Manfred Knake / 30.12.2019 / 17:04 / Foto: Pixabay / 14 / Seite ausdrucken

„Mein Windpark ist auch 900 Meter entfernt“

Von Manfred Knake.

Es ging alles ganz schnell: Erst kam der „Windgipfel“ am 5. September 2019 in Berlin mit Politikern und Vertretern der Windenergiewirtschaft. Daraus wurde das anschließend veröffentlichte Papier aus dem Bundeswirtschaftsministerium „Stärkung des Ausbaus der Windenergie an Land – Aufgabenliste zur Schaffung von Akzeptanz und Rechtssicherheit für die Windenergie an Land“.

Und dann noch die angekündigte Entlassungswelle durch den Windanlagenhersteller Enercon aus Aurich. Nun soll schon im Februar 2020 unter anderem das Bundesnaturschutzgesetz „weiterentwickelt“, sprich im Sinne der Branche eingeschränkt werden. Vorgesehen ist auch die „Verkürzung“ und damit Erschwerung der Klagewege. Die Abstandregelung zur Wohnbebauung „ab 5 Häusern“ soll einheitlich auf 1.000 Meter festgeschrieben werden, damit wird eine höhere Akzeptanz für Windkraftanlagen erwartet.

Dagegen wehren sich Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) und Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), die erklärtermaßen eine verbindliche Abstandsregelung für ihr Bundesland ablehnen und von der gesetzlich vorgesehenen Öffnungsklausel Gebrauch machen wollen, alles im Sinne der Windbranche. In Aurich produziert Enercon. Vorgeschoben werden wieder einmal die „Energiewende“ und der wohlfeile „Klimaschutz“, obwohl diese „Wende“ nach Auffassung von Fachleuten
längst erkennbar gescheitert ist und die Windkraftnutzung keinen Einfluss auf die Klimaentwicklung haben kann.

Flunkern und Nebelkerzen werfen für die Windindustrie

Sowohl Lies und auch Weil versuchten in der Vergangenheit immer wieder, die von Windkraftanlagen verursachten Lärm- und Gesundheitsbeeinträchtigungen durch vorgeblich eigene Erfahrungen zu entkräften, immer mit dem Hinweis, man selbst wohne an Windkraftanlagen und fühle sich nicht gestört. Olaf Lies behauptete in der vom NDR1-Hörfunk am 19. Dezember 2019 ausgestrahlten Diskussionssendung "Jetzt reicht's – Der Windkraft geht die Puste aus" wörtlich: "Mein Windpark ist auch 900 Meter entfernt" (NDR 1 Niedersachsen, Autorin Anke Genius, Minute 22:48, mit 6 Windkraftbefürwortern gegen einen betroffenen Anlieger und einem sehr windkraftkritischen Publikum). 

Im Artikel in der Nordwest Zeitung (NWZ) aus Oldenburg vom 21. Dezember 2019 heißt es: „Trotz Beschwerden: Lies beharrt auf Windkraft". Umweltminister Lies führt darin aus: "Die nächste Anlage sei 850 Meter von seinem Wohnhaus entfernt – in etwa so wie bei den betroffenen Anwohnern, die über ‚überlagerte Schwingungen' sowie ‚ständige Vibrationen' klagen. Ihm geht es nach eigenen Worten mit der Windkraft ‚richtig gut'.“ 

Bemerkenswert bei Lies' unterschiedlichen Entfernungsangaben ist, dass er den Abstand zu seinem Wohnhaus stets unterhalb der magischen Grenze von 1.000 Metern angibt. Auch diese Entfernung wird von vielen Kritikern als viel zu gering angesehen, weil die neue Generation der Windkraftanlagen über 200 Meter hoch ist und der Schall daher auch viel weiter trägt. Dazu kommen die Biegungsschwingungen der Masten, die den Schall über den Boden in die Häuser transportieren.

Stets kreativer Umgang mit der Wahrheit

Ausweislich der Linealmessung mit Google-Earth steht das Wohnhaus von Olaf Lies in Sande im Landkreis Friesland jedoch 1.010 Meter von der nächstgelegenen Windkraftanlage des nördlich von seinem Wohnhaus stehenden Windparks Friesen-Elektra III in Sande entfernt. Die Anlagen sind 175 Meter hoch. Zudem steht der Windpark nördlich von Lies’ Wohnhaus, also nicht in der Hauptwindrichtung aus Südwest.   

Die Nordwest Zeitung zitiert den Umweltminister weiter: „Zudem sei er froh, dass seine Kinder mit dem Windpark aufgewachsen seien und nicht 50 Kilometer entfernt in Rodenkirchen nahe des Kernkraftwerkes Unterweser, wo Jodtabletten verteilt würden.“ Nur liegt das AKW Unterweser nicht, wie Herr Lies sich im Artikel äußert, "50 Kilometer", sondern schon 34 Kilometer von seinem Wohnhaus entfernt. Das
Kraftwerk in Rodenkirchen wurde jedoch bereits 2011 stillgelegt; es dürfte also weder Herrn Lies noch seinen im Artikel erwähnten Kindern irgendwelche Probleme bereitet haben.  

Auch Ministerpräsident Weil hält es nicht so genau mit den korrekten Angaben zum eigenen Wohnen an Windkraftanlagen: Am 12. Mai 2016 druckte das Göttinger Tageblatt dies: „In kleiner Runde mit Stephan Weil": "[...] ‚Wir haben Probleme, Windenergieflächen auszuweisen´, bekannte außerdem ein Gast, und hakte nach, wie Weil zu dem Thema stehe. Der positionierte sich klar für die Energiewende und warnte vor ‚Kräften, die die Energiewende deutlich zurückdrehen wollen´. Dafür, dass ein weiterer Gast gesundheitliche Schäden bei Anwohnern nahe Windkraftanlagen befürchtete, hatte er wenig Verständnis: ‚Ich wohne selbst nahe eines Windrades, es gibt keine Probleme´. [...]"

Stephan Weil wohnt in Hannover-Kirchrode, die genaue Anschrift ist mir nicht bekannt. Die nächstgelegenen Windkraftanlagen stehen circa 6 Kilometer südlich von Kirchrode in Laatzen. Auch Herr Weil hat offensichtlich nicht die Wahrheit gesagt, es hat ja auch bisher niemand überprüft. Nur bewahrheitet sich damit wieder einmal die Erfahrung vieler Windkraftkritiker, die der Windenergiewirtschaft und der damit verbandelten Lobby-Politik einen stets kreativen Umgang mit der Wahrheit vorwerfen. Es verwundert immer wieder, dass Politiker mit eindeutigen Falschaussagen zur Windkraft und zur "Energiewende", oder was dafür gehalten wird, in den Medien davonkommen. 

 

Manfred Knake betreibt den Blog Wattenrat Ostfrieslandwo die „Wattenpresse“ veröffentlicht wird. Der „Wattenrat“ ist ein lockerer Zusammenschluss verbandsunabhängiger Naturschützer aus der Küstenregion Ostfrieslands, der aus der „Konferenz der Natur- und Umweltschutzverbände“ (gegründet 1979) hervorgegangen ist.

Foto: Pixabay

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Wolfgang Kaufmann / 30.12.2019

Windräder werden bald zerbröseln wie Morandis Brücken. Jodtabletten sind ein klarer Indikator für Langeweile. Was mir jedoch wirklich Sorgen macht, ist die zunehmende Konzentration von Schwertmetallen.

Detlef Dechant / 30.12.2019

Und während in Dänemark der Ausbau der Windkraft eingeschränkt wurde, bis es aussagekräftige Untersuchungen zu möglichen Schäden durch Infraschall gibt, verweigert unsere Bundesumweltministerin jegliche Förderung derartiger Forschungen. Das Ergebnis könnte ja beunruhigen.

Albert Pflüger / 30.12.2019

Wenn es denn wirklich irgendjemandem helfen würde, also sichere und stabile Energieversorgung bedeutete, wie ein Kernkraftwerk, dann wäre es eine Überlegung wert. Aber dafür, daß systematisch und vorsätzlich die einst vorbildlich sichere Energiestruktur Deutschlands unter Inkaufnahme schwerer Umweltschäden ruiniert wird? Nein! Windmühlen? Nein danke!

Karla Kuhn / 30.12.2019

“Auch Herr Weil hat offensichtlich nicht die Wahrheit gesagt, es hat ja auch bisher niemand überprüft.”  Haben Sie mal überprüft, WIEVIEL Politiker überhaupt die Wahrheit sagen ??  Wenn ich nur an die Aussage von Frau Leyen denke, kommen mir aber entsetzlich große Zweifel und das große K… dazu !

K.Richter / 30.12.2019

Wir haben fast 10 Jahre ganze 4km Luftlinie von einem KKW entfernt gewohnt und weder Jodtabletten bekommen, noch sonstige Einschränkungen verspürt. Ganz im Gegenteil, solange dieses KKW der größte Steuerzahler der Stadt war, könnte man sich über kommunale Mängel nicht beschweren.

Hans-Peter Dollhopf / 30.12.2019

Herr Weber, Sie sagen, “ein Windkraftrad im Norden ist - was den ‘Schattenwurf’ angeht - nicht so störend wie eines im Süden”. Eine ganz wundervolle Einsicht. Sie brachte mich soeben auf die Rackete würdige Idee der Spendenaktion “Eine Windkraftanlage für Tokelau”! Jah, wir holen auf alle Fälle Klaas Heufer-Umlauf vom GEZ-ÖR mit an Bord. Wegen seiner inzwischen unbezahlbaren Erfahrung mit dem Projkekt #Civilfleet! oh man Das wird ein ebenso großer Spaß, wie damals die Spendenaktion der DKP, bevor Hugo die Spendierhosen anzog. Wie war das noch mal? “Ein Öltanker für Kuba”? Das Internet hat es tatsächlich vergessen. Na so was aber auch. Auf Tokelau ist leider ganz viel wenig Platz. Darum ist der mehr wie weniger gut gemeint ge[st/g]iftete Solarpark dort eine wahnsinns Platzverschwendung. Wie krank! Auf einer Insel, die in Claudias feuchtesten Träumen im Meer versinken soll, da baut man doch nicht in die Fläche? Man baut auch nicht in die Tiefe. Hey, in die Höhe! Und dann nur im Südteil dieser Südpazifikinsel. Um Verschattungen auf dem des bestehenden Solar"park” zu vermeiden. Wenn das soweit verstanden ist, dann kommen wir zum Plan, also: Dem bei unseren deutschen Windanlagen vollkommen unproduktiv herumstehenden Betonturm, nur da, um die “Turbine” oben draufzuschrauben, kommt die vollkommen neue Start-up-artige Windspargelmultifunktion(C) zu. Er hat speziell einen neuartigen Innenausbau mit komfortablen Apartmentwohnungen, mit veganen, von heimischem Anbau beliefertem Algennahrungsrestaurant, TV-Studio, Base-Jumping-Plattform auf der dem Rotor abgewandten Seite, was kann schon schief gehen, Parlamentssaal, Heimatmuseum, Tourismusuntergeschoss mit Sealife! Also ein 300 Meter hoher Wellenbrecherwindenergiemultifunktionssphäre. Konzipiert, im Falle von Klimaklimaxüberschwemmung die gesamte Bevölkerung in seine herrlich luftigen Balkonsuiten mit Blick aufs Meer aufzunehmen. So geht Bau, ihr Fachkräfte! lieb vaterland magst ruhig sein fest steht und treu ...

Ulrich von Stein / 30.12.2019

Man sollte die Windkraftdichte analog zum grünen Anteil der Wählerschaft festsetzen.  Also am Prenzlauer Berg, vor dem Reichstag, Viktualienmarkt, Hannover, Heidelberg, Freiburg, Hamburg, Düsseldorf und die reichen Vorstädte, u.s.w..  Nachdem weder Belästigung noch Gefahr von diesen Anlagen ausgeht, sollte das doch auch allgemein akzeptabel sein. Natürlich müssen diese grünen Inseln vom Rest des Netzes isoliert werden.  Dreckiger Strom verschmutzt, wie wir wissen, die Leitungen.  Aus technischer Sicht würde das auch Sinn machen. Transportverluste würden minimiert. Lassen Sie Berlin etwa 1,5 Millionen Haushalte haben.  Jeder braucht im Schnitt etwa 1 KW Leistung.  Das wären dann 1,5 GW.  Eine moderne Windkraftanlage macht 5 MW.  500 Anlagen im Stadtgebiet wurden völlig ausreichen.  Natürlich ist der Duty Cycle optimistisch geschätzt 30%, besser wären dann 1500 Anlagen.  Berlin hat etwa 900 km2 Fläche – das wären weniger als 2 Windräder pro km2.  1-2 Tesla Power Walls pro Haushalt wären bei Windflaute hilfreich.  Tesla würde den Umsatz dann fast verdoppeln und in die Gewinnzone rauschen, die Batterien kämen dann möglicher Weise gar aus der Region.

Thorsten Pallmauer / 30.12.2019

Wenn sie nur genauso fleißig wären beim Thema Massenmigration. Ach ne halt, sind sie ja. Nur in die andere Richtung.

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