Georg Etscheit / 04.06.2023 / 12:00 / Foto: Coral Browne / 18 / Seite ausdrucken

Cancel Cuisine: Zurück zum Grill, Männers!

Die Grillerei ein kleinbürgerlicher Anachronismus?! Ewige Wahrheit bleibt: Die schönste Zeit des Jahres beginnt, wenn Männer – in Schürze mit lustiger Aufschrift („Das Schwarze kann man abkratzen“) und bewaffnet mit einer Grillzange sowie einer Flasche Bier – ihres Amtes als Hüter des Holzkohlenfeuers walten dürfen.

Kaum ist der Dauerregen vorbei und die Sonne scheint ein paar Tage, raunen sensationsheischende Medien und Internetwetterdienste schon wieder von der nächsten Dürrekatastrophe. Merke: Klimakrise ist immer und überall! Doch die Mehrheit der deutschen Bevölkerung dürfte dies glücklicherweise nur marginal tangieren. Denn spätestens jetzt ist es Zeit, den Grill aus dem Keller zu holen und die fettigen Verkrustungen und den Flugrost eines langen Winters vom metallenen Gitter abzubürsten, bevor für viele Männer (!) die schönste Zeit des Jahres beginnt, wenn sie, bekleidet mit einer Schürze mit lustiger Aufschrift („Das Schwarze kann man abkratzen“) und bewaffnet mit einer Grillzange und einer Flasche Bier ihres Amtes als Hüter des Holzkohlenfeuers walten dürfen.

Eigentlich ist die Vorgarten- oder Balkon-Grillerei ein kleinbürgerlicher Anachronismus, der, ginge es nach den Grünen, schleunigst verboten oder zumindest streng reglementiert gehörte. Gleich ein ganzes Bündel von Gründen spräche dafür. Zum einen ist die Handhabung eines Grills, aus welch sinistren Gründen auch immer und ungeachtet allen Gendergeweses, Männersache geblieben. Vom Einkauf des Grillgutes beim Metzger oder im Supermarkt, über das, wenn nicht vorab geschehen, fachgerechte Portionieren und Marinieren bis zum eigentlichen Prozess des Garens über offener Flamme. Frauen haben hier nichts verloren, sie können Backstage irgendwelche Salate zubereiten, Gemüse für die Beilage schnipseln, das Bier kaltstellen, auftragen, abräumen und die Gäste unterhalten. Aber bitte, frei nach Richard Wagner: Zurück vom Grill! 

Des Weiteren handelt es sich bei dem, was auf einem Grill landet, immer noch ganz überwiegend um Fleisch, was Vegetariern wie unserem im Amt vergleichsweise noch skandalfreien grünen Landwirtschaftsminister ein Dorn im Auge sein muss. Natürlich kann man statt zaddriger Nackensteaks oder Spareribs auch Gemüse oder schauerliche Fleischersatzprodukte abfackeln, doch die sommerlichen Auslagen der Metzger mit ihren in allerlei undefinierbaren, grellfarbigen Tunken schwimmenden Fleischbrocken nebst Bratwürsten und Burger Patties samt einem ausladenden Sortiment von Barbecue-Saucen in unpraktischen Flaschen, lassen darauf schließen, dass die Nachfrage nach tierischem Eiweiß ungebrochen ist. 

Ein „Gutes-Grillen-Gesetz“, das wärs...

Doch nicht nur die Grünen, auch SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach könnte sich nach dem vorläufigen Ende der Corona-Maßnahmen mit einer Kampagne gegen das Grillgrauen zu profilieren versuchen, gilt doch unsachgemäß gegrilltes, soll heißen verbranntes Fleisch als krebserregend. Zumindest könnte der Erwerb eines Holzkohlen-, Gas-, Elektrogrills oder Smokers an einen verpflichteten Kurs für richtiges Grillen mit verminderter Verbrennungsgefahr geknüpft werden, analog zu den Erste-Hilfe-Kursen, die Führerscheinbewerber absolvieren müssen. Und dann die volksgesundheitlich ebenfalls hoch problematischen Feinstaub-Schwaden, die ein Grill im Volllastbetrieb notwendigerweise ausstößt. Vielleicht könnte man hier die Schornsteinfeger oder die in den Startlöchern stehenden Heizwarte einmal wachsamen Auges draufschauen lassen. Eine Regelungslücke erster Güte! 

Eigentlich wäre zu wünschen, dass sich die Ampel nach dem Heizungsverbot dazu aufschwingt, ein „Gutes-Grillen-Gesetz“ auf den Weg zu bringen mit dem Ziel, dieser Zubereitungsart, sagen wir bis 2035, endgültig den Garaus zu machen. Ein Verbrennerverbot 2.0 gewissermaßen. Es wäre ihr sicheres Ende.

Ich selbst stehe dem Grillen zugegebenermaßen auch skeptisch gegenüber. Wenn an einem lauen Sommerabend, manchmal schon am späteren Nachmittag, in der näheren und weiteren Nachbarschaft die Grills angeworfen werden und sich zuerst der Geruch fossiler Brandbeschleuniger und wenig später miefige Schwaden verbrannten Fetts wabernd verbreiten, verdüstert sich meine Miene. Einladungen zu Grillabenden schlage ich aus, falls nicht nachgewiesenermaßen ein echter Barbecue-Profi am Grill steht, der Wert auf hohe Fleischqualität legt, und mir auf Nachfrage versichert wurde, dass die Saucen inklusive des obligatorischen Tomatenketchups hausgemacht sind und es keinen Nudelsalat gibt.

Mir geht es beim Grillen wie beim Genuss von Gänsestopfleber. Ich kann selbst ganz gut darauf verzichten, würde aber nicht andere Menschen nötigen, es mir gleichzutun. Soviel Liberalität muss sein. Außerdem kann in raren Einzelfällen ein zarter Raugeschmack auf einem perfekt über offenem Feuer gegarten Steak kulinarisch einen signifikanten Mehrwert darstellen. Auch echte Thüringer Bratwürste vom Holzkohlengrill oder über Kiefernzapfen gegrillte Coburger, ungeachtet der offenbar auch hier lauernden Krebsgefahr, sind eine Delikatesse. Da gibt’s nichts.   

 

Georg Etscheit schreibt auch für www.aufgegessen.info, den von ihm mitgegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss.

Foto: Coral Browne CC-BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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P. Schulze / 04.06.2023

Männers und Grillen… wenigstens bekommen die dort mit einer von zwei Seiten beheizten Wurst etwas halbwegs Essbares zustande…

Matthias Böhnki / 04.06.2023

@Christian Feider - Respekt, 1200 Leute auf Grill zu begrillen, das sollte gut organisiert sein. Wenn ich es recht betrachte, müßten hier mindestens 15 Grillprofis samt 15freundlichen hilfsbereiten Menschen, die dem Griller alle Wünsche vom Blick ablesen, zugange gewesen sein. Da hätte jeder 80 Esser zeitgleich zu begrillen, also so, daß der letzte nicht eine Stunde nach dem ersten ihre Portion bekommen. Spannend.

Peter Robinson / 04.06.2023

Wie nehmen Millionen illegale dahergelaufene Analphabeten auf, direkt aus dem Dschungel und aus der Wüste eingeflogen, wo ihr Klima-Fußabdruck grün-utopisch minimal ausfallen dürfte, und verschenken Ihnen ein Industrie-Land, Territorien und so viel klimaschädlichen Beton wie sie sich nur vermehren können. Sozial- und Gesundheitssystems, Sozialwohnung mit allen Bequemlichkeiten des modernen Lebens. Sie genießen die Fernseher, chinesische Satellitenanlagen wird auf deutsche Dächer Richtung Mekka aufgestellt, Strom, Solinger Stahlkunst, die eine oder andere unwillige Tochter und bezahlte Flüge in die Heimat nachdem sie den deutschen Pass erhalten haben.  Alles gratis versteht sich. Derweil wird weiß sein verteufelt und Schweinefleisch von der EU als nicht Halal verboten.

Christian Feider / 04.06.2023

keine Ahnung,was den Author so umtreibt,denn durchaus ehrwürdige Küchenmeister in der Schweiz wie in Deutschland haben durchaus gute Grillabende für Ihre sehr wohlhabenden Kunden veranstaltet…und deren Rezepte waren jetzt auch nicht unbedingt die Schwierigsten der Welt. Es muss nicht unbedingt Hummer vom Grill sein,noch Wolfsbarsch oder Languste,es kann durchaus auch ein Nackensteak sein,das man selbst einlegt,oder eine Rindermarinade und wer wollte schon ernsthaft den Männern mal den Spass verderben,sich einmal in der Woche als “Held der Nahrung” zu fühlen? es waren im Übrigen die 68er Muttis,die aufgrund von mangelnden Küchenkenntnissen,die sie vorher von den eigenen Muttis abgelehnt haben,zurückgriffen auf den gefürchteten “Nudelsalat”,denn das Zeug war soooo einfach zu machen,das selbst eine Emanze den Ekel hinbekommen hat. ich selbst habe für 1200 Leute auf Holzkohlen die Hochzeitsfeiern bekocht…es geht alles,wenn man denn will :)

Wilfried Düring / 04.06.2023

Wissen Sie was passiert, wenn Nazis grillen? Dann werden die Würstchen braun. BRAUN! Wahrscheinlich mögen es woke Journos - und solche die sich selbst dafür halten -  auch deshalb nicht, wenn man sie ‘kleine Würstchen’ nennt!

L. Bauer / 04.06.2023

Ich sag nur Augen auf beim Häuserkauf! Eine Gegend, in der es nach fossilen Brandbeschleunigern und verbranntem Fett riecht, oh oh, keine Grillmeistergegend! Eher Aldi und Lidl-Zone. Wo überteuerte Weber-Grills gekauft werden und dann mariniertes Nackensteak vom Discounter eingeschweißt, auf das Vorzeigestück kommen. Und @ D. Katz, Sie kann es wie hier beschrieben treffen, oder mit Ihren woken Einladern, Gefahren lauern überall heutzutage. Ich bevorzuge inzwischen auch Ihre Lösung. Gechillt mit Zigarillos und Wermut im eigenen Reich. Beste Grüße!

Sam Lowry / 04.06.2023

@D. Katz: Deswegen grille ich nur mit RRRRRächten…

Ludwig Luhmann / 04.06.2023

Ein weißes T-Shirt tragen und währenddessen Schwarzes abkratzen lassen. Dazu ein Bier, das nach deutschem Reinheitsgebot gebraut wurde - wie wunderbar! Genossenes Schwarzes soll ja Krebs verursachen, was ich sofort glaube, obwohl ich kein weißes T-Shirt besitze und gleichzeitig kompromissloser Karbonanhänger bin. - Vor über 35 Jahren gab es schon esoterisch kontaminierte Grüne:Innen, die tatsächlich darauf geachtet haben, dass kein noch so geringer tierischer Fettspritzer auf den mit Feta gefüllten Auberginen landen darf, damit das gesunde Heilsgut nicht auch spirituell mit einer ahrimanischen Kadaversubstanz entweiht wurde. Diese extreme Zwanghaftigkeit erinnert immer auch an das letztendlich enstgemeinte Himmel- und Höllenspiel ‘haram vs. halal’. - Wie schlecht reagiert eigentlich mit Gates’ “Apeel” behandeltes Grillgut?

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