Manfred Haferburg / 14.05.2022 / 06:15 / Foto: Medvedev / 102 / Seite ausdrucken

Blackout: Warnungen seit 2011, Reaktion null

Die Bundesregierung verschärft die Gefahr eines Blackouts durch Kraftwerksstilllegungen, die Medien reden die Gefahr klein, in Sachen Prävention bleibt das Land untätig und die Verantwortung für die Vorbeugung wird auf die Bürger abgewälzt. 

Seit vielen Jahren warnen wir auf der Achse vor einem Blackout als Folge der Energiewende. Grund unserer Sorgen war die ständige Verringerung der Netzreserve durch politisch initiierte Kraftwerksstilllegungen von Kern- und Kohlekraftwerken seit Beginn der Energiewende, ohne dass Ersatz in Aussicht steht. Vorgesehen war ein Ersatz durch Gaskraftwerke. Dies entfällt durch den Ukrainekrieg erst einmal. Deutschland ist statt mitten in der Energiewende nun mitten in einer veritablen Energiekrise, die sich erst einmal in horrenden Energiepreisen manifestiert. Diese Teuerungen erhöhen aber nicht die Netz-Sicherheit. Und die Regierung fährt mit den Kraftwerksstilllegungen fort, als gäbe es kein Morgen.

Schon im Jahre 2011 warnte auch das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag, dass im Falle eines Blackouts bereits nach wenigen Tagen im betroffenen Gebiet die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen nicht mehr sicherzustellen ist. Auch wird deutlich gemacht, dass erhebliche Anstrengungen erforderlich sind, um die Durchhaltefähigkeit kritischer Infrastrukturen zu erhöhen sowie die Kapazitäten des nationalen Systems des Katastrophenmanagements weiter zu optimieren. Geschehen ist seither praktisch nichts, außer dass für das THW ein paar Notstromaggregate mit 30 Millionen Euro finanziert wurden – ein Tropfen auf den heißen Stein.

Am 1. Mai dieses Jahres rief Rechtsextremismusbekämpferin Nancy Faeser, im Nebenberuf deutsche Innenministerin, die Bevölkerung auf, Notvorräte anzulegen

„Wenn tatsächlich mal länger der Strom ausfällt oder das tägliche Leben auf andere Art und Weise eingeschränkt wird, dann ist es auf jeden Fall sinnvoll, einen Notvorrat zu Hause zu haben… Wir müssen hier auf die Höhe der Zeit kommen, um die vielfältigen Krisen – Pandemien, Klimafolgen, Kriegsgefahren – zu bewältigen." 

Es müsse geprüft werden, welche Schutzvorkehrungen notwendig seien. Das betreffe nicht nur technische Fragen, „sondern auch Vorräte für Lebensmittel, Medikamente oder Sanitätsmaterialien". Das Dokument, auf das sie sich im Jahre 2022 bezog, ist dasselbe wie oben genannt und stammt aus dem Jahre 2011. Da gab es noch keine Pandemie, keinen Ukrainekrieg, nur eine Energiewende. Ob Frau Faeser bisher neben ihrer Hauptaufgabe, dem Kampf gegen rechts, Zeit geblieben ist, im Katastrophenschutz „auf die Höhe der Zeit zu kommen“, wurde nicht bekannt. Nach und nach kommt das Thema Blackout-Gefahr nicht nur im Kabinett, sondern auch in den großen Medien an. 

„Viele Tote, und viel mehr, als wir uns vorstellen können“

Kürzlich erschien ein Artikel der Welt-Online, allerdings hinter der Bezahlschranke: „Die Folgen des Horrorszenarios Blackout“. Politisch korrekt wird bei Welt abgewiegelt: „extrem unwahrscheinlich“. Und noch politisch korrekter wird als Ursache Putin, sein Krieg und seine Hacker genannt. Auch den Autoren fällt nicht auf, dass die Blackout-Studie des Büros für Technikfolgenabschätzung aus dem Jahre 2011 stammt und dass Putins Hacker eher die kleinere Gefahr für die deutsche Netzstabilität darstellen als diverse Hände am Gashahn und das Sprengen deutscher Kraftwerkskühltürme. 

Es folgt in dem Welt-Artikel eine unvollständige, eher verharmlosende Aufzählung der Folgen eines Blackouts, der allerdings mit der Feststellung endet, dass zehntausende Tote zu beklagen sein könnten: „Es werden viele sein, und viel mehr, als wir uns vorstellen können“. Empfohlen wird den Bürgern unter anderem die Anschaffung eines Kurbelradios. Auf die Idee, dass viele Leute ein batteriebetriebenes Autoradio haben, kommen die Autoren nicht. Aber auch ein Radio wird Dialyse-Patienten, Diabetikern und Patienten auf den Intensivstationen nicht helfen, wenn den Krankenhaus-Notstromdieseln nach drei Tagen der Treibstoff ausgeht.

Wem die Bezahlschranke der Welt-Online im Wege stand, der kann nun einen freien Podcast auf Welt-Online anhören, in dem ein Redakteur und die Autorin des Artikels ziemlich entspannt darüber plaudern, wann beim Blackout das Wasser ausfällt (kein Problem) und was passiert, wenn in einem Mehrpersonenhaushalt die Toilettenspülung nicht mehr funktioniert.

In dem Bezahlschrankenartikel wird darüber spekuliert, wie viele Tote es denn bei einem Blackout geben wird. In dem Podcast ist davon nicht die Rede. Da die detaillierteren Horrorfolgen des Artikels einen Teil der Leserschaft verunsichern könnten, wurden sie durch wiederholte Zusicherungen ersetzt, wie „extrem unwahrscheinlich“ ein Blackout sei. 

Und wenn der Blackout dann doch kommen sollte, hat man ihn vorsichtshalber schon mal Putins Hackern in die Schuhe geschoben. Denn am Abbau von Kraftwerkskapazität kann es ja nicht liegen, dafür gibt es ja Windräder und Solarpaneele. Das Medien- und Regierungshandeln in Sachen Netzsicherheit lässt sich so beschreiben: durch Kraftwerksstilllegungen die Gefahrensituation immer mehr verschärfen, die Gefahr kleinreden, in Sachen Prävention untätig bleiben und die Verantwortung für die Vorbeugung auf die Bürger abwälzen. 

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Leserpost

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Jan-Hendrik Schmidt / 14.05.2022

Es ist schwer, Worte zu finden. Dass wir uns als weit entwickelte Industrienation im Jahr 2022 mit Problemen auseinandersetzen müssen wie ein Dritte-Welt-Land vor 60 Jahren, ist unfassbar und bringt uns schon in die Nähe der Systemfrage. Denn natürlich sind dafür die herrschenden Parteien verantwortlich und nicht Putin oder das Klima. Alles faule Ausreden, um davon abzulenken, dass die eigenen politischen Entscheidungen böser Unfug waren bzw. sind. Der Bürger als Korrektiv fällt leider aus, weil er nach aller Kunst der Massenpsychologie multimedial in Dauerschleife geframed und manipuliert wird, wie die oben angesprochenen Welt-Artikel beweisen. Typischer Fall von Demokratieversagen. Es ist ein Elend.

Hans-Peter Dollhopf / 14.05.2022

Der Aufrüttel-Spruch “Kommunismus, das ist Sowjetmacht plus die Elektrifizierung des ganzen Landes” hätte auch von Majakowski stammen können. So wie etwa: Die EU, das ist Brüssel plus der Green New Deal.

Oliver Puchert / 14.05.2022

Autor und Öffentlichkeit ignorieren weiterhin beharrlich, daß lediglich Entscheidungen delegiert werden können, niemals aber die Verantwortung dafür. Nun ist es an der Zeit, diese Lektion zu lernen. Wenn es irgendetwas gibt, das man “alternativlos” nennen darf - dann genau das.

E. Naumann / 14.05.2022

“Fuck the EU” die oberste US Diplomatin des “EverybodyDarlings” Obama, Mrs Nuland 2014 oder Lisa Fitz Die Bevölkerung hat ein Recht auf Wahrheit | NDS youtube

Emmanuel Precht / 14.05.2022

Sie schreiben: “Dies entfällt durch den Ukrainekrieg erst einmal.” Korrekt wäre: “Dies entfällt durch die EU-Sanktionen erst einmal”.  Wohlan…

Christa Born / 14.05.2022

Faeser und Putin Seit an Seit gegen Nazis. Da kann kein Schaden zu groß sein.

Claudius Pappe / 14.05.2022

Lieber Herr Haferburg. Sie übertreiben maßlos. Meine Tageszeitungen ( Ruhr Nachrichten, WAZ , FAZ, SZ ,Morgenpost und Tagesspiegel ) sehen das ganz anders. Wir werden eher durch die Klimakrise verbrennen und nicht im Winter erfrieren und verhungern. Außerdem sagen ARD und ZDF, sowie alle meine Rundfunksender WDR 1-WDR 99 das wenn Hunger und Kälte Deutschland treffen werden, Putin der Schuldige sei. Meine Nachbarn sehen das ähnlich, denn am Sonntag bei den Landtagswahlen in NRW will mindestens jeder dritte SPD wählen. Auch wollen mindestens 30% CDU ankreuzen. Jeder sechste in der Wählerschlange meint, das die Grünen auf dem richtigen Weg seien. Nur die FDP, die wird nur noch von jeden 20zigsten bevorzugt. Das jeder 13 zehnte die rechten von der AfD wählt - geschenkt.

Bernd Keller / 14.05.2022

Kippen, Kaffee, .22 und ein guter Hund. Garten schadet auch nicht. So hat es zumindest meine Opa geschafft. Aber keine Sorge,Taschenmesser sind verboten, Listenhunde auch, Tierabwehrspray ebenfalls… Ich schätze, Stromerzeuger auch bald.

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