112-Peterson: Die deutschen Bauernproteste

Jordan B. Peterson spricht mit dem deutschen Bauern Anthony Lee und der holländischen Kommentatorin Eva Vlaardingerbroek über die Hintergründe der hiesigen Bauernproteste.

Peterson selbst gab gerade bekannt, dass er wahrscheinlich aus politischen Gründen seine Zulassung als Psychologe verlieren wird (Achgut berichtete).

Das ganze YouTube-Gespräch finden Sie hier. Hier ein Auszug aus dem Interview.

Jordan B. Peterson: Anthony, warum charakterisieren Sie die deutsche Politik als grün? Und welche grünen Beschlüsse machen Ihnen und Ihren Kollegen das Leben als Bauern schwer? Warum werden Sie davon so beeinträchtigt?

Anthony Lee: Die EU rief in den letzten Jahren den „Green Deal“ ins Leben. Alles, was das Wort „grün“ trägt, soll von nun an gut sein. Natürlich ist Umweltschutz wichtig, aber aus meiner Sicht steht dahinter die Agenda, uns loszuwerden. So wie wir es in den vergangenen zwei Jahren in Holland gesehen haben. Dann gibt es noch die „Farm-to-fork“-Strategie der EU, zu der man Folgendes wissen muss: 10 Prozent der Agrarfläche innerhalb der EU sollen stillgelegt werden. Das ist eine ganze Menge! Der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln soll um 50 Prozent verringert werden. Ich habe keine Ahnung, wer sich diese Zahl ausgedacht hat, aber die Hälfte ist sehr viel. Das wäre dasselbe, als wenn Ärzte plötzlich 50 Prozent weniger Medikamente einsetzen müssten. Lächerlich! Es geht schließlich um die Medizin für unsere Pflanzen.

25 Prozent der Agrarfläche sollen der Biolandwirtschaft vorbehalten bleiben. Ich habe nichts gegen Bioanbau, aber dieser benötigt entweder doppelt so viel Fläche oder bringt nur die Hälfte der Ernte. Wenn man Glück hat.

Eva Vlaardingerbroek: Wie auch bei den Protesten der holländischen Bauern folgen die Angriffe auf die Landwirte einer gewissen Struktur, die sich nicht nur auf die Nation, sondern auch auf die gesamte EU bezieht. Anthony sprach den „Green Deal“ an. Dieser wird von ungewählten Bürokraten durchgedrückt. Aus meiner Sicht ist der holländische Ex-EU-Kommissar Frans Timmermanns der Übeltäter hinter dem „Green Deal“. In jedem EU-Land werden unterschiedliche Mittel eingesetzt, um die Bauern zu treffen. Bei den Bauernprotesten in Holland ging es um Nitratwerte. Der Gerichtshof in den Niederlanden hatte beschlossen, dass es eine Nitratkrise gäbe (Anm. d. Red.: Wegen hoher Nitratwerte im Boden müsse die Viehzucht reduziert werden). In diesem Sinne wird die EU-Gesetzgebung benutzt, um die Bauern zu bekämpfen.

In Deutschland hieß es, dass die Bauern wegen der Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel auf die Straße gingen. Der tatsächliche Hintergrund ist das Haushaltsloch, das die Regierung stopfen muss. (...) Die Bauern sollten also zur Tilgung des durch politisches Missmanagement fehlenden Budgets belangt werden. Die Politik greift die Menschen an, die uns mit Nahrung versorgen. Das hat natürlich für viel Ärger gesorgt.

Zusätzlich verstärkt sich innerhalb der deutschen Bevölkerung der allgemeine Eindruck, dass die Regierung permanent gegen die Interessen der einfachen Leute verstößt, die ohnehin schon mit ihren Steuern für alles bezahlen. Bei den Protesten wurde oft gesagt: „Die Regierung muss weg.“ Es ging nicht bloß um die Kürzung von Subventionen. Die Demonstranten waren entsetzt über die deutsche Regierung und ihre Politik.

(...)

Die Tatsache, dass die Bauern in so großer Zahl auf die Straße gegangen sind und von ihrem demokratischen Recht Gebrauch gemacht haben, ist für mich der Inbegriff der Demokratie. Anstatt das zu feiern, sprechen die Mainstream-Medien von Aufständen, ähnlich wie in Kanada, und behaupten, die Proteste seien anti-demokratisch und rechtsextrem. Vor allem im historischen Kontext Deutschlands ist das Label „rechtsextrem“ immer noch sehr mächtig. Wir alle verstehen, warum. Niemand will so bezeichnet werden. Doch mittlerweile wurde diese Bezeichnung medial etwas überstrapaziert, so dass sie an Wirkung verliert. Die Bauern haben offenbar nichts mehr zu verlieren. (...)

Jordan B. Peterson: Anthony, Eva sagte, dass man in Deutschland schon etwas Unverfrorenheit oder auch Verzweiflung braucht, um sich mit einer Bewegung zu vebinden, die als „rechtsextrem“ etikettiert wurde. Natürlich nicht zuletzt wegen der historischen Bedeutung, die diese Bezeichnung für Deutschland hat. Wo stehen Sie politisch und wo würden Sie die Mehrzahl der Bauernbewegung politisch verorten? Welche Bezeichnungen könnten Ihrer Meinung nach sinnvollerweise auf sie angewendet werden? Und warum haben Sie das Risiko in Kauf genommen, wegen des Labels „rechtsextrem“ geteert und gefedert zu werden, um weiter an den Protesten teilzunehmen?

Anthony Lee: Mein persönlicher Vorteil ist, dass ich zur Hälfte Brite bin. Mein Vater war in der britischen Armee. Ich bin in Deutschland geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen, aber ich habe keine Angst vor der typischen Unterstellung einer rechten Agenda. Viele fürchten sich noch davor, doch es werden weniger. Die Medien haben es einfach übetrieben und die Leute durchschauen es langsam.

Die Ampelkoalition ist jetzt über zwei Jahre an der Macht. Deutschland ist der größte wirtschaftliche Motor Europas. Wir sind die einzige Industrienation, die ein „negatives Wachstum“ hat, wie es gerne heißt. Man versucht es ja noch schönzureden. Man gibt Putin oder anderen Faktoren die Schuld daran, doch es ist alles hausgemacht. Dieses Land war eines der wohlhabendsten Länder Europas und der Welt. Und die Ampel hat es in weniger als zwei Jahren geschafft, unsere Wirtschaft zu ruinieren.

Man hat die sichersten und effektivsten Atomkraftwerke der Welt abgeschaltet. Und das nur, weil dieses schon seit den 80ern eines der Hauptziele der Grünen war und sie sich schließlich durchgesetzt haben. Seit dem Tag, ab dem wir unsere hocheffizienten Atomkraftwerke abgeschaltet haben, müssen wir nun andere um Strom anflehen. Vor allem die Franzosen um ihren Atomstrom.

Man könnte ewig so weitermachen: Wir sorgen für den Niedergang unserer erfolgreichsten Industrie, der Autoindustrie. Gerade werden wir von Japan abgehängt. Unsere Inflationsrate ist die höchste Europas und kein Ende ist in Sicht. Daran kann man nun wirklich nicht Russland die Schuld geben, denn alle unsere Nachbarländer verzeichnen ein Wirtschaftswachstum. Selbst die Briten, obwohl es in Deutschland hieß, dass sie nach dem Brexit verarmen würden. Was offensichtlich nicht zutrifft. Die Menschen merken das, und jeder normale Arbeitnehmer hat höhere Ausgaben und weniger Verdienst. Darum haben so viele Menschen die Nase voll von der Regierung.

Foto: Bildschirmfoto

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Gabriele Klein / 24.01.2024

Es wäre schön wenn wir hier ein paar Auszüge zu den religiösen Themen bekämen. Würde mich brennend interessieren. Ich finde das ist Peterson at his best.

Gabriele Klein / 24.01.2024

Das Beste was ich bislang auf Achgut zu den Bauernprotesten las, da der Blickwinkel hier erweitert ist auf ganz Europa. Genau das wollen sie anscheinend nicht, daher auch kaum Bericht in der internationalen Presse zum Thema.  Hoffe die Bauern vernetzen sich europaweit.

Gabriele Klein / 24.01.2024

Es ist ein großes Kompliment unter solchen Bedingungen die Psychologie Lizenz zu verlieren. Ich glaub ich würde sie sogar freiwillig abgeben. Wer wollte schon ein Psychologe unter A. Hitler oder Stalin sein? U. das was in Kanada abgeht ist schon sehr nah dran…... mit medically assisted suicide und so weiter,  ..... aber nicht dass vielleicht des Präsidenten “Leibarzt” kurz vor des Präsidenten OP auch um medically assisted suicide bittet…... Es könnte dann eng werden bei des Präsidenten OP…....

Fred Burig / 24.01.2024

@gerhard giesemann: “...Machen wir wieder vier Zonen, wie früher? Nur die russische ist dann eben die polnische. Schlesische.!” Und was wird dann aus ihren russischen Mädels? Man hört von ihnen gar nicht mehr viel darüber? Ist schon lustig, was den alternden Männern so alles durch den Kopf geht - und wenn es nur Erinnerungen an “früher” sind.  MfG

gerhard giesemann / 24.01.2024

Nun, die Deutschen “shrinken” von höherem Niveau, passen sich an. Warum nicht? Die Briten mussten mit ihrem Verlust des Empire nach ‘45 ganz andere Abstriche hinnehmen, oder? Die Franzosen ähnlich, wenngleich weniger als die Brits. Die zentrale Lage von DE war früher mal eine Katastrophe, zu viele gierige Nachbarn ringsum, heute aber ist es ein Segen. Haben die anderen nicht so schön kuschelig. Seit der Russe weg ist, in der Taiga den Elch knutscht, noch besser. Öl&Gas; kann er ja wieder, wenn’s beliebt. Machen wir wieder vier Zonen, wie früher? Nur die russische ist dann eben die polnische. Schlesische. Wenn sich DE seine Innovationskraft bewahrt, wieder das oder ein Zentrum aller Wissenschaft weltweit wird, wie weiland, bevor es die Deutschen selbst zerstört haben, dann, ja dann. Zudem ein touristisch attraktives Land, historisch ungemein vielfältig, eine Mischung aus Alt und Moderne, kulinarisch-gastronomisch nach Schweizer Vorbild - das könnte was werden. Infrastruktur verbessern, Islam klein halten, versaut bloß alles. Schaumermal.

Auenhammer Josef / 24.01.2024

Das Riesenspielzeug Burg Niedeck ist im Elsass der Sage wohlbekannt. Die Höhe, wo vorzeiten die Burg der Riesen stand. Sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer. Du fragest nach den Riesen, du findest sie nicht mehr. Einst kam das Riesenfräulein aus jener Burg hervor, erging sich sonder Wartung und spielend vor dem Tor und stieg hinab den Abhang bis in das Tal hinein, neugierig zu erkunden, wie′s unten möchte sein. Mit wen′gen raschen Schritten durchkreuzte sie den Wald erreichte gegen Haslach das Land der Menschen bald. Und Städte dort und Dörfer und das bestellte Feld erschienen ihren Augen gar eine fremde Welt. Es glitzert in der Sonne der Pflug so blank und klar.“Ei artig Spielding!” ruft sie, “Das nehm ich mit nach Haus!” Sie knieet nieder, spreitet behend ihr Tüchlein aus Und feget mit den Händen, was da sich alles regt, zu Haufen in ein Tüchlein, das sie zusammenschlägt; und eilt mit freud′gen Sprüngen -man weiß, wie Kinder sind- zur Burg hinan und suchet den Vater auf geschwind: “Ei Vater, lieber Vater, ein Spielding wunderschön! So allerliebstes sah ich noch nie auf unsern Höhn.” Der Alte saß am Tische und trank den kühlen Wein. Er schaut sie an behaglich, er fragt das Töchterlein: “Was Zappeliges bringst du in deinem Tuch herbei? Du hüpfest ja vor Freuden; laß sehen, was es sei!” Sie spreitet aus das Tüchlein und fängt behutsam an, den Bauern aufzustellen, den Pflug und das Gespann: Wie alles auf dem Tische sie zierlich aufgebaut, so klatscht sie in die Hände und springt und jubelt laut. Der Alte wird gar ernsthaft und wiegt sein Haupt und spricht: “Was hast du angerichtet? Das ist kein Spielzeug nicht! Wo du es hergenommen, da trag es wieder hin! Der Bauer ist kein Spielzeug! Was kommt dir in den Sinn! Sollst gleich und ohne Murren erfüllen mein Gebot, Denn wäre nicht der Bauer, so hättest du kein Brot. Es sprießt der Stamm der Riesen aus Bauernmark hervor; Der Bauer ist kein Spielzeug! Da sei uns Gott davor!” Burg Niedeck ist im Elsaß ....

Geert Aufderhaydn / 24.01.2024

A propos “Unverfrorenheit”:  wenn mich jemand “Nazi” nennt, dann weiß ich: alles richtig gemacht. Sonst würde er ja nicht so ausflippen.

Wilfried Cremer / 24.01.2024

hi, Sexisten, also bspw. grüne Kinderschänder, sind von allem Unberührten, also bspw. jungfräulichen Böden, fasziniert.

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