René Zeyer, Gastautor / 01.02.2020 / 12:00 / Foto: Tim Maxeiner / 6 / Seite ausdrucken

Bei Schweizer Bankern unterm Sofa

Toblerone, Berge, Banken. Ein Image wird man nicht so schnell los. In vielen Ländern fliegt vermeintlich noch die Swissair, statt der zur Lufthansa gehörenden Swiss. Aber die Schweizer Großbanken bemühen sich, das zu ändern. Wenn in einem Bond-Film ein Banker vorkommt, dann ist er immer noch Schweizer. Bieder, redet mit lustigem Akzent und ist völlig moralfrei. Aber auch humorfrei, seriös und zuverlässig.

Stabil, solide große Tradition. Fels in der Brandung der internationalen Finanzströme, sicher wie das Alpenreduit und einmalig wie das Matterhorn. Jeder Anbieter in einem randvollen Markt braucht eine USP, ein Alleinstellungsmerkmal. Die Schweizer Banken mehr denn je, seitdem das Bankkundengeheimnis löchriger als ein Emmentaler geworden ist. Vermögensverwaltung, Börsengänge, Fondsgebastel, High-Net-Worth Individuals und Ultra-High Net-Worth Individuals.

Das Klientel ist weltweit das gleiche, alte Märkte lassen nach, neue kommen; so hat China bereits mehr Milliardäre als die USA. Wo ist da der Platz für die letzten beiden internationalen Großbanken der Schweiz? Die eine hat nach diversen Fusionen nur noch ein Kürzel, das lediglich für Insider als Akronym für Union de Banques Suisse steht. Die andere heißt immerhin noch Credit Suisse. Sie hat ihr Signet für teures Geld mit zwei geblähten Segeln verunstalten lassen, da hat vielleicht der Logoschnitzer das Binnenland Schweiz mit der Seefahrernation Schweden verwechselt.

Banking ist Vertrauenssache

Natürlich betonen beide Banken ihre Schweizer Wurzeln, das nennt man moderndeutsch Swissness. Das sei ein Asset, Paradeplatz, Bahnhofstraße, Zurich, you know. Man muss den Kunden ja nicht auf die Nase binden, dass der altehrwürdige Hauptsitz der Credit Suisse inzwischen eine Ladenpassage enthält, die Bank ihre weiteren Liegenschaften an bester Lage aus bilanzkosmetischen Gründen verscherbelt hat.

Und der mit so einem süßen Akzent sprechende Genfer Banker? Adrett, Pochettli, weicher Teppich, Stilmöbel, Kunst an der Wand, dazu persönlich haftender Teilhaber, ganz große Tradition seit dem 17. Jahrhundert? Zum edlen Club der Privatbankiers gehörten einstmals 16 Schweizer Banken, die meisten in Genf angesiedelt. Sie hatten Napoleon, die bürgerliche Revolution, zwei Weltkriege und mehrere Weltwirtschaftskrisen überlebt. Aber nicht die Attacke der US-Justiz auf das Schweizer Bankgeheimnis. Deshalb gibt es heute noch ganze fünf, nur eine davon in Genf. Alle anderen, sicher ist sicher, verwandelten sich in Aktiengesellschaften.

Aber, wie jeder Banker weiß und nicht müde wird zu betonen: Banking ist Vertrauenssache, etwas Persönliches. Worte wie Integrität, gelebte Werte, Anstand, Schweizer Tugenden, schöne Worte wie „verhebbig“ (unzureichend übersetzbar mit verlässlich), Schweizer Qualität, Zuverlässigkeit, pünktlich wie eine Schweizer Uhr fließen locker von den Lippen.

Allerdings: Nicht von denen des vorletzten CEO der Credit Suisse. Der US-Investmentbanker Brady Dougan hatte weder Zeit noch Lust, sich mit diesen Tugenden oder der deutschen Sprache zu befassen. So hält es auch sein Nachfolger Tidjane Thiam. Allerdings geht der noch ein paar Schritte weiter. Nur in die falsche Richtung.

Zwist unter Männern im Freien regeln

Schauplatz ist eine pompöse Villa in Herrliberg am Zürichsee. Der CS-CEO lädt zu einem Januar-Empfang. Die Spitzenkader der Bank samt deren Partner sind anwesend. Anfang 2019, Einstimmung auf das neue Geschäftsjahr, Frohlocken über die weiterhin üppig fließenden Millionen-Gehälter. Der ebenfalls üppig fließende Alkohol lockert die Zungen. Gute Gelegenheit, ein Nachbarschaftsproblem anzusprechen.

Denn das Geschäftsleitungsmitglied Iqbal Khan, zuständig für das weltweite Vermögensgeschäft der Bank, hat sich schräg oberhalb der Protz-Villa seines Chefs eine eigene gekauft. Die entsprach aber nicht ganz seinen Ansprüchen, also wurde sie monatelang umgebaut. Das geht auch an vornehmer Lage nicht ohne Baulärm ab, was natürlich die Nachbarn kräftig nervte. Gerne sinnt man da auf Rache, also kam der Chef der Credit Suisse auf die großartige Idee, ein paar Bäume auf seinem Grundstück genau da zu pflanzen, wo er seinem Nachbarn die Sicht auf den Zürichsee versperren konnte.

Das fand dessen Gattin nicht komisch, und an diesem Abend gab ein Wort das andere; dem Vernehmen nach soll der als cholerisch bekannte CS-CEO seinem Geschäftsleitungskollegen angeboten haben, den Zwist unter Männern im Freien zu regeln. Der seinem CEO körperlich deutlich unterlegene Khan verzichtete und rannte stattdessen zur Polizei, um Gewaltschutz zu beantragen.

Dem Vernehmen nach soll der CEO Khan zudem darum gebeten haben, Belastendes gegen die Nummer zwei in der Schweiz zu suchen, diese sei Thiam zu mächtig geworden. Das bestreitet der CEO, lustigerweise auf der Plattform Instagram, die sonst eher von Jugendlichen für Partyfotos verwendet wird. Auf jeden Fall war das Verhältnis zwischen diesen beiden Führungskräften zerrüttet; man einigte sich auf eine stillschweigende Trennung. Als Khan dann im Herbst letzten Jahres bekannt gab, dass er in gleicher Funktion direkt am Paradeplatz zum Konkurrenten UBS überlaufen werde, ereilte ihn nochmals die Rache der CS. Sie ließ ihn bespitzeln, er enttarnte die Verfolger, Skandal in Zürich, internationale Schlagzeilen.

Sinn der Sache war offenbar, Khan bei einem Fehlverhalten auf frischer Tat zu ertappen. Er stand ja noch auf der Lohnliste der CS. Würde man ihm nachweisen können, dass er einem seiner Kunden empfiehlt, seine Vermögensverwaltung von der CS abzuziehen und zur UBS zu wechseln, wäre das ein sogar strafrechtlich relevanter Verstoß gegen Treu und Glauben. Das hatte schon bei einem hochrangigen CS-Manager im Investmentbanking funktioniert. Marco Illy war aufs Abstellgleis geraten und kündigte im Sommer 2018 seinen Wechsel zur UBS an. Die CS wies ihm nach, dass er einem CS-Kunden mitgeteilt hatte, wohin er sich bei der UBS mit seinem Anliegen wenden solle. Die UBS kriegte kalte Füße, Jobwechsel geplatzt.

Die Credit Suisse wollte die Affäre Khan nach bester Schweizer Art beilegen. Niemand wusste von nichts, weder der CEO noch der Aufsichtsratsvorsitzende, zwei Bauernopfer mussten gehen, man zeigte sich erschüttert von diesem Einzelfall, der so gar nicht den moralischen Maßstäben der Bank entspräche. Und wirklich traurig, dass der Sicherheitsmann, den die CS bei solchen Aufträgen dazwischenschaltete, Selbstmord beging, als sein Name an die Medien durchgestochen wurde.

Die nächste Hiobsbotschaft

Umso größer war das Entsetzen bei der Credit Suisse, als ausgerechnet die Neue Zürcher Zeitung in einem investigativen Dreiteiler die Affäre nochmals aufrollte und Ende letzten Jahres enthüllte, dass diese Bespitzelung keinesfalls ein Einzelfall gewesen war. Die CS war erschüttert, weil die NZZ traditionell dem Schweizer Finanzplatz und insbesondere der Credit Suisse eigentlich immer wohlwollend gegenüberstand. Nun aber fordert sie unverblümt den Rücktritt des unbeherrschten CEO Thiam. Der nicht nur sein Temperament nicht unter Kontrolle hat, sondern bislang auch keine überzeugende geschäftliche Leistung ablieferte.

Und schon kommt die nächste Hiobsbotschaft: Die zuständige Staatsanwältin, die die Anzeige von Khan wegen Bedrohung nach seinem Treffen mit einem Beschatter bearbeitet, verlangt von der Credit Suisse, genauer von Thiam direkt, „sämtliche Akten“, die diesen Fall betreffen. Das Problem der Bank dabei: Sie ließ sich von ihrer Hauskanzlei Homburger ein Gutachten anfertigen, das wunschgemäß jede Verwicklung der Bankführung in die Beschattung Khans ausschloss.

Aber im Rahmen einer Strafuntersuchung herrscht Aussagepflicht, und Falschaussagen sind eine Straftat. Gleichzeitig ist es so, dass in der Schweiz jede Führungskraft einer Bank von der Bankenaufsicht die Erteilung der sogenannten Gewähr braucht. Das beinhaltet, dass der Bankenlenker sämtliche Anforderungen für das Verwalten großer Geldsummen erfüllt. Eine Vorstrafe bedeutet normalerweise das Ende der Karriere, den Entzug der Gewähr.

Für Thiams Weggefährten und ehemaligen COO (Chief Operating Officer) der Bank ist das bereits erreicht. Nachdem die weitere Beschattungsaktion publik wurde, wurde seine Freistellung in eine fristlose Kündigung verwandelt. Das ist bitter für Pierre-Olivier Bouée. Denn so verliert er den Anspruch auf über 6 Millionen Euro in Aktienoptionen und ein Jahresgehalt. Das dürfte für seine Bereitschaft, weiterhin den Sündenbock zu spielen, nicht gerade förderlich sein.

Dumm und dümmer, bei lausiger Leistung

Solche Szenen, wie sie sich bei der Bespitzelung Khans in der Nähe der Zürcher Bahnhofsstraße abspielten, auch das Ausrasten eines weiteren Mitglieds des Führungskaders der CS, das in der Zürcher Edelkneipe „Kronenhalle“ den Kommunikationsberater Khans übel und lautstark beschimpfte, das würde sich kein Bond-Regisseur zu filmen trauen: zu unrealistisch, zu absurd, zu unglaubhaft.

So aschgrau sieht es bei der Credit Suisse aus. Das liegt auch daran, dass sie, ebenso wie die UBS, höchstens noch dem Namen nach eine Schweizer Bank ist. Etwas haben die beiden verbleibenden Schweizer Großbanken allerdings gemeinsam, außer dass sie too big to fail sind, also im Notfall vom Staat gerettet würden: Ihr Führungspersonal verdient sich dumm und dümmer, bei lausiger Leistung. Gerade hat der CEO der UBS die jüngsten Zahlen der Bank bekanntgegeben. Sergio Ermotti hat in seinen acht Jahren an der Spitze der Bank rund 100 Millionen Euro kassiert. Was hat er dafür abgeliefert?

Viel Blabla und Slalomfahrten um Zahlengebirge. Dabei gibt es einen einfachen Wert, mit dem die Leistung einer Bank gemessen werden kann. Die sogenannte Cost-Income-Ratio. Also wie viel Geld muss die Bank ausgeben, um Geld zu verdienen? Wenn eine Bank zwischen 50 bis 70 Cent ausgibt, um einen Euro zu verdienen, ist das ein gesundes Verhältnis. Bei der UBS waren es im letzten Quartal 2019 satte 80,8 Cent. Aschgrau. Schlimmer noch: Eigentlich war für 2021 eine Verbesserung auf 72 Cent angekündigt. Was macht man in so einem Fall? Genau, wenn die verdammte Realität nicht den schönen Ansagen entspricht, dann verändert man halt die Ziele. Nun sind für 2022 lediglich 75 bis 78 Cent Ausgaben für einen Euro Einnahmen geplant. Dazwischen liegen Welten.

Aber wenn man einfach die Ziele Jahr für Jahr herunternimmt, kann man sie leichter erreichen. Das macht sich dann angenehm beim Einkommen und beim Bonus bemerkbar. Und wer möchte denn schon, dass Ermotti auch in diesem Jahr weniger als 14 Millionen Franken verdient? Aber immerhin, wenn es dem Führungskader der UBS mal richtig unwohl wird, dann muss es nur auf die Zahlen der Deutschen Bank schauen. Da steigt dann die Laune wieder ungemein. Denn deren Cost-Income-Ratio liegt regelmäßig bei über 100 Prozent. Also um einen Euro zu verdienen, muss die Bank mehr als einen Euro ausgeben.

Staatsfonds aus Katar, Saudi-Arabien und Norwegen

Die UBS hatte sich mal in höchster Not einen ehemaligen Bundesrat als Zierleiste für den Aufsichtsrat geholt. Kaspar Villiger gab dann als Vorsitzender den Elder Statesman und nahm damit viel Druck von der UBS weg, die nach Milliardenverlusten im US-Hyposchrottmarkt unter die Räder der US-Justiz in Sachen Beihilfe zur Steuerhinterziehung gekommen war. Da war der Return on Investment, wie der Banker sagt, durchaus gegeben. Miete ein ehemaliges Regierungsmitglied, das deine Reputation aufhübscht. Was sich allerdings die Deutsche Bank dabei gedacht hat, Sigmund Gabriel in den Aufsichtsrat zu berufen? Da ist ein Return on Investment nur schwer erkennbar. Außer eben, dass die Bank gewohnt ist, mehr auszugeben als einzunehmen.

Auf die Stimmung in der Schweiz drücken diese lausigen Ergebnisse und das Fehlen einer zukunftsträchtigen Strategie für den Finanzplatz kaum. Denn es ist ein weiteres Trugbild von außen, dass Banken oder Finanzdienstleister einen überragend wichtigen Anteil am Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP) hätten. Das steigt nämlich von Jahr zu Jahr, während der Anteil des Finanzplatzes von Jahr zu Jahr schrumpft. Reine Finanzdienstleistungen waren 2018 für ganze 4,7 Prozent der Wertschöpfung verantwortlich. Tendenz weiter fallend.

Zählt man auch noch Versicherungen hinzu, stehen lediglich noch rund 5 Prozent der Schweizer Werktätigen im Sold des Finanzplatzes. Und alle anderen arbeiten für Nestlé oder die Pharmariesen? Nochmal falsch, über 99 Prozent aller Firmen sind sogenannte KMU, kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 250 Angestellten. Hier werkeln über 70 Prozent der Schweizer Lohnabhängigen.

Die Fluchtwährung Nummer Eins

Inzwischen sind die beiden stolzen Großbanken nur noch ein Schatten ihrer selbst, ihr Börsenwert unterschreitet sogar gelegentlich ihren Buchwert, was Ausdruck davon ist, welche Hoffnungen Aktionäre in ihre zukünftige Entwicklung setzen. Abgesehen davon, wenn man in der Schweiz echt von einer Großbank reden will, sollte man nicht an UBS oder CS denken. Sondern an eine Bank, die Jahr für Jahr Milliardengewinne macht, deren Eigenkapital nicht papierdünn ist, sondern satte 20 Prozent beträgt. Zudem eine Bank, die eigentlich unkaputtbar ist. So unterhalb eines Weltuntergangs. Genau, die Rede ist von der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Die kommt bis heute mit dem Herstellen von Neugeld kaum hinterher.

Aber nicht etwa, um absaufende Schweizer Staatspapiere oder gar Schweizer Schuldpapiere von Firmen aufzukaufen. Sondern um der Nachfrage nach Fränkli nachzukommen. Denn im Gegensatz zum US-Dollar oder dem Euro ist die Schweizer Währung nicht nur traditionell die Fluchtwährung Nummer Eins. Sie ist es zu Recht. Die letzten zwei Jahrhunderte waren in Europa und auch in der Welt begleitet von unzähligen Staatsbankrotten. Alleine Deutschland wechselte im 20. Jahrhundert, wenn man die DDR-Mark und den Wechsel zum Euro mitzählt, viermal die Währung. Die Schweiz null mal. Sobald also es mal wieder zwischen den USA und China rumpelt, sobald ein Virus sich auf Welttournee begibt, wandern happige Summen in den Franken. Was der SNB sprudelnde Gewinne garantiert.

Bei der Credit Suisse, die immer mehr Kredit verspielt und nur noch im Namen Swiss ist, haben Staatsfonds aus Katar, Saudi-Arabien und Norwegen das Sagen, dazu die US-Hedgefonds Harris und BlackRock. Zusammen haben sie rund ein Viertel der Aktien unter Kontrolle. Da die arabischen Investoren bis vor Kurzem eine Traumverzinsung ihrer Investitionen in die Bank von bis zu 9,5 Prozent kassierten, sind ihnen der Geschäftsgang, der im Keller dümpelnde Aktienkurs und das Verhalten der Führungsmannschaft ziemlich egal. Man könnte sich höchstens vorstellen, dass der Vertreter des saudischen Fonds im Aufsichtsrat der CS sich verwundert erkundigte: Was, dieser Khan ist abgesprungen – und lebt noch?

Foto: Tim Maxeiner

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Leserpost

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Hans Benzell / 01.02.2020

Die SNB ist übrigens börsennotiert. Kurs zur Zeit bei 5.820,00 Stunz (CHF). Dividende 13 Stunz. Magere Rendite, aber immerhin einen positive Zins und sicherer als jedes deutsche Sparbuch oder Euro-Anleihe. Kaufen, Leute! Kaufen! Mein Depot freut sich dann.

Alex Micham / 01.02.2020

Sigmund Gabriel? Wie nennt man das, einen Sigmar Freudschen Versprecher? Sei’s drum, so wichtig ist der Herr nicht.

Dieter Kief / 01.02.2020

René Zeyer, die schweizerischen Banken und erzielen 4,7 Prozent der Wirtschaftsleistung der Schweiz - das ist doch stramm. Die deutschen Banken dagegen - sie wären froh, wenn sie auch nur in die Nähe solcher Werte kämen. Dass die NZZ die CS deutlich kritisiert, ist ebenfalls erfreulich. Ich vermute, René Zeyer, wenn Sie über die Deutschen Banken schreiben würden, dann käme eine totale Jeremiade zum Vorschein. Und ich wähne weiter: Dies geschähe zu unrecht… anders gesagt: Ok, Sie jammern, aber man hat so den Eindruck, Sie wären sich nicht ganz klar über die Höhe des Niveaus, auf dem Sie jammern - d. h. selbst Ihre Jeremiade hat noch etwas von großer schweizerischer Bescheidendenheit, oder wie man heute so schön sagt: Swissness! Hehe - gopfedelli aberau!

R. Lichti / 01.02.2020

...und wie konnten Sie sich unterm Sofa das Lachen verbeissen? Also - soviel Selbstbeherrschung hätte ich nicht!

Gregor Hees / 01.02.2020

“Verhebbig” = “zuverlässig”? Sind Sie da sicher? “Öppis verhebet” im Sinn von “etwas hält zusammen, funktioniert” existiert zwar. Ich kenne auch “verheb(b)ig” im Sinn von “verschwiegen”. Aber mit der Bedeutung “zuverlässig”? Noch nie gehört.

Johannes Schuster / 01.02.2020

Manchmal habe ich mich schon über die Würzelosigkeit des schweizer Alltages etwas nerven können. Es fehlt manchmal die Reizumgebung- aber dann fehlt sie mir auch wieder ganz und gar nicht, dann liebe ich diese Aufregung über das, was in Deutschland zum Alltag gehört. In Deutschland störte es keinen Dienst, als man den Chef der deutschen Bank mit einer Intifada - Bombe in die Luft jagte, in der Schweiz ist es ein Staatsakt, wenn sich zwei CEOs wegen einem schattenden Baum im Garten der Villa gegenseitig den James Bond hinlegen. Dafür und für das immergleiche Sortiment bei Migros und Coop liebe ich die Schweiz, Man kann Jahrzehnte zubringen und findet sich immer zurecht wie in der Kindheit. Der Franken und das “Handy” - Spülmittel, stabile Institutionen - und nicht zu vergessen, die Schweizer haben das U - Abo erfunden, lange vor Greta das Zugfahren zum Staatskult gemacht und die Schweiz infrastrukturell in ein funktionierendes Utopia verwandelt. Wer in ZH Auto fahren kann, der wird auch in LA keine Schwierigkeiten haben. Via Secura spart zudem Kraftstoff, und es hängt einem nicht immer so ein aggressives Vehikel an der Stoßstange. Die Angst vor einem übersehenen 80 Schild ist größer als vor Dränglern und Rasern. Schrecksekunden macht eher das “düri Vögelichaschdeli” als ein Verkehrsteilnehmer. Ich traue der Schweiz sogar zu, daß sie den Weltuntergang verpassen wird mit dem Satz: “Isch öbbis gsy ?”

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