Die Meinungsinquisitoren von der ARD um den notorischen Pascal Siggelkow arbeiten sich an einem klimapanikkritischen Beitrag ab und gehen dabei gewohnt unseriös vor. Zeit, die Mechanismen aufzuzeigen, die in solchen Fällen greifen.
Eine Omega-Wetterlage beschert uns gerade einen warmen Spätsommer, und die Klima-Alarmisten atmen erleichtert auf. Endlich müssen sie nicht mehr den Spott derer erdulden, die in Gummistiefeln, Pullover und Friesennerz im kalten Regen stehen und grinsend aufs Thermometer gucken. Erderhitzung, so so. Erzähl mir mehr davon! Nun weiß wohl jeder, dass Wetter und Klima nicht dasselbe sind, und so, wie eine Schwalbe noch keinen Sommer macht, etabliert ein verregneter Sommer noch keine Eiszeit. Genau wie ein paar warme Winter noch nicht den finalen Abschied vom Schnee bedeuten müssen.
Aber die Sticheleien waren den Klimarettern schon arg lästig, und wenn auch niemand auf die Idee käme, einen Faktencheck für die immer wieder medial behaupteten klimakausalen Waldbrände anzustellen, so bringt man doch nur zu gern Experten in Stellung, wenn es gilt, das heilige Narrativ vor einem empirisch feuchtkalten Sommer in Deutschland zu schützen. Keine Atempause, Klimaerhitzung wird gemacht! Ach, wäre man doch nicht ständig in Versuchung gewesen, Wetterphänomene, die der Erderwärmung in die Karten zu spielen scheinen, zur Panikmache zu nutzen, dann müsste man gegenteilige empirische Erfahrungen jetzt nicht mit einem Faktencheck totschlagen…
Der ARD-Faktencheck „Lokale Wetterphänomene sprechen nicht gegen Klimawandel“ von Anfang August ist jedenfalls so mustergültig konstruiert mit all seinen Insinuationen, den aufgerufenen Zeugen, den bemühten Studien aus „der Wissenschaft“, die gegen „falsche Experten“ und deren Studien in Stellung gebracht werden, dass man eine medienforensische Lehrveranstaltung damit gestalten könnte.
„Die letzten beiden Juli-Wochen in Deutschland waren kalt und nass. Einige nutzen diesen Fakt, um den Klimawandel zu verharmlosen. Doch das ist aus Sicht von Experten falsch.“
Und der halbe August noch obendrauf, möchte man ergänzen. Natürlich wird die Expertensicht nicht gegen gallige Hobbygärtner oder den Stammtisch in Stellung gebracht, sondern gegen einen anderen Experten, dessen Thesen und Äußerungen der Akzeptanz des Narrativs gefährlich werden könnte. Fritz Vahrenholt heißt dieser und rät zur Gelassenheit. Eine Katastrophe sei nicht in Sicht. Ein weiterer vom Faktenchecker bekrittelter NIUS-Artikel mit dem Titel „Regen und Kälte: So absurd schüren ARD und ZDF trotzdem Klima-Panik“ listet vor allem Belege dafür auf, wie wenig die medial evozierte Hitzepanik zum aktuellen Wetter passte.
Der mit den „pflanzenförmigen Sprengstoffen“
Die Meinungsinquisitoren von der ARD sandte der Redaktion bei NIUS und Vahrenholt deshalb einen Fragenkatalog – den beide ignorierten –, und so machte sich ARD-Oberfaktenchecker Pascal Siggelkow ans Werk, den Vahrenholt als inkompetent und Scharlatan zu framen. Den Namen Pascal Siggelkow haben Sie sicher schon mal gehört, liebe Leser. Siggelkow ist bei der ARD sowas wie der „Experte für Nichtexpertentum“ (Norbert Haering) und hat vor kurzem ganz allein durch starkes Nachdenken, Luftanhalten und freihändige Benutzung von Google-Translate Seymour Hershs Theorie widerlegt, die Pipelines in der Ostsee seien durch Spezialkräfte der US-Armee gesprengt worden. Und zwar mit „pflanzenförmigen Sprengstoffen“, jawoll!
Sie merken, liebe Leser, dem Pascal macht so schnell keiner was vor! Unterstützt wird Siggelkow zudem von seiner Kollegin Carla Reveland, einer Kulturjournalistin und somit einer ausgewiesenen Expertin in Sachen Klima. Dieser Vahrenholt kann sich warm anziehen! Musste er ja schon wegen des kalten Wetters, aber ich schweife ab. Kommen wir zur Vorgehensweise solcher „Faktenchecks“.
1. Sei generös und bestätige das Offensichtliche
Wetter ist kein Klima, ja. Es sei in diesem Jahr in Deutschland nass und kalt, stimmt auch, aber das sei kein Indiz gegen den Klimawandel… Hier bestätigt der Faktencheck scheinbar großzügig, dass die Beobachtungen bei NIUS und Vahrenholt schon irgendwie richtig sind. Schlüge man sofort mit „Lüge!“ und „Leugner!“ um sich, verlöre man das Vertrauen der Leser, die sich mental womöglich auf die Seite des pauschal Verprügelten stellte. Nein, einige Fakten gibt man dem Gegner gern. Zwischenfazit: „Der Klimawandel wird in den Artikeln von „NIUS“ nicht geleugnet…“ – wie gönnerhaft!
2. Unterstelle Fachfremdheit und frame entsprechend
„…es werden allerdings Zweifel daran gesät, wie verheerend die globale Erderwärmung und ihre Folgen tatsächlich sind. „Wissenschaftler rät zur Gelassenheit: ‚Es ist keine Klimakatastrophe in Sicht!'“, lautet etwa die Überschrift eines Beitrags. Besagter Wissenschaftler ist der ehemalige Hamburger Umweltsenator Vahrenholt.“
Zweifel werden gesät und das geht ja nun gar nicht! Die ARD handelt schließlich mit Gewissheiten und die pseudoreligiösen Klimaretter mit Schuld, Sühne und Erlösung. Für Zweifel ist da kein Platz.
„Der Chemiker war nach dem Ende seiner politischen Karriere für verschiedene Energiekonzerne tätig und fiel in der Vergangenheit immer wieder mit Aussagen auf, die den menschengemachten Klimawandel relativeren.“
Und „aufgefallen“ ist er auch immer wieder, was in dieselbe sinistre Kategorie fällt wie „umstritten“. Interessant auch die Auslassungen, die man hier macht, ohne gleich lügen zu müssen. Dass Vahrenholt ein heftiger Befürworter der Windenergie war (und ist) und entsprechende Projekte bei RWE geleitet hat, geht aus „verschiedene Energiekonzerne“ nicht bevor. Der Leser soll wohl lieber nicht in diese Richtung denken. Besser man framt dessen Skeptizismus gegenüber Klimapolitik und Energiewende in die fossile Richtung. „Energiekonzern“, das klingt doch schon nach Kohle und Atom! Dass Vahrenholt „aufgefallen“ ist, genügt als indirekte Anschmutzung gegen diesen gefährlichen „Relativierer“. Wer auffällt, mit dem stimmt etwas nicht.
Mögen die Beobachtungen der Skeptiker (siehe Punkt 1) noch korrekt sein, so müssen doch deren Interpretationen prinzipiell grundfalsch sein! Das liege natürlich daran, dass Vahrenholt und die NIUS-Redaktion keine richtigen Experten wie die Faktenchecker sind. Vahrenholt wisse es eben nicht besser, weil er kein Klimaforscher, sondern „nur“ Chemiker sei! Der im Faktencheck zitierte Experte „…stellt klar, dass Vahrenholt Chemiker und kein Klimawissenschaftler ist und damit kein Experte auf dem Gebiet der Klimaforschung. Vom Fachwissen wäre das vergleichbar mit einem Augenarzt, der Expertise zu einem gebrochenen Bein abgebe.“ Was erlaube Chemiker! Zwar würde ich mir im Notfall das gebrochene Bein lieber vom disziplinverwandten Augenarzt als von einem Kulturjournalisten richten lassen, aber was weiß ich schon.
Der Ausweisung als Experte bedarf es freilich nie, wenn Aussagen für das heilige Narrativ getroffen werden sollen. Expertise zu haben und „vom Fach“ zu sein, ist der guten Sache sogar manchmal hinderlich. Denn hätten beispielsweise Biologen das Sagen, gäbe es heute nicht so viele Geschlechter. Im Klimagewerbe ist das nicht anders. Mai Thi Nguyen-Kim (mailab) ist Chemikerin wie Vahrenholt und durfte im öffentlich-rechtlichen Auftrag trotz ihrer per ARD-Definition mangelhaften Expertise und ganz ohne ARD-Faktencheck lange und mehrteilige Erklär- und Propagandastücke zum Klimawandel bringen. Was damit begründet ist, dass Nguyen-Kim – ebenso wie die Faktenchecker der ARD – nur die echten, guten und wahren Experten und Studien verwenden.
Im Gegensatz zur altmodischen Forschung aus Neunzehnhundertschwarzweiß steht in der Postmoderne der Streit der Meinungen und Thesen nicht mehr im Dienst des Erkenntnisgewinns, sondern ist auf Wahrheitsbestätigung und die Reinheit der Lehre gerichtet. Was uns zum nächsten Merkmal führt, dem Umgang mit Quellen und deren Gewichtung.
3. Zeige nie die Quellen der anderen Seite
Ein Link zu den faktengecheckten NIUS-Artikeln sucht man bei der ARD vergeblich. Nun kann man argumentieren, dass man die Leser gern bei sich behalten möchte und diese bei Bedarf via Google schnell die Quelle des Faktencheckerzorns selbst ausfindig machen könne. Aber man baut eben Hürden auf, von denen man weiß, dass sie nicht von jedem Leser übersprungen werden. Meist aus Zeitgründen, oft aus Gutgläubigkeit. Und selbst nachprüfen soll der Leser ja sowieso nicht. Dafür hat er ja seine vertrauenswürdigen Faktenchecker. Und Studien, diese neue Vergeltungswaffe für „The Science“, gibt es in genau zwei Kategorien: Meine Studien belegen eindeutig, deine Studien behaupten nur.
4. Begrabe den Zweifel unter einem Berg aus Autorität und Informationen
Nach dem Lesen solcher Faktenchecks fragt man sich, was genau die Autoren denn eigentlich widerlegt haben. Weder NIUS noch Vahrenholt behaupteten, der verregnete Sommer in Deutschland sei der Beweis, dass es keinen Klimawandel gebe, und der Faktencheck unterstellt dies auch nicht. Die von Vahrenholt zitierte Studie kommt aus demselben Max-Planck-Institut wie die des interviewten ARD-Experten. Diese Quelle zu diskreditieren, wagen die Autoren deshalb nicht. Vahrenholt und der Faktencheck unterscheiden sich lediglich in der Interpretation.
Am Ende wurde zwar viel Staub aufgewirbelt und Zweifel (hier plötzlich angemessen) am benoteten Vahrenholt und dem Medium NIUS gesät, aber nichts bewiesen. In Erinnerung soll nur bleiben, dass da etwas gewesen sein muss, ein Verdacht, der es überhaupt erst notwendig machte, einen Faktencheck zu schreiben. Der Verdacht muss genügen, dass Vahrenholt ein Verharmloser, Zweifler und Relativierer sei. Wer sich künftig mit seinen Aussagen, Thesen und Artikeln kritisch auseinandersetzen will, muss nur noch auf diesen dünnen Faktencheck verweisen, denn die halbe Diskreditierungsarbeit ist bereits getan. Motto: Da war doch was, der ist umstritten, ein Sämann des Zweifels und der Relativierung.
Hundert Autoren gegen Einstein
Apropos „Relativierer“: Als Urheber der Relativitätstheorie hatte schon Albert Einstein so seine liebe Not mit deutschen Faktencheckern, die ihn, der ja gar kein Experte auf dem Gebiet war, ja nicht einmal einen Lehrstuhl an einer ordentlichen deutschen Universität innehatte, unter einer Lawine aus Namen und Autorität begraben wollten. Ihn und seine ganze, neue, leugnerische Physik. Das Pamphlet, welches 1931 veröffentlich wurde, hatte den klingenden Titel „Hundert Autoren gegen Einstein“, und die blanke Zahl, die Konsens und die Überlegenheit der Gruppe über eine Einzelmeinung suggerierte, erwies sich schon beim ersten Hinsehen als Soufflé, das ein leichter Windhauch zusammenfallen lässt. Es waren gar nicht hundert Autoren, sondern nur 28. Dazu kamen kurze Zitate von 19 weiteren. Der Rest sind Quellenverweise.
Das Werk wird heute gern als drollige, aber großartige Sammlung naiver Fehler bezeichnet, denn allen gelehrten Worten seiner Faktenchecker zum Trotz lag Einstein richtig und die „Hundert“ eben nicht. Faktenchecks haben somit nachweislich keinen Wahrheitsanspruch, oder wie Einstein es lapidar ausdrückte: „Warum hundert? Wenn ich falsch läge, würde doch einer reichen.“
Wären sich die Klima-Alarmisten wirklich sicher, dass ihre Modelle und Prognosen stimmen, dass ihre Messungen keine systematischen Fehler enthalten, dass ihre Schlussfolgerungen richtig sind und dass die Medizin, die sie der Menschheit gegen das Fieber verordnen, nicht schädlicher ist als die „Krankheit“ selbst, würden sie wohl etwas souveräner auftreten. Doch dann gäbe es auch solche Faktenchecks nicht, und was würde uns da an Unterhaltung entgehen!
Roger Letsch, Baujahr 1967, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, als dieses noch in der DDR lag und nicht so hieß. Lebt in der Nähe von und arbeitet in Hannover als Webdesigner, Fotograf und Texter. Dieser Beitrag erschien zuerst auf seinem Blog Unbesorgt.