112-Peterson: Angemessene Sanktionen?

Im Folgenden geben wir einen Auszug aus einem Gespräch zwischen Jordan B. Peterson und dem Historiker und Russlandexperten Dr. Frederick Kagan vom 3. März wieder. Hier geht's zum gesamten Gespräch.

Jordan B. Peterson: Warum glauben Sie, dass die Androhung von Wirtschaftssanktionen (gegenüber Russland) angemessen ist? Ich würde annehmen, dass ökonomische Sanktionen unterm Strich die einfachen Leute härter treffen werden als die Führung.

Frederick Kagan: Natürlich muss man das Ganze auch spiegelbildlich betrachten: Wie würden wir umgekehrt reagieren, wenn man uns mit den Sanktionen belegen würde, die wir Russland aufbürden? Wie würden wir uns als „normale Person“ in Putins Lage fühlen? Denn wir sind nun einmal in der Position, die russische Wirtschaft vernichten zu können und wir schädigen die russische Wirtschaft bereits. Das wird Putin treffen.

Russlands Devisen sind nicht unendlich und offen gesagt auch nicht besonders üppig. Krieg hingegen ist teuer, vor allem wenn man in dem Maße Soldaten und Ausrüstung verliert, wie es ihm wohl gerade widerfährt. Er wird einfach Geld brauchen. Und seine demolierte Wirtschaft wird es ihm sehr schwer machen, diesen Krieg weiterzuführen, neben anderen Dingen, um die er sich wird kümmern müssen. Und die Sanktionen werden sein Volk sehr unglücklich machen, was schließlich ebenfalls ins Gewicht fallen wird. Kurzfristig treffen die Sanktionen also normale Leute und Oligarchen. Aber langristig werden sie Putins Handlungsspielraum einschränken.

Wichtig ist außerdem: Sobald jemand entschieden hat, sein Glück mittels Waffengewalt herauszufordern, hat bei ihm eine mentale und psychologische Verschiebung stattgefunden. Man drückt aus, dass man bereit ist, loszulegen und viele Menschen zu töten und viele seiner eigenen Leute zu verlieren. Und dass man bereit ist, dieses Risiko einzugehen, wie leicht es auch immer sein mag, dass der Krieg für die eigene Sache schlecht ausgehen wird. Wenn man dieses Mindset hat, ist die Bedrohung durch ökonomische Sanktionen nicht das Allerschlimmste. Ich glaube, vielen Leuten ist entgangen, dass Putin freiwillig diese Geisteshaltung angenommen hat. Außerdem wurde seine Fähigkeit zu Rationalität überschätzt, die erforderlich ist, um über die langfristigen Auswirkungen von Wirtschaftssanktionen nachzudenken.

Dies ist ein Auszug aus einem Gespräch zwischen Jordan B. Peterson und Frederick Kagan. Hier geht's zum gesamten Gespräch.

Foto: jordanbpeterson.com

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giesemann gerhard / 09.03.2022

Der mittel- oder langfristige Plan Putins ist offenbar, Russland zu zerlegen, ähnlich wie die Leute vor ihm das mit der SU gemacht haben. Wir sollten ihm dabei behilflich sein. Denn ein etwas vernünftigerer Nachbar Russland ist für alle von Nutzen, zuerst für die Russen selbst, dann für den Rest Europas. China wird die vom Bären geraubten Gebiete im Osten zurück fordern, mit Recht.

Christian Feider / 09.03.2022

ich kann dem Herrn Kagan nicht folgen. Wenn eine Grossmacht wie Russland dauerhaft immer enger eingeshnürt wird und gleichzeitg seit über zehn Jahren darauf hinweist,das dies seine eigenen Interessen verletzt,sollte man sich im Falle eines angedachten Nato/Eu-Beitritts der Ukraine wirklch nicht wundern,das eine kriegerische Reaktion erfolgt,um genau das vorherig beschriebene zu verhindern. So schwierig ist die Betrachtung der Lage und der Entwicklung dorthin nicht

Frank Holdergrün / 09.03.2022

Der an der Cornell University in den USA lehrende Geschichtsprofessor Nicholas Mulder hat ein Buch über die Geschichte von Wirtschaftssanktionen geschrieben. “The Economic Weapon: The Rise of Sanctions as a Tool of Modern War.”  Er warnt vor Sanktionen gegen Russland und begründet das so sachlich und klar wie es Karl Popper formuliert hätte. Schuld an dem Desaster ist eine verblendete, diktatorische EU, die alternativlose, schlafwandelnde Merkel und die NATO. Die deutsche Putintrommelhass-Presse hat nichts, aber auch gar nichts begriffen, ihr Held Paule Ronzheimer und die KlitschKOs werden uns hoffentlich nicht in einen Krieg hinein-schreiben.

R. Reger / 09.03.2022

Schöne Frage, leider von hinten gedacht. Nordstream II wurde, und ich sage das hier klipp und klar, gegen den Widerstand der EU konstruiert. Mal Herrn Gerhard Schröder von der SPD zum Hintergrund befragen, warum Nordstream II trotzdem gebaut wurde. Jedenfalls fand Merkel die Idee ganz toll. Und Shell als Mit-Investor ebenso. Unter kraftstoffmoralischen Gesichtspunkten dürfte wir seit 2 Wochen also nicht mehr bei Shell tanken. Jetzt findet Deutschland die Idee der Pipeline nicht mehr so sexy, sie ist gar Kaka. Aber in unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft ist es schön, immer eine Wahl zu haben (die Auswahlpunkte werden leider nicht von uns bestimmt), die da wären: 1. Krieg, 2. Sanktionen, 3. Krieg und Sanktionen. Wer solche Freunde hat wie Deutschland, hat nie einen Mangel an Feinden. Nebenbei bemerkt- wann immer ...Sozialisten in Deutschland an der Macht waren, war der nächste Krieg nie weit, siehe NS Regime, Balkankrieg, und nun schon nach 2 Monaten der drohende nächste Weltkrieg. Dummer Zufall?

Volker Kleinophorst / 09.03.2022

Wo waren die Sanktionen als die USA völkerrechtswidrig den Irak und Afghanistan überfallen hat? Was haben die überhaupt in der Ukraine zu suchen? Die Freiheit verbreiten? Genau, aber was soll man erwarten von so einem extrem neutraler Experten halten:” Frederick W. Kagan ist ein in den USA ansässiger Wissenschaftler am American Enterprise Institute (AEI) (eingefügt: eine NGO) und ehemaliger Professor für Militärgeschichte an der U.S. Military Academy in West Point.” Unparteiischer geht ja kaum.

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