Ulrike Stockmann / 06.09.2023 / 11:00 / Foto: Georges Biard / 62 / Seite ausdrucken

Stars der Automesse preisen Bahn und Fahrrad

Natalie Portman trat als Stargast bei der IAA auf. Im Bühneninterview schwärmte sie vom Bahnfahren, VW-Chef Oliver Blume pries erschwingliche E-Autos und die Chefin eines Radherstellers sang ein Loblied auf das Fahrrad. Genauso habe ich mir eine Automesse immer vorgestellt.

Normalerweise bringt mich der Beginn der Internationalen Automobil-Ausstellung kaum in Verzückung. Schließlich verstehe ich von Autos in etwa so viel wie ein Hund vom Theater. Abgesehen davon registriere ich natürlich die traurigen Schlagzeilen, die regelmäßig den Tod des Verbrennungsmotors sowie unserer Automobilproduktion verkünden und selbst mir wird klar, dass ohne unsere wichtigste Industrie in Deutschland wohl bald nicht mehr viel los sein wird. Außerdem überlege ich hin und wieder, wie hoch heutzutage die Wahrscheinlichkeit ist, dem Brand eines E-Autos zum Opfer zu fallen.

Als ich jedoch las, dass keine Geringere als Hollywoodstar Natalie Portman zum Thema „Bezahlbare nachhaltige Mobilität“ gestern auf der Bühne der IAA stand, wurde die Auto-Messe schlagartig für mich interessant. Schließlich schätze ich Portman – bekannt aus Blockbustern wie „Star Wars“ oder „Black Swan“ – als hervorragende Schauspielerin. Mit einer Karriere in ihrer Preislage geht jedoch in der heutigen Zeit fast schon zwangsläufig der Aktivismus für verschiedene Anliegen einher, die auch von einigen Regierungen und inernationalen Organisationen gefördert werden.

So ist Portman auch für ihr Engagement für den Veganismus, „Klimaschutz“ oder im Rahmen der „MeToo“-Debatte bekannt. In dieser Eigenschaft sprach sie etwa auf dem „Women’s March“ in Los Angeles 2018 oder anlässlich ihrer Prämierung mit dem EMA-Award 2017 der NGO Environmental Media Association, den sie für ihre „Beiträge zum Umweltschutz“ bekam. 2018 produzierte sie die Anti-Fleisch-Dokumentation „Eating Animals“.

Vorwurf der Heuchelei

Im selben Jahr sollte Portman, die 1981 in Jerusalem geboren und in Long Island bei New York aufgewachsen ist, den israelischen Genesis-Award, bekannt als „jüdischer Nobelpreis“, erhalten. Sie sei ein „Vorbild für Millionen von jungen Juden in aller Welt“. Genauer gesagt sollte ihr sozialer Aktivismus in Bereichen wie Geschlechter-Gleichstellung, Armutsbekämpfung, Mikrofinanzierung und Tierrechte prämiert werden. Stan Polovets, Vorsitzender der preisstiftenden Genesis Prize Foundation (GPF), lobte: „Sie verkörpert die zentralen Eigenschaften des jüdischen Charakters und die Werte des jüdischen Volkes – Beharrlichkeit und harte Arbeit, Streben nach Spitzenleistungen, intellektuelle Neugier und den aufrichtigen Wunsch, dazu beizutragen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.“

Das Preisgeld – im Falle Portmans durch den Philantropen Morris Kahn auf zwei Millionen Dollar verdoppelt – wird den Prämierten für wohltätige Zwecke ihrer Wahl zur Verfügung gestellt. Portman weigerte sich allerdings, an der geplanten Verleihung teilzunehmen, bei der auch Premierminister Netanyahu sprechen sollte, um nicht in den Veracht zu geraten, seine Regierung zu billigen. Einen Boykott Israels habe sie damit gewiss nicht zum Ausdruck bringen wollen. Netanyahus Likud-Partei nannte sie daraufhin eine „Heuchlerin“. Sie hätte bereits bei den israelischen Wahlen 2015 die US-finanzierte Anti-Netanyahu-Gruppe V15 unterstützt. Die Preisverleihung wurde schließlich abgesagt.

Den Vorwurf der Heuchelei musste sie sich auch anlässlich ihres Auftrittes bei der Oscar-Verleihung 2020 gefallen lassen. Sie erschien in einem schwarzen Dior-Umhang, auf dessen Saum die Namen weiblicher Regisseure gestickt waren, „die im vergangenen Jahr durchaus tolle Filme abgeliefert haben, aber dennoch nicht nominiert wurden“, wie ntv berichtete. Denn wieder einmal hätten nur Männer in der Kategorie „Beste Regie“ auf der Nominierungsliste gestanden.

Kollegin Rose McGowan, eine der Kronzeuginnen der Anschuldigungen des sexuellen Missbrauchs gegen Harvey Weinstein, hatte ihr damals vorgeworfen: „In deiner sehr langen Karriere hast du gerade mal mit zwei Regisseurinnen gearbeitet – eine davon warst du selbst. Deine eigene Produktionsfirma hat ein einziges Mal eine Regisseurin eingestellt: dich.“

Zweimal die Woche Autofahren

Was führt Portman aber nun ausgerechnet zur IAA nach München? Im Interview auf der Bühne, geführt von Oliver Crook, gibt sie zu Protokoll, dass aus ihrer Sicht Mobilität mit Chancengleichheit sowie dem Erhalt der Umwelt verbunden sei. Sie sei neugierig, auf der IAA mehr über Nachhaltigkeit in diesem Sektor zu erfahren. Daher sei sie nach München mit der Frage gekommen, wie Mobilität erreichbarer und nachhaltiger gestaltet werden kann.

Gefragt nach der Motivation für ihren allgemeinen Aktivismus, gibt sie ihren jüdischen Hintergrund an. Ihre jüdische Familie habe ihr mit auf den Weg gegeben, sich gegen Unrecht auszusprechen, sobald es ihr begegnet: „Ich wurde mit neun Vegetarierin, weil mir unmittelbar die Ungerechtigkeit gegenüber Tieren klar wurde. Das mündete später in Veganismus.“

Neben den Tierrechten befasse sie sich seit zwei Jahrzehnten mit der Gleichstellung der Frau. Im Rahmen ihres Engagements für den Frauenfußball sei ihr bewusst geworden, wie groß die Rolle des Sportes sei, um etwas zu verändern. Auf die Frage, wie es gelingen kann, den Menschen weitreichende Veränderungen im Bereich Veganismus, Tierrechte oder Mobilität schmackhaft zu machen, antwortet sie, dass sie selbst es hasse, wenn ihr vorgeschrieben wird, was sie tun soll. Darum sollte den Menschen „ein freudvolles, glamouröses und erstrebenswertes Bild geliefert“ sowie ein Lifestyle verkauft werden, den sie attraktiv finden. Es muss laut Portman nicht immer radikaler Veganismus sein, es reicht schon, nur noch ein- oder zweimal die Woche Fleisch zu essen. Und ähnlich sei es mit der Mobilität. Wie wäre es, wenn man nur zweimal die Woche …? Sie meint wohl, Auto fährt?

Kein gedankenloser Kurztrip

Ein wenig drollig wird es, wenn eine der bestbezahlten Schauspielerinnen Hollywoods den Klassenaspekt von Bus und Bahn hervorhebt und von der autofreien Innenstadt und den öffentlichen Verkehrsmitteln in Paris schwärmt. Dorthin ist sie im vergangenen Jahr mit ihrer Familie gezogen. Sie lobt das gut ausgebaute europäische Zugnetz und scheint suggerieren zu wollen, dass sie und ihre Familie Urlaub mit dem Zug machen würden. Natürlich – ihren Winteraufenthalt in Australien und Neuseeland bestritten sie notgedrungen mit dem Flugzeug, aber dafür blieben sie auch gleich sechs Wochen in „Down Under“. Es war also kein gedankenloser Kurztrip.

Moderator Crook spricht sie schließlich darauf an, wie schwer es doch der Auto-Nation USA fallen wird, von ihrer „Ikone“ abzulassen. Portman kommt auf ihre Erfahrungen mit E-Autos zu sprechen, die sie ebenso aufregend fände. Sie selbst habe bis zu ihrem Wegzug aus Los Angeles einen Tesla gefahren. Und ja, manchmal habe sie sich Sorgen um die Reichweite der Batterie gemacht, aber das Netz hierfür sei in den USA bereits gut ausgebaut.

Am Ende werden noch VW-Chef Oliver Blume und Sandra Wolf, Chefin des Radherstellers Riese & Müller, auf die Bühne hinzugeholt. Während Blume erklärt, wie VW erschwingliche E-Autos produzieren will und Nachhaltigkeit und Freude ein perfektes Match bilden würden, singt Wolf ein Hohelied auf das Fahrrad. Genauso habe ich mir eine Automesse immer vorgestellt.

 

Ulrike Stockmann, geb. 1991, ist Redakteurin der Achse des Guten. Mehr von ihr finden Sie auf ihrem YouTube-Kanal.

Foto: Georges Biard CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Kurt Schrader / 06.09.2023

Unsägliche Heuchelei, wo immer man hinschaut….

Wolfgang Schüler / 06.09.2023

@A. Ostrovsky:  Och Männo! Ich dachte, jetzt geht die Party richtig los - und zwar mit mir an Bord. Aber Sie haben wohl recht: da war ich etwas zu naiv.  Der Abend ist im Eimer - ich werd mich wohl wieder besaufen müssen… bis zum Verlust der Muttersprache. ..schluchz.. Was mich umgehend zu Fred Burig führt: Danke für diesen heißen Tipp. Aber ist das denn nicht böse kulturelle Aneignung, wenn ich mir die Birne dermaßen zulöte, daß jedem Jamaikaner vor Staunen die Tüte aus dem Mund purzelt ? Ich werd das am besten im Keller ausprobieren - da kenn ich mich eh gut aus, weil ich da regelmäßig zum Lachen hinuntergehe. Und @ Wolfgang Schönfeld: da schaut’s schlecht aus bei mir…hm… geht das vielleicht auch, wenn man zu den “anderen” Zehntausend gehört, also Schulden im soliden fünfstelligen Bereich hat ? Fragen über Fragen…aber ich bleib dran und werde berichten. Danke nochmal an Alle !

Oliver Lang / 06.09.2023

Portman ist ja sicherlich mit Schiff und Bahn zur IAA angereist. Wenn Blume bei “erschwinglich” für E-Autos die Fahrradpreise von Riese und Müller, der Sanda Wolf’schen Firma im Blickwinkel hat, dann kann ihm das sogar gelingen. Riese Müller Pedelecs haben selbst nahe der 10.000,- € Qualitätsmängel und schrottige Komponenten verbaut, sind dabei sack schwer und Kunden werden nach wenigen Jahren mangels Ersatzteilversorgung im Regen stehen gelassen (Stichowrt u.a. BionX). Das ist doch ein gutes Vorbild für das rückgratlose “Schummel"VW. Heuchler unter sich.

Karsten Dörre / 06.09.2023

Über Natalie Portman auf der IAA oder ihr Lächeln auf einem Foto herzufallen, ist albern. Sie hat sich nicht selbst zum Auftritt eingekauft. Die IAA zeigt, dass diese selbst an Fachkräftemangel leidet, wenn statt über Autos Bahn und Fahrrad im Mittelpunkt stehen und messenichtaffine Personen öffentlich palavern dürfen. Es zeigt aber auch, dass niemand mehr wagt, öffentlich über Autos positiv zu sprechen, um nicht gecancelt zu werden. Das System wurde erfolgreich zerstört. Man hat die Zerstörung nicht wahrgenommen, geschweige verteidigt.

Wilfried Cremer / 06.09.2023

Hi, ich warte auf das Auto mit der Übersteigfunktion: Auf Scherenbeinen über Klimakleber steigen und dann wieder in den Rädermodus fallen. Auf dem Höhepunkt gibt es dann mehrere Optionen.

Georg Andreas Crivitz / 06.09.2023

So habe ich mir eine Autoausstellung im Jahr 2023 auch vorgestellt. Das einzige, was auf dieser IAA noch stört, ist das Automobil. Vielleicht beim nächsten Mal IMF (International Mobility Fair), dann aber gleich ganz ohne Auto.

sybille eden / 06.09.2023

Gott schütze uns vor Menschen die ” die Welt besser machen” wollen !

Jürgen Fischer / 06.09.2023

Mal ne andere Frage: solche Mietmäuler kommen ja garantiert nicht aus eigenem Antrieb zu solchen Kasperlesveranstaltungen, sie lassen sich das fürstlich vergüten. Da frage ich mich, wer kommt für die bestimmt nicht geringen Ansprüche der Dame auf? Wer schmeißt mit so viel Geld in der Gegend rum? »Gefragt nach der Motivation für ihren allgemeinen Aktivismus, gibt sie ihren jüdischen Hintergrund an.« Da lachen ja die Hennen. Gerade dieser Blödsinn bedient wieder das Stereotyp vom geldgeilen Juden, das man tunlichst vermeiden sollte. @A. Ostrovsky hat recht, gegen Dummheit ist kein Kraut gewachsen.

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