Hans-Hermann Tiedje, Gastautor / 29.08.2021 / 10:00 / Foto: Imago / 38 / Seite ausdrucken

Alles ist gut in Afghanistan

Dieser Tage endet das Abenteuer Afghanistan. Unsere Soldaten packen ihre Sachen ein, die Taliban herrschen, und zwar mit unseren Waffen. Das war alles nicht vorhersehbar, meint die politische Elite, und deshalb hat keiner Schuld. 

Dazu folgende Richtigstellung: 

Jahrzehnte lang hat man uns erzählt, alles sei auf einem gutem Weg in Afghanistan. „Nichts ist gut in Afghanistan.“ Sagte Bischöfin Käßmann 2010, also vor elf Jahren. Und weiter: „Es ist nicht alles gut, wenn so viele Kinder arm sind im eigenen Land… Wir brauchen mehr Phantasie für den Frieden.“ Nur wenige glaubten, dass Frau Käßmann auch mal recht haben könne. Sie hatte recht. Lalleluja!

"Deutschland wird nicht nur, aber auch am Hindukusch verteidigt.“ Sagte Verteidigungsminister Struck (SPD) 2004. Wenn das damals richtig war, dann sind wir heute in Gefahr. Wenn es falsch war, können wir beruhigt  weiterschlafen. Dann haben die Taliban höchstens ein paar Brunnen geerbt, die wir für sie gebohrt haben. Na und? Panta rhei.

„Wir sollten mit den Taliban reden“, auf einer Friedenskonferenz. Schlug Kurt Beck (SPD), damals Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, 2007 vor. Er hatte Phantasie. Außenminister Steinmeier (SPD)? Reagierte „zurückhaltend“. CDU-Generalsekretär Pofalla nannte den Vorschlag „abstrus“. Zusammenfassend: Beck wurde ausgelacht und beschimpft. 

Und zwar von den gleichen Politikertypen, die heute sagen, das alles sei „nicht vorhersehbar“ gewesen. 

Irgendwann wird eine(r) von ihnen, wer auch immer, „Verantwortung übernehmen“ und dann weitermachen wie bisher. Den guten alten Rücktritt gibt es nicht mehr in der deutschen Politik. Es hilft nur Abwahl.

Zuerst erschienen im uro am Sonntag

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D. Schmidt / 29.08.2021

Ich verstehe nicht, was die Verantwortlichen unter Abzug verstehen? Wer nach dem Urlaub wieder nach Hause fährt nimmt auch seinen Koffer mit und lässt ihn da nicht einfach liegen. Wieso sind die Taliban nun im Besitz von deutschen und vor allem amerikanischen Waffen? Das nächste Mal (wenn es noch ein nächstes Mal gibt) fliegt Merkel mit der Regierungsmaschine nach z.B. Japan und kommt mit dem Linienflieger wieder zurück, oder wie soll man das verstehen?

Harald Unger / 29.08.2021

Der von Trump verhandelte Zeitplan zum Abzug, wurde komplett über den Haufen geworfen und dessen Abfolge umgekehrt. Anfang Juli wurde das von Trump eingerichtete, militärische “Special Response Team” aufgelöst. Dessen Aufgabe, sollten die Taliban irgendwelche Faxen machen ... . Anfang August wurde die uneinnehmbare Festung der Bagram Air Base, unerlässlich für einen geordneten Rückzug, den Taliban übergeben. Die U.S. Air Force flog nach Doha, um den Taliban Chef aus seinem dortigen Luxusdomizil abzuholen, ihn nach Kabul zu bringen. Den Taliban wurde die gesamte biometrische Datenbank der U.S. in Afghanistan überlassen, womit jede Person und Funktion zu identifizieren ist. Um ganz sicherzugehen, daß den Taliban niemand entgeht, wurde noch eine Kill List übergeben, mit allen US Bürgern, Green-Cards und afghanischen Personal. Durch die Umkehrung der Abfolge des Rückzugs, sind die Taliban jetzt eine supermoderne, hochgerüstete Armee, die über Waffensysteme und Waffen im Wert $ 85 Milliarden verfügt, die man ihnen zur Verfügung stellte. - - - Daß jetzt hunderttausende Afghanen nach Europa und die USA gebracht werden, während tausende US Bürger in Afghanistan festsitzen und nicht evakuiert werden, macht perfekten Sinn. Aus Sicht derer, die das o.a. beschriebene Desaster in Auftrag gegeben haben. Amerikaner sind für deren politischen Ziele, also die Beendigung des Westlichen Bürgertums und seiner Staaten, völlig wertlos.

Wilfried Cremer / 29.08.2021

Grüß Gott, die strengen Formen des Islam (z.B. Taliban) sind seine Antwort auf die Dekadenz des Abendlandes. Der Westen hat sich in Afghanistan im Grunde in den Schwanz gebissen.

Regina Becker / 29.08.2021

Abwählen, jawohl! Der Afghanistaneinsatz wurde unter rot-grüner Regierung vom 14. Deutschen Bundestag beschlossen. Im Bundestag saßen: CDU/CSU, FDP, Grüne, PDS, SPD. Die Verlängerungen des Einsatzes erfolgte dann unter schwarz-gelber Regierung durch den 17. Deutschen Bundestag (der übrigens auch den Euro-Rettungsschirm für Griechenland aufspannte und den Atomausstieg Hals über Kopf beschloss). Im Bundestag saßen zu dieser Zeit: CDU/CSU, FDP, Grüne; Linke, SPD. - Immer wieder die üblichen Verdächtigen. Ja, lasst sie uns abwählen. ALLE. Die Flüchtlingskrise mit ihren Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und die Zuspitzung der Eurokrise hat dann übrigens der 18. Deutsche Bundestag zu verantworten: CDU/CSU, Grüne, Linke, SPD; schwarz-rote Regierung, wobei man Grüne nicht als Opposition wahrnehmen konnte. Die AfD sitzt seit 2017 im Bundestag ... wer wissen will, warum das so ist, der lese bitte nochmal meinen Beitrag durch.

Gottfried Meier / 29.08.2021

In ein paar Wochen ist das alles vergessen. Dann steht irgendein anderes Thema auf der Agenda.

J.P. Neumann / 29.08.2021

Apropos Wahl : Ich erwarte, dass Tiedje sein Schuhwerk verspeist, wenn Scholz Kanzler wird.  Ich denke, das ist das mindeste angesichts seiner Vorhersagen bezügl. Scholz und SPD.

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