Sabine Beppler-Spahl, Gastautorin / 31.08.2022 / 06:15 / 101 / Seite ausdrucken

Bringt Deutschlands Krise den Euro zu Fall?

Mit dem wirtschaftlichen Schwanken Deutschlands werden auch die grundlegenden Konstruktionsschwächen der Eurozone bedrohlich deutlich. 

Drei Wirtschaftsnachrichten erreichten uns in den letzten Wochen, die wenig Gutes versprechen: 1. Der Euro-Kurs stürzt zum ersten Mal seit 2002 unter die Dollar-Parität. 2. Die Inflationsrate in der Eurozone weitet sich schnell aus und liegt höher als je zuvor (im Juli lag die Rate bei geschätzten 8,9 Prozent). 3. Auch das Handelsdefizit der Eurozone wächst und hat einen Rekordwert erlangt.

Die Eurozone, so viel steht fest, ist in einer ernsthaften Krise. Doch während die Beschwörung von Krisen – zum Beispiel des Klimas – hoch im Kurs steht, wirkt die Berichterstattung über dieses Thema fast verschämt. Das ist aus Sicht unserer Eliten verständlich. Zum einen gehen viele Probleme auf Fehlentscheidungen zurück, die sie mitzuverantworten oder unterstützt haben – und zum anderen ist eine Debatte über die Zukunft der Eurozone das letzte, was sich unsere Pro-EU-Eliten wünschen.

Verantwortlich für die Misere, heißt es, sei vor allem die russische Invasion der Ukraine. Das jedoch ist nur ein Teil der Wahrheit, denn schon vor dem 24. Februar war die Eurozone in keinem guten Zustand. Im Kern ist die wachsende Krise eine Krise der deutschen Wirtschaft. So eng verwoben mit und abhängig von Deutschland ist die Eurozone, dass der Spruch der ehemaligen Kanzlerin, „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“, umgewandelt werden müsste. Treffender wäre es zu sagen: Scheitert Deutschland, dann scheitert die Eurozone.

Vollkommen von der EZB abhängig

Als im Juli bekannt wurde, dass Deutschland zum ersten Mal seit 1991 – dem schwierigen Jahr nach der Wiedervereinigung – mehr importiert als exportiert, kam das einer Schocknachricht gleich. Zwar ist das Handelsdefizit von einer Milliarde noch nicht sehr hoch. Für ein Industrieland, das jahrelang vor allem durch seine Exporte glänzte, ist es trotzdem signifikant. Unvermeidlich ist damit auch der rasante Anstieg des Defizits der Eurozone. Denn Deutschland war das einzige große Mitgliedsland, das, wie der britische Journalist und EU-Experte Matthew Lynn schreibt, stets einen Handelsüberschuss auswies. Wenn damit nun Schluss ist, wird auch der Euro, der nicht nur gegenüber dem US-Dollar, sondern auch gegenüber dem Schweizer Franken an Wert verliert, weiter unter Druck geraten.

Mit dem wirtschaftlichen Schwanken Deutschlands werden auch die grundlegenden Konstruktionsschwächen der Eurozone noch deutlicher zum Vorschein kommen. So zum Beispiel bei der anhaltenden Staatsschuldenkrise, die 2010 nur oberflächlich behoben, nicht jedoch gelöst wurde. In Griechenland – das damals fast den Sturz des Euros einleitete – lag die Staatsschuldenquote im letzten Jahr (im Verhältnis zum BIP) bei fast 200 Prozent und damit deutlich höher als 2009 (als sie bei fast 128 Prozent lag). Nach den harten Lockdowns während der Covid-Zeit kletterten die Werte auch in Spanien auf 120 und in Italien auf 155 Prozent. Im Juni dieses Jahres erreichten die Staatsschulden Italiens die schwindelerregende Höhe von fast 2,8 Billionen Euro.

Hinter diesen Zahlen verbergen sich mehr als nur die wirtschaftlichen Schwächen der betreffenden Länder. Sie sind auch eine Konsequenz des engen Währungskorsetts, das der Euro ihnen auferlegt. Anders als Länder, die souverän über ihre eigene Währung verfügen können, sind sie vollkommen von der EZB abhängig. Weder können sie ihre Währung abwerten, um die Exporte zu fördern, noch kann sich der Staat von der eigenen Zentralbank stützen lassen. Zur wirtschaftlichen Abhängigkeit kommt die politische hinzu, wie die jüngste Geschichte zeigt: Die EU hat sowohl in Italien als auch Griechenland Regierungen zu Fall gebracht – und Technokraten-Regierungen zur Macht verholfen, die sich Brüssel stärker verpflichtet fühlten als der eigenen Bevölkerung. Nun stellt sich angesichts der Krise der ganzen Eurozone die Frage, wie lange die Bürger eine solche Abhängigkeit akzeptieren werden.

Es kann ein böses Erwachen folgen

Noch ist es zu früh, über den Untergang der Eurozone zu spekulieren. Die europäischen Eliten haben sich – aus Gründen des eigenen Überlebens – immer enger an die EU und ihre Strukturen gebunden. Für die Bürger aber, die unter der wachsenden Inflation und den steigenden Energiepreisen zu leiden haben, sieht die Realität anders aus. Die EU-Kommission mag glauben, dass sie mit ihrer unausgegorenen Kampagne eines Green New Deal modern und überzeugend wirkt. Die Menschen in den Mitgliedsländern aber wollen wissen, wie sie ihre Rechnungen zahlen können.

Das Beispiel der Bundesregierung, mit ihrem übereilten Ausstieg aus der Atomenergie, wird dabei kaum zur Stärkung des Vertrauens beitragen. Die Abhängigkeit von russischem Gas, in die sich Deutschland mit seiner Energiewende begeben hat, wird bei vielen die Frage aufwerfen, ob man auf das richtige Pferd gesetzt hat. Gleichzeitig werden aber auch die Bürger in Deutschland von ihren Politikern wissen wollen, wer in Zukunft für die hohen Kosten der EU aufkommen wird. Bleibt zu hoffen, dass sie das bald tun, denn ansonsten kann ein ziemlich böses Erwachen folgen.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Novo-Argumente.

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Leserpost

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Andrej Stoltz / 31.08.2022

So schnell wird das nicht gehen. Der Euro und die EU sind erst dann am Ende, wenn Deutschland das ärmste oder zumindest eins der ärmsten Länder Europas ist. Vorher nicht. Erst dann ist Zweck und Ziel der EU, EG, EWG, Montanunion erreicht, die ja nur gegründet wurde um als eine Art zweites Versailles Reparationszahlungen zu ermöglichen ohne offiziell so zu heissen. Erst wenn die Deutschen den Fensterkitt aus den Rahmen kratzen, um damit eine Suppe zu kochen, wird das (vielleicht) aufhören. Bis dahin ist es aber noch ein ganzes Stück, noch ist viel zu holen. Und unsere eigenen RotGrün Politiker, aber auch die Schwarzen, sind die willigsten Vollstrecker der Enteignung Deutschlands. Man denke nur an die letzte sogenannte “Volkszählung”, die in Wahrheit eigentlich eine peinlich genau Erfassung des Immobilienbesitzes war.

Torsten Hopp / 31.08.2022

Es “kann” kein böses Erwachen geben. Es “wird” ein böses Erwachen geben.

Henri Brunner / 31.08.2022

@Gerhard Döring / 31.08.2022 Nicht Eurpoa ist gescheitert, sondern die EU. EU ist nicht daselbe wie Europa !

Angelika Meier / 31.08.2022

Der Euro wird nicht verschwinden. Es wird aber zum wirtschaftlichen Abstieg Europas kommen. Das wird viele politische Verwerfungen bringen, da die BRD und Europa auf das Zuschütten mit staatlichem Geld aufgebaut ist. Fällt das weg, gibt es Unruhen.

Jens Happel / 31.08.2022

Spöttisch möchte ich sagen, warum sollte der Euro jetzt auseinanderfliegen. Litt er doch an der großen Ungleichheit zwischen Deutschland und z.B. Griechenland. Danke 16 Jahre Merkel und nun Ampel ist das Problem gelöst. Wir wurden Griechenland gleichgemacht. Nun haben bald alle Mitgliedssaaten eine schwache Wirtschaft und somit einheitlich eine schwache Währung verdient. Grandios!

Oliver König / 31.08.2022

“Bringt Deutschlands Krise den Euro zu Fall?” Schön wärs. Aus mit der Party der anderen EU-Staaten an deutschen Büffett.

A.Lisboa / 31.08.2022

Nach dem Zusammenbruch wird die Landwirtschaft einen Boom erleben. Hier ein Insidertipp: Man sollte den Kathstrauch (Abessinischer Tee) anbauen. Der Anbau und Verkauf von Kath bringt mindestens den zehnfachen Ertrag von Getreide ein. Abnehmer sind seit 2015 genug im Land, und es werden täglich immer mehr. In jeder Krise steckt eine Chance, es kommen also goldene Zeiten auf die Landwirte Europas zu.

Rainer Niersberger / 31.08.2022

Die Beschreibung als “Konstruktionsmaengel” ist zwar nicht voellig falsch, aber bestenfalls unzureichend. Vor allem vermittelt sie unzutreffend den Eindruck, da seien wieder einmal Leute gescheitert, die wie immer nur das Beste wollten. Ein Narrativ, von dem man sich endlich verabschieden sollte. Die Hintergründe, Motive, Ziele und Interessen, die letztlich zu diesem Gebilde, am Ende auch zu seinem Scheitern, geführt haben, sollten bekannt sein. Von Fehlern ieS kann hier keine Rede sein, allenfalls von Dummheit und der ueblichen Erpressbarkeit (auf der deutschen Seite). Ansonsten ist klar, was unserer französischen “Freunde”, die von der ueberrollten “grande nation” wollen und auch zugaben, was der club mediterrane (seine Gesellschaften einerseits und seine Regimes andererseits) wollte, allesamt mehr oder weniger “Schoenwetterdemokratien” mit sehr interessanten und teilweise sehr unterschiedlichen Vorstellungen vom Staat und dem, was er zu tun und zu unterlassen hat. Und nicht zuletzt unsere internationalen Freunde vom “Globalismus”, die Träumer vom Imperium auf Augenhöhe und natuerlich ein grosser Teil der Exportwirtschaft, der nicht nur am Wegfall des Wechselkursthemas, sondern auch am Export selbst interessiert ist, selbst wenn oder gerade auch dann, falls er von den Bürgern des “eigenen” Landes finanziert wird, Target laesst gruessen. Dass ein derartiges” krankes” Gebilde aus Blinden( mit ihrem Alimentation interesse) und einem neurotischen Einaeugigen auch gegen schwarze Schwäne wenig resilient ist, sollte man wissen.  Die Entmachtung Sch’lands, bei gleichzeitiger Ausbeutung unter guetiger Mithilfe der deutschen Exporteure und linksgruener Antinationalisten war kein Fehler, sondern Absicht. Gekoedert wurde der deutsche Seppl von der Elite wie ueblich niedrigschwellig mit dem Wegfall des Waehrungsumtausches und triggernd mit dem Kriegsnarrativ. Ohne EU bzw Euro gibt es Krieg und Sch’land ist schuld. Das reicht hierzulande vollkommen.

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