Die Satellitenaufnahmen der NASA sind ein Fanal. Sie zeigen die flächendeckenden Brände in Südamerikas Regenwäldern. Die sichtbaren Brandrodungen im größten Regenwaldgebiet der Welt erschüttern seit Wochen die Weltöffentlichkeit. Doch wer genauer hinschaut, der sieht, dass Brasilien keineswegs alleine fackelt. Wild wüten Großfeuer auch in Peru und Paraguay, am wildesten aber in Bolivien.
Das hat einen Grund. Denn Bolivien hat am 9. Juli ein Dekret in Kraft gesetzt, das die massenhaften Brandrodungen im Urwald nicht bloß erlaubt, sondern systematisch fördert. Boliviens Präsident Evo Morales hat auf einer Pressekonferenz die Brandoffensive in geradezu heroischer Geste angekündigt und sich von Bauern bejubeln lassen. Es sei ein Recht des bolivianischen Volkes, die Erde für alle zu nutzen, den Urwald “zu lichten”. Darum autorisiere er mit Stolz die “quema controlada” – die kontrollierte Brandrodung. Bolivien werde damit “wirtschaftlich wachsen, vor allem in der Landwirtschaft”.
Seit dem Dekret sind hunderte von großflächigen Bränden entfacht worden, um aus dem Urwald nutzbare Flächen für die Landwirtschaft zu schaffen. Eine gewaltige Feuerwalze fräst sich in Ostbolivien durchs Land und entsetzt die dortige Bevölkerung. Lokalpolitiker der Opposition warnen vergeblich, die Zeitung “El Deber” schlägt Alarm und meldet, in den vergangenen Tagen seien mindestens 500.000 Hektar Wald vernichtet worden. Hilferufe kommen aus dem ostbolivianischen Puerto Suarez, ebenso wie aus Chiquitania. Doch wer immer Kritik übt, wird vom sozialistischen Regime in Bolivien attackiert.
Der Medienfokus liegt fast nur auf Brasilien
Geschickt hat es Evo Morales verstanden, als größter Urwald-Abfackler einer internationalen Kritik zu entgehen. Die Katastrophe in Bolivien geht in der internationalen Berichterstattung weitgehend unter. Der Medienfokus liegt fast nur auf Brasilien, denn der dortige Präsident Jair Bolsonaro ist kein Sozialist, sondern Rechtspopulist. Damit zieht er die Kritik der linksliberalen Weltpresse alleine auf sich.
Dabei verhält sich das sozialistische Bolivien dem Regenwald gegenüber noch aggressiver. So aggressiv, dass die katholische Kirche jetzt landesweit zu Gebeten aufgerufen hat. Sie sollen zur Solidarität mit den Opfern der Brände anhalten und zur Einhalt mahnen. Die katholische Kirche ist in Bolivien zum mächtigsten Anwalt des Protestes geworden und warnt vor einer Zerstörung der Schöpfung.
Der Erzbischof von Santa Cruz de la Sierra, Sergio Gualberti Calandrina, schlägt Alarm: „Die Brände betreffen ganz Bolivien, nationale Parks und Umweltschutzgebiete.” Das Feuer sorge für einen enormen Schaden unter anderem in den Savannen-Regionen Chiquitania und Chaco. Leidtragende der Zerstörungen seien vor allem die indigenen Gemeinden und die Bio-Diversität. Am vergangenen Sonntag rief er einen „Tag des Gebetes” gegen die Amazonas-Feuer aus. Sein Ziel: „Wir müssen ein Bewusstsein der Vorsicht schaffen für unser gemeinsames Haus.” Selbst der Vatikan veröffentlicht den dramatischen Appell aus Bolivien und benennt das Dekret 3973 konkret aus Auslöser der Katastrophe.
Ein klassenkämpferischer Akt
Das Dekret Nummer 3973 gilt Morales als sozialistische Errungenschaft, ermöglicht es doch die Rodung weiter Waldflächen in den Departamentos Beni und Santa Cruz zum angeblichen Nutzen der armen bäuerlichen Landbevölkerung. Damit soll Platz geschaffen werden für die Viehzucht. Morales sieht die Brandrodungen als einen klassenkämpferischen Akt an, um gleiches Recht für alle zu schaffen. Dadurch hat das bolivianische Amazonas-Gebiet nach Angaben des Amazonas-Netzwerks RAISG im Zeitraum von 2005 bis 2018 bereits mehrere Millionen Hektar Waldfläche verloren. Nun, da die Feuerwalze außer Kontrolle zu geraten droht, akzeptiert er immerhin, ausländische Hilfe bei der Brandbekämpfung ins Land zu lassen, wie das größte Löschflugzeug der Welt.
Doch Morales opfert den Regenwald in Wahrheit gezielt für seine geplante Wiederwahl im Oktober. Bolivien steckt mitten im Präsidentschaftswahlkampf, und auch dabei schreckt der Sozialist vor drastischen Maßnahmen nicht zurück. Denn nach dem Ende seiner dritten Amtszeit hätte er nach den Regeln der bolivianischen Verfassung eigentlich abtreten müssen. Um dennoch im Amt bleiben zu können, setzte er ein umstrittenes Referendum über eine entsprechende Verfassungsänderung an – und unterlag. Eine knappe Mehrheit sagte Nein zu Verfassungsänderung und Wiederwahl. Morales hätte endgültig zurücktreten müssen.
Doch plötzlich erklärte er das Referendum im Namen des Sozialismus für nichtig. Er setzt seine erneute Kandidatur auf der Basis einer Entscheidung des bolivianischen Verfassungsgerichts durch: Ein Verzicht auf die Kandidatur würde die Menschenrechte von Evo Morales verletzen. Ein Oppositionsführer kommentiert das so: „Er ist ein Brandstifter. Ökologisch wie politisch.”
Dieser Beitrag erschien zuerst auf The European.
Beitragsbild: Kilobug CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons
Endlich wird über den Halunken Morales mal berichtet. Ich kenne das Thema schon seit Jahren, dank angeheirateter Verwandtschaft aus dem Land.
Wenn Angela Merkel, hofffentlich in absehbarer Zeit, auf ihre Finca in Paraguay übersiedelt, ist sie mittendrin im Geschehen und kann über ihre beim G7 erteilten Mahnungen vor Ort weiter fabulieren, vielleicht sogar noch irgendwo mitregieren. Wenns nicht so gut läuft - weiterreisen nach Kuba und auf den Spuren der Honeckers wandeln.
Morales - was für ein sprechender und herrlicher Name. Der könnte glatt einen Posten in der EU nur aufgrund dieses einen Merkmals ergattern.
Ein Sozi - was kann man anders erwarten als Zerstörung...
Spannend, hier keine Leserbriefe vorzufinden - warum? Dem Klima ist es egal, WER und WARUM die Brandrodung erfolgt. Und ich bin dankbar, hier aufschlussreiche Informationen zu finden, die genau dieselbe heftige Kritik auslösen sollten wie gegenüber Bolsonero. Das Einzige, was ich aus dem Vergleich zwischen beiden Regierungen lernen kann, ist die Warnung an unsere GRÜNEN-PolitikerInnen, sich nachdrücklich um die wirtschaftliche Lage der mittleren und unteren Einkommensbezieher zu kümmern, und sich nicht von den Kapitalbesitzern gegen die >kleinen Leute< in Stellung bringen zu lassen. Das ist vordergründig in Bolivien gelungen - zulasten der regionalen Natur und des weltweiten Klimas. Aber ich hoffe, das Augenmerk investigativer JournalistInnen wird nun darauf liegen, ob das Land wirklich an die Kleinbauern gehen und bei ihnen bleiben wird - oder ob nach wenigen Jahren daraus wieder die bekannten Agrarmultis geworden sind, evtl. mit den ursprünglichen Bauern als Strohmänner in einem oberschlauen Rechtskonstrukt.
Und wieder bewahrheitet sich: Wenn zwei das Gleiche tun, ist das noch lange nicht dasselbe.
Wenn Ideologie an die Stelle der Vernunft tritt. Morales ist indianischer Abstammung. Das ist eine Ohrfeige für alle Ureinwohnern-Versteher, die den weißen Mann für jeden Frevel an der Natur verantwortlich machen