Cora Stephan / 22.03.2021 / 10:00 / Foto: Achgut.com / 38 / Seite ausdrucken

Cora Stephan: Wir Untertanen

Reden wir mal nicht über das Versagen der Bundes- und Landesregierungen, einzelner Minister, der Frau Kanzler. Dazu ist im Grunde alles gesagt: der Umgang mit der Coronakrise und erst recht die Impfstrategie sind ein Trauerspiel für ein Land, das man einst rühmte für seine Effizienz. Und nun? Nichts klappt. Sehen wir es positiv: im Zuge unserer Mutation zu einer Gefühlskultur haben wir alles abgestreift, was lediglich technisch und kalt funktioniert. 

Reden wir also über uns. Über uns Menschen und über uns Staatsbürger. Als Menschen sind wir offenbar nicht mehr in der Lage, uns selbst zu schützen, müssen wie die Kinder zu Hygiene angehalten werden und uns zeigen lassen, wie man sich die Hände wäscht – und lassen uns schließlich von den Kindergärtnern der Nation erzählen, dass wir uns vor einem „Pieks“ nicht fürchten müssen. 

Als Staatsbürger verhalten wir uns wie Untertanen und lassen uns gefallen, als solche behandelt zu werden. 

Es ist verblüffend, welches „neue Normal“ viele hierzulande hinzunehmen bereit sind. Und wie bereitwillig hart erkämpfe Errungenschaften aufgegeben werden. Grundrechte. Demokratie. Rechtsstaat. Seit einem Jahr gibt es in diesem Land keine Rechtssicherheit mehr, wird nach dem Notstandsprinzip regiert, hat sich das Parlament selbstentmachtet, wird der Bürger von Woche zu Woche mit Zahlen bombardiert, aus denen wie aus dem Kaffeesatz herausgelesen wird, was gerade ansteht: Weihnachten feiern oder nicht, Osterferien ja oder nein, Kinder in die Schule oder vielleicht doch lieber nicht, Laden aufmachen, Laden zumachen. Wem das an die Existenz oder auch nur auf die Nerven geht, dem wird mit einer weiteren Welle – der wievielten? – gedroht oder mit einer noch gefährlicheren Mutante, mit Krankheit und, wenn schon nicht gleich mit dem Tod, mit Langzeitschäden. 

Ist das Wahnsinn mit Methode?

Wie die Möhre vor dem Maul des Esels baumelt das Versprechen auf finanziellen Ausgleich in der Luft, ein Versprechen, das viele durchhalten lässt, die kaum noch Zukunft sehen – und das in so vielen Fällen bis heute nicht eingelöst wird. Ist das Wahnsinn mit Methode?

Verblüffend auch die Sprachwahl unseres benevolenten Maßnahmenregimes: „Es wird keine neuen Freiheiten geben“, deklarierte die Kanzlerin nach einem sogenannten Impfgipfel Anfang Februar. Ach – und was ist mit der alten, der grundgesetzlich garantierten Freiheit? 

Und „privilegiert“ heißt es neuerdings, wenn davon gesprochen wird, dass Geimpfte in ihre Grundrechte wiedereingesetzt werden sollen. Sind Grundrechte wie Versammlungsfreiheit, Freizügigkeit und Gewerbefreiheit ein Privileg, das von oben zugeteilt wird? Natürlich nicht. Grundrechte gelten auch in einer Krise – was heißt hier auch? Gerade dann! Sie können nicht einfach entzogen und, bei Wohlverhalten, wieder gewährt werden. 

Da versteht man beinahe, dass Nichtgeimpfte auch Geimpfte weiter in den Lockdown schicken wollen, da sie selbst auf ihr angebliches Privileg noch mindestens bis Ende des Jahres warten müssen, wenn das weiter so kleckert. Und was heißt schon geimpft? Vielleicht sind sie ja auch die Gepieksten noch ansteckend, was weiß man schon, galt doch eben noch das Impfen, jedenfalls mit AstraZeneca, als fast so gefährlich wie das Virus, und was ist überhaupt mit den neuen Mutanten? Oder gar mit einem Virus, den kein Test erfasst?

Niemand wird eine tatsächliche Erkrankung an diesem oder anderen Viren unterschätzen. Doch nicht die Freiheit muss sich rechtfertigen, sondern ihre Beschränkung. Die ständig wechselnde Grundlage ständig wechselnder Entscheidungen zerstört das für ein gedeihliches Zusammenleben nötige Vertrauen in die Regierung – und es entfremdet die Menschen voneinander. Es wird Zeit, sich auch über diese Spätfolgen des Virus Gedanken zu machen. Als Staatsbürger, die in einem Rechtsstaat und in einer Demokratie leben wollen. 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf NDR-Info.

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Hans-Peter Dollhopf / 22.03.2021

Frau Stephan, der “Sapere aude!”-Verfasser des Essays “Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?” schrieb daneben auch Sachen wie: “An König Friedrich II. Allerdurchlauchtigster grosmächtigster König Allergnädigster König und Herr Ew: Königl: Majestät haben vermittelst rescripts dd. Koenigsb: d 16 Nov: 1764 allergnädigst zu verordnen geruhet: . . . “

Gido von Bertholdstein / 22.03.2021

Die DDR Bürger haben auch 40 Jahre Mauer ertragen. Warum? Aus Einsicht wohl kaum. Nur ein perfektes Sanktionssystem mit einer willigen Polizei hat die Menschen geknebelt. Fast so wie heute. Strafe für Ungehorsam. Geld ist so ein recht leicht zu handhabenden Mittel. Wer will schon 1.500,- € für ein Treffen mit den Freunden riskieren, oder? Keine Maske, und man fliegt sofort aus dem Supermarkt. Sie können zwar öffentlich ungestraft Drogen verkaufen, aber wehe der Rundfunkbeitrag wird nicht gezahlt. Die Polizei, die lieben kläffenden Mitmenschen und eine unglaubliche Staastgläubigkeit bilden einen undurchdringlichen Schleim der jeden Widerstand fast schon im Keim erstickt. Wir haben immer noch viel zu viel zu verlieren. Es wird keinen breit aufgestellten Widerstand geben.

Petra Wilhelmi / 22.03.2021

@Torsten Hopp: So ist es, so ist es. Ihr Kommentar hat mich sehr berührt. Die Parallele ist unübersehbar.

Steffen Huebner / 22.03.2021

Die Revolution ist nur verschoben auf den Zeitpunkt, an dem die Maßnahmen der letzten zehn Jahre ihre volle Wirkung entfalten und die Rechnung präsentiert wird. Denke mal, nach 2022…

Fred Burig / 22.03.2021

@Torsten Hopp: ....“Und dann…sind sie alle weg. Für immer.” Was muss ich tun, das es schnell geht? MfG

Claudius Pappe / 22.03.2021

In Südwestdeutschland hatte man vor einer Woche( + 1 Tag) die Gelegenheit dem Wahnsinn ein Ende zu bereiten, aber 90 % wollten es nicht…..............................

M. Hartwig / 22.03.2021

Zuerst erschien der Text auf ndr.de. Was den Achgut-Lesern vorenthalten wurde, ist das Intro dieses Textes; “Auch wenn es mit den Corona-Impfungen weiterhin schleppend läuft, der Anteil der Geimpften an der Gesellschaft wächst. Und damit stellt sich zunehmend die Frage, ob diesen Geimpften weiterhin die Corona-Beschränkungen auferlegt werden dürfen. Oder ob solche Beschränkungen nach der Impfung zumindest rechtlich bedenklich sind.” Wer die Frage so stellt, akzeptiert die “Corona-Beschränkungen” (welch Verniedlichung von Verbrechen!) für Nichtgeimpfte. Es sind nun zwar alle noch gleich, aber einige ein bisschen gleicher. Soweit ich weiß, haben Autoren bei den Überschriften keine Rechte gegenüber Redaktionen und Verlagen. Wie ist es bei den Intros, speziell beim oben zitierten. Wäre so schön von Ihnen, Frau Stephan, dazu mehr zu erfahren. Sollten Sie es verfasst haben, fiele mir nur der Spruch des Wolfs ein, als er noch Zähne hatte: Eins in die Fresse, mein Herzblatt. Falls das Intro nicht von Ihnen ist, hätten Sie sich ‘nur’ zur nützlichen Idiotin des NDR gemacht.

G. Böhm / 22.03.2021

Wir Untertanen sind noch immer helle: Übers Wochenende und zu heute haben vor den Rathaustüren vieler Erzgebirgsgemeinden Kinderschuhe, Plakate von Kindern und sonstige gestanden, um gegen die seit heute geltenden erneuten Schulschließungen zu protestieren. In einem auf fb veröffentlichten Brief verurteilt der Bürgermeister der Stadt Oelsnitz die Schuhaktion. Während er den Kinderprotest zunächst als durchaus gerechtfertigt ansieht und verspricht das Ansinnen der Kinder nach Dresden weiterzutragen, vollzieht er einen unmittelbaren logischen Schluß und behauptet, daß paarweise Abstellen von Kinderschuhen würde einer unzulässigen Symbolik in Bezug auf die Zeit des Nationalsozialismus gleich kommen. In seiner Stadt scheinen mithin viele Nazikinder zu wohnen. - In der am 1. April deutschlandweit geplanten Aktion werden nunmehr auch andere Kindersachen abgelegt werden, und die Schuhe nicht mehr paarweise, sondern nur noch je ein Schuh für ein Kind, damit die Bürgermeister wissen, daß die Kinder noch da sind, nur halt nicht dort, wie sie eigentlich sein sollten, nämlich in der Schule. - Wie schrieb einmal in einem kurzen Gedicht ein Ehrenbürger jener Stadt: ‘Es gibt immer eine Wahl, und sei es jene, sich denen nicht zu beugen, die sie uns nahmen.’ Also, Untertanen besinnt euch.

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