Jährlich veranstaltet der US-Sender Discovery Channel die beliebte Shark Week, eine populärwissenschaftliche Themenwoche über Haie. Das Allegheny College finanzierte eine Studie, die herausfand, dass zu viele weiße Männer mit Namen „Mike“ die Shark Week dominieren.
Im September erschien auf Achgut ein Beitrag des kanadischen Ethnologen und Anthropologen Carl Philip Salzman: „Lexikon der Wokeness: Was Ihre Kinder an Unis lernen.“ Er schrieb:
„Ihre Kinder lernen, dass ihre eigene Kultur nichts Besonderes, aber alle anderen Kulturen großartig seien. … Ihre Kinder werden lernen, dass unsere Gesellschaft böse ist. Sie ist sogar die Ursache alles Bösen auf der ganzen Welt. … Ihre Kinder werden lernen, Vergleiche mit der Weltgeschichte und mit anderen Gesellschaften abzulehnen, damit die angeblich einzigartigen Sünden des Westens nicht infrage gestellt werden. … Ihre Kinder werden lernen, dass nur Weiße rassistisch sind. … Ihre Kinder werden lernen, dass sie, um akzeptiert zu werden, sich mit einem Opferstatus identifizieren und mit allen anderen Opfern verbünden müssen.“
Das scheint gut angelegtes Geld: An der Universität werden unsere Kinder aufgeweckt und auf eine Karriere vorbereitet – beim WDR, beim Bayerischen Rundfunk, bei Audi, Aldi, Eurowings oder wo immer solches Wissen Einstellungsvoraussetzung ist. Aber es gibt da einen Haken: Salzmans Beispiele betrafen vor allem Geisteswissenschaften. Was ist mit den Naturwissenschaften? Lassen die sich nicht ebenfalls auf links drehen? Sollen unsere Kinder, nur weil sie Physik, Chemie oder Biologie studieren, weltanschaulich unzugerichtet ins Berufsleben eintreten? Das muss nicht so sein.
Letzten Monat kamen aus Nordamerika zwei Nachrichten, die in dieser Hinsicht Hoffnung machen. Da war zum einen ein Artikel der Washington Post, in dem es um das in den USA enorm beliebte Fernsehevent Shark Week („Haiwoche“) ging. Shark Week nämlich mangelt es an „Diversität“, haben Wissenschaftler herausgefunden. Als Experten kommen dort „zu viele weiße Männer“ zu Wort, noch dazu solche, „die mit Vornamen Mike heißen“. Zudem gibt es zu viele „negative Botschaften über Haie“.
Die am meisten missverstandene Kreatur der Schöpfung?
Shark Week ist ein Paket von Fernsehsendungen zum Thema Haie, das seit 1988 eine Woche im Sommer von dem Kabelsender Discovery Channel ausgestrahlt wird. Anfangs war Shark Week rein dokumentarisch, im Lauf der Zeit kamen mehr und mehr Show und Fiction dazu. Es ist das am längsten auf einem amerikanischen Kabelsender laufende Fernsehprogramm und erreicht in den USA Zuschauerzahlen von über 50 Millionen.
Von Anfang an ging es bei Shark Week darum, Bemühungen zum Schutz von gefährdeten Haiarten zu unterstützen und falschen Vorstellungen über Haie mit Aufklärung zu begegnen. Dafür setzte Discovery Channel ab den 1990er Jahren hochkarätiges Personal und Technologie ein, um den Zuschauern spektakuläre Aufnahmen aus der Nähe zu bieten. Versuche, die Show mit großem Budget bestmöglich zu vermarkten, glitten manchmal ins Unseriöse ab; etwa, als Discovery Channel 2014 ein Video über das Internet verbreitete, das scheinbar einen Bullenhai vor der kanadischen Insel Wolfe Island, im Lake Ontario, zeigte. Als sich unter den Bewohnern und Fischern der Gegend Angst verbreitete, gab Discovery Channel zu, dass es sich um einen Scherz handelte und der in den Filmaufnahmen gezeigte Hai bloß eine Nachbildung war.
Nun also die Frage: Ist er ein Monster oder die am meisten missverstandene Kreatur der Schöpfung? Nach Ansicht von Wissenschaftlern bekommt der weiße Mann in Shark Week zu viel Raum – viel zu viel. Die Washington Post berichtet über eine entsprechende Studie, geleitet von Lisa Whitenack, Biologieprofessorin am Allegheny College, Pennsylvania:
„Whitenack leitete ein Forscherteam, um Hunderte von Shark Week-Episoden zu untersuchen, die zwischen 1988 und 2020 ausgestrahlt wurden. In einer im letzten Monat von der Public Library of Science veröffentlichten Studie kommt sie zu dem Ergebnis, dass die Sendung von Discovery negative Botschaften über Haie hervorhebe … und mit überwältigender Mehrheit weiße Männer als Experten präsentiert würden – darunter mehrere mit demselben Namen.“
„Immer voll mit weißen Männern“
Zitiert wird David Shiffman, vorgestellt als ein Naturschützer an der Arizona State University und Mitautor der Studie:
„Das Programm enthielt mehr weiße Experten und Kommentatoren namens ‚Mike‘ als Frauen.“
Einer der Männer, die mit Vornamen Mike heißen und der in Shark Week vor gut zwei Jahren einen Auftritt hatte – wenn auch nicht als Experte, sondern als Wettkampfteilnehmer –, ist der ehemalige Boxer und Schwergewichtsweltmeister Mike Tyson. Im August 2020 hatte er vor laufender Unterwasserkamera drei Prüfungen zu bestehen:
- in einem Unterwasserkäfig auf einen Schwarm Zitronenhaie treffen (die Haie waren zu ihrer Sicherheit außerhalb des Käfigs)
- Wenn sie zu nahe kamen, hatte er sie sanft wegzuschubsen
- Er sollte einen Hai schnappen und ihn einschläfern, indem er ihm die Nase kitzelte.
Tyson meisterte alle drei Prüfungen, er ist auch, zumindest dem äußeren Anschein nach, nicht weiß, heißt aber mit Vornamen Mike.
Die Washington Post zitiert Carlee Bohannon, eine schwarze Meeresbiologin, die der Studie Lob zollt:
„Wir sind alle mit einer Art von Person im Fernsehen aufgewachsen. ‚Shark Week‘ war wirklich das Größte, und es war immer voll mit weißen Männern.“
„Verschwendung von Forschungsgeldern“
Kritik an den Thesen der Studie und dem Bericht über sie äußerten Teilnehmer der von dem Nachrichtensender Fox News veranstalteten Talkshow Outnumbered. „Glücklicherweise können Haie nicht lesen“, sagte Co-Moderatorin Emily Compagno, nachdem sie den Zuschauern die Schlagzeile und den Vorspann des Washington-Post-Beitrags vorgelesen hatte. Anderenfalls, so Compagno, würde dies womöglich „ihre Gefühle verletzen“. Die aus anderen Fox-Moderatoren bestehende Runde fragte sie, ob die Kritik nicht berechtigt sei – schließlich kämen bei Shark Week wirklich relativ wenige Frauen und people of color zu Wort. Und werden Männer, die Mike heißen, bevorzugt? Ainsley Earhardt, Co-Moderatorin von Fox & Friends antwortete, dass es dann ein Problem geben könnte, wenn Discovery nur Männer namens „Mike“ einstellen würde. „Macht mal einen Punkt. Mike ist so ein beliebter Name“, fügte sie hinzu. Und weiter:
„Ich bin davon nicht beleidigt. Wenn wir mehr Frauen in diesem Beruf brauchen, dann stellt ein paar mehr Frauen für Discovery ein, aber macht einen Punkt. Das ist ‚Shark Week‘!“
Raymond Arroyo, Moderator der Fox-News-Talkshow The Ingraham Angle, bezeichnete die Kritik als „lächerlich“:
„Es ist, als würde ich sagen: ‚Weißt du was? Ich habe eine Studie durchgeführt: zu viele Frauen bei diesen ‚Housewives of Beverly Hills‘. Wir können nicht Anstoß daran nehmen, dass es Leute gibt, die sich von Natur aus zu diesem oder jenem Reality-Genre hingezogen fühlen und versuchen, eine Staatsangelegenheit daraus zu machen.“
Dr. Nicole Saphier, eine Radiologin und Medizinjournalistin, stellte die gesamte These der Studie in Frage – eine „Story" gebe es nur dann, wenn unqualifizierte weiße Männer namens „Mike“ während des Einstellungsprozesses bevorzugt würden – Beweise dafür liefere die Studie aber nicht. Für das eigentliche Problem hält Saphier etwas anderes:
„Was ich hier als Problem sehe, ist die Verschwendung von Forschungsgeldern. Diese Studie stammt vom Allegheny College und wurde vom Allegheny College finanziert.“
„Dekolonisierung des Lichts“
Unterdessen wurde bekannt, dass die kanadische Regierung ein Programm zur „Dekolonisierung des Lichts“ an der Universität Concordia in Montreal mit umgerechnet rund 150.000 Euro pro Jahr fördert. Laut dem Forschungsantrag, den das amerikanische Monatsmagazin National Review in Ausschnitten veröffentlicht hat, soll es bei dem Projekt um Folgendes gehen:
„Um unsere Forschung einzugrenzen, wird sich das Projekt auf Licht im Allgemeinen und auf Großforschungsanlagen (‚Synchrotron‘-Lichtquellen) im Besonderen konzentrieren, die Licht für die physikalische Forschung einsetzen. Wir betrachten das Synchrotron als prototypisches Paradigma für zeitgenössische physikalische Forschung, physikalische Erkenntnis und Berufskultur der Physik, deren Dekolonisierung im beantragten Projekt angestrebt wird. Für die vorgeschlagene Erforschung werden wir komplementäre Ansätze verfolgen: die Einbeziehung indigener Ontologien und Epistemologien sowie die Befähigung indigener Studenten, sich mit zeitgenössischer Wissenschaft zu beschäftigen, um indigene Souveränität zu erlangen.“
Bisher gebe es an kanadischen Universitäten „keine Beispiele für erfolgreich etablierte dekolonialisierte Physikkurse und Lehrpläne“, heißt es im Förderantrag. Die Forscher hofften, dies zu ändern, indem sie die astronomische Wissenschaft durch „indigene Sternengeschichten“ ersetzten, spekuliert Andrew Follett, der Autor von National Review, „so dass man einen Abschluss in Astronomie vermutlich einfach durch das Lernen indigener Legenden über Sternbilder erlangen kann“.
Geleitet wird das Projekt von Tanja Tajmel. Sie ist an der Universität Concordia Beraterin für spezielle Teilhabe, Diversität und Inklusion. Auf der Website des Projekts heißt es außerdem über sie:
„Tanja ist Wissenschaftspädagogin und untersucht Mechanismen der Exklusion aus der Wissenschaft.“
„Quacksalberei“ finanzieren
Ihr zur Seite stehen Louellyn White („Louellyn ist Mohawk aus Akwesasne, ihre Arbeit konzentriert sich auf Dekolonisierungsforschung durch indigene Rahmenbedingungen“) und Ingo Salzmann, ein wirklicher Physiker.
Eines der Leitprinzipien ihrer Bemühungen, schreiben die drei Wissenschaftler, ist die Praxis des „zweiäugigen Sehens“, von der sie behaupten, dass es den Menschen ermöglicht, Naturphänomene „mit zwei Augen oder zwei Weltanschauungen“ zu sehen, von denen eine auf indigenem Wissen und die andere auf westlicher Wissenschaft basiert.
„Der Ansatz des zweiäugigen Sehens ermöglicht interkulturelle Zusammenarbeit und multiple Perspektiven. . . . Er fördert die Erkenntnis, dass vorteilhafte Ergebnisse in jeder Situation viel wahrscheinlicher sind, wenn wir bereit sind, zwei oder mehr Perspektiven ins Spiel zu bringen.“
Es erinnert an eine Folge der Zeichentrickserie Die Simpsons, in der die Grundschule von Springfield, die Lisa Simpson besucht, für die Mädchen eine vermeintlich mädchengerechte Form des Mathematikunterrichts einführt („Wie fühlen sich die Zahlen an? Wie riecht ein Pluszeichen? Ist die Sieben wirklich ungerade – oder einfach nur anders?“).
Patanjali Kambhampati, Professor für Chemie an der kanadischen McGill University, der Forschungen zur ultraschnellen Spektroskopie durchführt, kritisiert gegenüber der Studentenzeitung The College Fix die öffentliche Förderung der dekolonisierten zweiäugigen Physik:
„Die Entkolonialisierung von MINT ist absurd und beleidigend für viele Menschen aus allen Lebensbereichen, einschließlich mir als Wissenschaftler, der in der Dritten Welt geboren wurde.“
Es gebe „keine anderen oder alternativen Wege des Wissens“, sagt er. „Es gibt nur Wissenschaft. Und die wurde größtenteils in Westeuropa und den USA entwickelt.“ Seiner Ansicht nach solle weder die kanadische Regierung noch die US-Regierung diese „Quacksalberei“ finanzieren.