürger kaufen wollen. Dann wird alles gut. Die „große Transformation“ ist gewissermaßen ein Fortbildungsprogramm für den deutschen Umwelt-Ignoranten, der starrsinnig massenweise Autos kauft, und dann auch noch große. Geht ja gar nicht.

Die Autoindustrie einem finalen Crashtest unterziehen

Der Plan des VW-Aufsichtsrates Weil sieht so aus:

„Der Witz ist ja, dass das schönste Elektroauto für die Ökobilanz völlig unbedeutend ist, wenn es mit Kohlestrom betrieben wird. Der zielstrebige Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine notwendige Bedingung dafür, dass wir eine erfolgreiche Verkehrswende schaffen.“

Nachdem wir mit der Energiewende bereits gegen die Wand laufen, holen wir jetzt also turbomäßig Schwung, um auch die Autoindustrie einem finalen Crashtest zu unterziehen.

Wie sagt Stephan Weil so schön zur Energiewende: "Das Schüsselproblem ist damals gewesen, dass der Atomausstieg aus guten Gründen angeordnet worden ist. Mit der Frage der Umsetzung hat man sich erst später befasst. Umgekehrt wäre es klüger gewesen, wir hatten und haben deshalb erhebliche Probleme".

Ich versuche diesen Gedankengang jetzt mal zu ordnen: Nachdem wir mit der Energiewende gegen die Wand gefahren sind und „erhebliche Probleme haben“, brauchen wir jetzt noch mehr Windrädchen und chinesische Solarzellen, um auch die Autoindustrie gegen die Wand fahren zu können und noch mehr erhebliche Probleme zu haben. Und damit das auch zuverlässig klappt, machen wir sicherheitshalber die Kohlekraftwerke platt. Auf diese geniale Weise bringen wir den Bürger dazu, sehr kleine Elektroautos zu kaufen, die zwangsläufig deutlich billiger in China produziert werden können. Nachdem die Arbeitsplätze dann erfolgreich nach China transformiert wurden, steigen wir aufs Fahrrad um und machen einen Ausflug von Bitterfeld ins Saale-Unstrut-Solar Valley, um uns mit einem guten Tropfen die Kante zu geben. 

Foto: Achim R. Schloeffel CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Helmut Driesel / 22.07.2018

Kämpfer mit Ihrer Ausdauer könnte die deutsche Ökobewegung sicherlich gut brauchen, sehr geehrter Herr Maxeiner. Der heutige Individualverkehr ist eine “Blase” in der Entwicklung und ganz sicher nur mit Verzichten bei anderen Parametern aufrecht zu erhalten. Wenn das Herr Weil so erkannt hat, gebührt im Respekt. So eine Erkenntnis ist aber noch lange keine Lösung. Persönlich glaube ich, dass es noch weit revolutionärere Innovationen geben wird, als sie heute diskutiert und realisert werden. Fraglich, ob die hier bei uns gefunden werden. Die Chinesen werden uns da in absehbarer Zeit aus ihrer Sozialismus-Loge belächeln. Sie haben einfach mehr Talente. Der größte Umwelt-Gag währe für mich übrigens, wenn Millionen Windräder mit der Zeit die Turbulenzen in der Atmosphäre vermindern würden. Sage ich jetzt, weil es auf der Wetterkarte seit Wochen so aussieht. Auch wenn klar ist, dass es so schnell nicht gehen würde. Herr Dr. Peiser hat hier lange nichts geschrieben.

Andreas Rochow / 22.07.2018

“Stephan-‘Wir’-Weil”- ein wahrer Volkstribun unter den Pionieren der großen Transformation! Wer, bitte, wählt solche Figuren in die Landesregierung und glaubt allen Ernstes daran, dass er vom bisher ungeahndeten Dieselabgasbetrug nichts gewusst haben will. “Wir” wollen nicht mehr belogen und betrogen werden; an meiner Zukunft hat dieser schamlose Populist nicht auch noch herumzufummeln. Es reicht!

Joe Haeusler / 22.07.2018

Solange das Quellvieh, der Ursprung der “sprudelnden Steuerquellen” liefert, wird die visionäre Besoffenheit weiter fröhliche Urständ feiern. Dass dabei jedes Jahr Summen in der institutionalisierten Korruption versickern, die das Viel-1000-fache betragen, die ein Uli Hoeness jemals beinahe bei Seite schaffen konnte, wen kratzt das?

Rolf Menzen / 22.07.2018

Dummerweise gehen Leute, die sonst für nichts zu gebrauchen sind, in die Politik und massen sich dann an, von allem Ahnung zu haben. Leider haben sie von nichts ne Ahnung und machen alles kaputt.

Karla Kuhn / 22.07.2018

“Die Solar-Windbeutel haben sich aus dem Staub gemacht, von den versprochenen Arbeitsplätzen ist kaum noch einer vorhanden.” Die Solar-Windbeutel, herrlich, obwohl eine Schande. Sie haben geplant… Ja der FÜNF Jahresplan war ja auch beispielhaft !!  Wer die Millionen, heute fast nur noch Milliarden nicht selber erarbeiten muß, kann ganz sie ganz locker von Hocker ausgeben. Anscheinend gibt es in der Politik kaum noch richtig gute Ökonomen ?? Wurden oder werden die STEUERGELDER VERSCHWENDER eigentlich zur Rechenschaft gezogen ??  “Ich versuche diesen Gedankengang jetzt mal zu ordnen: Nachdem wir mit der Energiewende gegen die Wand gefahren sind und „erhebliche Probleme haben“, brauchen wir jetzt noch mehr Windrädchen und chinesische Solarzellen, um auch die Autoindustrie gegen die Wand fahren zu können und noch mehr erhebliche Probleme zu haben. Und damit das auch zuverlässig klappt, machen wir sicherheitshalber die Kohlekraftwerke platt. Auf diese geniale Weise bringen wir den Bürger dazu, sehr kleine Elektroautos zu kaufen, die zwangsläufig deutlich billiger in China produziert werden können. Nachdem die Arbeitsplätze dann erfolgreich nach China transformiert wurden, steigen wir aufs Fahrrad um und machen einen Ausflug von Bitterfeld ins Saale-Unstrut-Solar Valley, um uns mit einem guten Tropfen die Kante zu geben.”  Wegen solchen Sätzen lese ich den Sonntagsfahrer mit purem Genuß, dazu ein Käffchen und die Welt ist wieder in Ordnung. Humor ist wenn man trotzdem lacht !!

Ruedi Tschudi / 22.07.2018

Gut, daß es in der Steinzeit noch keine Politiker gab. Wir würden noch heute in Höhlen leben. Vielleicht bald wieder?

Eberhard Knechtel / 22.07.2018

Den Deutschen ist leider der Verstand abhanden gekommen. Physik der Unterstufe und Dreisatz werden durch korrekte Haltung ersetzt. „Wir müssen doch etwas tun!“ ist spätestens nach 3 Minuten die Antwort der eigentlich Gebildeten. Ich vermute, dass im Hinterkopf der Bürger das „Wir schaffen das!“ nachhaltig eingepflanzt worden ist. Nun denn - so soll es wohl dann sein.

Thomas Weidner / 22.07.2018

Und für jeden, der bei dieser Geldvernichtung in maßgeblicher Funktion beteiligt war - 25 Jahre Arbeitslager. Das auch, um ganz grundsätzlich Entscheider zu erziehen, mit anderer Leute sauer erarbeitetem Geld klug und umsichtig umzugehen. Oder kurz: Wer für seine Funktion “Verantwortung” reklamiert und mit dieser Begründung dickes Geld kassiert - soll auch die Verantwortung im Ernstfall tragen. Das nicht nur mit folgenlosem Blabla.

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