112-Peterson: Das Problem der männlichen Psyche

Im Folgenden geben wir einen Auszug aus einem Gespräch zwischen Jordan B. Peterson und dem US-amerikanischen Bestseller-Autor und Männerrechtler Dr. Warren Farrell (*1943) wieder. Nachdem sich Farrell in den 1970er Jahren in der Frauenbewegung engagiert hatte, begann er sich in den 80er Jahren für Männerrechte einzusetzen. Aus seiner Sicht war zu diesem Zeitpunkt das Geschlechterverhältnis zugunsten der Frauen aus dem Gleichgewicht geraten. Sein Buch „Warum Männer so sind, wie sie sindwurde zum New-York-Times-Bestseller.

Jordan B. Peterson: Warum sollten wir davon ausgehen, dass das Thema Ihres Buches „The Boy Crisis“ (deutsch: „Die Krise der Jungen“, Anm.d.Red.) überhaupt ein reales Problem beschreibt? Und wenn es diese Krise tatsächlich gibt, warum nehmen wir sie nicht wahr? Warum wäre es aber wichtig, das zu tun?

Warren Farrell: Zunächst einmal beschreibe ich ein existierendes Problem, weil in allen der 56 größten entwickelten Nationen Jungs in der Schule hinter Mädchen zurückfallen, einschließlich im Lesen und Schreiben, also den Disziplinen, die am ehesten über späteren Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Jungs, die in diesen Fächern schlecht abschneiden, haben eine stark erhöhte Wahrscheinlichkeit, vorzeitig aus der Schule auszuscheiden. Grundsätzlich brechen Jungs häufiger die Schule ab als Mädchen, vor allem in den Vereinigten Staaten.

Jungs, die die Schule abbrechen, haben in den USA eine Wahrscheinlichkeit von über 20 Prozent, in ihren Zwanzigern arbeitslos zu sein. Ich beziehe mich hier auf eine Statistik, die vor der Corona-Krise entstand, als in den USA eine Arbeitslosigkeit von 3,4 Prozent herrschte. Dem gegenüber steht die Arbeitslosen-Quote von 20 Prozent für männliche Schulabbrecher.

Und das ist nur die schulische Seite des Problems.

Kommen wir zur Psyche. Im Alter von 9 Jahren ist die Selbstmordrate bei Kindern ungefähr gleich – ziemlich gering. Im Alter von 10 bis 14 Jahren begehen Jungs doppelt so häufig Selbstmord wie Mädchen. Zwischen 15 und 19 Jahren begehen Jungs viermal so häufig Selbstmord wie Mädchen; und junge Männer zwischen 20 und 25 Jahren bringen sich fünfmal so häufig um wie gleichaltrige Frauen.

Den meisten Menschen sind diese Zahlen gänzlich unbekannt, bei denen wir es natürlich nur mit der Spitze des Eisbergs psychischer Probleme zu tun haben. Hinzu kommt, dass Jungen viel häufiger an einer Überdosis Drogen sterben, viel häufiger depressiv werden, wenn man Depressionen derartig misst, dass auch Depressionsmerkmale, die typisch für Männer sind, miteinfließen. Nicht zuletzt werden Männer häufiger in psychischen Einrichtungen behandelt.

In meinem Buch untersuche ich die Gründe hierfür und konnte 10 Hauptpunkte ausfindig machen, die diese Entwicklung erklären, unter anderem die Umgebung oder das Schulsystem. Für mich stellt sich jedoch ein Faktor als entscheidende Ursache dar: Die Entbehrung des Vaters. Also, dass Jungen in eine Krise geraten, wenn ihnen der Vater fehlt.

Dies ist ein Auszug aus einem Gespräch zwischen Jordan B. Peterson und dem US-amerikanischen Bestseller-Autor und Männerrechtler Dr. Warren Farrell wieder. Hier geht's zum Auszug und hier zum gesamten Gespräch.

Foto: jordanbpeterson.com

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Leserpost

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Helmut Driesel / 08.09.2021

  Also meine Mutter, der liebe Gott möge ihr gnädig sein, war überzeugt, dass aus einem bösen Spermium nur ein böser Mann werden kann. Und deshalb ist jeder Mann zunächst einmal an sich selbst schuld. Also daran, dass es ihn gibt. Logisch, nicht wahr? Nun argumentieren Sie mal was dagegen.

Sara Stern / 08.09.2021

Die gesellschaftliche Entwicklung dürfte interessant werden. Ich glaube kaum, dass es aufgrund der höheren Suizidrate irgendwann einmal weniger Männer als Frauen geben wird. Viel eher wird die Nation, deren junge Männer vernachlässigt werden früher oder später mit Leistungsunwilligen, Kriminellen, innerlich gekündigten oder eben jenen Männern, die aus dem Ausland ohne Widerstand eindringen zu tun haben. Das Problem ist, dass über das Leben verteilt der Durchschnittsmann in seinen 76 Lebensjahren Nettosteuerzahler ist, während die Durchschnittsfrau in Ihren 86 Jahren Nettonehmer ist. Gewisse soziale/gesundheitliche Leistungen müssen also früher oder später gestrichen werden, wenn die Nettozahler demotiviert sind/keine Perspektive haben und lieber zu Nehmern werden. Einem Mann fällt ein Leben auf Hartz4 deutlich leichter als einer Frau. Die ersten Symptome zeigen sich meisten in geringeren Geburten/Eheraten, mehr Singlehaushalten, mehr Alleinerziehenden weil Frauen auch dann nicht auf Kinder verzichten werden, wenn sie keinen geigneten Partner zur Familiengründung finden und natürlich dem obligatorischen Gejammere in Frauenzeitschriften, wo denn die ganzen guten Männer hin sind. Die Kinder, insbesondere Jungen haben so keine Chance und landen deswegen früher oder später in der Kriminalität, was den Kreislauf wieder schließt. Frauen werden sich anpassen und die Kultur der dominanten Männer in der Gesellschaft übernehmen. In Deutschland dürfte also eine Repatriachalisierung anstehen.

Jörg Haerter / 08.09.2021

“Für mich stellt sich jedoch ein Faktor als entscheidende Ursache dar: Die Entbehrung des Vaters.” Den hat man schon vor langer Zeit entsorgt, braucht man nicht, kann weg. Ich rede aus eigener Erfahrung. Im Übrigen sind es die Eltern und nicht der Staat oder die Schule, die über den Erfolg ihrer Sprösslinge entscheiden. Nur an diese heilige Kuh wagt man sich, aus welchen Gründen ever, nicht ran. Wenn man jetzt noch weiter greift, das ganze Elend begann mit der Zerstörung der Familien, importiert aus USA, und das schon vor Jahrzehnten. Dazu kommen Werteverlust, Orientierungslosigkeit und Beliebigkeit, auch in den Beziehungen, ein weites Feld. Und es wird, davon bin ich überzeugt, nicht besser. Und nein, ich bin Realist, kein Pessimist.

Marcel Seiler / 08.09.2021

Handelte es ich um Frauen, Mädchen oder gar Einwanderer, wäre es ein Skandal. Da es sich hier nur um Jungs bzw. Männer handelt, ist es allen egal. Da es sich um *abgehängte* Männer handelt, also auf der unteren Stufe der Hackordnung, sind die auch den Männern egal. Es gibt keine funktionierende männliche Solidarität zwischen hohem und niedrigem Status. Eine “Männerpartei”, die dringend nötig wäre, wird es daher nicht geben.

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