Der Königinnenweg zur Rettung der Welt

Weil die brisante englische Politik in diesen Tagen noch eine Prise brisanter ist, habe ich mir auf Youtube die offizielle Parlamentseröffnung und die Queen's Speech zu Gemüte geführt. Die Regierungserklärung der altersgebeugten Königin war den Umständen entsprechend wenig erhellend. Aber beim Betrachten des ganzen Zeremoniells bin ich auf den Königsweg, oder besser den Königinnenweg zur Rettung der Welt gestoßen.

Elizabeth und Sohn Charles haben den Weg vom Buckingham Palast zum Westminster-Parlament zurückgelegt, ohne auch nur eine Unze klimaschädliches CO2 auszustoßen. Sie haben sich, der Tradition folgend, in ihrer schmucken Pferdekutsche die Mall entlang und dann durch die Horse Guards zum Ober- und Unterhaus traben lassen. Umweltfreundlicher geht es kaum. 

Elizabeth legte ihren Weg in einer haselnussbraunen, stark mit Gold verzierten sechsspännigen Kutsche zurück. Also mit sechs benzinfreien Pferdestärken, die die sechs Schimmel trotz dreier aufsitzender Reiter in ruhiger Power, wenn auch mit reduzierter Geschwindigkeit auf die Straße brachten. Auch die begleitenden Reiter begaben sich so klimafreundlich auf die kurze Reise, dass Greta Thunberg ihre helle Freude gehabt hätte, wäre sie nicht weniger klimafreundlich auf einer längeren Reise unterwegs gewesen.

Kurz und gut: Ich denke, eine Rückkehr zu den traditionellen Pferdestärken wäre ein großer Schritt in Richtung der Klimaziele, die sich unsere Regierung bisher so vergeblich gesteckt hat. Natürlich muss das neue Kutschen-Zeitalter nicht unbedingt in königlichem Gold daherkommen. Auch muss die klimarettende Kutsche nicht sechsspännig sein. Sie wird, wie heute der Sechs-Zylinder-Pkw, der oberen Mittelklasse vorbehalten sein. Die Mittelschicht wird sich gerne mit vier Pferden begnügen, wie heute mit vier Zylindern. Selbst zwei Pferde, ja ein Einzeltier tun es, wenn die Kutsche entsprechend klein und leicht gebaut ist. Ich denke an eine Kutschen-Smart-Klasse, wendig und leicht zu parken.

Weltstadt mit Kutschen-Tsunami

Realistischerweise kann man allerdings nicht sagen, dass Pferdekutschen Platz sparend sind. Es wird ebenso häufig zu Pferdekutschen-Staus kommen wie heute zu Benzinkutschen-Staus. Das ist aber machbar, wie man bei Theodor Fontane nachlesen kann, der Mitte des 19. Jahrhunderts viel unterwegs war. In seinen „Wanderungen durch England und Schottland“ beschreibt er in lebendigen Farben, wie er gelegentlich im Londoner Verkehrschaos stecken blieb. London war damals eine Weltstadt mit einem wahren Kutschen-Tsunami.

Aber was Fontane aushielt, sollten wir auch aushalten können. Im Übrigen ist der reisende Schriftsteller auch gerne im Bus unterwegs gewesen. Daraus lernen wir, dass im neuen Pferdekutschen-Zeitalter der öffentliche Nahverkehr durchaus zu seinem Recht kommen kann. Allerdings beschreibt Fontane auch, dass der Bus-Kutscher gerne von seiner Peitsche Gebrauch machte. Hier müsste man zu zeitgemäßen Lösungen im Sinne eines modernen Tierschutzes kommen. Also Zuckerbrot statt Peitsche.

Was nun den Kutscher angeht, so stellt sich die Frage, ob er in der Lieferung der Kutsche inbegriffen ist oder ob er separat erworben werden muss. Oder ob es auch ohne geht. Alle Alternativen sind denkbar. Es wird sicher begeisterte Selbstkutscher geben. Aber viele, die vor Pferden scheuen, werden sich lieber einem Kutscher anvertrauen. Im Sinne einer Arbeitsbeschaffung wäre dies sogar wünschenswert. Schließlich werden viele tausend Automonteure sich aus ökologischen Gründen von ihren Berufen verabschieden müssen. Ihnen bietet das Kutscherhandwerk eine vielleicht technisch weniger anspruchsvolle, dafür aber gesamtheitlich erfüllendere Perspektive.

Im übrigen ist die Kutsche nicht alternativlos. Vergessen wir nicht die Reiter, die Englands Queen zum Westminster-Palast begleiteten. Auch dem Reiter kann die Zukunft gehören. Er hat, wie der Motorradfahrer von heute, den Vorteil, dass er sich geschickt durch die zu erwartenden Kutschen-Staus schlängeln kann. Dies ohne aufheulenden und klimakritischen Motorenlärm sondern im melodischen Klippklapp des Trabers.

Kann man unser Klima, also die Welt, wie wir sie kennen, schöner retten als auf dem Rücken oder hinter dem Gesäß der Pferde? Ich wüsste nicht wie. 

Foto: Ministry of Information Imperial War Museums via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Elisabeth Prehn / 15.10.2019

Ministerpräsident Kretschmer hat doch für Stuttgarts Handwerker Lastenfahrräder vorgeschlagen. Ich verstehe nicht warum dieser Gedanke nicht Bundesweit aufgegriffen wird. So mit einer Heizungsanlage auf dem Fahrradanhänger Hügel rauf und Hügel runter in Stuttgart,  das macht doch Freude.

O. Prantl / 15.10.2019

“.....ohne auch nur eine Unze klimaschädliches CO2 auszustoßen.” Pferde ohne Atmung, Kühe ohne Hörner, welch schöne neue Welt ! ...und wenn die dann noch das Parlament wegen des CO2-Austoßes still legen, dann…..

Frances Johnson / 15.10.2019

@ Andrea Walter: Alles pupst: “Wer etwas gegen das Methan unternehmen will, sollte nicht bei Reis und Rindern stehenbleiben. Sümpfe, Moore und Seen setzen viel mehr Methan frei als die Reisfelder.” Titel: Nicht nur Rinder sind Methanschleudern. Auch in Deutschlandfunkkultur gibt es sinnvolle Stücke. Von Udo Pollmer, kein Wunder.

Karsten Dörre / 15.10.2019

In einer interessanten Fernsehsendung wurde nachgewiesen, warum der Wolf zum Hund wurde: als erstes Zugtier der Menschen für Schlitten in der damaligen Kaltzeit des gerade aktiven Eiszeitalter (Känozoische Eiszeitalter). Da die nächste Kaltzeit im gerade aktiven Eiszeitalter (Känozoische Eiszeitalter) vermutlich übersprungen wird und eine Folgewarmzeit kommt, ist es keineswegs ein Nachteil Hunde vor Fuhrwerke zu spannen. Die Menschheit hat sich weiterentwickelt/angepasst und mittlerweile das Rad erfunden.

Karla Kuhn / 15.10.2019

Und was ist mit den vielen Pferdeäppeln ? (Pferdeäpfel). Früher haben wir die von den Brauereipferden gesammelt und in den Garten gebracht. Leider wird ja heute, auch wegen dem “Zuwachs” jedes noch so kleine Fleckchen zugebaut oder “verdichtet”, so daß schon das Regenwasser Mühe hat abzulaufen. Na ja, Gummischuhe werden dann eben der neuer Trend, geht auch nicht, können nicht “klimaneutral” hergestellt werden. Falls die Welt, das Universum eine Seele haben sollte, dann lacht die sich über uns, vor allem über die Deutschen kaputt.

Dr Martin Treiber / 15.10.2019

Also ich habe mal eine Überschlagsrechnung gemacht und dabei die Tagesemission von Pferden mit der typischen Länge einer Kutschfahrt verrechnet. Das bestürzende Ergebnis: Ein Sechsspänner emittiert mindestens 1000g CO2/km. Hinzu kommen die indirekten Emissionen der Futtermittelproduktion. Ein Verbrenner, selbst von der Größe des Trumpschen “Beasts”, ist da viel klimaschonender (sofern “Klimaschonung” überhaupt einen Sinn ergibt).

alberto lopez / 15.10.2019

in dem sinn könnte man das unnützige lebende sportgerät der Töchter vieler Reicher sinnvoll nutzen Für Arme kämen alternativ Hunde in frage wie nach dem Krieg ,kleinere karren wurden damals von Hunden gezogen vor allem die zb von Scherenschleifer

Thomas Taterka / 15.10.2019

@IlonaG.Grimm : Mit Verlaub, ich halte es mit dem Herodot -Motto aus Tania Blixens ” Jenseits von Afrika “: “Reiten, Bogenschiessen, die Wahrheit sagen. ” Und dem Schlusstoast aus Pollacks Verfilmung : ” Rosenlippige Mädchen, leichtfüssige Jungs “. Liebe Grüße und Danke für Ihre immer guten Kommentare, ganz besonders bei Joel Kotkin. Ich war - beeindruckt über Ihre Zusammenfassung seriöser Politik.

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