Susanne Baumstark / 03.07.2019 / 16:00 / Foto: U.S. D.D. / 31 / Seite ausdrucken

Der Fall Sea-Watch: “Mit den Gebirgsjägern nach Italien”

In der Causa Sea-Watch musste der italienische Regierungschef Giuseppe Conte die deutsche Regierungsspitze bereits über das Einmaleins des demokratischen Staatswesens aufklären: „Bundeskanzlerin Angela Merkel habe ihn auf die 31-Jährige angesprochen. ‚Ich habe ihr gesagt, dass sich in Italien wie (…) auch bei ihr in Deutschland die exekutive Macht von der gerichtlichen Macht unterscheidet.‘ Er könne als Regierungschef nicht eingreifen und den Richtern ein Verhalten nahelegen. Der Fall liege in den Händen des Gerichts.“ Matteo Salvini twitterte derweil an die Adresse des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier die Bitte, zu vermeiden, dass deutsche Bürger gegen italienische Gesetze verstoßen und das Leben italienischer Beamten riskieren. Die Kapitänin von „Sea-Watch 3“, Carola Rackete, hatte nämlich bei ihrer selbstherrlichen Einfahrt in den Hafen in Lampedusa ein Polizeiboot touchiert. Nur am Rande erfährt man: „Es gab keine Notlage“, so ein Staatsanwalt. „Die Sea-Watch 3 habe auch außerhalb des Hafens ärztliche Hilfe bekommen.“ 

Den Hausarrest gegen Rackete hat die Untersuchungsrichterin Alessandra Vella im sizilianischen Agrigento inzwischen aufgehoben. Die Kapitänin sei gezwungen worden, Lampedusa anzusteuern: die Häfen in Libyen und Tunesien seien nicht sicher. Aktuell befinde sich Rackete „wegen Drohungen an einem geheimen Ort“. Am 9. Juli muss sie „wegen des Vorwurfs der Begünstigung der illegalen Einwanderung“ wieder in Agrigento vor Gericht erscheinen. Die kriegstreiberischen Attacken der deutschen Hochmoralisten werden indes stetig abstruser. Der Zuwanderungsbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Stefan Schmidt, fantasiert: „Wenn ich nicht so ein friedliebender Mensch, sondern der Kaiser von Deutschland wäre, würde ich am liebsten mit den maritimen Gebirgsjägern in Italien einreiten.“ (!) Schmidt ist der frühere Kapitän der „Cap Anamur“. 2004 steuerte er trotz Verbots mit 37 Schiffbrüchigen an Bord einen sizilianischen Hafen an. Ein Gericht klagte ihn wegen Schleusung an. 2009 wurde er – vom italienischen Strafgericht in Agrigento – freigesprochen. 

Grund für die Anklage damals: „Wenn Cap Anamur ungestraft Flüchtlinge nach Italien bringen lasse, könne die Organisation faktisch die restriktiven Flüchtlingsgesetze des Landes aushebeln.“ Rechtlich und politisch müsse man gegen Elias Bierdel (ehemaliger Cap-Anamur-Chef) und die zwei Mitarbeiter vorgehen, um „die Wiederholung solcher Aktionen zu verhindern, auch wenn sie aus edler Absicht geschehen“. Ansonsten würde riskiert, „trojanische Pferde hereinzulassen, mit denen Tausende von Leuten zu uns kommen würden“. Die Sache mit der Cap Anamur war auch damals schon ein Medienspektakel. Aktuell gibt es hier und da Lichtblicke abseits der medialen Heroisierung. N-tv etwa titelt: „Ist Carola Rackete wirklich eine Heldin?“

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Susanne Baumstarks Blog Luftwurzel.

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Leserpost

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Roland Müller / 03.07.2019

Deutschland ist zur Zeit das einzige Land auf diesem Planten, das sich eine diplomatische Abrissbirne an der Spitze gönnt.

Karl Mallinger / 03.07.2019

Zitat Stefan Schmidt: “Wenn ich nicht so ein friedliebender Mensch, sondern der Kaiser von Deutschland wäre, würde ich am liebsten mit den maritimen Gebirgsjägern in Italien einreiten.” - Aha. Warum eigentlich nur “Kaiser von Deutschland”? Warum nicht gleich “Führer”? Um es noch einmal zu wiederholen: Es ging sowohl bei den Aktionen von Stefan Schmidt und Elias Bierdel im Jahre 2004 als auch bei Carola Rackete 2019 eben NICHT in erster Linie um “Seenotrettung”, sondern darum, über moralische Nötigung eigentlich illegale Einwanderung nach Italien bzw. Europa zu ERZWINGEN. Und das ist KEINE “Heldentat”. Nebenbei: Die Hautfarbe eines Menschen darf dabei KEINE Rolle spielen, in keiner Hinsicht, eine dunkle (oder helle) Haut darf KEIN Stigma sein, aber andererseits eben auch KEIN Freibrief! Und so muss man Afrikaner, die Europa auf Schlauchbooten ansteuern, genau so behandeln wie man z.B. einen weißen Deutschen behandeln würde, der mit einer Luftmatratze auf dem Bodensee Richtung Schweiz paddelt, weil er unbedingt in die Schweiz einwandern will. Wenn der dabei untergeht und ertrinkt, wäre dann die Schweiz “schuld”, weil sie ihn nicht gerettet hat? Oder er selbst? Und wenn er doch gerettet wird, hätte er dann dadurch das “Recht” erworben, in die Schweiz einzuwandern? Die “Message” der NGOs an die “Migranten” jedenfalls: “Wenn ihr nach Europa wollt, können wir euch leider sicher nicht direkt in einem Fährdienst von Küste zu Küste bringen, wie das naheliegend wäre, denn das wäre illegal. Sondern ihr müsst erst einmal mit euren überfüllten Schlauchbooten in Seenot geraten und uns dann von uns retten lassen. DANN erst entsteht der moralische Druck, der euch die Türen nach Europa öffnet.” - diese “Message” ist mehr als moralisch fragwürdig. Und Salvini hat deshalb vollkommen recht, dass er sich einen solchen arroganten “Moral”(?)-Imperialismus” aus Deutschland verbittet!  

F. Hoffmann / 03.07.2019

Die Schleusermafia sollte der Dame wenigstens einen Blumenstrauß schicken. Wenn Sie schon gratis für die Herrschaften arbeitet. War doch ein guter Deal. Ca. 165000 Euro minus den Preis eines chinesischen Gummiboots minus bissel Geld für Bestechungs- und „Betreuungs“kosten. Netto ca. 110-130000 Euro. Steuerfrei. Da sollte ein Blumenstrauß drin sein.

Arnauld de Turdupil / 03.07.2019

Dass die Gebirgsjäger nur im Titel genannt werden, ist schade. Früher hätte man in der Tat den Narvik-Dietl und den Musso-Skorzeny gen Italien geschickt, um den durch die “Katzlmacher” bedrängten Kesselring zu entsetzen. Gegen die in rosa-rothe Tarn-Unterwäsche gewandeten Gebirgs-Beliebigkeitslader vom neuen Berghof hätten sowohl Alpini wie auch Bersaglieri keine Chance… angesichts der deutschen Buntkräfte (mit den völkerrechtswidrigen Racketen-Schleudern) würden sich die tapfersten Italiener schlicht totlachen.

Hans Meier / 03.07.2019

Jeder finanzielle Aspekt, wird so perfekt ausgeblendet, als ob es garnicht um höchste Renditen ginge, wenn hochverschuldete Abenteurer zur lukrativen Fracht im Mittelmeer werden. Ich gehe davon aus, dass jede Person die überhaupt auf ein Schlepper-Schlauchboot mit Ziel EU darf, erstmal eine hohe Bargeldsumme an die Organisatoren der Tour abdrücken muss. Ohne Bargeld läuft da nichts. Ein Teil dieser unbekannten Bargeldsummen landet garantiert bei den NGO`s, die mit ihren Schlepperfähren, Teil einer organisierten Kriminalität sind, die sich hinter dem Vereinsrecht über die Steuerfahndung und die Souveränität von Staaten lustig machen. Das Kerngeschäft der Mafia ist nicht verschwunden, es firmiert jetzt unter alternativloser Menschen- und Klima-Rettung mit einem scheinheiligen Erpresser-Image.

Sebastian Weber / 03.07.2019

Vorschlag an unsere Gutmenschen: chartert doch ein Kreuzfahrtschiff, holt die Goldstücke in einem nordafrikanischen Hafen ab und bringt sie nach Deutschland ! Dann wird einmal nicht gegen Dublin 3 verstoßen, Und die Kanzlerin höchstselbt begrüßt (zusammen mit Herrn Bedfodr-Strrohm) im Kreuzfahrtterminal Steinwerder die neuen Bürger Die Linken und Grünen dürfen Teddys werfen. Aber die Schleuser verdienen dann nix, schade ...

Gerhard Maus / 03.07.2019

Ist doch schon merkwürdig: bei Erdogan kritisieren wir (zu Recht!), dass er sich in die Judikatur einmischt bzw. ihr Vorgaben erteilt. Das Gleiche verlangen wir dann aber von der italienischen Regierung. Der gutmenschliche Standpunkt ist halt: “Der Zweck heiligt die Mittel”. Zum hundersten Mal: Die Seenot (=die zwar selbst herbeigeführt, aber trotzem unzweifelhaft vorgelegen hat!) wir dadurch beendet, dass der nächstgelegene Hafen angelaufen wird. Das ist in dn meisten Fällen ein lybischer Hafen!

Claudius Pappe / 03.07.2019

Irgendein Politiker aus Italien hat gerade ein hohes EU Amt bekommen. Nichts kommt von nichts. Alles hat nichts miteinander zu tun. Nachtigall ich hör dir trapsen. Ich rechne noch mal vor. ......................................................Wir nehmen heute 50 “Gerettete” 20 jährige (also sind sie 17) auf. Sie werden, da wohlernährt und in den nächsten Jahren von schwerer Arbeit befreit 70 Jahre alt. Sie bekommen, dank Familiennachzug jeder 4 Nachkommen. Nach 20 Jahren sind aus 50 schon 250 geworden. Diese 200 bekommen wieder je 4 Nachkommen. Das sind nach 50 Jahren schon 50+200+800= 1050 Menschen. Jeder kostet min. 1000 Euro. In diesen 50 Jahren kostet uns diese einmalige Rettung von 50 Personen ca. 200 000 000 Euro ( zweihundert Millionen Euro). Kosten für Kindergarten, Schule, Behörden, Polizei, Gerichte, usw. noch nicht eingerechnet. Ja und Respektrente (Lebensleistungsrente) bekommen ( verdienen) sie auch.

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