Dirk Maxeiner / 22.08.2021 / 06:00 / 61 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: SOS, Marathon!

20.000 Nervensägen umrunden Berlin auf gesperrten Straßen zum Zwecke der Körperertüchtigung. Der Rest der Berliner wird solange eingesperrt. Soviel zum Gesundheitszustand dieser Metropole.

An diesem Wochenende legen 20.000 Zeitgenossen die Fortbewegung in Berlin still. Die Stadt wimmelt nur so von Checkpoints und Straßensperren, wie in Kabul seit dem Einmarsch der Taliban. Meine Wohnstatt in Moabit ist praktisch abgeschlossen, es gibt mit dem Auto keinen Weg rein und keinen raus, und selbst zu Fuß wird’s schwierig. Bedauerlicherweise hat auch niemand eine Luftbrücke mit ein paar alten Hubschraubern Modell Saigon eingerichtet, um die Turmstraße oder die des 17. Juni zu überwinden und der Metropole des Wahnsinns zu entfliehen.

Urlauber, die mit ihrer Familienkutsche aus der Ferne zurückkehren und sich auf das heimische Bett freuen, müssen samt Kinderschar irgendwo am Wegesrand campieren und bei Wasser und Brot darben, bis sie sich im Schutze der Nacht nach Hause durchschlagen können. Und wer, wie ich, in die heimischen Gefilde Restdeutschlands entfliehen will, sieht sich eingesperrt mit Angela Merkel, Peter Altmaier und Helge Braun, falls sie nicht nach Elba ausgeflogen sind, was mich sehr beruhigen würde. Sonst könnte leicht Klaustrophobie aufkommen, stellen Sie es sich vor wie eine überfüllte Ausnüchterungszelle. Ulbrichts Mauer war ein geradezu durchlässiges Unterfangen im Vergleich zu Müllers Berlin-Marathon

20.000 bändchentragende, getestete und geimpfte Nervensägen umrunden die Stadt auf gesperrten Straßen zum Zwecke der Körperertüchtigung, und der Rest der Berliner muss deshalb zu Hause bleiben und auf dem Balkon eine Currywurst grillen, was eine recht hübsche Metapher über den Gesundheitszustand dieser Metropole ergibt. Ungeimpfte dürfen vermutlich nicht mitmachen, was diese in der Mehrzahl wohl nicht wirklich bedauern. Die sogenannte 3G-Regel (geimpft, genesen, getestet) erinnert mich ohnehin ein wenig an die herzigen Anzeigen des örtlichen Tierheims, in dem Welpen als „gechipt, geimpft und kastriert“ (GGK-Regel) beworben werden. Wenn ich mir den Söder so anschaue, beschleicht mich deshalb immer eine gewisse Sorge ums Gemächt. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis der bayrische Landesvater mit der Losung „Kastrieren ist der Weg zur Freiheit“ in den Wahlkampf eingreift. Das wäre sogar sehr zielführend, besonders wenn Söder bei sich selbst anfinge – der Aiwanger drückt sich garantiert wieder.

Die Kunde vom Sieg des Wahnsinns

Das Drohpotenzial des Ausschlusses der Impfignoranten vom kulturellen Leben wird meiner Meinung nach ohnehin extrem überschätzt. Wer will schon sechs Stunden lang auf den Holzstühlen des Bayreuther Festspielhauses der Götterdämmerung beiwohnen. Das kann man doch viel bequemer und unterhaltsamer haben, etwa wenn man um 20:00 Uhr die große öffentlich-rechtliche Oper in der Tagesschau anschaut. Da kriegt man in 15 Minuten komprimiert die volle Wagner-Dröhnung: „Deutsch sein heißt eine Sache um ihrer selbst willen zu tun“. Außerdem ist es nur eine Frage der Zeit, bis der erste Verantwortliche für die gegenwärtige Politik anfängt zu singen, Heiko Maas übt ja schon. 

Aber zurück zum Marathon. Mein im eingeschlossenen Berlin stillgelegter Volvo wird nun mit seinem bayrischen Kennzeichen der örtlichen Parkraumbewirtschaftung anheimfallen, die hat nämlich die Lizenz zum Abkassieren von Nicht-Anwohnern. Berlin ist somit der einzige Knast, in dem man für den Aufenthalt auch noch bezahlen muss. Die Geiseltaxe beträgt meiner Erfahrung nach 15 Euro täglich und steht historisch in der Tradition des Zwangsumtausches (Berlins zuständiger Innensenator Andreas Geisel verfügt über prima SED-Credentials).

Ich überlege mir jetzt ernsthaft, ob ich einen Fluchtversuch unternehme. Heißluftballon wäre sehr schön, aber da sitzen schon Karl Lauterbach und Saskia Esken drin. Wer weiß, wo die landen. Und im Tunnel stecken Michael Müller und Armin Laschet fest, der eine will raus, der andere rein, verdammt. Ich werde mir also ein buntes Höschen und ein flatterndes Hemdchen mit einer hübschen Startnummer anziehen und mich keuchend auf Höhe Alt-Moabit in den Festumzug einreihen, um dann unauffällig in Richtung Heimat abzubiegen. Ähnlich wie jener legendäre Läufer an der Ostküste Attikas, der im Jahre 490 den Athenern die Kunde vom Sieg der Griechen über die Perser überbrachte, werde ich in Potsdam einen alten Diesel klauen, der dann in Augsburg röchelnd in einer schwarzen Wolke verendet, nachdem ich den Meinen vom endgültigen Sieg des Wahnsinns in Berlin berichtet habe.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

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Leserpost

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Michael Brüggemann / 22.08.2021

Ihrendein Psychiater sagte mir mal: Menschen die rennen befinden sich auf der Flucht sonst würden sie ja die für ihresgleichen normale Art des Gehens wählen. Wenn ich die Menschen, die diese Fortbewegungsart wählen, in meinem Umfeld betrachte, befinden sie sich alle in ungelösten Lebenssituationen. Da ich ebenfalls früher diesem Sport fröhnte, der übrigens auf Asphalt die Gelenke kaputt macht, spreche ich aus Erfahrung. Schönen Marathon

Karsten Dörre / 22.08.2021

Ja, ja. Gesundheit nur den Schafen, denn nur diese werden regelmäßig geschurt.

Arno Josef / 22.08.2021

Wir werden es erfahren, wie der Massenstart in Berlin ausgegangen ist. Wenn sich die Teilnehmer beim Start mit den obligatorischen 1,5 m aufstellen, mit denen ich das vor der Pommesbude muss - der letzte hat dann einen klitzekleinen Nachteil. Apropos Berlin: Wenn ich nochmals nach Berlin fahre, dann ist das mich wie ein Zoobesuch. Ich sehe dort reichlich seltsame Tiere, die Lemmingen gleich in den Abgrund springen, weil der R2G Senat und die ex-SED und West Kommunisten Maoisten beschlossen haben, diese Stadt in Besitz zu nehmen. So was ist in den 30igern und 40igern schon mal passiert, wie die meisten Roten (fair sein), auf einmal die Farbe gewechselt haben. Na ja, aus rot und grün macht mal halt braun. Das ist der Treppenwitz der Geschichte, dass wieder Veganer, Asketen und Gesinnungseliten die Gesellschaft spalten.

Peer Doerrer / 22.08.2021

Die gleiche Horror - Picture - Tour habe ich auch regelmäßig in Frankfurt am Main wenn es den Frankfurt - Marathon gibt und die halbe Stadt lahmgelegt wird . Dazu kommen noch J.P. Morgan Lauf , ab und zu der Iron -Man - Lauf und die netten Demo -Belustigungen der fff - Kiddies . An diesen Tag kann man in der Innenstadt sein Auto verschrotten . Also flüchten aus Berlin würde ich , wie ich es 1990 getan habe , mit der Bahn ( Friedrichshainer bis 1990 ) . Von fast jedem Punkt in Berlin fährt irgendwo eine U -oder S- Bahn . Dann mit dem Bummelzug nach Potsdam , meiner Geburtsstadt . Sehr empfehlenswerte Stadt , sieht heute aus wie Phönix aus der Asche besonders der schöne restaurierte Stadtkern an der St. Nikolaikirche . Wenn man genug Zeit hat , empfiehlt sich eine Flucht aus Berlin mit dem Boot . Es gibt eine Verbindung der Spree mit der Havel und zahlreiche Seen um abzutauchen . In Berlin heute wohnen , nein danke , wenn ich sehe , wie die Antifakasperle in der Rigaer Straße hausen ( früherer Wohnort Rigaer Str.64 ) kommt mir das kalte Grausen .

Bernd Ackermann / 22.08.2021

Hat die UN Beobachter nach Berlin entsandt? Nur für den Fall, dass der potentielle Sieger (vermutlich irgendein Kenianer) 50m vor dem Ziel von Geisels uniformierter Querschläger-Truppe auf den Boden geworfen und durchgeprügelt wird. Falls Sie es nicht bis nach Potsdam schaffen: Bei den Olympischen Spielen Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Läufer gern mit Kokain gedopt (war damals erlaubt), wenn Sie also am Görlitzer Park vorbeikommen einfach ein Tütchen reinziehen, das hilft dem Eskimo wieder auf den Schlitten. Und falls in Berlin mittlerweile auf ungeimpfte Republikflüchtige geschossen wird kann ich nur raten: Ducken, im Zick-Zack laufen und sich auf dem Gelände der iranischen Botschaft in Sicherheit bringen.

Franck Royale / 22.08.2021

Mit dem Marathon droht Berlin heute wieder der CO2-Infarkt und ein schwerer, spontaner Mikroklimawandel mit Unwetter am Abend. Wenn Menschen laufen, verbrauchen sie 9x mehr Luft, als wenn sie nichts tun. Und das x 20.000 mitten in der Stadt. Am besten legen sich alle GKG (Gesund, Krank, Genmanipuliert) für den CO2-Ausgleich schlafen, dann verbrauchen sie 12x weniger Luft als die klimaschädlichen Läufer.

P. Kiefer / 22.08.2021

Was den ersten Marathonläufer betrifft, so habe ich mich schon immer gefragt, warum der Kerl sich eigentlich nicht aufs Pferd geschwungen hat, um die Siegesnachricht zu überbringen. Das wäre erstens doch wohl viel schneller gegangen und zweitens hätte er dann ja auch was von der Siegesfeier gehabt. So ist er, wenn ich mich nicht irre, direkt nach vollbrachter Tat tot umgefallen. Kennt vielleicht unter den Mitforisten jemand den eigentlichen Grund für diesen blöden Dauerlauf?  Für Aufklärung wäre ich sehr verbunden. Im übrigen wünsche ich allen einen beschaulichen Sonntag.

Günter Schaumburg / 22.08.2021

Und wieder etwas Licht in diesem dunklen Leben. Danke, Herr Maxeiner.

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