Wenn ich diese Zustandsberichte aus den Chefetagen der deutschen Konzerne lese, werde ich an meinen früheren Kombinatsdirektor erinnert. Immer wenn er von einer der berüchtigten Runderneuerungskonferenzen beim Wirtschaftssekretär Günter Mittag kam, wurde die dort gewonnene “ideologische Ertüchtigung” nach unten weiter gegeben. Betriebsdirektoren, die ihre Pläne nicht erfüllten, weil sie diese objektiv, wegen fehlender Vormaterialien nicht erfüllen konnten, wurden unter Druck gesetzt und verschlissen. Der Brief an das nächste ZK- Plenum, mit einer neuen Verpflichtung zur Übererfüllung des Kombinatsplanes, natürlich zum Wohle des Volkes, war aber schon geschrieben. Schon damals konnten in diesen Funktionen meist nur Gummibärchen (Ausnahmen gab es), flexibel und klebrig überleben.
Bekanntheit und Einfluss des Käser Sepp beruhen nicht auf Leistungen etwa als große Dichter, Wissenschaftler, Sportler oder Künstler. Die Leistung fällt in die Gattung Macht und Geld. Die dafür nützliche soziale Kompetenz ist hochkomplex. Sie zählt neben der “frühen familiären Prägung”, Neigungen, Begegnungen und Freundschaften, “Schicksal” zu den Deutungsmustern, mit denen wir V.i.P.s zu verstehen versuchen.Biographen bleiben vom Charisma geblendet, analytisch im schwärmerisch Vagen. Die Auflistung, mit wem der neue Held kann und mit wem nicht, erlaubt nur scheinbar Rückschlüsse auf seine Persönlichkeit. Das exorbitante Jahressalär, das er einsteckt, und mit welchen Aktionen er sich bei den Wohltätern und “selbstlosen Gutmenschen” (einer nichtexistenten Spezies!) einreiht, wird medial als menschliche Größe dargestellt: Stifter, Mäzen und Botschafter der Waisenkinder von Zalingai/Sudan usw. Schließlich bleiben noch Fingerzeige auf das “ganz bescheidene Leben”, des “gut Geerdeten”: ökovegane Ernährung, Jogging, Radfahren, sonntäglicher Kirchgang, zivilgesellschaftliches Engagement in der niederbayrischen Heimatgemeinde, für den deutschen Wald im Jagdverein und last but not least: Sein Dackel Maximilian! - Diese fiktive Vita ist prototypisch für eine Oligarchenschicht, die sich gern und vehement ohne jedes demokratische Mandat machtpolitisch betätigt. Ein freiheitlich-demokratisches Staatswesen ist gut beraten, wenn es sich konsequent vor der Einflussnahme durch Oligarchen und ihre unternehmensnahe Stiftungen schützt! Deren Agieren ist immer schwer von Erpressung, Bestechung und antidemokratischem Aktivismus abzugrenzen. Auch Millionäre haben als Wähler nur eine Stimme. Gegen Lobbyarbeit, wenn sie öffentlich und vom Parlament beurteilbar stattfindet, ist demokratiehygienisch nichts einzuwenden. Millionäre genießen Minderheitenschutz wie andere Minderheiten auch. Das ändert nichts daran, dass in Demokratien ausschließlich Mehrheiten entscheiden.
Die Umbenennung von Käse(r) zu Käser hat einen historisch weitgehenden Bezug, denn der Schritt zu Caesar ist nur ein kleiner für den Sepp.
Bei einer “Konzern-Führung á la Sepp” ersetzt seit längerem “Zeitgeist-Moral” den Sachverstand und Fachwissen. Es ist also nicht überraschend, daß dieser Moralapostel tendentiell den stolzen erfolgreichen Siemens-Konzern langsam, aber sicher gegen die Wand fährt. Die Konkurrenz in aller (anderen) Herren Länder freut es. Natürlich sollte es auch alle deutschen Steuerzahler und Siemens-Mitarbeiter freuen, dürfen sie sich doch in der höchsten Moral-Etage einordnen. Verlust an Steuereinnahmen, Arbeitsplatzabbau, ... wen stört’s? Doch nur Kleingeister, oder? Schönen Sonntag wünsche ich, selbst solch’ ein Kleingeist.
In der Politik braucht man ja keinerlei Berufsausbildung oder -erfahrung. Herr Kaeser möchte das jetzt ebenso in der Wirtschaft etablieren, vielleicht gelingt das ja auch im Wettbewerb: Wer ist zuerst am Ende…
Was stellt ein bayrischer Käser her? Eben.
Ich bin zwar nicht bei Siemens, aber es könnte genauso Siemens sein. Ich stelle mir gerade vor wie demütigend es für einen Siemens Mitarbeiter sein muss, der sich bald 15 Jahre für die Firma eingesetzt hat, der es aufgrund seines umfangreichen (nicht-nur-Fach) Wissens und seines Ideenreichtums ins mittleren Management geschafft hat, wo er sehr angesehen ist und verantwortungsvolle Projekte leitet, der zwar nicht gerade am Hungertuch nagt, aber von den Gehältern der Topmanager Lichtjahre entfernt ist, und dann soll so eine hysterisierte halbgebildete Göre einen Aufsichtsratsposten bekommen. Wobei es eigentlich völlig egal ist ob wie die Firma gerade heißt. Das Problem ist auch nicht Käeser. Käser macht wofür er bezahlt wird. Das Problem ist, dass der Staat sich anmaßt, die Teilnahme an seinen Ausschreibungen von der bedingungslosen Subordination der bietenden Firmen unter zeitgeistige ideologische Steckenpferde wie Diversity oder Klimahysterie abhängig zu machen. Das halte ich für den eigentlichen Skandal.
Rackete ist auf einem als Sportboot unter Niederländischer Flagge registrierten Fahrzeug tätig (gewesen). Auf Sportbooten gibt es keinen Kapitän sondern Bootsführer. Die richtige Bezeichnung wäre also Bootsführerin. Kapitäne (m/w/d) sind Betriebsleiter eines seegehenden, als Kauffahrteischiff im Flagstaat registrierten, seegehenden Fahrzeugs. Dazu ist es notwendig das entsprechende nautische Patent zu führen. Inhaber eines entsprechenden Patentes zu sein, erzeugt aber nicht automatisch einen Kapitän, sondern die Berufung durch die Reederei in diese Stellung an Bord eines Kauffahrteischiffes (siehe oben). Mich nervt das so, wie es einen Schriftsteller nerven würde, wenn jeder Eigentümer eines Kugelschreibers als Schriftsteller bezeichnet wird. Wohlan…
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