Cora Stephan / 04.11.2021 / 11:00 / Foto: Pixabay / 27 / Seite ausdrucken

Cora Stephan: Die Stimme der Provinz – Holz vor der Hütte

Rote Flämmchen taumeln vor meinem Fenster hinab. Der sommerliche Pelz aus Weinblättern löst sich vom Haus, bald sieht man nur noch den nackten Putz. Letzte, schon vergorene Äpfel fallen vom Baum und zerplatzen auf den Asphalt. Der örtliche Kleiber sitzt zwischen Meisen und Spatzen auf meinem Fensterbrett, um sich mit Kernen und Nüssen vollzustopfen. Wer weiß, wie der Winter wird und wie lange dieser Supermarkt noch geöffnet ist!

Die Gefiederten stören sich nicht daran, dass unten die Jungkatzen vom Nachbarn lauern, die sind nicht scharf auf die Vögel, nur auf die heruntergefallenen Kerne. Und so bereitet sich halt ein jeder vor auf das, was kommt. Tags wird Brennholz gesägt, man hört die Motorsägen aus allen Himmelsrichtungen. Nachts wird gejagt, das hört man auch. Was man riecht: Gülle, die auf die Felder ausgebracht wird. Wir schon länger hier Lebenden kennen das, es ist unvermeidlich, es ist richtig, es düngt. 

Offenbar neu hinzugezogene Menschen haben es gewagt, darüber in der lokalen Facebookgruppe zu klagen: „Die Wiesen voller Gülle, ekelhaft!“ Hätten sie doch geschwiegen. „Willkommen auf dem Land!“ und „Dann geh wieder in die Stadt“ waren noch die höflichsten Antworten. Der Kulturkampf ist nah.

Eben kommt Alex vorbei, der schöne schwarze Kurierfahrer, wir lachen immer miteinander, meistens über den stets gleichen alten Scherz. Er bringt eine Ladung Feuerbällchen, superökobio, natürlich, zum Kaminanzünden. Winter’s coming. Die Winterbetten sind bezogen, die dickeren Pullover rausgesucht, jetzt fehlt nur noch die Gaslieferung. Wenn er kalt ist, wird der Winter teuer. 

Holz stapeln ist nicht immer gut für den Rücken

Der Preis fürs Flüssiggas ist gestiegen, moderat zwar, aber das wird nicht das letzte Wort gewesen sein. Vom Stromlieferanten habe ich noch nichts gehört, da kommt das dicke Ende noch. Brennholz ist knapp, statt 3 Raummeter haben wir heuer nur die Hälfte bekommen. 

Holz stapeln ist zwar nicht immer gut für den Rücken, aber ungemein befriedigend. Was kann einem schon passieren mit zwei Lagen gut abgehangener Buchenscheite? Und beim Hochheben, Scheit für Scheit, in den Schubkarren legen, zum vorgesehenen Platz befördern, dort abwerfen und an der Schuppenwand stapeln, kommt einem der eine oder andere Gedanke. Über, genau: das Provinzielle.

Provinziell ist, wenn man die Kirche im Dorf lässt. Aber auch, wenn man nicht weiter als bis zum nächsten Kirchturm denkt. Letzteres ist gemeinhin die Umschreibung für kurzsichtige Politik. Nun hat die vergangene Regierung zwar kein besonders inniges Verhältnis zur Kirche gepflegt (das galt eher umgekehrt), aber insbesondere, was die Energiepolitik betrifft, agierte sie extrem kurzsichtig, und so wird es, steht zu befürchten, auch weitergehen. 

Gewiss ist Fukushima nicht der nächste Kirchturm. Doch die Entscheidung für den Ausstieg aus der Atomkraft ist ein deutscher Sonderweg, wie man ihn sonderlicher nirgends finden kann. Nichts als provinziell im schlechten Sinn ist die Vorstellung einer Energieautarkie dank Windkraft und Solaranlagen. Da lachen unsere Nachbarn, die uns im Fall eines kalten dunklen Winters aushelfen sollen. Deutschland und seine „Energiewende“ ein Vorbild für die Welt, wie die deutsche Umweltministerin anlässlich des Treffens der Klimaapokalyptiker (viele per klimasensiblem Privatjet) in Glasgow meinte? Höllengelächter.

Wer das Naheliegende tut, fällt anderen nicht zur Last

Lassen wir doch einfach die Kirche im Dorf! Das wäre im guten Sinne provinziell – sich ums Nächstliegende kümmern, wozu auch gehört: um sich selbst. Das kann niemand besser als jeder für sich und seine Nächsten. Wer das Naheliegende tut, fällt anderen nicht zur Last.

Wobei mir wieder Ahrweiler und die anderen im Juli vom Hochwasser verwüsteten Gebiete einfallen, ein von allen, die sich lieber mit dem Weltuntergang beschäftigen, vergessenes Drama. Hier waren ein schlechtes Gedächtnis und menschliches Versagen am Werk, nicht die „Klimakatastrophe“, der schnellstmöglich zu begegnen Angela Merkel in hohem Ton vor der Katastrophenkulisse versprach. Als ob nicht weit konkreteres Handeln nötig gewesen wäre. Die Menschen hatten vergessen, dass es ähnliche Hochwasserlagen schon Jahre zuvor gegeben hat. Die zuständigen Institutionen wiederum vermochten es noch nicht einmal, die Bevölkerung zu warnen geschweige denn rasch zu helfen.

Noch heute sind es die Nächsten, auf die Verlass ist, während die behördliche Hilfe vielfach schon an ihrer Befehlshierarchie scheiterte. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber keine Bundesregierung hat von ihren Wählern jemals den Auftrag erhalten, die Welt (oder gar das „Klima“!) zu retten. Ebenso wenig ist es ihre Aufgabe, die Bürger vor einem Virus zu retten. Am wenigsten aber ist eine gewählte Regierung autorisiert, dem Souverän Schaden zuzufügen – mit „Maßnahmen“ zu seinem Schutz. Im Falle des Falles: verlassen ist, wer sich aufs Falsche verlässt. Die Kirche bleibt im Dorf. Basta. 

 

Mehr von Cora Stephan lesen Sie in ihrem neuen Buch „Lob des Normalen: Vom Glück des Bewährten“. Hier bestellbar.

Foto: Pixabay

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Jutta Schäfer / 04.11.2021

Ich kann mich nicht erinnern, dass sich ein großer Teil der Gesellschaft ernsthaft Sorgen über den bevorstehenden Winter gemacht hätte. Und ich habe schon etliche Winter erlebt. Werden die Lichter ausgehen? Werden die unzureichend gefüllten Gaslager uns durch den Winter bringen? Eine irre Energiepolitik, die ja auch eine Energiepolitik von Irren ist, lässt die Gefühlslage der Altvorderen wieder in uns aufleben. Linksgrün macht’s möglich. Uns allen wünsche ich eine gemütlich warme Bude vor einem prasselnden Ofenfeuer mit herrlicher Strahlungswärme.

Peter Stelzer / 04.11.2021

Bin ich wirklich der Einzige, der bei “Holz vor der Hütte” an einen prächtigen weiblichen Vorbau denkt?

Klaus Maver / 04.11.2021

Vor einigen Jahren ist unser “Harzer Graugusskessel” leider geplatzt. Wir haben diesen entfernt ,den Schornsteinfeger informiert ,dass die Zentralheizung ausgebaut ist und wir nur noch mit den reichlich vorhandenen Einzelöfen heizen. Alles amtlich bestätigt durch Feuerstättenschau. Wir heizen mit Braunkohlebrikett und haben diesmal vorsichtshalber die doppelte Menge (200 Zentner a Eur 10,00 ,Verbrauch je nach Winter zwischen 50 u.100 Ztr) eingelagert. Ich hoffe ,dass wir damit noch eine zeitlang auf der sicheren Seite sind. Die zukünftige Regierung lässt aber nichts Gutes erahnen.Die Natur dankt uns unsere Art zu heizen übrigens mit üppigem Wachstum.

Christian Feider / 04.11.2021

@ Herr Bauch da “Kamin-Öfen” sehr bald verboten werden, wäre die Answchaffung eines kleinen Waldstückchens sowieso eine Fehlinvestition,zumal ein Kaminofen nun keine Riesenmengen an Holz bedarf,da er eher zu “dekorativen” Zwecken dient… aber Ihr Cousin scheint ja ein Spezialist zu sein, weiss er denn um die Anforderungen, stehendes Holz fällen zu dürfen?

Christian Feider / 04.11.2021

@ Luhmann mein Beitrag war eine Antwort auf das vorwurfsvolle Güllegeschwafel und Richtigstellung. Die Umstellung von Ackerland zu “Biogas-Produktion” funktioniert nur durch Subventionen und da sind nunmal auch die schwatten ganz stark mit dabei. Ich bezweifle Ihre These nicht,zumal was die Schwab-Jünger angeht, aber wenn es so kommen sollte,liegt es an der Dummheit der Masse,daran ist so oder so nicht zu aendern,ausser, man hat genug Power für eigene Medien/Informationen und das geht nur über konservative Strömungen im Wortsinn,da ist blau noch die schwaechste Variante

Claudius Pappe / 04.11.2021

” Eben kommt Alex vorbei, der schöne schwarze Kurierfahrer, wir lachen immer miteinander, meistens über den stets gleichen alten Scherz ”  Die Kurierfahrer die zu mir kommen ( Ausnahme DHL-da kommen zeitweise hübsche deutsche Damen ) sind nicht ganz schwarz - eher braun, tragen immer Bart und können auch nur rudimentäres Deutsch. Durch meine Türkenwitze würde ich Prügel beziehen. Die Kurierfahrer der anderen Firmen höre ich schon aus 200 m Entfernung, orientalische Radiogedusel, mit 60 durch die 30 er Zone, parken mit laufendem Motor, klingeln wie Bekloppte…....................ganz anders die netten Bediensteten der Deutschen Post.

Bernd Keller / 04.11.2021

Komme ich jetzt nicht durch weil ich “Luftgewehr” oder “massiver Hund” schrieb? Gott, Ihr Schneeflocken! Was “Jupp” und “Franzl” ganz oben in der Scheune seit 80 Jahren liegen haben würde euch Alpträume bescheren… Schade das ich die Jagd aufgegeben habe: Würde jetzt gerne hier Kaliberdiskussionen führen… Wo sind denn wohl die ganzen Streunerkatzen? Richtig: Im Uhu und im streuner Hund. Und der streuner Hund ist da wo ausgesetzte Biber und Wölfe auf die Auferstehung warten… Ich will nicht wirklich wissen was alles in den alten Schächten und Jauchegruben liegt… Zum jauchen und waldabholzen hatte man hier übrigens keine Zeit- es muss! gemacht werden. Und zum richtigen Zeitpunkt! Das ist kein Hobby sondern notwendig. Die Amis haben dem Landstrich nicht umsonst den Namen “Green hell”... Ich freue mich weiterhin über preiswertes lokales Brenn und Bauholz, meine Freiheiten, frisches Wild und mehr Pilze als ich je essen könnte…

Manfred Bühring / 04.11.2021

Der Wähler in D hat die Regierung, die er verdient hat. Das ist nun einmal so in einer repräsentativen Demokratie wie der unsrigen. Und das Mandat schließt somit auch die Rettung der Welt ein.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Cora Stephan / 02.05.2024 / 10:00 / 49

Toxische Weis(s)heit: Nancy und das Kalifat der Reichsbürger

So also ist das: Erst errichten die Reichsbürger ein Kalifat, um dann ins Deutsche Reich von 1871 zurückzukehren?  Gut, dass es den Prozess gegen die…/ mehr

Cora Stephan / 08.03.2024 / 06:15 / 49

Männer! Richtige Männer! Es gibt sie noch!

Botschaft an alle Männer, die heimlich daran zweifeln, dass es 99 Geschlechter gibt, ein Mann per Selbstermächtigung zur Frau wird und Frauen die besseren Menschen…/ mehr

Cora Stephan / 29.02.2024 / 11:00 / 51

Daniela Klette und der vergessene Linksextremismus

Die Innenministerin ist voll des Lobes angesichts der Festnahme von Daniela Klette, 65 Jahre alt, Mitglied der RAF, Dritte Generation. Fahndungserfolg nach nicht einmal 30…/ mehr

Cora Stephan / 15.02.2024 / 06:05 / 65

Toxische Weis(s)heit: Die Heuchler von Ulm

Eine Stadt die in der Coronazeit durch besonders rigide Freiheitseinschränkungen von sich reden machte, setzt sich plötzlich für „Vielfalt und Demokratie“ ein. Ulm ist ein…/ mehr

Cora Stephan / 10.02.2024 / 12:00 / 36

Merz in Grün?

Was geht im Kopf eine Politikers wie Friedrich Merz vor, der die Grünen erst zum Hauptgegner erklärt und dann eine Koalition mit ihnen nicht mehr…/ mehr

Cora Stephan / 25.01.2024 / 10:00 / 35

Preisverleihungen nur noch auf Bewährung!

Wer einen Preis verliehen bekommt, weil er was besonderes geleistet hat, sollte sich sehr genau überlegen, mit wem er künftig redet. Sonst ist der womöglich…/ mehr

Cora Stephan / 11.01.2024 / 10:00 / 55

Bauer, Trecker, Fußtritt

Was derzeit bei den Bauern los ist, hat eine weit längere Vorgeschichte als der Versuch einer unfassbar täppisch agierenden Regierung, bei den Landwirten Steuervergünstigungen und…/ mehr

Cora Stephan / 04.01.2024 / 16:00 / 10

Was soll das sein, ein neues Jahr?

Will jemand ernsthaft behaupten, das bloße Auswechseln der letzten Zahl des Datums bedeute bereits etwas wirklich und wahrhaftig ganz anderes? An die Magie von Zahlen…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com