Ulrike Stockmann / 25.06.2023 / 12:00 / Foto: Pixabay / 85 / Seite ausdrucken

Der Sommer und die Miesmacher

Seit kurzer Zeit ist es nicht mehr üblich, sich über warme oder sogar heiße Temperaturen einfach zu freuen. Der sogenannte Hitzeschutz treibt immer merkwürdigere Blüten.

Nachdem ich fast die Hälfte dieses Jahres gefroren habe, bin ich froh, dass der Sommer endlich da ist – und sich mit entsprechenden Temperaturen diesen Namen auch verdient. Soweit ich es beurteilen kann, geht es den meisten Menschen in meinem Umfeld ähnlich. Womöglich bin ich als Berlinerin auch vom chronisch nassgrauen Matschwetter derart geschädigt, dass meine Liebe zu warmen Temperaturen eine Art Kompensation darstellt. Wie dem auch sei – seit kurzer Zeit ist es nicht mehr üblich, sich über warme oder sogar heiße Temperaturen einfach zu freuen und ihnen mit Eisessen, Badengehen und viel Zeit an der frischen Luft zu frönen.

Alle Zeichen stehen auf Klimaschutz und neuerdings sogar auf Hitzeschutz, wie ich bereits letzte Woche für Achgut schrieb. Lauterbach hatte sich mit einer Pressekonferenz wieder ins Gespräch gebracht, auf der er verkündete, die Deutschen besser vor Hitzewellen schützen zu wollen. Ein Hitzeschutzplan werde erarbeitet, Maßnahmen wie kostenloses Trinkwasser und „Hitzeschutzräume“ in Erwägung gezogen. In gewohnter Corona-Manier fabulierte Lauterbach gar von der Möglichkeit, ab einer gewissen Temperatur Sportturniere abzusagen. Klaus Reinhardt, der Präsident der Bundesärztekammer, forderte auf der gleichen Veranstaltung einen gesetzlich verankerten Hitzeschutz.

Natürlich sorgten diese Pläne für viel Spott und Erheiterung, andererseits scheint es den Protagonisten mit der Umsetzung dieser Vorhaben absolut ernst zu sein. Und das wäre dann im Ergebnis überhaupt nicht mehr komisch. Bereits im vergangenen Sommer hatte unser Gesundheitsminister angesichts einer Hitzewelle in Richtung älterer Menschen gedroht: „Ihr Leben ist in den nächsten Tagen in Gefahr.“

„Mittlere Kältewarnung“

Passend zu Lauterbach verlangte zeitgleich die Brandenburger Linksfraktion mehr Hitzeschutz für Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr. Ihr verkehrspolitischer Sprecher Andreas Büttner forderte an Bahnhöfen mit hohem Fahrgastaufkommen bei Tageshöchsttemperaturen über 30 Grad die unentgeltliche Ausgabe von Trinkwasser sowie das Aufstellen von Trinkwasserbrunnen und die Gewährleistung von ausreichend Schatten an allen Bahnhöfen. „Damit solle der Hitzeaktionsplan des Landes, der sich bereits um Hitzeschutz an öffentlichen Plätzen, Gebäuden und medizinischen Einrichtungen bemühe, um den öffentlichen Nahverkehr ergänzt werden“, heißt es im Bericht. Ein entsprechender Antrag der oppositionellen Linken wurde vom Brandenburger Landtag in dieser Woche abgelehnt.

Der besagte „Hitzeaktionsplan“ des Landes Brandenburg wurde ins Leben gerufen, weil es neuerdings heißt, dass das Berlin umgebende Bundesland „Deutschlands Hitzeregion Nummer Eins“ sei. Die „Märkische Allgemeine“ forderte kürzlich die schnelle Umsetzung des Vorhabens: „Brandenburg kocht (…) Einzelne Betroffene müssen gewarnt und informiert werden, Pflegekräfte müssen dafür ausgebildet sein, Patienten und Heimbewohner vor der Hitze zu schützen, Krankenhäuser müssen sich an Hitzetagen eigens für Notfälle rüsten. Langfristig müssen sich auch die Städte verändern. Mehr Schatten und Grün ist ein Muss. Die Voraussetzungen sind gut.“

Seit meiner Kindheit halte ich mich regelmäßig in Brandenburg auf und konnte bislang noch nicht feststellen, dass dieses idyllische Bundesland neuerdings „kocht“. Während ich dies schreibe, regnet es in der Region. Als hätte er meine Gedanken vorausgesehen, betont der Autor am Ende seines Textes: „Einige Wolken über Brandenburg sollten uns nicht täuschen.“

Doch auch Unwetter werden mittlerweile kommentiert, als hätte man es mit einer biblischen Plage zu tun. Noch bevor ein einziger Regentropfen fiel, gab es bereits eine „Tornadowarnung“ vor dem bundesweiten Gewitter von Donnerstag auf Freitag. Die entstandenen Schäden wurden anschließend dramatisch kommentiert. Sicher sind umgekippte Bäume und überflutete Keller etwas Unerfreuliches, aber sie kommen bei Starkregen nun einmal vor.  

Und als im Mai die Temperatur zeitweise unter 10 Grad fiel, belehrte mich meine Wetter-App mit einer „mittleren Kältewarnung“. Sicher stellt man sich den Wonnemonat etwas milder vor, warum man jedoch vor 6 Grad gewarnt werden muss, erschließt sich mir nicht. Mir würde doch spätestens beim Rausgehen auffallen, dass es für ein leichtes Sommerkleidchen noch zu frisch ist. Man wähnt sich bald wieder in voraufgeklärten Zeiten.

Kommt im Winter dann der „Kälteschutz“?

Der Brandenburger Hitzeschutz soll jedenfalls vom am 9. Juni gegründeten „Zentralen Netzwerk Hitzeaktionsplan Brandenburg“ umgesetzt werden. Passend dazu fand am 14. Juni der bundesweite „Hitzeaktionstag“ unter dem Motto „Mit Hitze keine Witze“ statt. Da die Politik sich immer mehr selber persifliert, kann sich der Chronist in der Tat die Mühe sparen, das Ganze noch humorvoll zu kommentieren, denn die Realität ist bereits Satire genug. Ich verkneife mir an dieser Stelle auch die Frage, warum die meisten Deutschen im Sommer trotzdem weiterhin in den noch wärmeren Süden fliegen.

Ein Gutachten zum Hitzeaktionsplan des „heißen“ Brandenburgs wurde bereits im vergangenen Herbst veröffentlicht. Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher sprach in diesem Zusammenhang allen Ernstes von „Tropennächten, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad fällt, sowie langanhaltenden Hitzewellen“. Ebenso fiel die Formulierung „Schutz vulnerabler Gruppen“. Das Gutachten präsentierte als Maßnahmenvorschläge neben der Aufklärung der ahnungslosen Bevölkerung unter anderem eine Verbesserung der Gebäudeisolation, den Einbau von Wärmeschutzverglasung sowie die Erhöhung des Anteils der reflektierten Strahlung durch eine geeignete Wahl von Gebäudefarben und Baumaterialien.

Die Pathologisierung schönen Wetters schreitet voran. Darüber hinaus darf man davon ausgehen, dass die Umsetzung der Hitzeschutz-Maßnahmen entsprechenden Filz produzieren und für den Steuerzahler nicht gerade günstig werden wird. Wird man auch andere Jahreszeiten als Panikventil entdecken? Kommt im Winter dann der „Kälteschutz“ und eine Warnung vorm Schneemannbauen?

 

Ulrike Stockmann, geb. 1991, ist Redakteurin der Achse des Guten. Mehr von ihr finden Sie auf ihrem YouTube-Kanal.

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Leserpost

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Bastian Kurth / 25.06.2023

Ich wöre dafür einen Dummschwätzer-schutzplan zu entwerfen. All diese Panikschürer exportieren - kostenlos - und wir haben wieder ganz normales, jahreszeitliches Wetter.

Harald Unger / 25.06.2023

Würde man (ein Achse-Autor), Gott behüte, ein Mal das Zoom weiter nach hinten drehen und das größere Bild betrachten, so gewahrte man (die Achse-Autoren), in den Staaten der untergehenden Bürgerlichen Epoche herrscht überall die gleiche Situation. Sind es dieselben Zurichtungsmethoden: GenderInvasionKlimaRassismusWokenessVirus - die zur Abwicklung unserer vertikalen, nationenstaatlichen Bürgergesellschaften gefahren werden. Nein, natürlich kann man ( ) sich keinen Reim darauf machen. Es muss sich um Zufälle handeln. Oder namenlose Dinge, die sich der menschlichen Analyse entziehen.

Rainer Niersberger / 25.06.2023

Ich kann, falls notwendig, die Autorin als sehr viel Aelterer beruhigen, helfen kann sie sich nur selbst qua richtiger Wahlentscheidung, denn tatsaechlich verheißt der psychisch auffällige Herr L. regelmaessig nicht viel Gutes.  In den guten 60 igern war nicht nur der Rhein im Sommer mitunter ziemlich leer, irgendwann war er dann wieder ( ueber) voll, auch der Asphalt warf auffällige Blasen, er gab auch etwas merkwürdige Geräusche ab, ob der längeren Hitzeperioden, haeufig als sehr stabile und andauernde Osthochs geschätzt, und der Nachwuchs erfreute sich an nicht selten Hitzefreiverkuendungen, weil um 10 Uhr mindestens 27 Grad gemessen wurden.  Die Ausrüstung mit kuehlenden Klimageraeten aller Art steckte, wenn ueberhaupt, noch in den Anfängen. Und der Wein zeigte sich mit sehr hohen OchsIegraden in den entsprechenden Jahren, regelmaessig als Jahrhundertwein gelobt.  Die Leute, seinerzeit in ihren Reiseoptionen gen Sueden noch beschränkt, schätzten diese Sommer uneingeschränkt, aber damals gab es auch noch keine transhumanistischen Rotgruenen und der Klimawandel war trotz zeitweisen Hagel mit beachtlicher Korngroesse und Sturmphaenomenen noch nicht bekannt, aehnlich den postmodernen Phänomenen des ” Messerns” und der Massenvergewaltigung. Aber keine Sorge, es wird immer “besser”, denn der Knall oder Schuss wurde immer noch nicht von der Mehrheit gehoert.

Werner Geiselhart / 25.06.2023

Ganz so harmlos ist die Wärme nicht. Einige linksgrüne Gehirne scheinen schon heftige Schäden davongetragen zu haben.

Hubert Kah / 25.06.2023

Ich schlage eine Hitze-Impfung vor. Verpflichtend, net dass wieder ein paar davonkommen. Von der Leyen könnte schon mal eine SMS an Pfizer senden samt eines Vorschusses für die Entwicklung. Sagenwirmal, so 500 Milliarden.

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