Gerd Habermann, Gastautor / 03.07.2020 / 16:00 / Foto: GH / 12 / Seite ausdrucken

Warum Diskriminierung unvermeidlich ist

Von Gerd Habermann.

Es ist jener Denkrichtung, die viele zu Recht als „Kulturmarxismus“ bezeichnen, eine staunenswerte begriffliche Überrumpelung weiter Teile der Öffentlichkeit, Parteien und Medien inklusive, gelungen. „Diskriminieren“ (lateinisch) heißt zu deutsch „unterscheiden“ – ein wertfreier Begriff. Er findet zunächst im öffentlichen Recht Anwendung, wo das Nichtdiskriminieren-Dürfen als Gleichheit vor dem Gesetz beschrieben wird: niemand darf vor dem Gesetz bevorzugt oder benachteiligt werden (Art 3 GG). Dies ist ein Kernbestandteil des Rechtsstaates. Der Staat, der ausführende Beamte, darf bei Anwendung der Gesetze nicht „unterscheiden“, er muss – sine ira et studio – das Gesetz gleichmäßig anwenden, darf den einzelnen Staatbürger weder postiv noch negativ privilegieren (dies wäre korrupt), so zum Beispiel nicht meine Steuerklärung mit besonders milden Augen ansehen, weil wir uns vom örtlichen Kegelclub her kennen.

Ein folgenreicher Fehlgriff ist es nun, dieses Unterscheidungsverbot auf das Privatrecht anzuwenden. Für das Privatleben ist das Unterscheidungsrecht konstitutiv. Es ist der Kern der Vertrags- und Meinungsfreiheit. Ich darf nicht nur, ich muss täglich „diskriminieren“, indem ich nach meinen nicht weiter hinterfragbaren Präferenzen mit bestimmten, ausgewählten Menschen zusammenarbeite (im Arbeitsrecht), Handel treibe, bestimmte Produkte kaufe, mich bestimmten Meinungsrichtungen, Parteien, Religionen oder politischen Gemeinschaften anschließe, einen Verein mit einem exklusiven Spezialzweck gründe, eine bestimmte Person – besonders exkludierend – heirate oder mich mit ihr innig befreunde. Fast jede Wahlhandlung ist in diesem Sinne „diskriminierend“ oder „exkludierend“ und unterscheidet logischerweise zwischen denen, die dazugehören und anderen, die nicht dazugehören.

So schließt ein Kaninchenzüchterverein satzungsmäßig Schweinezüchter aus: es ist  offenbar sinnlos, den speziellen Zweck des Vereins offenzuhalten. Ein Frauencafé schließt, wenn ihren Betreiberinnen danach ist, vollkommen legitim Männer als Kunden aus, ein Herrenclub wie manche Burschenschaft, Frauen als Mitglieder. Die deutsche Staatsbürgerschaft schließt in der Regel andere Staatsbürgerschaften aus, so wie das Mitglied einer Kirche nicht gleichzeitig auch Mitglied einer anderen sein kannn und ebenso bei Parteien.

Nach Grundsätzen einer gerechten Gleichheit zwangsvereinigen

Die ganze soziale Gliederung einer Gesellschaft baut auf diesen Unterscheidungen auf. Sie ist ja informell oder explizit auf Gruppen verschiedener Art und Richtungen gegründet, Wirtschaftsunternehmen oder Berufsverbände nicht ausgenommen. Mit diesen Unterscheidungen ist natürlicherweise immer die Exklusion von Menschen verbunden, die „nicht dazugehören“. Selbstverständlich gehört es dann zur Meinungsfreiheit, auch öffentlich zu bekunden, warum man der einen Gemeinschaft angehört, der anderen nicht, also zum Beispiel auch Religions- und Meinungskritik zu üben oder ein fremdes Land oder eine fremde Kultur nicht zu mögen (mit dem polemisch entleerten Rassismusbegriff hat das nicht das mindeste zu tun).

Schließlich gibt es in einer freien Gesellschaft Wertepluralismus und religiösen, politischen oder wirtschaftlichen Wettbewerb. Selbst auf der Produktebene ist es nicht anfechtbar und auch nicht begründungspflichtig, wenn ich VW einem BMW vorziehe oder die eine Zahnpasta der anderen oder einem Lokal das andere – also das jeweils nicht gewählte „diskriminiere“. Wer dagegen anrennt, folgte einer egalitären, sozialfeindlichen Utopie, die keine Unterscheidungen und Exklusionen anerkennen will, sondern alle Menschen in einer unterschiedslosen Herde „inklusiv“ nach Grundsätzen einer angeblich gerechten Gleichheit zwangsvereinigen will. Es ist nicht nur utopisch, sondern sozialfeindlich, dieser im Kern höchst dürftigen Sozialphilosophie (einer Variante des Nihilismus) zu folgen. Wer sagte, dass es Menschen gibt, die eher das Nichts wollen als nicht zu wollen?

Foto: GH

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WOLF-D. SCHLEUNING / 03.07.2020

Lieber Herr Habermann, vielen Dank für diesen wichtigen und klarsichtigen Beitrag!

Wolfgang Richter / 03.07.2020

Erzwungene Anti-Diskriminierung auf allen Ebenen würde das “Recht” ungemein vereinfachen. Vermögensumverteilung jeder Art ohne Einwilligung des “Vermögenden”, bis hin zur eigenmächtigen Einquartierung in gewünschte Wohn-quartiere, wäre nicht mehr strafbar, auch zivilrechtlich nicht mehr anfechtbar. Da sich Niemand Niemandem verweigern dürfte, gäbe es auch keinerlei Sexualstraftaten mehr. Nur beim darauf automatisch folgenden sich gegenseitig den Schädel einschlagen wird’s mit der Bewertung dann schwierig. Und auch den Fundamental-Sozialisten dürfte das beschriebene Utopia mißfallen, da selbige zum eigenen Vorteil immer darauf bedacht waren und sind, ihre Privilegien zu erhalten und zu schützen. Armut für alle hört für sie da auf, wo sich das politische Amt monetär zum eigenen Wohlstand nutzen läßt, so wie aktuell Gabiel als Tönnies-Fleischmarktberater für lächerliche 10 000 Euronen monatlich plus Aufwandsentschädigung oder auch Gas-Gerds Goldener Kanzlerruhestand, um nur 2 Spitzen unserer “Rächer der Verarmten” zu benennen, die andererseits gerade ihnen nur zur Verwahrung anvertrautes Steuergeld wie Konfetti verteilen.

Frank von Bröckel / 03.07.2020

Vergessen Sie es doch! Es ist für IMMER vorbei, und daran wird sich auch NIEMALS jemals etwas ändern! Mit der Migrationswelle in den Jahren 2015 ff wollte man uns alteuropäischen Völkerschaften lediglich NUR mitteilen, das sogar ausnahmslos sämtliche alteuropäischen Völkerschaften in den kommenden drei bis fünf Generationen vollständig und auch dauerhaft den Löffel abgegeben haben! Sie führen hier in Wahrheit völlig sinnfreie(!) mediale Rückzugsgefechte alter weißer Alteuropäer, die mangels eigener Kinder, eben nicht nur Deutschland, sondern sogar GANZ Europa den Nichteuropäer und deren Nachkommen dauerhaft überlassen haben!

sybille eden / 03.07.2020

Schon der Begriff “Privatrecht” dürfte den “Kulturmarxisten ein Dorn im Auge sein, beinhaltet er doch das Wort “Privat”, was ja historisch ein expliziet bürgerlich-freiheitlicher Begriff ist. Im “Liberalismus” ist er ja zusammen mit der” Freiheit”  die zentrale und fundamentale Säule dieser Weltanschauung ! Ich denke hier genau liegt für die Linken der “Hase im Pfeffer”. Es geht ihnen doch letzlich um die Abschaffung des allzu “Privaten”, insbesondere dem “Privateigentum”, und als Vorbereitung dazu die Aushöhlung des “Privatrechts”. Beste Wünsche von einer treuen Leserin ihrer Bücher !

Thomas Taterka / 03.07.2020

Diskriminierung ist unvermeidlich, weil sie die Staatstreue finanziell bei Laune hält. Die Rettungsboote werden geviert. Wer zurückbleibt, war “irgendwie” nicht Links genug.

Kurt Mader / 03.07.2020

Absichtliches Verlangen von Unmöglichem: Alle höheren Lebewesen bewegen sich mittels Typenbildung und vorgefasster Reaktion durchs Leben. Das spart Energie und deshalb bestimmt es 90% unserer täglichen Aktionen (!). Also die berühmte Schublade ist unausweichlich. Die Frage ist natürlich, ob die Leute in der Lage sind, dann genauer hinzuschauen und das Individuum zu sehen. ... das kann und sollte man fordern. Aber diese ganze Rassismus- und Diskriminierungs Hysterie geht gegen den Menschen - wie er ist. Und dahinter steckt Macht- und Geltungsdrang, denn ein ständig “Schuldiger” ist eine gutes Objekt zur Beherrschung. Es ist hier eine bestimmte - menschen- und naturfeindliche Denkrichtung am Werke, die auf nichts anderes aus ist, als Macht und Tyrannei!

Rolf Mundt / 03.07.2020

Ich freue mich auf dem ersten Klagenden, der sich nach dem AGG, als Partner bei einer Frau einklagen möchte, da diese Diskriminierung nicht auf der politischen Weltanschauung beruhen würde, denn das wäre ja der einzige legitime Grund (da im AGG fehlend) ist.

Rainer Niersberger / 03.07.2020

Danke fuer diese eher selten zu lesende Klarstellung, was die bis vor einiger Zeit auch rechtlich unstrittige, sogar hoechstrichterlich anerkannte Unterscheidung zwischen staatlichen und privaten Handeln betrifft. Ein Blick auf die “Rechtsprechung” des BVerfG und die Politik zeigt, dass hier auch diese zwingende Grenze vorsaetzlich geschliffen wurde, allerdings nur dann, wenn es nicht AfD - Funktionäre und /oder Mitglieder betrifft. So kann der Fußballverein Frankfurt, zu dessen Präsidenten sich jeder Kommentar erübrigt, bestimmte Personen ohne Probleme fuer “unerwünscht” erklären oder ausschließen, haette aber sofort neben einem veritablen shitstorm die Justiz am Hals, wenn er zum Beispiel Gleiches mit der Partei “die Linke” machen wuerde. Natuerlich koennte ein Ladenbesitzer die Bedienung eines alten weissen Mannes verweigern, keinesfalls aber die eines Mitglieds der zahlreichen Opfergruppen. Die grundgesetzwidrige und gesellschaftlich desastroesen Umerziehung der Individuen, nichts anderes steckt hinter diesem Treiben, dient letztlich der Stigmatisierung und dem Druck, sich ideologisch richtig zu verhalten. Räume mit freier Entfaltung, das sogenannte Private, sind grundsätzlich unerwünscht, es sei denn, man verhält sich totalitär konform, womit der rechtlich staatsfreie Kernbereich natuerlich soweit wie moeglich eingeschränkt wird. Aehnliches laeuft ja unter der bekannten staatlich erwuenschten Zensur durch Private gegenüber der Meinungsfreiheit. Persönlich/private Vorlieben oder Ablehnungen im Privatbereich oder im eigenen Gewerbebetrieb werden der staatlichen Aufsicht unterworfen und sanktioniert, falls sie nicht dem linksgruenen Zeitgeist entsprechen. Faktisch konnte dies nur durch die rechts - und freiheitswidrige, richterlich praktizierte Ausdehnung des Geltungsbereich der Grundrechte, hier des Art 3 GG, erreicht werden.  Zum “Hassverbot” kommt nun das “Liebesgebot” gegenüber Allen (Opfern) oder rechtlich der Kontrahierungszwng. So geht es dahin.

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