Über Deep Purple kann man sicherlich verschiedener Meinung sein. Auf jeden Fall kommt ihnen das Verdienst zu, neben Led Zeppelin, Uriah Heep und Black Sabbath den Hard Rock entwickelt zu haben. Auf damaligen Feten ging nichts ohne „Child in Time“ und anderen Purple-Klassikern. Heute höre ich diese alten Sachen kaum noch. Vielleicht entdecke ich sie aber auch wieder neu, so, wie es mir mit Pink Floyd, Wishbone Ash und Rory Gallagher erging. Aber die Dritte der Purples, einfach nur Deep Purple genannt, mit dem Hironymus Bosch-Bild in s/w, liegt bei mir in der Warteschleife. Allein wegen des epischen Zwölfminutenstücks „April“. Ansonsten geht es mir ähnlich wie Ihnen, Herr Scheuerlein: Ich hadere etwas mit diesen alten Sachen. Ab und zu ganz gerne, aber seit ich auch den Jazz für mich entdeckt habe, lege ich inzwischen (fast) lieber Jimmy Smith an der Orgel auf… Auch wenn Ihnen bei der Rezension von „Live in Japan“ anscheinend (frei nach Kleist) die allmähliche Verfertigung der Gedanken erst beim Schreiben kam, Sie also vermutlich wohlgemut und angetan von der Musik die erste Platte auflegten, die Musik aber dann wohl doch nicht so trug wie erwartet – Respekt, so eine Wendung muss man sich erst einmal eingestehen und dann auch noch zu Papier bringen! – danke ich Ihnen für die Erinnerung an diesen Live-Klassiker. Ich habe mit spotify aber so gar nix am Hut, so dass ich leider Ihre Playlist nicht genießen kann. Schade… Ihnen und allen Kommentatoren ein sowohl besinnliches als auch fröhliches Weihnachten!
Da ich das Album seit den Siebzigern (Gnade der rechtzeitigen Geburt) gewiß einige hundert Male gehört habe, komme ich nicht umhin, daß der Autor sich das Album nur oberflächlich angehört hat. Made in Japan war das dynamisch- explossivste und lauteste Rockalbum aller Zeiten, für die damalige Zeit ein noch nie dagewesener Live-Mitschnitts einer Rockband überhaupt, noch dazu in Japan, wo die Reaktionen des Publikums im Vorfeld unberechenbar waren, die Veröffentlichung war zuvörderst auch nur für Japan gedacht. Wer genau hinhört, der bemerkt die lange Pause nach den letzten Pianoanschlägen von Child in Time und dem allmählich einsetzenden frenetischen Applaus. Die Band wußte selber nicht, was jetzt kommt. Und wie die Songs im Unterschied zu den Studioaufnahmen dargeboten wurden und welche musikalische Phantasie es dazu brauchte….das ist einfach nur Wahnsinn. Eine andere Stimme als die von Ian Gillan hätte das nie gebracht, er hat der Band wie kein anderer seinen Stempel aufgedrückt, alle anderen ordneten sich dem zumindest auf der Bühne unter. Das daß mit einem Blackmore nicht allzulange gutging, ist hinreichend bekannt. Nichtsdestotrotz war diese Zeit der Höhepunkt der Band, jeder Titel war für sich bis ins Detail ausgefeilt jeder kannte seinen Part und das merkt der aufmerksame Hörer sehr wohl, Deep Purple scheint sich in einen Rausch zu steigern. Und Smoke on the Water ist noch der braveste Titel von denen, Highway Star und Child in Time sind nicht zu toppen, auch nicht von Led Zeppelin. Das Drumsolo bei The Mule sollte sich der Autor nochmal in einer Stillen Stunde genau anhören, dann verstehen Sie Ian Paice und seine Art zu Trommeln vielleicht besser. Roger Glover sorgt mit seinem absolut sauberen Bass für das Fundament im Maschinenraum. Jon Lords Orgelspiel läßt immer wieder seinen Hang zur Klassik durchscheinen, ein kleines Bachzitat in Highway Star? Blackmore genießt mit rasanten Gitarrenläufen das Duell mit der Orgel und letztendlich kommen beide Instrumente
Danke, wie immer toll. Danke auch für “Apropos Jimmy Smith ...”
Das „dämliche Da-Da-Daaa, Da-Da-Dadaa“ kann ich leider auch nicht unkommentiert lassen. Ich habe damals auch nicht verstanden, was daran cool sein soll. ABER: als ich zum ersten mal hörte, wie Steve Morse diesen Riff spielte, war das wie ein Sonnenaufgang am Rock- und Gitarrenhimmel. Auf einmal klang „ Da-Da-Daaa, Da-Da-Dadaa“ überhaupt nicht mehr langweilig und „dämlich“, sondern frisch und knackig, und Steve verpaßte mir damit einen rockigen Arschtritt vom Feinsten, schier unglaublich. Zum Nachempfinden empfehle ich zwei Aufnahmen von 1996: DP bei Harald Schmidt DP Live at the Olympia ´96
An dieser Stelle wünsche ich allen Kommentatoren einen freudigen 4. Advent und ein schönes und besinnliches Weihnachtsfest. MFG Roger R.
60 Jahre Freddy „Weihnachten auf hoher See.“
Tja, wie unterschiedlich das ein oder andere doch auf den ein oder anderen wirkt. “Wish You Were Here” von Pink Floyd habe ich in den 70ern so oft abgespielt, dass ich dieses Album danach nicht mehr hören konnte. Deep Purple habe ich nie exzessiv gehört, deswegen vertrage ich die bis heute wohl immer noch so gut. Allerdings ein Lied konnte ich schon in den 70ern nicht ab: dieses dämliche Da-Da-Daaa, Da-Da-Dadaa. Das war nämlich das einzige Lied aus dem Hardrock-Bereich, das diejenigen mochten, die von “uns” als geistig Behinderte bezeichnet wurden, sonst hörten die nämlich immer nur “Disko”, Saturday Night Fever und so. Deep Purple sind dann richtig gut, wenn sie “eigene Ideen” von Songs umsetzen. Daher gehört das 2013 erschienene Album “Now what?!” nicht nur zu den besten, die sie je gemacht haben, sondern ist auch mein Lieblingsalbum der Gruppe. Das Gegenteil von “eigenen Ideen” sind solche Songs, wo sie die unerträglich ausgelutschte Blues-Schiene unbedingt nochmal glauben bedienen zu müssen - und das geschieht bei ihnen bis zum heutigen Tag geradezu krankhaft oft. Das geht klischeemäßig in etwa so: My father was a poor man (Gitarre: Dadaa, dadaaa), but he was a happy man (wieder Gitarre: Dadaa, dadaaa). He said: I don’t need money (die unvermeidliche Gitarre und sonst nix: Dadaa, dadaaa), because I got my songs (genau, jetzt wieder die Gitarre: Dadaa, dadaaa).
Deep Purple versteht man nur als Boomer. „Child in Time” durfte als Engtanz-Knutsch-Nummer auf einer Schülerparty in den 1970er ebenso wenig fehlen wie „Stairway to Heaven”, der Rest war dann igendwie egal, Meat Loaf und Bonny M ging auch immer, und als Besenmusik Heino. Diese Zeiten sind vorbei. Die Schülerzeit meiner Kinder war in den 1990ern und 2000ern, sie hatten Techno, den Pop und Boys Groups, aber schon keine Partys mehr (es war die hohe Zeit der Clubs) jetzt ist die erste Enkelin im Teeniealter und, während manche Dinge sich nie ändern, sind die Zeiten doch ganz andere. In einem Raum nebeneinander zu sitzen, um auf Smartphones kichernd (aber jeder für sich) Tiktok anzusehen, dafür gab es früher kein Pendant, und darüber bin ich froh. Und auch darüber, daß es in meiner Klasse, von der 1. bis zur 13., nur deutsche Kinder gab. Was ich da bei meiner Enkelin erlebe… besser wirds nimmer.
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