Migrationsproblematik
Der marokkanische Schriftsteller und Maler (seine Bilder hängen u.a. im New Yorker Guggenheim-Museum) Mahi Binebine hat mit „Willkommen im Paradies“, Lenos 2017, einen lebensnahen Roman zur afrikanischen Migrationsproblematik vorgelegt und darin anschauliche Schicksale erzählt. Während die Migranten am Strand von Tanger auf das Boot des Schleppers warten, berichten sie sich gegenseitig ihre Schicksale und Hoffnungen. Beispiel: „Er erzählte, dass er in der ersten Zeit seinem Cousin helfen wolle, gefälschte Lacoste-Polohemden auf den Märkten von Mantes-la-Jolie zu verkaufen... Das Ganze für einen Pappenstiel eingekauft, wurde für teures Geld auf den Märkten im Umland der Hauptstadt vertrieben. Er wolle jedoch nicht ewig in diesem etwas riskanten Geschäft bleiben. Es kam vor, dass sein Cousin von der Polizei geschnappt wurde. Gegen eine Geldstrafe ließ man ihn jedoch systematisch wieder frei, da er über eine gültige Aufenthaltsgenehmigung verfügte. Er verdankte sie dieser drallen weißen Frau, die heiraten zu können er gleich nach seiner Ankunft in Frankreich das Glück gehabt hatte. Ihr Foto im kurzen Kleid mit tiefem Ausschnitt war kreuz und quer durch Ségou und die benachbarten Dörfer gegangen, und alle Kameraden hatten Stielaugen gemacht. (S. 163/164)
Nationalheld
Petina Gappah erzählt, wie in Simbabwe ein Funktionär zum Nationalhelden erklärt wird: „Die Nachrichtensprecherin, die einst seine Geliebte gewesen war, gab bekannt, dass mein Mann zum Nationalhelden erklärt werden sollte. Das Politbüro hatte verkündet, dass man ihn als Helden an der nationalen Gedenkstätte begraben werde. Mich, seine Witwe, hatte man darüber nicht unterrichtet, sodass ich erst in den Abendnachrichten aus dem Mund des Flittchens davon erfuhr. An dieser Stätte werden die tapferen Landessöhne begraben, die für die Befreiung gekämpft haben, ergänzte sie beflissen.
Sie unterschlug allerdings, dass mein Mann diesen Status nur mit viel Glück zuerkannt bekommen hatte... Manchmal muss man jemanden aufwerten, der zwar nicht tapfer genug war, aber stets das Loblied auf den Präsidenten anstimmte und so eifrig nach dessen Pfeife tanzte, dass er doch einen Ehrenplatz verdiente.“
Es gab nur ein Problem, der Tote wollte in seinem Dorf begraben werden: „…seine Knochen könnten nicht in Frieden ruhen, wenn er nicht dort läge, wo er geboren wurde, wo seine Ahnen begraben sind...“ Sie bekam einen Sitz im Senat und wurde Farmbesitzerin. Im Gegenzug erlaubte sie, mit dem letzten Zapfenstreich „anstelle meines Mannes einen Haufen mit Erde und Holz unter seinem Namen zu begraben“. „Im Herzen des Golden Dreiecks“, Arche 2020 (Seiten 11–34)