Ulrike Stockmann / 03.01.2021 / 10:00 / Foto: Achgut.com / 20 / Seite ausdrucken

Bleigießen oder der Berliner Senat

Das zurückliegende Jahr 2020 habe ich streckenweise als einfach nur schrecklich empfunden. Ein Unglück schien das nächste zu jagen – immerhin unterbrochen von einigen wunderbaren Lichtblicken. Aufgrund dieses merkwürdigen Potpourris fürchtete ich, dass 2020 gegen Ende hin vielleicht noch eine skurrile Überraschung aus dem Ärmel ziehen würde. Doch meine Feiertage verliefen verblüffend harmonisch, friedlich und schön. Silvester verbrachte ich ungewöhnlich ruhig im engsten Kreis.

Zu viert ließen wir es uns bei Raclette gut gehen, freuten uns über die verstreuten Raketen vom Vorjahr, die nach Mitternacht in den Berliner Himmel gejagt wurden – und schließlich gab es das obligatorische Bleigießen. Das heißt: Da dieses seit 2018 verboten ist (die austretenden Bleidämpfe sind einfach zu gefährlich, wie die EU herausgefunden hat), sind wir auf „Wachsgießen“, eine Alternative zum herkömmlichen Bleigießen, ausgewichen. Das Prinzip ist das gleiche, bis auf die Tatsache, dass das erhitzte Wachs einen gewöhnungsbedürftigen Geruch verbreitet.

Als ich an der Reihe war, ergab meine Wachsfigur ein ganz eindeutiges Zeichen: Ein Kleeblatt. Nun sind solche Orakel natürlich nur dann nützlich, wenn man weiß, was das entsprechende Symbol bedeutet. Wir zogen also die Seite bleigiessen.de zurate. Unter Kleeblatt findet sich dort die klare und unumstößliche Weisheit:

„Treffen mit Freunden. Lange nicht gesehen? Einer muss es in die Hand nehmen und einen Termin ausmachen (nämlich du), dann steht einem Treffen nichts mehr im Wege.“

Eine schwere Entscheidung

„Wunderbar!“, dachte ich mir. Im ganzen Corona-Wahnsinn bin ich über die letzten Wochen hin tatsächlich furchtbar vereinsamt. Keine Veranstaltungen, wenig soziales Leben, die ganze Würze der menschlichen Existenz auf ein Minimum reduziert. Wie gut, dass einen ein Silvesterorakel manchmal wieder an das erinnert, was im Leben wirklich wichtig ist und dazu aufruft, die Initiative zu ergreifen.

Am nächsten Tag scrollte ich durch meine Facebook-Timeline und stieß auf eine Ermahnung des Berliner Senats, die auch vom Berliner Bürgermeister Michael Müller geteilt wurde. Im raffinierten Design der neuen Hauptstadt-Image-Kampagne heißt es dort auf einer Grafik: „Unsere guten Vorsätze für 2021: Kontakte reduzieren, Hygiene-Regeln einhalten, Impfen lassen.“

Na sowas – gleich drei auf einen Streich! Und ein Vorsatz verstößt ganz eindeutig gegen meine persönliche Neujahrs-Prophezeiung, die mich dazu anhält, im neuen Jahr verstärkt den Kontakt zu Freunden zu suchen.

Was nun? Es ist wahrhaft keine leichte Entscheidung, zwischen der Auslegung einer Bleigießen-Informations-Seite und dem Rat des Berliner Senates zu wählen. Da ich ein zutiefst abergläubischer Mensch bin, entschied ich mich nach langem Hin und Her schließlich dazu, im kommenden Jahr lieber der Empfehlung des Wachsgießens folgen zu wollen. Die uralte Weisheit der Blei- und Wachssymbolik schien mir dann doch vertrauenswürdiger als die Berliner Regierung, auch wenn sie sich sonst bestimmt viel Mühe gibt.

Foto: Ulrike Stockmann

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Gudrun Meyer / 03.01.2021

Demnächst wird vermutlich auch das Wachsgießen verboten, einfach, weil alles unter Beschuss steht, was fröhlich und unbefangen ist. Bis vor kurzem haben alle Sucht-Ratgeberhefte vom Gesundheitsminister anerkannt, dass das gesellige Trinken etwas anderes als Alkoholmissbrauch und außerhalb vom Steuersitz kein Problem ist. Wahrscheinlich gilt immer häufiger dasselbe für ein soziales Kiffen. Aber jetzt wird schon der mäßigste Alkoholkonsum zur Seuchenschleuder erklärt, eben weil er gesellig ist. Auch Kontakte ohne Alkohol oder andere Drogen gelten als unvertretbar infektiös, was ich noch bei keiner Grippewelle gehört oder gelesen habe, außer vielleicht für wirklich hochgefährdete Menschen. Ob es derartige Warnungen gab, weiß ich gar nicht mehr.  Normale Kontakte unter gesunden Menschen, die früher niemand für falsch hielt, sollen aber seit dem 1. Lockdown allmählich - auf einen Schlag ginge es nicht - als gefährlich und wörtlich krankhaft angesehen werden. Und an einer Impfung hat das Merkel-Regime kein Interesse, weil dann der ganze, schöne Seuchen-Alarmismus flöten geht. Es wird die Impfung nicht verhindern können und wahrscheinlich eine unmittelbare oder mit sozialen Strafandrohungen durchgesetzte Impfflicht einführen, aber eine freiwillige und von sehr vielen Menschen angenommene Impfung ist genau das, was es nicht brauchen kann. Gleichgültig, wie die Ergebnisse ausfallen, wird es absehbar ungeheuer kritische und unabhängige staatsmediale Berichte geben, die über Impfschäden und vor allem über einen echten oder angeblichen Mangel an Sicherheit für Geimpfte klagen werden.

Georg Dobler / 03.01.2021

Verehrte Frau Stockmann, zuerst ein Gutes Neues Jahr nach Berlin und zweitens ein Kompliment, ich freue mich immer wenn ich Ihr Bild bei Ihren Artikeln sehe, ein sehr angenehmer attraktiver Anblick. Zur Sache: Schreiben Sie doch gelegentlich Ihrem Regierenden Bürgermeister, dass Sie sich in diesem Jahr noch nicht an die Impfempfehlung halten können, weil eine dermaßen unprofessionelle Bundesregierung, nach allem was täglich gemeldet wird, nicht in der Lage sein wird weiten Teilen eines 83-Mio-Landes innerhalb eines Jahres die Impfung zu ermöglichen. Dabei ist “unprofessionell” eine ausgesprochen höfliche Formulierung, denn mir schweben da Worte vor .... oh je. Es ist nach 3 Wochen ja eine 2. Impfung erforderlich und nach einigen Monaten (neuer Impfstoff?) wieder eine Auffrischung (zweimal?). Das mag in Israel, USA, China klappen, nie und nimmer im Land der besten großen Koalition aller Zeiten mit vielen echten Doktortiteln, beratenden Top-Tierärzten, und einem Top-Bankkaufmann im Ministerium, dabei ist die alleroberste Bossin in Brüssel, eine Ärztin und auch noch eine Frau! Diese Umstände haben einen Riesenvorteil. Impfskeptiker müssen gar nicht verweigern, sie könne sogar um einen Termin ersuchen, sie werden keinen kriegen, die könne dann überall ihre Anmeldung vorzeigen und damit sich als vorbildliche Bürger beweisen, würd gern lachen, wenns denn zum Lachen wäre.

Michael Hoffmann / 03.01.2021

Kontakte sind potentiell konspirativ. “Gehen Sie weiter. Hier gibt es nichts zu sehen”. Deshalb eher intensivieren. Man kann nie wissen, wozu man sie mal braucht.

Matthias Fornach / 03.01.2021

Die Berliner Regierung gibt sich sonst bestimmt viel Mühe . Alles klar, Frau Stockmann.

Frank Stricker / 03.01.2021

Ach ja, im Berliner “Clan-Milieu” redet man übrigens nicht vom Bleigießen, sondern vom Blei(ver)gießen…......

N.Lehmann / 03.01.2021

Weder noch! Wichtiger ist mehr politische Reife, Selbstbewusstsein und Selbstbestimmung. Unglaublich, wie gesteigert naiv und obrigkeitshörig die Deutschen geworden sind?! Wer im Ausland (Schwellenland) gelebt und gearbeitet hat, ist einfach nur schockiert! Lügen so klar wie Klossbrühe und von Parasiten, Versagern, Berufs-, und Studienabbrechern serviert.

Karsten Dörre / 03.01.2021

Unsere guten Vorsätze für 2021: den planmäßigen Niedergang der westlichen Zivilgesellschaft und Wirtschaftssysteme an China vermelden, die Wahlgesetze so ändern, dass Wahlen unnötig sind und regelmäßig Jubelarien auf die Regierungen singen.

Bastian Kurth / 03.01.2021

Danke Frau Stockmann für diesen Beitrag! Ich HASSE es wenn ich einfach ungefragt geduzt werde. Dieses unverschämt distanzlose duzen trifft man lustigerweise jetzt häufig. Herr Michael Müller:  Sie sind ein Angestellter von uns, sie beziehen ihr Gehalt von uns, wir verbitten uns von Ihnen oder Ihren Mittätern plump vertraulich geduzt zu werden! Haben Sie das endlich verstanden? Egal, Sie und Ihre Partei werden hoffentlich in der Bedeutungslosigkeit die Sie sich schwer erarbeitet haben verschwinden….gute Reise und bitte keine Ansichtskarte aus dem politischen Nirwana, kapiert? Gut!

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