Ungarn hat ein problematische Geschichte. Fremdherrschaft, gewiss. Aber die Ungarn wussten lange Zeit selbst nicht, wer sie sind und wohin sie gehören. Die Erfindung Ungarns im 19. Jahrhundert war schwieriger als die Erfindung Deutschlands. Da genuegt schon ein Blick auf den nationalheiligen, um zu wissen, warum. Unter ungarischer Nation wurde lange Zeit nur der Adel verstanden und erst, als der Adel kapierte, dass man das angeblich genuin ungarische benutzen konnte, um zu verhindern, dass mit den Habsburgern eben auch ihre Rechte beschnitten wurden, hat die nationalbewegung ein wenig Aufschwung bekommen. Das bedeutet, dass die nationalbewegung in Ungarn eher reaktionaer war und nicht, wie in den meisten anderen Staaten, progressiv freiheitlich. Dieser geburtsfehler schreibt sich fort und fuehrt zu Empfindlichkeiten.
@Karsten Dörre Mindestens die Hälfte der ungarischen Medien sind oppositionell. Also da stimmt Ihr Vergleich schon mal nicht. Was die Geschichte angeht: Sie wollen die Ungarn als Täter zeigen. Natürlich waren sie AUCH Täter. Welche Nation war das nicht? Aber schon Ihr Hinweis auf fast 40 Jahre Magyarisierungspolitik zeigt Ihre Einseitigkeit: Seit 1918 gibt es eine gewaltsame Slowakisierungs-, Romanisierungs- und Serbisierungspolitik gegenüber den Ungarn, die als Minderheiten in den betreffenden Ländern leben müssen. Das sind fast 100 Jahre. Darüber schreiben Sie, nicht nur Sie nicht. Kein Zufall.
War gerade in Ungarn Wäre froh wenn es hier in Deutschland Auch so entspannt zuginge Kein Jude hat Angst mit Kipa verfolgt zu werden Wäre eine echte Alternative wenn hie noch mehr abgeht
Ich war Anfang August als Tourist in Budapest. Meinen Fuß habe ich nur dort hingesetzt, wohin ihn alle Touristen hauptsächlich setzen: auf den Burg- und Gellertberg auf der Buda- und in die Innenstadt auf der Pestseite der Donau. Nur von daher stammen meine Beobachtungen und Eindrücke. Die Stadt wirkt ungemein sauber. Kein Müll im öffentlichen Raum, kein Vandalismus in Bussen, Straßen- und U-Bahn. Beschmierte Wände allenfalls in einigen Tunnels und Unterführungen. Öffentliche Verkehrsmittel fahren in erfreulich kurzen Takten, für (EU-) Rentner sogar kostenlos. Rund um die zweitgrößte Synagoge der Welt laufen unbehelligt Kippa tragende Juden durch die Stadt. Das nachhaltigste Erlebnis aber war: kein herumlungernder Afrikaner, keine kiebigen Jungtürken und -araber auf den Straßen. Jede Menge Asiaten, wenige Kopftücher, und die Schwarzen sprechen American English, manchmal auch Französisich. Das Kulturprogramm der Stadt holt über den Sommer die verschiedensten Künstler aus aller Welt. Das ist Vielfalt, die wieder nach Hause fährt. So weltoffen kann Abschottung sein. Und überall Denkmäler des Freiheitswillens gegen einst unterdrückerische Nachbarn.
Wenn die Sprachbarriere nicht wäre, sicherlich in Zukunft ein potentielles Auswanderungsland für qualifizierte Deutsche.
Eine Übersicht über die Türkenkriege findet man in einer langen Liste auf Wikipedia. Die beginnen 1423 und enden 1878 ! Darunter allein 10 Kriege Russlands gegen die Osmanen seit 1636. Russland war seit Katharina I. auf Ausdehnungs-Kurs nach Süden. Ungarn war über Hunderte von Jahren mitbetroffen und im Kampf “um die Krone”, die dann an Östereich-Ungarn kam. Während Europa das Osmanenreich zunächst beseitigen wollte, änderte sich dies aber später. Es sollte als Gegengewicht, hauptsächlich gegen Russland, erhalten bleiben. Osteuropäische Völker von Polen bis Griechenland haben eine andere Geschichtserin- nerung als der Rest Europas. Das bleibt wohl solange so, wie in den Schulen die eigene Geschichte immer neu “vertieft” wird, während anderes hintenan kommt. Die Haltung der Ungarn beruht auf einem “genetischen” Selbstbehauptungswillen, der auch kriegerisch war. Die Ungarn haben mit ORBAN einen Wahl-Führer.
Köszönöm szépen, nagyon jó cikk.!!!! A magyaroknak még van gerince. A világ legjobb órszága.
Hallo Herr Lemke, beachtlich, was sie über Ungarn schreiben, es kommt meiner Realität sehr nahe. Wahrscheinlich muß man an einer “progressiven” Uni (ELTE Budapest) vor Ort studieren, um das Geschehen im Land einschätzen zu können. Gut gemacht! MfG Hermann März, Ballószög/Ungarn
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