Der „Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit“ stellte soeben seinen Abschlussbericht vor. Darin wird unter anderem ein Bundesbeauftragter für die Bekämpfung von Muslimfeindlichkeit sowie Zielvorgaben zu gleichberechtigter muslimischer Teilhabe gefordert.
Soeben wurde ein Papier mit dem Titel „Muslimfeindlichkeit – Eine deutsche Bilanz“ vom Unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit (UEM) in Berlin vorgestellt. Diese neunköpfige Gruppe wurde 2020 unter dem damaligen Innenminister Horst Seehofer (CSU) eingerichtet. Ursprünglich waren zwölf Experten berufen worden. Drei davon schieden aus, zwei wegen gesundheitlicher beziehungsweise beruflicher Probleme, eine Mitwirkende starb.
Einer der berufenen Experten, Prof. Dr. Kai Hafez, gab damals dem Forschungsblog „Wortmelder“ der Uni Erfurt ein Interview. Er selbst ist an dieser Universität Inhaber der Professur für Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt Vergleichende Analyse von Mediensystemen / Kommunikationskulturen. Hafez sprach im Interview von einer „steigenden Muslimfeindlichkeit“, die ein tiefgreifendes Problem darstelle. Es gehe nicht um „eine begründete Angst oder Kritik an islamistischen Terroristen etwa nach Terrorattentaten, die ich selbstverständlich teile, sondern um langfristige und historisch geprägte pauschale Aversionen gegenüber dem Islam, die ebenso tief verwurzelt sind wie der Antisemitismus“. Dies würden Meinungsumfragen und wissenschaftliche Studien belegen.
Das weltweite Phänomen der Islamfeindlichkeit sei in Deutschland besonders stark ausgeprägt, weil wir eine junge Einwanderungsgesellschaft seien. Muslime würden auf dem Arbeitsmarkt, bei der Wohnungssuche etc. diskriminiert. Ein großer Teil der seit der Wiedervereinigung verübten rund 160 ausländerfeindlichen Morde entfiele auf Muslime und Orientalen. Diese „antimuslimischen Gewalttaten“ bezeichnet er als „Parallelgeschehen zum Antisemitismus“.
Schon damals benannte Hafez die „Erfolge der AfD und die antidemokratischen rechtsradikalen Strategien“ als Problem – „Stichwort Kemmerich“, präzisierte er. Dass die „Rückgängigmachung“ der Ministerpräsidentenwahl im Jahr 2020 durch Angela Merkel, weil der gewählte Thomas Kemmerich (FDP) auch mit Stimmen der AfD gesiegt hatte, ein Glanzstück antidemokratischen Wirkens darstellt, scheint Hafez entgangen zu sein. Dass die zur Zeit des Interviews greifenden Corona-Maßnahmen wiederum eine Einschränkung der Grundrechte bedeuteten und damit demokratiefeindlich waren, wird von ihm ebenfalls nicht erwähnt. Hinsichtlich der Arbeit des Expertenkreises bedürfe es „einer Medienreform, rechtlicher Reformen, struktureller Veränderungen, Strategien zur Unterstützung der Zivilgesellschaft und nicht zuletzt einer Reform des Bildungssystems“, stellte er hingegen fest. Mit letzterem ist gemeint, das Thema Islam verstärkt im Unterricht zu behandeln.
„Feindliche Spaltung der Gesellschaft“
Nun, fast drei Jahre später, sind also die Ergebnisse der Beratungen der „Wissenschaftler*innen und erfahrenen Praktiker*innen“ da. Keine geringere als unsere Innenministerin Nancy Faeser verfasste das Vorwort. „Dass die Menschen in Deutschland sicher leben können, ist oberste Maxime staatlichen Handelns. Ich habe immer deutlich gesagt: Wir dürfen Hass und Hetze keinen Raum lassen und müssen uns geschlossen allen Formen von Rassismus, Extremismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegenstellen“, heißt es dort. Es erscheint überflüssig, zu erwähnen, dass Frau Faesers Mitgefühl gegenüber Opfern muslimischer Gewalt sich dagegen eher klein ausnimmt.
Im Bericht heißt es, die „muslimische Bevölkerung (ist) eine der am meisten unter Druck stehenden Minderheiten im Land“. Erneut wird die Muslimfeindlichkeit in eine Reihe mit dem Antisemitismus gestellt und betont, dass Muslimfeindlichkeit nicht erst bei „bewusster Diskriminierung und Angriffen aus dem rechtsradikalen und rechtspopulistischen Spektrum der Gesellschaft und Parteienlandschaft“ beginnt. Auch hier kommen wieder Meinungsumfragen ins Spiel, die belegen sollen, dass die Deutschen in irgendeiner Form Ressentiments gegenüber Muslimen hätten. Dies führe zu „einer rechtsstaatswidrigen und feindlichen Spaltung der Gesellschaft“.
Muslime werden gar als „marginalisiert“, also „verdrängt“ geschildert. Wer sich die Stadtbilder verschiedener deutscher Ortschaften ins Gedächtnis ruft, muss spätestens an dieser Stelle laut lachen. Dass Muslime einen immer größeren Bevölkerungsanteil stellen, wird sogar schon in Kleinstädten gut sichtbar. Verstecken muss sich hier niemand. Die knapp 300-seitige Abhandlung versucht nun deutsche Ressentiments gegenüber Muslimen als schwerwiegendes gesellschaftliches Phänomen zu verkaufen.
„Die Einführung der gesonderten Erfassung ‚islamfeindlicher Straftaten‘ in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik in der Kategorie politisch motivierte Kriminalität (PMK) ist ein wichtiger Meilenstein in der Beobachtung muslim- bzw. islamfeindlich motivierter Hasskriminalität“, heißt es. Mitunter ist sogar von „Antimuslimischem Rassismus (AMR)“ die Rede. Und: „Repräsentative Studien zur Erfassung unterschiedlicher Erscheinungsformen von Muslimfeindlichkeit sind rar“, liest man an anderer Stelle. Dennoch zeigten Umfagen, dass die „Muslimfeindlichkeit kein gesellschaftliches Randphänomen“ sei. Demnach stimme etwa jeder Zweite in Deutschland muslimfeindlichen Aussagen zu – was auch immer damit gemeint ist. An anderer Stelle wird beklagt, dass „muslimische Mädchen häufig als unterdrückte Opfer und Jungen als gewalttätig und frauenfeindlich“ gälten.
Auffällig ist, dass viele Definitionen schwammig bleiben und selten Ross und Reiter benannt wird. Man ist sich nie sicher, an welcher Stelle es um strafrechtlich relevante Vergehen und wo es um diffuse Diskriminierung geht. Und inwiefern letztere gemessen wird. Das Vorgehen erinnert an Regierungsprojekte wie die „Antifeministische Meldestelle“, die ausdrücklich um Denunziationen von antifeministischen Vorkommnissen „unterhalb der Strafbarkeitsgrenze“ bittet. So etwas hat mit Rechtstaatlichkeit nichts mehr zu tun.
Bundesbeauftragter gegen Muslimfeindlichkeit
Auch beim vorliegenden Abschlussbericht über Muslimfeindlichkeit vermisst man oftmals Eindeutigkeit. Im Kapitel über „Muslimfeindliche Straftaten“ wird es hingegen konkreter. Hier geht es um Straftaten, denen eine islamfeindliche Motivation unterstellt wird, etwa um Volksverhetzung, Sachbeschädigung oder gefährliche Körperverletzung. Für das Jahr 2019 wurden unter anderem 64 Fälle islamfeindlicher Volksverhetzung verzeichnet, 18 Beleidigungen, 15 Sachbeschädigungen, 3 gefährliche Körperverletzungen sowie 3 Körperverletzungen erfasst. Die Autoren räumen eine mangelnde Trennschärfe bei der Klassifizierung dieser Delikte als „islamfeindlich“ ein, interpretieren diese aber eindeutig in die Richtung einer bestehenden Dunkelziffer.
Um all diesen Missständen entgegenzutreten, fordern die Experten unter anderem die „Etablierung von rassismuskritischen, diversitäts und religionssensiblen Fort und Weiterbildungen für verschiedene Berufsgruppen und in allen staatlichen Einrichtungen (z.B. in Schulen, Kitas, Sicherheitsbehörden, kommunalen Verwaltungen, Medienhäusern, Kultureinrichtungen, in der Justiz und im Justizvollzug sowie im Gesundheitssystem), um insbesondere für Muslimfeindlichkeit und institutionelle Formen von Rassismus zu sensibili sieren. Für angehende Beamt*innen sollten sie verpflichtender Teil der Ausbildung werden“.
Außerdem wird „eine Strategie der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung und Förderung von gleichberechtigter Teilhabe und Repräsentation von Personen mit muslimischen Identitätsbezügen in allen staatlichen Einrichtungen und Handlungsstrukturen“ vorgeschlagen. „Der Staat sollte eine Vorbildfunktion einnehmen und dieser mit bindenden Zielvorgaben, Öffentlichkeitsarbeit und gezielten Kampagnen gerecht werden.“ Heißt das übersetzt, dass bald eine Muslimquote eingeführt wird?
Eine weitere Forderung ist „die Einrichtung eines fachlich breit aufgestellten Sachverständigenrats und die Ernennung einer*eines Bundesbeauftragten für die Bekämpfung von Muslimfeindlichkeit. Der Sachverständigenrat hat die Aufgabe, mit der*dem Bundesbeauftragten zusammenzuarbeiten, diese*n zu beraten und unabhängig und regelmäßig die Öffentlichkeit zu informieren“.
Weitere Scheindebatte und Umerziehungsmaßnahme
Der „Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit (UEM)“ wird aus Mitteln der „Deutschen Islamkonferenz“, also mit Steuergeldern, finanziert. Und die geforderten Beratungs- und Weiterbildungsmaßnahmen für sämtliche Altersgruppen dürften einen Rattenschwanz an ebenfalls mit Steuergeldern geförderten, sogenannten Nichtregierungs-Organisationen, Stiftungen sowie Brigaden weiterer Experten nach sich ziehen.
So oder so wirkt dieser Vorstoß im Jahr 2023, als würden die Beteiligten des Berichtes auf einem anderen Planeten leben. Die als Vorurteile gebrandmarkten Bedenken von Teilen der Bevölkerung dürften als logische Folge der sichtbaren Probleme mit Zuwanderern aus muslimischen Ländern zu werten sein. Darunter nicht zuletzt die Explosion der Gewaltverbrechen. Allein 2020 fanden in Deutschland fast 22.000 Messerattacken mit 100 Toten statt. Wie die Bild-Zeitung 2021 schrieb, gibt es in Deutschland mittlerweile jeden Tag zwei Gruppenvergewaltigungen, jeder zweite der Tatverdächtigen im Jahr 2020 hatte keine deutsche Staatsangehörigkeit, und häufig stammten die Verdächtigen aus islamischen Ländern. Das überproportional häufige Vorkommen von Zuwanderern aus dem orientalischen Kulturkreis in der Kriminalitätsstatistik spricht also Bände. Dass angesichts dieser importierten Probleme die schon länger hier Lebenden dem Islam mitunter nicht sonderlich zugeneigt sind, ist – gelinde gesagt – nachvollziehbar.
Als Reaktion auf den Unmut der Bevölkerung startet die Politik nun also eine weitere Scheindebatte und Umerziehungsmaßnahme. Der Erfolg dieses Vorstoßes darf bezweifelt werden. In Bezug auf die vielbeklagte Spaltung der Gesellschaft wird damit nur noch mehr Öl ins Feuer gegossen.
Ulrike Stockmann, geb. 1991, ist Redakteurin der Achse des Guten. Mehr von ihr finden Sie auf ihrem YouTube-Kanal.