Phyllis Chesler, Gastautorin / 08.04.2020 / 06:00 / Foto: Pixabay / 40 / Seite ausdrucken

Abschied vom globalen Dorf

In einem schwindelerregenden Moment haben wir eine Zeitreise zurück ins Mittelalter unternommen. Vorläufig, und wer weiß wie lange, leben wir in kleinen, ängstlichen und semi-abgeriegelten Dörfern. Wenn wir noch Gräben hätten, würden wir jetzt die Zugbrücken hochziehen.

Auf allen Kontinenten sind die Grenzen geschlossen worden. Ich bezweifle, dass die Europäische Union noch dieselbe sein wird, nachdem diese schreckliche Belagerung vorbei ist. Diejenigen, die sich in der Vergangenheit geweigert haben, ihre Grenzen für Wirtschaftsmigranten und Dschihadisten zu schließen, sind nun aus einem anderen lebensbedrohlichen Grund dazu gezwungen worden.

Bezüglich der Situation in den Vereinigten Staaten sagte mir ein Gegner Donald Trumps tatsächlich dies:

Dieser verrückte mexikanische Präsident rät den Menschen, so weiterzumachen wie bisher. Er führt den Vorsitz bei einem Totentanz. Ich wünschte, Trump hätte diese Mauer hochgezogen!

Meine Stadt füllt sich mit Zelt-Leichenschauhäusern und Leichen-Kühlwagen. Wie mittelalterlich ist das? Nun, nicht so sehr, noch nicht, wir werfen die Leichen noch nicht in Gruben und/oder verbrennen sie alle, und die Polizei hat unsere Wohnungen nicht abgeriegelt.

Gefangen in der Reha

Und wie wirkt sich dieser Wahnsinn auf die Ärzte und Patienten in meinem persönlichen Leben aus?

Ich habe eine sehr liebe Freundin, praktisch ein Familienmitglied, die von Beruf Ärztin ist. Die Kollegen, mit denen sie an der Front gearbeitet hat, sind gefallen; einer ist gerade gestorben. Sie befürchtet nun, dass auch sie das Wuhan-(Corona-)Virus haben könnte.

Noch jemand, mit dem ich sehr eng befreundet bin, ist zum schlimmstmöglichen Zeitpunkt in der Geschichte in einer Reha-Einrichtung gefangen. Er hat Krebs, er ist gestürzt, und vielleicht hatte er auch einen Schlaganfall. Niemand durfte ihn im Krankenhaus besuchen, und auch im Reha-Zentrum sind die Türen für Besucher geschlossen. Seine Krankenakte und sein Bevollmächtigter in gesundheitlichen Dingen scheinen buchstäblich auf der Strecke geblieben zu sein. Ich bin bestürzt über sein Schicksal.

Ob er in einer Einrichtung oder zu Hause sicherer ist, wurde ich gefragt. Meine Antwort lautet wie folgt: Alle Krankenhäuser und alle Reha-Einrichtungen sind schon in normalen, nicht pandemischen Zeiten Orte des Grauens. Man braucht eigentlich immer private Hilfe, wenn nicht sogar eine Krankenschwester, was sehr teuer ist. Ein Familienmitglied kann eine 8-Stunden-Schicht übernehmen, aber nicht rund um die Uhr da sein. Das Personal in Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen ist überlastet, unterbezahlt, mürrisch, nachtragend, inkompetent und nachlässig – gelegentlich auch engelsgleich. Sie haben weder die Zeit noch die Lust dazu, allzu häufig die Bettwäsche zu wechseln oder jemanden zur Toilette zu begleiten.

Man kann sich vorstellen, wie vielen Patienten es noch so ergeht. Und wie hart die Mitarbeiter an der Front – die Krankenwagenfahrer, Sanitäter, Apotheker, Arzthelfer, Krankenschwestern, Ärzte und Freiwillige – arbeiten müssen, und das unter solchem Risiko. Man kann sich nicht vorstellen, wie überwältigt sie sein müssen.

Wir sind nicht nur in der Zeit zurück, sondern in gewisser Weise hat sich der Westen auch mehr den „Entwicklungsländern“ angenähert. (Das ist der politisch korrekte Ausdruck für gescheiterte Staaten oder Tyranneien, die in enormer Armut stecken und in denen kein Gesetz gilt). In Teilen des Nahen Ostens, Asiens, Afrikas und Südamerikas wird von den Familien erwartet, dass sie die Bettlaken und Decken sowie die Nahrungsmittel für ihre hospitalisierten Angehörigen bereitstellen; oft müssen sie auch die Medikamente kaufen – wenn sie verfügbar sind. Es gibt nur wenige Ärzte und noch weniger Krankenschwestern. Die Familienmitglieder verlassen entweder ihr erkranktes Mitglied oder kümmern sich selbst um die Versorgungsschichten. Wird New York künftig ein bisschen mehr wie Kabul?

Jeden Abend um 19 Uhr versammeln sich große Menschenmengen (hoffentlich unter Beachtung des sozialen Distanzierens), um diese mutigen Seelen anzufeuern. Ich höre es aus fast einem Block Entfernung. Den ganzen Tag und die ganze Nacht höre ich auch die Sirenen der Krankenwagen.

Wird das Chaos ausbrechen? 

Die sehr reichen Amerikaner werden immer gut zurechtkommen. Aber hier einige beunruhigende Fragen: 

Wie werden diejenigen von uns, die früher Arbeitsplätze und Sicherheitsnetze hatten, es psychologisch schaffen, sich eine ganze Zeit lang an begrenzte Möglichkeiten anzupassen? 

Was ist, wenn die sogenannte „Unterschicht“, die sich nun täglich vergrößert, kein Geld mehr für Lebensmittel hat? Wird das Chaos ausbrechen? Wird es zu Plünderungen kommen? 

Was können wir dagegen tun, dass immer noch so viele Menschen darauf bestehen, große Gottesdienste zu besuchen? 

Was werden entlassene Straftäter tun? 

Werden Terroristen diesen Moment enormer Verwundbarkeit nutzen, um zuzuschlagen? Genau so etwas tun Terroristen.

Was meinen Sie dazu?

Auf der anderen Seite: Laut einem Arzt von der Front, mit dem ich gesprochen habe, nimmt die Zahl der täglich neuen Fälle in NYC ab.

Das Problem ist, dass wir nicht rechtzeitig im Voraus gewarnt wurden und dass wir keine Struktur für den Umgang mit einer Pandemie hatten. Dies wird – oder besser: sollte nie wieder passieren.

Unsere Welt wurde schon häufig von Epidemien heimgesucht. Die Menschheit hat überlebt. Die Sonne ging noch immer jeden Tag auf. Zweifellos wird sie das immer wieder tun.

Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Übersetzung eines Textes, der ursprünglich auf israelnationalnews.com erschienen ist.

Foto: Pixabay

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Leserpost

netiquette:

Frances Johnson / 08.04.2020

@ G.Kramler: Großartige Idee. Es gab nur Hostals für Pilger. Dort kam man unter und wurde medizinisch versorgt. Klöster hatten immer einen Kräutergarten. Ein Roboter bei mir zu Hause wäre bedeutend beliebter bei mir als lauter mürrische, gehetzte Fremde um mich herum.

Frances Johnson / 08.04.2020

@ Flutz: Sterbefälle Italien im Jahre 2018: 633.133. Sterbefälle in jedem westlichen Land: Ein Prozent, schwankend um 10/1000. Einwohner Lombardei: Etwas über zehn Millionen, die meisten um Milano, das Umfeld von Bergamo (außer der Altstadt) gehört praktisch zum Großraum Mailand. Sterbefälle mit Corona Lombardei in meiner Liste aus La Repubblica vom 1.März bis 5. April: Um 9.000. Normalbefund. Ob sonst noch jemand in signifikanten Zahlen gestorben ist, werden wir sehen. Unterschiedlich ist hauptsächlich, dass uns Sterbende auf dem Bauch liegend auf Intensiv als degoutantes Bildmaterial vorgeführt werden, um Angst zu erzeugen. Ansonsten wird anscheinend so gestorben. Man kann seine eigenen Schlüsse daraus ziehen. Vielleicht wird davon ausgegangen, dass der Eine oder Andere in Zukunft alles tut, um Krankenhäuser zu meiden. Dann muss man nicht so viel Geld reinstecken.

Wilfried Cremer / 08.04.2020

@ Herrn Schuster - Die totale Leere im Osten gab es nun auch wieder nicht, z.B. optische Industrie (Jena), Erfindungen wie Elektronenmikroskope (M. Dardenne)...

Bernhard Freiling / 08.04.2020

@F.Lutz: Welche Besonderheiten Bergamo - Italien als Ganzes oder Spanien - aufweist weiß ich nicht. Wenn, dann orientiere ich mich an den weltweiten Zahlen. Schließlich geht es hier um einen weltweiten Shutdown. Und da kann Corona heute mit rd. 1/10 der jährlich üblichen Grippezahlen und Todesopfern “auftrumpfen”. Was nichts Anderes heißt, als daß der Corona-Shutdown eigentlich schon unser ständiger Begleiter der vergangenen Jahre hätte sein müssen. Wenn er das bei 500.000 Toten nicht war frage ich mich, warum er das bei 100.000 sein sollte. ++ Ob “an” oder “mit” Corona gestorben wird: ich hab’s zwar mal geschrieben, im Endeffekt ist es aber völlig belanglos. Ein Bruchteil der jährlichen Grippeopfer läßt “die Erde stillstehen”.  Ich sehe in den Folgen dieses Shutdowns eine erheblich größere Gefahr (Faktor 100 bis 1000 oder sogar mehr) für die Welt als in dem Corona-Virus. Sie mögen das anders sehen - das ist Ihr gutes Recht - würde aber ein Ignorieren der bekannten Zahlen voraus setzen.

Donald Adolf Murmelstein von der Böse / 08.04.2020

GANZ ITALIEN FREUT SICH. In den letzten Tagen wurden dank Covid-19 in Marokko, Algerien, Tunesien und Libyen etwa 15000 Häftlinge frühzeitig auf freien Fuß gesetzt (unter vorgehaltener Hand in Muddiland 4.0 auch unter der Bezeichnung NAFRI bekannt). Bei diesen Herren handelt es sich überwiegend um Hühnerdiebe, die Teil Ihrer Freiheitsstrafe schon abgesessen haben. Da es aufgrund der schlechten Wirtschaftslage in der NAFRI-ZONE nicht viel zu holen gibt, werden viele versuchen nach Europa zu gelangen um vornehmlich in Muddiland 4.0 als Fachkraft ihr Glück zu versuchen. Der kürzeste und vielversprechendste Weg dorthin – wie kann es anders sein – ist mit einem der deutschen NGO-TAXIS über das Meer nach Italien, wo man die Neuankömmlinge mit offenen Armen empfangen wird.  (siehe auch IL GIORNALE - MIGLIAIA DI DETENUTI A PIEDE LIBERO IN NORD AFRICA (08.04.2020)

Frances Johnson / 08.04.2020

“Was ist, wenn die sogenannte „Unterschicht“, die sich nun täglich vergrößert, kein Geld mehr für Lebensmittel hat? Wird das Chaos ausbrechen? Wird es zu Plünderungen kommen?” Vielleicht nicht. Leid kann zusammenschweißen. “Werden Terroristen diesen Moment enormer Verwundbarkeit nutzen, um zuzuschlagen? Genau so etwas tun Terroristen.” Der IS ist absolut seelenlos. Ob bin-Laden das täte, muss dahin gestellt bleiben.  Persönlich sage ich entgegen jedem Hype um New York, dass New York City ein einziger Konstruktionsfehler ist. Wie konnte man solche Mengen Beton in ein Feuchtgebiet schütten? NYC ist der Platz in den US, den ich am wenigsten mag. Entsprechend verstehe ich New Yorker nicht., die i.d.R. stolz auf dieses Gebilde sind. Und China hat es nachgemacht: Schüttet jede Menge Beton auf 140 Seen, von denen ein Minimum übrig ist, und bekommt Wuhan. Entsprechend würde ich in Japan, das ich gern besuchen würde, Tokyo umgehend verlassen und den Rest des Landes ansehen. Das Virus scheint ausgesprochen selig, wenn es sich in zubetonierten Feuchtgebieten bewegt, die Lombardei (Reisanbau) gehört dazu. Wenn die Verwerfungszone vor der Insel La Palma im Ost-Atlantik aktiv würde, würde New York City einen Tsunami bekommen, der schlimmer wäre als dieses Problem. Die New Yorker tun mir jetzt leid, aber an sich mag ich New York nicht. Keine Sonne, außer im Central Park. Long Island ist schön.

F.Lutz / 08.04.2020

@Bernhard Freiling Alle Zweifler, wie gefährlich Covid 19 ist möchte ich darauf hinweisen, dass in Bergamo anstatt der sonst durchschnittlich 500 Menschen im März ca. 4.500 Menschen gestorben sind. Da wird dann das Argument “mit” Corona und nicht “an” Corona gestorben zu sein etwas schwierig zu halten sein. Solche Zahlen machen dann auch die Frage nach der Dunkelziffer an Infizierten hinfällig. Nichtsdestotrotz gebe ich Ihnen in dem Punkt recht, dass wir schnell eine Lösung finden müssen, mit welcher wir ein relativ normales Leben weiter führen können, da die kollateralschäden durch den Shutdown ebenfalls täglich mehr werden und ja, auch effektiv Leben kosten werden.

Rudhart. M. H. / 08.04.2020

WHO ist auch nicht mehr die WHO, an die wir aus der Erinnerung heraus gern denken. Inzwischen haben dort , wie auch in vielen anderen Organisationen der Staaten , egal , ob es sich um zwischenstaatliche Formen oder andere, wie z.B. diese komischen NGO handelt, das Heft des Handelns übernommen, denn alle und alles hängt am Geld. Für Geld sind wir bereit auf Freiheit und sogar Wohlstand zu verzichten. Für Geld wird schon mal ein Auge zugedrückt. Im Kleinen genauso wie im Großen. Kann es sein, daß wir ein Gesundheitssystem goutieren , daß Profit machen muß? Profit - woraus? Aus einem “Geschäft” mit der Gesundheit von Patienten? Wobei es logisch erscheint, daß man eher eine Operation mehr als zu wenig macht, weil Geld in die Kasse kommt, aber Kosten für Maßnahmen scheut, die die allgemeine Krankenhaus-Hygiene stärken, das bringt nämlich nichts zum Qurtalsabschluß und große Privatkliniken sind genauso rattenscharf auf ihre Börsennotierungen wie andere Großkonzerne auch. Der Fetisch Markt hat bereits überall gesiegt, obwohl seine dunklen Seiten durchaus bekannt sind. Natürlich kann ein sozialistisches Verteilungssystem nach Art der Bilanzierung , also eine Verteilungswirtschaft wie zu Kriegszeiten keine absolute Alternative sein, schon wegen des nicht planbaren wissenschaftlich-technischen Fortschritts nicht, aber in bestimmten Bereichen muß anders als marktkonform gehandelt werden, denn zumindest müssen Momentankosten mit zukünftigen Kosten aufgerechnet werden, um ein Bild zu bekommen, warum es besser ist, einen gewissen , prognostizierten Notvorrat zu halten, auch wenn dadurch Kosten entstehen, die im Moment nicht gerechtfertigt sind, siehe dazu auch Schutzmasken etc. p.p.  Die selben Leute , die gerade die Krankenhausbetten halbieren wollten, stellen sich hin , und dies ohne rot zu werden vor Scham, und fordern jetzt genau das Gegenteil. Ja geht’s noch ! Keiner erinnert sie daran , was sie vor Monaten und Jahren tönten , wieso`Wo bleibt hier die Journaillie ? ÖR - wo?

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