Das alles kommt mir sehr bekannt vor: „ich kenne die Weise, ich kenne den Text, ich kenn‘ auch die Herren Verfasser….“ Noch haben auch andere Stimmen die Chance ihre Meinung in Wort und Schrift zu veröffentlichen. Der Bannfluch heutzutage zeigt sich nicht mehr mittels Freiheitsentzug, Folter oder physischer Vernichtung, die soziale Vernichtung ist viel diffiziler und tut es auch. Mich ängstigt am meisten, dass das auf freiwilliger Basis geschieht, entweder aus Doofheit oder aus Karrieregeilheit.
Stimme vollkommen zu, aber was kann man dagegen tun? Meine Kinder arbeiten in Australien und Austria, ich bin noch fern der Rente, aber mag nicht mehr mit zusehen, wie sich unser Land selbst vernichtet. Aus berufener Quelle, die ganze Welt (OK, Österreich und Australien kann ich bestätigen) hält uns für verrückt. Der deutsche Michel wählt heiter weiter wie bisher. Die steigende Gewalt überall, auch deshalb habe ich mich erst nach langem Ringen entschlossen, die Bundestagpetition der Gemeinsamen Erklärung 2018 zu unterzeichnen. Teile der Ludwig Erhard Stiftung erklären jemand wie Roland Tichy zum Monster, verbale Angriffe sind bei Björn Höcke und AfD-Politikern schon lange das geringere Übel, hier wird schon das Eigentum beschmiert und beschädigt, Gauland wurde die Hose geklaut, körperliche Verletzungen sind nur noch eine Frage der Zeit. “Hasskommentare” gegen “Rechts” (was mittlerweile fast alles jenseits des äußersten linken Randes ist) sind anscheinend genehmigt und keiner macht deswegen großes Aufheben. Wenn ich es nicht mehr aushalte und gehe, kann man ja meine Lagerhallen zum Asylantenheim umbauen. Es ist zum Heulen.
Wer weiß, irgendwann, wenn der Wind sich gedreht hat, werden die schrillen Populisten von heute froh sein, ihre Meinung wiederum frank und frei äußern zu können. Wenn sie sich bis dahin nicht zerfleischt haben.
Als ich in den 60er Jahren in der Schule sehr ausführlich (ja, das gab es auch) die NS-Zeit durchnahm, fragte ich mich, was das für Menschen sind, die “Kauft nicht bei Juden” geschrieben und geschrien haben. Heute weiß ich es: ganz gewöhnliche Menschen, die glauben, auf der einzig richtigen Seite zu stehen. Insofern: nix gelernt.
Da heute in vielleicht jeder zweiten Journalistenbiografie die TAZ als eine Art erweiterter Journalistenschule am Anfang steht, geschieht hier allein schon eine ideologische Vorauswahl. Anschließend ist es heute fast egal, wo man hingeht, so eng ist das abgebildete Meinungsspektrum der Mainstream - Medien geworden. Und wenn die ideologisch Fixierten erst mal irgendwo drin sind, holen sie die ihnen Genehmen nach. So entsteht, was uns heute so erschrecket. Hinzu kommt die fast religiöse Überzeugung, dass man auf der richtigen Seite steht. Schon immer ein linkes Phänomen.
Wer Intoleranz pflegt, verfügt nur über eine begrenzte Auswahl an Möglichkeiten der Diskursführung. Um sich einer fairen Diskussion zu entziehen, wird das Thema per se in Frage gestellt oder besser noch gleich skandalisiert. Damit begibt man sich direkt auf die emotionale Empörungsebene, die jeglichen Sachverstand und Realitätssinn ad hoc ausblendet. Man segelt auf dem Meer der Emotionen, angetrieben vom moralinsauren Wind der selbstgefälligen Ich - bin- besser- als -Du-Haltung und gibt sich damit selbstverständlich das Recht, Andersdenkende zu beschimpfen und zu desavouieren. Immer wieder gerne genommen und deshalb zunehmend wirkungslos, den Andersdenkenden als ‘rechts’ , ‘rechtspopulistisch oder ‘rechtsradikal’ zu bezichtigen, wobei die Grenzen je nach Perspektive und Moralanspruch des intoleranten Betrachters fließend sind. So soll nur noch die eine, the one and only Meinung existieren, wie in einen Algorithmus, der sich in der ‘Zeit’ widerspiegelt. Diese apodiktische Haltung macht selbst vor den eigenen Leuten nicht halt. Frau Lau wird zur Wiedergutmachung einen Schwimmkurs absolvieren müssen, denn bevor sie nicht höchstpersönlich 10 Migranten vor der libyschen Küste rausgezogen und wiederbelebt hat, wird ihr von ihrem intoleranten Umfeld keine Gnade gewährt!
So ist das halt, wenn sich historische Prozesse der Willkür, des Extremismus und der willigen Selbstzerstärung wiederholen: Ein Kapitän, der sich klar laufend der Beihilfe zur Schlepperei schuldig gemacht hat (nebenbei dauerhaft unsinnige Sozialkosten in undefinierter Höhe mitverursacht), eigentlich in den Knast gehört, wird von einer 150-jährigen Traditionspartei in Bayern ausgezeichnet. Wie bei den kleinen trotzigen Kindern. Die Rechnung für diesen dekadenten Dünpfiff, die eines Tages uns allen präsentiert wird, kann niemandem gefallen…
Herkunft, Vita, Stallgeruch, Geschlecht – stimmt einfach alles: Ja, aber auch dann werden sie verteufelt, wenn sie anderer Meinung sind, als angesagt ist. Rassisch minderwertige slawische gar katholische Stimmen werden bei dem “humanistischen” Kampfblatt ja erst gar nicht zugelassen … Ortega y Gasset schrieb im “Aufstand der Massen”: “Wie es in Nordamerika heißt: Anderssein ist unanständig. Die Masse vernichtet alles, was anders, was ausgezeichnet, persönlich, eigenbegabt und erlesen ist. Wer nicht “wie alle” ist, wer nicht “wie alle” denkt, läuft Gefahr, ausgeschaltet zu werden. Und es ist klar, daß “alle” eben nicht alle sind. “Alle” waren normalerweise die komplexe Einheit aus Masse und andersdenkenden, besonderen Eliten. Heute sind “alle” nur noch die Masse.” Und “Die Zeit” ist heute der Masse Kampfblatt und stimme, wie auch “Der Spiegel”. Was für ein tiefer Fall..
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